Beiträge von Shani

    Der Germane flüchtete, Varia fiel, Atermas wollte sich aus dem Staub machen... und Shani seufzte nur deutlich hörbar.
    "Ist in Ordnung Atermas."
    War ihr Angebot so fürchterlich gewesen? Würde sich der Germane beeilen wäre er in einer halben Stunde draußen, noch dazu könnte er bereits im Balneum alleine sein. Varia könnte da geradezu neidisch werden. Die Nubierin hielt sich heute für außerordentlich großzügig. Aber Angebot war ja so ein nettes Wort, das voraussetzte, dass man eine Wahl hatte. Die hatte Irvin schon... irgendwie. Er konnte sich gut anstellen und würde dafür belohnt werden, etwa damit, dass er später in den Hortus konnte. Oder es würde ähnlich ablaufen wie bei seiner Vorgängerin. Da fragte sich Shani allerdings, ob ihre Nerven mitspielen würden, wenn sie noch so einen Fall hätte.
    "Warte noch", sagte sich beschwichtigend zu Varia, denn der Ärger, den sie ausstrahlte, entging ihr nicht. Vorsichtig spähte sie in die Vorratskammer und entdeckte den Germanen in einer Ecke kauernd. "Frag ihn mal, was er für ein Problem damit hat." Mal im Ernst, wer hatte etwas gegen ein schönes warmes Bad. Vor allem wenn man gerade erst vom Sklavenhändler kam.

    Shani blieb stumm und unterbrach sie nicht, denn es war immerhin das erste Mal, dass Varia wirklich mit ihr sprach. Ihre Geschichte klang wie aus einer vollkommen anderen Welt, so seltsam abenteuerlich und kriegerisch. Dagegen war ihre Geschichte fast schon gewöhnlich. Aber sie hatte das Gefühl, davon erzählen zu müssen, jetzt wo Varia sich ihr gegenüber endlich offener verhielt, selbst wenn sie über ihre Vergangenheit nicht gerne sprach.
    "Weißt du wo Nubia liegt? Das ist südlich von Aegyptus... da komme ich her", begann sie und versank bereits in Erinnerungen. "Bald ist es zwanzig Jahre her, dass ich dort geboren wurde, als zweites von vier Kindern. Unser Volk lebte einfach, zog durchs Land und errichtete dort seine Zelte und Hütten, wo es gerade genügend Wasser und Nahrung gab. Ich weiß noch, wie es einmal eine Dürre gab, das Vieh fand nicht genug Nahrung und die Männer entschieden, zu einer Jagd aufzubrechen, auch mein Vater und mein älterer Bruder gingen mit, während der Rest mit den Tieren an einer der spärlichen Wasserstellen blieb. Ich habe damals so viel geweint, dass es meiner Mutter zu viel wurde... sie hat mich in eine Ecke gesetzt, mir einen Klotz weichen Ton vor die Füße gelegt und gesagt, ich soll Schalen machen, für das Festessen, das es bald geben würde. Damals war ich vielleicht sieben Jahre alt." Ein wehmütiges Lächeln zeichnete sich auf Shanis Gesicht ab. "Ein Festessen gab es natürlich nicht, wir konnten nicht alles, was die Männer von ihrer Jagd mitbrachten, mit einem Mal wieder verbrauchen. Darum ging es wahrscheinlich auch gar nicht. Jedenfalls wäre meine Mutter bestimmt glücklicher gewesen, wenn ich ihr mit meinen jüngeren Geschwistern geholfen hätte, das war ja eigentlich meine Aufgabe gewesen als älteste Tochter und später sollte ich mich schließlich selbst um eine Familie kümmern können", erzählte sie und machte eine kurze Pause, denn das nächste große Ereignis, das sich in ihren Kopf eingebrannt hatte, war jenes, welches ihr Leben für immer verändert hatte.
    "Als ich elf war, ist dann etwas passiert... ich... bin aufgewacht, von draußen hörte ich Lärm und Schreie. Ich weiß noch, dass mein älterer Bruder Meba den Kopf ins Zelt gesteckt hat und meinte ich soll mit meiner jüngeren Schwester und meinem kleinen Bruder drinnen bleiben. Ich weiß nicht wie lange wir gewartet haben, aber irgendwann ist ein fremder Mann ins Zelt gekommen. Ich wollte nicht mit ihm gehen, aber..." Sie blickte Varia traurig an. "Sie haben uns getrennt. Ich wusste nicht, was mit mir passierte, ich war viel zu jung um irgendetwas zu begreifen und dann wurde ich auf eine Reise quer durchs Reich geschickt, bis ich mich in Rom wiederfand und von einem Weinbauer gekauft wurde... nicht Varus, ein anderer. Ich war die Leibsklavin seiner Frau Catulla, bis sie sich aller überflüssiger Sklaven entledigten, um Geld zu sparen. Und ich war eben... nicht ganz so wichtig. Dann bin ich hier gelandet." Und hier konnte sie hoffentlich etwas länger bleiben. Sie hatte ein gutes Gefühl, vor allem, weil sie nicht mehr nur das schwarze Juwel war, als welches sie damals der Sklavenhändler betitelt hatte. Sie war nicht mehr einfach nur das hübsche schwarze Ding, mit dem man Eindruck schinden konnte. Das beruhigte sie zumindest etwas.
    "Weißt du, Varia, das hier ist nicht nur ein anderes Leben. Es ist eine andere Welt. Am besten du lässt deine Vergangenheit hinter dir."

    "Ich hoffe doch, dass er dabei keine Hilfe braucht", entgegnete sie in Varias Richtung und konnte ein leichtes Lächeln nicht zurückhalten. Der Germane war so vollkommen anders als Varia - traurig, aber ruhig. Selbst wenn sie nicht verstand, was er genau sagte, konnte sie aus dem Klang seiner Stimme doch einiges herauslesen und das führte dazu, dass sie ihm weitaus mehr über den Weg traute als Varia bei ihrem ersten Aufeinandertreffen.
    "Sag' ihm, er darf sich nachher waschen und bekommt frische Kleider. Dann kann er von mir aus auch den restlichen Tag im Hortus verbringen. Mit dem muss er sich sowieso bekannt machen." Zum Glück sah der Blonde nicht ganz so fürchterlich aus, wie die Amazone damals. Wie sie das mit der Rasur, die er dringend nötig hatte, handhaben würde, musste sie noch überdenken. Nicht das er am Ende so deprimiert war, dass er sich selbst die Kehle durchschnitt, wenn sie ihn mit der Klinge alleine ins Balneum schickte. Seltsam. Bei Varia hätte sie vermutlich mehr die Angst gehegt, sie könnte ihr damit die Kehle durchschneiden.

    Shani nickte erst nur. Sie verstand es... irgendwie. Selbst wenn sie nicht recht verstand, inwiefern es Varia half. Wenn sie selbst ein großes Poblem hatte, zerpflückte sie es meist in Gedanken, bis sie eine Lösung fand, sie trauerte, wenn sie keinen Weg fand, es zu lösen, und wenn sie von Anfang an wusste, es gab keine, verdrängte sie es. Varia tat sich selbst weh. Aber solange es nur die Wand war, die verprügelt wurde, konnte sie vermutlich sowieso froh sein.
    "Über dich natürlich. Du bist jetzt Teil dieses Haushalts. Erzähle mir von dir", meinte sie, setzte sich neben ihr aufs Bett und zuckte kurz mit den Schultern. "Wie alt bist du? Hattest du früher eine Familie? Was machst du gerne?", versuchte sie ihr einen Ansatz zu geben. "Was hast du jetzt vor zu tun?" Lediglich ihre letzte Frage stellte sie eindringlicher, und Shanis dunkle Augen ruhten unverwandt auf Varia. So wie die Wand aussah, hatte sie ihre Einstellung aber wahrscheinlich nicht allzu sehr überdacht, doch wer wusste schon, wie es im Kopf der Kriegerin aussah.

    "Um ehrlich zu sein, ich möchte mit dir reden, aber nur, wenn du nichts dagegen hast." Ihr erstes Kennenlernen am Vortag war ja nicht gerade glänzend verlaufen und schuld daran waren sie wohl beide gleichermaßen. Aber das änderte nun einmal nichts daran, dass Shani wissen wollte mit wem sie es zu tun hatte, Varia genauer kennenlernen musste und wollte, und sie würde natürlich nicht davon absehen, einige Versuche zu wagen, Varia davon zu überzeugen, dass ihre Situation so schrecklich gar nicht war.
    "Soll Hannah dir noch was zu essen bringen?", fragte sie und besah sich die seltsamen Stellen an der Wand genauer. Sie konnte sich durchaus vorstellen, wie blutige Knöchel an den Händen und ebenso blutige Dellen in der Wand zusammenpassten. Bei Gelegenheit würde sie jedenfalls Atermas bitten müssen, die Wand auszubessern. War ja leider mehr nötig, als nur ein bisschen Farbe.

    Shani war während des ganzen Aufruhrs um Irvin scheinbar die einzige gewesen, die, wenn auch etwas verwundert über die Situation, ruhig sitzen geblieben war. Sogar Atermas, der andere normale Mensch im Raum, war kurze Zeit aufgestanden.
    Dem Mann gefiel es hier nicht und von ihrer Sprache verstand er auch nichts, soweit war sie inzwischen selbst schon gekommen. Und was Handgreiflichkeiten betraf, hoffte sie zumindest, dass der Neue kein Lügner war.


    "Vielleicht glaubt der Dominus ja, ich habe zu wenig Arbeit", witzelte Shani, lächelte allerdings nicht sondern musterte Irvin etwas ratlos, bevor ihre Augen hinüber zu Varia wanderten. Auf Esthers Kommentar hin nickte sie.
    "Varia, du wirst hierbleiben müssen, was sollen wir sonst mit ihm machen?" Die Nubierin deutete mit einer flüchtigeb Geste zu Irvin. "Außerdem wirst du zwangsläufig dafür sorgen müssen, dass er unsere Sprache versteht, in Ordnung?", sagte sie ruhig und eher in einem Tonfall, der Varia darum bat. Sie konnte sich lebhaft ausmalen, wie viel Arbeit auf Varia zukam.

    Etwas verspätet trat auch Shani in die Culina. Man konnte es ihr wohl kaum übel nehmen, denn hin und wieder hatte sie nun einmal wichtiges zu tun, vor allem wenn es darum ging den anderen Sklaven auf die Finger zu schauen und zu kontrollieren, ob alles zur Zufriedenheit des Dominus erledigt wurde. Genauso nahm auch sie es niemandem übel, dass bereits mit den Essen begonnen worden war.
    Ihr Blick fiel natürlich als erstes auf den blonden Hühnen.
    "Salve, du musst der neue Sklave sein, der gerade erst eingetroffen ist", meinte sie nur kurz, als auch sie sich an den Tisch setzte. Natürlich hatte sie absolut keine Ahnung, dass der Mann vermutlich kein einziges Wort von dem verstand, was sie sagte, aber das würde sie wohl noch früh genug bemerken. Noch immer mit Neugier in den Augen und den Neuen musternd, der doch einen etwas normaleren Eindruck bot, als Varia, als diese in der Villa angekommen war, nahm sie sich ein Stück Brot.

    Es war noch recht früh am Morgen und natürlich würde sie gleich nach der Neuen sehen, vielleicht ließ sie inzwischen auch etwas besser mit sich reden, nach gutem Essen und etwas Schlaf.
    Shani klopfte erst an. Nicht weil sie das musste oder befürchtete, sie könnte Varia bei irgendetwas wichtigem stören, sondern aus purer Höflichkeit. Allerdings wartete sie nicht lange auf eine Reaktion, sondern schob sich nur kurz darauf langsam durch die Tür. Der Anblick der sich ihr im Inneren des Raumes bot, war ihr nicht ganz geheuer. Nicht vollkommen sicher, was sie von dem Anblick halten sollte, versuchte sie das Blut und die Dellen in der Wand vorerst zu ignorieren, genauso wie den rot verfärbten Stoff an Varias Händen. Und noch mehr sah sie darüber hinweg, dass Varia vor ihr auf dem Boden saß.
    "Wie geht es dir?", fragte sie ruhig, so unnötig die Frage auch schien, wenn man sich in dem Zimmer umsah.

    "Du wirst jetzt in dein Cubiculum gebracht und kannst erstmal was essen", meinte sie und ließ keine Zweifel daran entstehen, dass sie erleichtert war, hier erstmal fertig zu sein. Die Nubierin musterte sie noch einmal und wenn man sie gefragt hätte, sah Varia jetzt sogar ansatzweise normal aus. An ihrer Statur konnte sie ja schlecht was ändern und das wäre vermutlich auch nicht erwünscht gewesen, bei einer Leibwache für den Schleimbeutel. Aber zumindest sah sie nicht mehr aus wie eine barbarische Metzgerin und durchs halbe Haus roch man den Sklavenmarkt auch nicht mehr. Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie Varia zu Atermas brachte, der sie in ihr Zimmer führen würde.

    Varus wurde in diesem Augenblick Zeuge der nicht ganz so häufigen Erscheinung einer leise auflachenden Shani.
    "So habe ich das nicht gemeint. Ich habe solche Gedanken nur nie weitergeführt", erwiderte sie gleich darauf. "Hätte ja auch nicht viel Sinn gemacht", fügte sie leiser hinzu. Ob sie als Sklavin Kinder bekam oder nicht war schließlich alles andere als ihre Entscheidung.
    Was sie sich aber bei dem Thema, das ihr Herr angeschnitten hatte, immer mehr fragte, war, was in der Hinsicht eigentlich mit Varus loswar. Er war älter als sie, die meisten Römer hatten in seinem Alter bereits eine Ehefrau und sofern sie die Situation beurteilen konnte, tat sich bei ihm nichts. Dennoch blieb sie in ihrer Zurückhaltung stumm.

    "Es ist nur eine Kräutersalbe", sagte Shani ohne zu Varia aufzusehen. Als sie sich mit Kamm und Schere in der Hand wieder der neuen Sklavin zuwandte, hatte diese sie aber ohnehin bereits verwendet. Auch angezogen war sie endlich, perfekt passte die Tunika nicht, aber das hatte ihr Dominus ja geahnt und für heute würde es genügen.
    "Keine Sorge, wir werden dir bald neue Kleider kaufen.", kommentierte sie deshalb nur.
    Ohne dass sie gefragt worden wäre, setzte sich Varia vor ihr auf den Boden. Zwar stellte jetzt Varias Größe kein Problem mehr dar, dafür musste sie ein ganzes Stück in die Knie gehen, als sie begann, Varias Haare zu kämmen. Sie glaubte nicht, dass sie sich groß daran störte, trotzdem gab sie sich Mühe nicht allzu grob zu sein. Irgendwann hing auch die letzte Strähne der langen Haare glatt von Varias Schopf, sodass Shani die Schere zur Hand nahm.
    "Ich werde nicht zu viel wegschneiden, nur ein wenig stutzen", meinte sie ruhig, obwohl Varia nicht den Eindruck vermittelte, ein Gespräch zu wünschen. Sie begann geschickt mit Kamm und Schere die schwarzen Strähnen zu bearbeiten, von denen nach und nach Stücke zu Boden fielen. Trotzdem fielen Varia die Haare noch immer über die Schultern, als sie fertig war. Zum Abschluss steckte Shani sie mit einer Spange hoch, selbst wenn sie vom waschen noch immer feucht waren, damit sie nicht störten.

    Damit sich hier mal niemand wundert, dass ich gerade jetzt so lange auf mich warten lasse, wo doch bei den Helvetiern gerade so viel los ist: Bis zum Wochenende hab ich leider noch einiges zu tun, ich bitte also um Geduld... ;)

    Ein wenig verwundert war die Nubierin schon, als sie durch die Tür zurück ins Balneum kam und Atermas noch immer hier war, vor allem aber entging ihr natürlich die Stimmung nicht, die im Raum herrschte - selbst wenn sie die sanfte Berührung Varias nicht gesehen hatte. Das wurde ja immer besser mit der neuen, aber gut. Und Atermas? Der konnte sich wohl gar nicht mehr los reißen. Sie räusperte sich kurz leise.
    "Danke, Atermas ... dass du aufgepasst hast", sagte sie bemüht freundlich. Worauf und weshalb auch immer.
    Sie trat näher an die beiden heran, musterte die Szene noch einmal und wandte sich nicht ganz ohne Skepsis wieder dem Bündel zu, um ein wenig Ordnung darin zu schaffen, bevor sie sich Haaren und Nägeln zuwandte. Wahrscheinlich war es sowieso besser, wenn sie Varia noch etwas Zeit für den Wickel und die Salbe gab, die hatte sie nämlich noch nicht einmal angerührt. Atermas beachtete sie derweil nicht mehr sonderlich.

    Shani nickte auf Varus' erste Frage hin ein wenig unschlüssig. Zumindest war ihr Status das, was ihre Zögerlichkeit am ehesten erklärte. Sie hatte damals Glück gehabt, in der Casa Helvetia zu landen, doch es war absolut kein Geheimnis, dass es mehr als genug Sklaven gab, die genau dieses Glück eben nicht teilten, irgendwo bei einem schlechten Herrn endeten oder sogar als Arbeitssklaven.


    "Nein Dominus, niemand", antwortete sie dann und ließ sich langsam auf der nächsten Sitzgelegentheit nieder, weil sie sich nicht sicher war, wie lange ihre Unterhaltung noch dauern würde und sie bereits viel zu lange mitten im Raum herumstand. Schließlich legte sie ihre Hände in den Schoß und ihre Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. "Ich habe auch noch nie wirklich an so etwas gedacht, um ehrlich zu sein."

    Shani nickte ebenfalls leicht und legte die Tunika neben dem Handtuch ab.
    Während sie in ihrem Bündel noch nach der Salbe suchte, fiel ihr Blick auf die Flasche mit angenehm aber dezent duftendem Öl. "Bevor ich es vergesse... setz' dich am besten nochmal hin." Ohne große Umschweife rieb sie Varia mit dem Öl ein. Zwar war sie der Meinung, dass diese nach dem Bad bereits annehmbar roch, doch schaden konnte es bestimmt nicht, und es war ein Vorschlag ihres Herrn gewesen. Verletzte Körperstellen ließ sie bewusst aus, denn die würden schließlich noch speziell behandelt werden. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk, ließ das Öl wieder in dem Bündel verschwinden und zog stattdessen eine Dose mit Salbe hervor.
    "Das kannst du schonmal für die kleineren Verletzungen benutzen", meinte sie, bevor sie wieder vor die Tür ging und Atermas Bescheid gab, dass er die neue erneut angaffen durfte. Dieses mal frisch gewaschen und wohlriechend, dachte sie belustigt. Shani würde unterdessen nach einem Stoffstreifen suchen, der lang und groß genug für den gewünschten Wickel war.

    "Natürlich... alles", antwortete Shani schlicht. War ja auch alles dreckig. Wieso sollte sie also die Haare auslassen.
    Zwar waren die Fesseln immer wieder im Weg, doch irgendwie brachte sie es fertig, Varia einigermaßen angemessen zu waschen.
    Als sie fertig war, beschloss sie, Varia für einen Augenblick alleine im warmen Wasser zurück zu lassen, um frische Kleidung und alle weiteren Utensilien, die sie vor allem für Haare und Nägel benötigte, ins Balneum zu schaffen. Zuvor nahm sie noch die alte Ausrüstung hoch, nicht ohne zur Sicherheit einen flüchtigen Blick zurück zu Varia zu werfen, und verschwand schließlich aus dem Balneum. Varia würde schon nicht weglaufen, mit Fesseln und Atermas vor der Tür.
    Alles was sie glaubte zu benötigen zu einem Bündel zusammengewickelt, kehrte die Nubierin ins Balneum zurück, legte Varia ein Handtuch an den Rand des Beckens und hielt ihr die frische Tunika hin.
    "Wirst du ruhig bleiben, wenn Atermas dir die Fesseln wieder abnimmt? Du könntest das hier anziehen... und dann deine Verletzungen behandeln, wenn ich dir deine Haare etwas schneide." Die Rüstung war inzwischen immerhin nicht mehr im Raum. Shani blickte sie ernst an. Noch einmal würde sie Varia bestimmt keinen Handel vorschlagen, wenn Varia diesen ablehnte.

    "Ich bin nicht sicher, Dominus. Aber selbst wenn ich hier ein Kind bekäme und es ihm in diesem Haus gut ginge... wer könnte mir versprechen, dass sich daran nichts ändert? Ich würde nicht wollen, dass es einfach irgendwo anders hin verkauft wird." Egal was ihr Dominus ihr darauf antworten würde, er konnte doch nichts daran ändern, dass er nicht mit Sicherheit wusste, was in Zukunft geschehen würde. Und was auch immer ihren Herren wiederfuhr, ließ auch dessen Sklaven meist nicht unangetastet.
    "Das hängt auch davon ab, wie gut es einer Frau geht. Aber das Risiko ist dann auch bei der Geburt höher, wenn die Frau älter ist." Bei Varus' vielen Fragens steigerte sich natürlich auch ihre Neugier, was denn nun ihre Belohnung sein sollte. Wollte er, dass sie ihm weitere Sklaven gebar? Wollte er sie freilassen? Forschend musterte sie ihn, um vielleicht den Ansatz einer Antwort aus seiner Miene zu lesen.

    Das war ja mal wieder eine Sache. Sie war also störend? Commodus' kurzer Blick war ihr nicht entgangen. Man hätte davon ausgehen sollen, dass sie bei Commodus gar nichts verwunderte.
    Mit nachdenklich geschürzten Lippen blickte sie den beiden nach, wie sie das Peristylium verließen und senkte dann ihren Blick auf das Essen, dass Commodus verlangt hatte und praktisch unangetastet dastand. Wenigstens ein Gutes hatte es. Die anderen Sklaven und auch sie selbst würden sich über eine Zwischenmahlzeit freuen.

    Shani blickte Varus erst nur verwundert an, nicht unbedingt aus dem Grund, weil er sie wieder einmal für ihre Arbeit belohnen wollte. Hätte er nur davon gesprochen, hätte sie schlichtweg gelächelt und sich bedankt, um sich dann wieder an die Arbeit zu machen.
    "Ich werde bald 20", antwortete sie erst und ihre Überraschung verwandelte sich nach und nach in Nachdenklichkeit. Wenn sie jemals auf den Gedanken eigener Kinder gekommen war, hatte sie ihn meist recht schnell wieder verdrängt, nicht nur, weil die Entscheidung nicht bei ihr lag, sondern auch weil sie sich fragte wie richtig es überhaupt war, unfreien Nachwuchs in die Welt zu setzen, und ob es eine Rolle spielte, dass es einem Kind vielleicht so gut gehen würde wie ihr. Und an später hatte sie kaum einen Gedanken verschwendet. "Ich … weiß nicht Dominus. Aber ich mag Kinder. Wenn die Verhältnisse gut genug sind … ja." Wie genau sie sich diese Verhältnisse vorstellte, darüber war sich Shani selbst noch nicht im Klaren.

    Natürlich vollkommen ohne irgendwelche Hilfe war sie in das Becken gestiegen. Shani presste nur wortlos die Lippen zusammen, trat zu ihr und .setzte sich an den Rand. Noch immer stumm, begann sie Varia abzuschrubben, dabei versuchte sie, nur so grob vorzugehen, wie es nötig war, um den Dreck von der Haut zu lösen. Wo die Nubierin Verletzungen fand, und insbesondere bei den furchtbar aussehenden Blutergüssen, ging sie noch etwas vorsichtiger vor und warf hin und wieder einen flüchtigen Blick auf Varias Gesicht, um herauszufinden, ob sich ein Anzeichen von Schmerz in ihren Zügen erkennen ließ.
    "Wie gerät jemand wie du in sowas? Man könnte meinen, du kämpfst bis zum bitteren Ende", fragte Shani nach einer ganzen Weile. Normalerweise mochte sie Stille, doch hier war es anders. Diese Stille zwischen ihnen war … seltsam. Schon alleine wegen Varias unverwandt auf ihr ruhenden Blickes.