Beiträge von Rediviva Helena

    "Sollte sie zumindest haben."


    brummte ich, seufzte tief und machte eine theatralische Geste.


    "Ich bin ohnehin schockiert, wie wenige sich noch um die Götter scheren. Kaum jemanden sehe ich beim Speisen noch einen Tropfen Wein vergießen und nur wenige kommen in den Tempeln opfern. Ich bin nur erstaunt welchen Zulauf wir hier an Schülern bekommen. Man könnte sogar sagen, ich bin äusserst überrascht und vor Allem erfreut!"

    "Ich glaube er würde stolz auf dich sein, denn es ist eine für die Provinz und für dich wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe. Deine Hilfe wird gewiss nicht vergessen bleiben, Arria."


    Ich sah auf den kargen Grund unter uns. Das Gras und die andren kleinen Gwächse hingen schlapp herab.


    "Ceres..."


    murmelte ich andächtig und sah Arria an.


    "Gedenken ihrer wirklich so wenig? Dabei ist sie doch grade für unsere Provinz eine äusserst wichtige Gottheit, denn unser Reichtum basiert zum großen Teil auf den Felderträgen und anderen landwirtschaftlichen Gütern..."

    Als er begann zu sprechen schloss ich meine Augen und versuchte mir Mutter vorzustellen. Sie hatte ein sanftes Lächeln auf den Lippen und ein hübsches, erfahrenes Gesicht von Locken umrahmt. Strähnige Locken, von manchen Hellen Strähnen durchzogen und in der Sonne hell schimmernd. Ihr Haar roch gut, nach Rosen... Und Vater. Fröhlich, viel älter als Mutter aber ein unglaublich liebevoller Mann, sein Lachen war so ansteckend und...


    Ich öffnete die Augen. Ich ertrug die Erinnerungen nicht. Als mir klar wurde, dass es keine Erinnerungen, sondern nur meine Fantasie war. Ich blickte hinab auf meine Hand, welche unruhig zitterte und ich wandte mich zu meinem Bruder, sah in sein Gesicht, während sich eine leicht schimmernde Träne, von mir unbemerkt, über meine Wange schlich.


    War es wirklich nur Fantasie?

    "Ja, du wirst, auch wenn die Zeit nicht lang sein wird, garantiert einiges für später lernen können. Weißt du, ich hätte diese Aufgabe an niemanden gegeben, von dem ich glaube, dass er sie nicht schaffen könnte. Es ist deine freie Entscheidung und bei dir kann ich mir sicher sein, dass du ehrlich bist und dich auch ehrlich einschätzt. Ich bin froh solche Schülerinnen wie euch beiden zu haben, weiß ich doch von vielen die richtig harte Fälle zu unterrichten haben."


    Ich konnte das Lächeln nicht von meinen Lippen bannen und nickte Arria aufmunternd zu.


    "Nun, ich bin mir sicher, dass auf jeden Fall auch Ceres und Fortuna noch erbaut werden. Doch ich schätze, wir sollten voerst einen Tempel für Neptun oder Apoll errichten. Die Gelder sind leider nicht sonderlich reichlich vorhanden."


    Ich seufzte.

    "Wenn du glaubst, dass es dich überfordert, kannst du dir gerne Hilfe bei den Sklaven suchen - sie haben Erfahrung, denn sie helfen auch mir häufig. Und du musst diese Aufgabe nicht erfüllen, wenn du es nicht möchtest!"


    meinte ich lächelnd und doch in einem ernsten Tonfall.


    "Die Planungen für die nächste Zeit werden vor Allem Tempelbauprojekte sein. Die Gelder für ein Kapitol habe ich so gut wie zusammen und darauf wird ein weiterer Tempel folgen, doch für wen müssen wir noch in der Curie besprechen."

    "Nein."


    sagte ich entschlossen, ehe ich sanft antwortete:


    "Sie sind stolz auf uns. Sicher beobachten sie uns und sie erfreuen sich an unserem Vertrauen zueinander. Und vor Allem auf dich werden sie stolz sein, denn du hast weder Mühen noch Lasten gescheut um mich zu finden."


    Ich wande mich seitlich zum Fenster und sah hinaus. Mittag war herum und gleich würde es wieder sehr voll werden - doch das machte nichts. Wir würden uns gemeinsam schon dadurch kämpfen wie auch durch die nahliegende Zukunft.


    "Erzähl mir von ihnen... Nicht viel, nur ein wenig. Wie sah Mutter aus?"


    flüsterte ich leis, den Blick nicht wieder zu ihm hebend.

    "Nein, ich glaube nicht, dass derartiges eintritt. Ich kann dir ja schon einmal grob von den Planungen für Tarraco berichten, die ich in die Hand nehmen werde, so du es verlangst."


    nickte ich leicht und sah sie fragend an.


    "Ich glaube kaum, dass andere Fragen groß gestellt werden. Sobald die Sacerdos Didia Fausta ankommt, so ich sie nicht in Rom antreffe, wird sie für die restliche Abwesenheit meine Vertretung übernehmen und dich auch weiter ausbilden... Bis ich wieder da bin."

    "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du alles allein tragen wirst? Nein, wenn wir gleich auf die Märkte gehen um die grobe Einrichtung zu besorgen werde ich keine Sesterzen scheuen, um Träger anzuheuern. Du bist vielleicht noch in keinem hohen Amt, aber Oberhaupt einer einst nicht unbedeutenden gens und vor Allem mein Bruder! Ich bin doch kein Unmensch und lasse dich alles tragen!"


    Ich sah ihn vorwurfsvoll an, lächelte aber sogleich wieder warm.

    "Es wäre ein Skandal gewesen. Er, der Sohn des proconsuls und ich seine adoptierte Tochter. Wenn wir aufgeflogen wären, hätte das möglicherweise zum Schaden der ganzen Familie gereicht. Er hätte mir sein Vertrauen geschenkt und ich es schändlich ausgenutzt.. Und sein Sohn, stürzt die ganze Familie in Schande. Nein, wir durften es weder zeigen noch überhaupt weiter ausleben."


    Mein Blick war wieder ernst geworden und auf Balbus ging ich nicht weiter ein. Ich hatte ganz starke Zweifel, dass es auch nur ein bisschen so war, wie Pentesilea es dachte. So ein Denken traute ich dem Regionarius einfach nicht zu.


    "Ich liebe Metellus von ganzem Herzen und ich bin der Göttin Iuno zu großem Dank verpflichtet, hat sie doch unsere Gebete erhört und unsere Wünsche erfüllt. Vielleicht hätte ich mir mehr gewünscht, Maximus wäre zurückgekehrt. Ich weiß es nicht..."

    "Das wirst du auch. Du wirst selbst als Sacerdos noch nicht ausgelernt haben und selbst ich habe an mancher Stelle noch offene Fragen die ich durch Fragen kläre. Doch bedenke vor Allem, dass die Prüfungen auch auf den Ausbildungslevel angepasst sind. Ich kenne die neue Form der Prüfungen auch noch gar nicht richtig, denn ihr seid meine ersten Schüler."


    ich lächelte sie an.


    "Und wenn du mich vertrittst, wirst du schon keine argen Aufgaben bekommen."

    "Nein, Romanus. Du bist mein Bruder und ich bleibe bei dir. Es wäre nicht nur unschicklich, wenn ich weiterhin im Hause der Matinia wohnen würde, obwohl du in Tarraco lebst, sondern auch aus meiner moralischen Sicht mehr als unangebracht!"


    Ich drehte mich vom Fenster aus zu ihm und lehnte an jenem.


    "Wirklich, die Wohnung ist sehr schön.. Nur ungewohnt ist es, dass ich in einer Insula wohne, das tat ich bis heute noch nie. Aber gefallen tut es mir, vor Allem da du hier bist. 4 Zimmer, die wir frei einrichten können, nicht wahr?"

    Nun musste ich wieder lachen - welch köstliche Vorstellung. Ich brauchte tatsächlich ein paar Minuten bis ich mich soweit wieder beruhigt hatte.


    "Du meinst Balbus? Den Regionarius? Nein, das bezweifle ich. Ich bin sicherlich gar nicht sein Typ Frau.. Und ... Ach nein, Pente, das kann ich mir nun gar nicht vorstellen, dass er Interesse hätte!"


    Ich musste wieder kurz glucksen und meine Wangen glühten leicht. Die zunehmend ausgelassenere Stimmung ließ die Trauer langsam weichen.


    "Und wieso Metellus? Vielleicht kennst du ihn ja nicht einmal? Ich habe von keinem deiner aufgezählten Männer gesagt, dass er es ist!"

    "Ich werde dich noch ein wenig darauf vorbereiten, es wird nicht so schrecklich viel zu tun geben. Ich hoffe nur, dass ich bald deine Ernennung zur Popa vorschlagen kann, das Gleiche gilt auch für Valeria. Denn ich brauche mehr aktive Priester die auch mehr allein übernehmen können und bald rücken einige Discipulii nach und ich brauche jede helfende Hand. Ihr wäret zwar auch noch in der Ausbildung aber doch so weit, dass ich euch ein wenig selbstständig arbeiten lassen darf!"


    lächelte ich leicht.

    Ich sah sie etwas verdutzt an, ehe ich nun doch lachen musste und es war wahrlich kein sonderlich leises Lachen.


    "Bitte von wem sprichst du? Ich verstehe dich gerade nicht so ganz, wer denn deine Nummer eins sein soll?!"


    Ich ließ Viola nun doch ein wenig zurückfallen, damit ich neben Pente herreiten konnte und wir uns in einer normalen Lautstärke unterhalten konnten. Die Pontifex und eine Affäre - ausser Pente musste das nun wirklich niemand wissen.


    "Und Metellus war nicht nur mein Adoptivbruder, sondern mein Cousin."


    korrigierte ich sie zwinkernd, ehe ich anfügte:


    "Gut, ich gebe zu dass ich Numerianuns sehr gern mag und mir durchaus etwas hätte vorstellen können, aber nie wieder ein Soldat, den ich so selten sähe und der ständig in Lebensgefahr schwebt. Und es wäre zwar auch ein wenig subjektige Einschätzung, doch ich glaube nicht, dass ich es 'Liebe' nennen kann."

    Unter 'wundervoll' verstand ich mittlerweile etwas anderes, auch wenn ich eingestand dass es mir auch recht gut gefiel. Aber meine Fassung wirkte kühl und darum erwiderte ich noch fröhlicher als ich es eigentlich war:


    "Ja, du hast Recht! Auf jeden Fall soll die Kriminaltät in diesem Viertel auch sehr gering sein und die Habitatio scheint auch in einem äusserst guten Zustand!"


    lächelte ich und ließ meinen Blick schweifen, während ich vollends eintrat und direkt in ein Zimmer einbog und dort zum Fenster eille. Das Glas war nur leicht milchig, was darauf schließen ließ, dass dieses Haus wahrlich keines der armen war.

    "Soso..."


    erwiderte ich schmunzelnd und wandte schnell wieder den Blick ab, da mein Schmunzeln sich zu einem Grinsen steigern wollte. Ein leichtes Glucksen ging glücklicherweise im Wind unter.


    "Darf ich erfahren wen du im Verdacht hast?"

    Ich lächelte.


    "Nein, das musst du nicht. Du musst nur Besuche entgegen nehmen und ihre Anliegen vermerken. Gegebenenfalls den Leuten auch bei Gebeten und kleinen Opferspenden helfen. Nur große Opferungen ausführen darfst du noch auf gar keinen Fall und eben das Gleiche gilt bei Anliegen 'Ja' oder 'Nein' zu sagen. Soetwas muss warten bis zumindest wieder ein Sacerdos da ist. Und wenn du etwas als sehr wichtig erachtest, kannst du es auch aufbewahren, bis ich hier bin. Ich werde dir einige meiner Vollmachten übertragen und selbstverständlich werde ich dich entlohnen!"

    "Wärst du überrascht wenn ich dir sage, dass ich durchaus ein Verhältnis mit einem Mann habe?"


    platzte es aus mir heraus. Ich musste es ihr so oder so irgendwann sagen, gerade weil sie meine beste Freundin war. Und ich empfand die Situation als äusserst passend. Ich trieb Viola, mittlerweile wieder auf grüner Fläche, etwas in die Schenkel und sah mich zu Pente um.

    Gemeinsam mit Romanus kamen wir an unserer ersten gemeinsamen Wohnung an. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, denn welche Frau meines Alters zieht frisch zu ihrem leiblichen und so gut wie unbekannten Bruder? Es war ein schönes Gebäude und wir würden das erste Geschoss beziehen. Diese Gegend hatte einen guten Ruf und es war schwer geworden hier eine annehmbare Wohnung zu finden, denn ganz oben wohnen wollte ich als Nobilität nun auch wieder nicht.


    Ich stieg die Treppen voran und trat in die Wohnung...

    Ich schmunzelte. Eigentlich würde ich aus ihren Worten schließen, dass unsere Freundschaft weniger wert wäre, als wenn eine völlig unbekannte Schwester auftauchen würde. Doch ich verkniff mir diesen Kommentar und antwortete stattdessen:


    "Ja, durchaus. Aber das ändert nichts an der Lage... Wir werden lange brauchen bis wir richtig zueinander finden. Ich mag ihn gerne, doch ich habe noch keine Erinnerungen die ich mit ihm teilen kann, weshalb es erst einmal sehr seltsam sein wird."