Beiträge von Titus Pompeius Atticus

    Wenn der Mann hier derjenige wahr, von dem Atticus mittlerweile annahm, dass er es war, war er ziemlich geizig. Zumal er nicht ein einziges Wort zu der Höhe irgendeines Preisgeldes gesagt hatte und auch sonst recht wenig dazu beitrug, wirkliche Klarheit in die Rennabläufe zu bringen. Allerdings glaubte Atticus auch, wenn der Mann wüsste, wie er das ganze handhaben wollte, würde er da auch dementsprechend genauer Antworten. Oder aber, er wollte einfach nur ihm keine genauere Antwort geben.


    So oder so stand Atticus vor einer schweren Entscheidung. Sollte er seine Factio bei einem Rennen mitfahren lassen, wo sie nichts gewinnen konnte, außer eben gesehen zu werden, oder sollte er die spärlichen Ressourcen seiner Factio lieber für ein vernünftiges Rennen aufsparen, um dort dann einen wirklichen Gewinn zu erfahren?
    Atticus grübelte also eine ganze Weile, kam aber zu keinem logisch einwandfreien Schluss zu gelangen. Vielleicht sollte er dieses Rennen eher als eine Art erweitertes Trainingsrennen ansehen? Immerhin bestand die Chance, dass nicht nur die Russata mitfahren würde.
    Atticus zuckte also schließlich mit den Schultern und sagte:“Dann notiere für die Albata doch bitte die Fahrer Pigor Sekundus, Perikles und Lusorix.“ Vielleicht hatten sie ja sogar einen guten Tag und wurden dritte oder so.


    Sim-Off:

    Setzdaten folgen per PN

    So langsam dämmerte Atticus, an welcher Stelle er den Fehler begangen haben könnte. Sein Gegenüber sprach auffällig oft von 'ich' und nie vom 'Senator Claudius'. Kurz wanderte der Blick noch einmal nach unten zu den Schuhen. Hm. Die waren schon ziemlich rot, so im rechten Licht betrachtet. (Warum auch immer der Mann im Haus Schuhe und nicht nur die viel bequemeren Sandalae trug. Das gab doch Schweißfüße!)
    Die Antwort des Mannes holte ihn doch aus seinen Überlegungen. Also war der Helvetius am Tag des Rennens dann der Ansprechpartner. Atticus versuchte, sich sein gesicht zu merken, damit er es im Falle eines Falles wiederfinden würde.
    “Ähm, ja, genau, die Albata. Und ich meinte eigentlich eher, ob du Geld dafür zahlst, dass wir starten, nicht anders herum. Aber das hat sich glaub ich auch beantwortet.“ Atticus zögerte ein wenig. Auf der einen Seite wollte er unbedingt, dass die Albata teilnahm, auf der anderen Seite hatte sie keine realistische Chance auf einen der ersten Plätze – und damit auch nicht auf die Siegesbörse. Und seine Factio brauchte doch schon auch Geld. “Gibt es auch ein Preisgeld für die weiteren Plätze?“ fragte er also auch noch. Immerhin musste er seinen Fahrern das ganze Rennen ja auch schmackhaft machen.

    Atticus hatte wohl irgendeinen Fauxpas begangen. Zumindest überraschte ihn die äußerst familiäre Anrede doch über alle Maßen, so dass er doch einen Augenblick erst einmal stehen blieb. Er war zwar noch jung, aber zum einen sehr groß für sein Alter, und zum anderen schon seit zwei Jahren nach römischem Recht ein erwachsener Mann! Doch wusste er jetzt nicht wirklich, was hier gerade verkehrt lief. “Ähm, nur meine Mutter nennt mich so“, beschwerte er sich daher eher halbherzig und setzte sich ein wenig zögerlich.
    Aber gut, er war ja auch nicht hier, um irgendwie zu klären, wie nun wer hier wo angeredet werden sollte, da war er selbst ja auch nicht das Musterbeispiel dafür, wie ihm dünkte. Daher beschloss er, das Thema nicht weiter vertiefen zu wollen, und stellte seine Fragen. “Nun, in dem Brief stand, dass jede Factio drei Fahrer benennen darf. Die Rennbahn hat allerdings ja bekanntermaßen nur Platz für acht Fahrer. Gibt es also Vorläufe und anschließend ein Finale? Oder wonach bestimmt sich, welche Factio letztendlich wie viele Fahrer ins Rennen schickt? Und falls das nach unten reguliert wird bei zu vielen Anmeldungen, wer bestimmt dann, welche der Fahrer dann fahren dürfen und welche nicht? Desweiteren wüsste ich gerne, ob es ein Preisgeld gibt, oder ein Startgeld?“ Es war ja durchaus auch desöfteren üblich, den Factiones einfach nur für ihr Erscheinen ein bescheidenes Startgeld zu zahlen, und ein Siegespreis war eigentlich quasi ein Muss.

    Götter, war das peinlich! Atticus wollte immer noch im Boden versinken, als sein Patron ihn dankenswerterweise ein wenig rettete und den Gesprächsteil übernahm, für den eigentlich er selbst zuständig gewesen wäre. Wobei Atticus vieles wollte, aber nicht dem Weg seines Vaters in die Kanzlei zu folgen. “Ich finde den militärischen Weg aber erstrebenswerter...“, murmelte er eher halblaut als ergänzende Information.
    Allerdings konnte er nicht wie ein Häuflein Elend hier stehen bleiben. Also atmete er noch einmal tief durch und erinnerte sich noch an den kleinen Auftrag, den er zusätzlich erhalten hatte, bevor er von zuhause aufgebrochen war. “Meine Mutter Iunia Axilla übersendet dir auch ihre Grüße und ihren Dank, dass ich heute hier sein darf.“ Damit war wenigstens dieser Teil nicht vergessen worden und einigermaßen akkurat ausgeführt.

    Atticus hatte nicht die geringste Ahnung, wer da denn gerade kam. Er hatte einen Vilicus erwartet, aber für einen einfachen Bediensteten war der alte Mann viel, VIEL zu vornehm gekleidet. Ein kurzer, prüfender Blick auf die Schuhe zeigte dann noch Standesabzeichen eines Patriziers. Wahrscheinlich war das also irgendein Verwandter von Senator Claudius, der ihm bei der Organisation half, mutmaßte Atticus.
    “Ja, das bin ich, ähm... Claudius?“ Atticus hatte keine Ahnung, wie die richtige Anrede wohl wäre, aber mit dem nomen gentile – das hoffentlich stimmte – konnte man zumindest nicht alles falsch machen. “Ich hatte dem Ianitor bereits gesagt, dass ich für die Factio Albata einen Brief mit einer Renneinladung erhalten habe, aber ich hätte da noch ein paar Fragen bezüglich der Durchführung und dergleichen.“

    Auf einmal war da ein kleines Mädchen. Das war hier ja wie bei seinem Patron, wo aus dem Nichts auf einmal die Tochter des Purgitius auf Pontus zugestürmt kam, um ihn abzuknutschen. Warum klappte diese Anziehungskraft des Hundes nur bei Mädchen unter 10 und nicht mit welchen in seinem Alter? “Ähm, er heißt Pontus“ antwortete Atticus etwas resignierend und hoffte, dass bald derjenige kommen würde, der ihm seine Fragen beantworten konnte. So viel Zeit für die Anmeldung war ja nicht mehr.


    Pontus natürlich wusste weder etwas von älteren Mädchen, die sein Herrchen gerne kennenlernen würde, noch etwas von Terminen. Er merkte nur einen kleinen Menschen auf sich zukommen, der ihn streicheln wollte. Dieser kleine Mensch roch anders als der kleine Mensch, den sein Herrchen und er oft besuchten und auch anders als der kleine Mensch, der zu seinem Rudel gehörte. Aber es war ein kleiner Mensch und damit hatte er Welpenschutz und durfte bei dem großen Hund verdammt viel. Außerdem hatten kleine Menschen häufig etwas zu Essen dabei.
    Pontus war also hin und hergerissen zwischen liegenbleiben, was das Herrchen befohlen hatte, und aufstehen, um den Mensch nach Essbarem abzusuchen, was also in einem wilden Rutschen auf seinen vier Pfoten endete, ohne jedoch den Bauch vom Boden zu heben. Aber Pontus probierte zumindest mal die Fingerchen, indem er sie einfach ableckte. Kleine Menschen mochten das.

    Da niemand was davon gesagt hatte, dass Pontus draußen bleiben musste, nahm Atticus den großen, schwarzen Molosser einfach mit in die Villa Claudia. Im Atrium schließlich hieß es, dass sie warten sollten, also befahl Atticus nur einmal kurz “Platz“ und gehorsam legte Pontus sich auf den Boden, begleitet von einem tiefen Seufzen. Etwas trinken wollte Atticus nicht, und auch, wenn die Kekse verführerisch aussahen, ließ er sie erstmal links liegen. Als Pontus die Nase hob und in Richtung der Kekse schnupperte, brummte Atticus nur ein kurzes “Untersteh dich!“ in Richtung des Hundes, um sämtliche Versuche eines Keksdiebstahls im Keim zu ersticken.


    Und da wartete er also erstmal.

    Huch! Der Ianitor machte ja glatt Malachi Konkurrenz!
    Atticus blinzelte kurz und zeigte dann den Brief vor. “Mein Name ist Titus Pompeius Atticus, und ich habe einen Brief erhalten. Ich nehme an, von einem Vilicus von Senator Claudius Menecrates. Wegen eines Wagenrennen in ein paar Tagen. Ich bin von der Factio Albata, und ich hätte da noch ein paar Fragen bezüglich der Durchführung und dergleichen. An wen kann ich mich da wenden?“

    Atticus zuckte etwas ungelenk die Schultern. Ob es ihm leicht fiel oder schwer, darüber hatte er sich noch nie wirklich Gedanken gemacht. Es war einfach das, was er tun musste, da führte kein Weg dran vorbei. Und Atticus betete zu allen Göttern, die sich zuständig fühlen mochten, dass er ein besserer Mann als sein Vater wäre. Als Ritter hatte der es ja weit gebracht, aber als Mensch... Seinen Vater zu hassen war nach römischem Recht ein Verbrechen – oder zumindest nahe dran – aber Atticus würde einiges darum geben, wenn Gaius Pompeius Imperiosus nicht sein Vater wäre und er nicht nach diesem schlagen würde. Allerdings war ein solches Thema wohl kaum was für ein erstes Gespräch. Vielleicht noch nicht einmal was für das hundertste.
    “Flavius Scato kommt zumindest aus einer Familie, die die Götter und die Welt kennt. Da sollten denke ich genug wichtige Leute dabei sein, die dir helfen könnten.“ Dass Callistus sein Tirocinium fori bei seinem Verwandten-um-x-Ecken gemacht hatte, erklärte ein wenig, warum er vorhin so herumgedruckst hatte. Wie lange war das denn her, dass Duccius Vala in Rom war? Musste schon ein paar Jahre her sein. Da in der Zwischenzeit noch nicht voran gekommen zu sein, war schon etwas, was auch Atticus verlegen gemacht hätte. Allerdings war es nichts, was er Callistus vorhalten würde. Vielleicht hatte er in der Zwischenzeit ja einfach etwas anderes, wichtiges zu tun gehabt, oder schlichtweg kein Glück gehabt. Und Atticus wollte einen potentiellen, neuen Freund nicht durch unnötige Vorwürfe vergraulen.
    “Hast du schon mal drüber nachgedacht, ob du vielleicht noch ein... sagen wir mal kleineres tirocinium oder so bei einem der kommenden Magistrate machen möchtest? Das wär vielleicht ein bisschen aktueller und würde dir auch mehr Kontakte ermöglichen als zu deinem Verwandten in Germania?“ Hm, vielleicht kam das jetzt belehrend rüber? Das war nicht Atticus Absicht, aber manchmal hatte er auf andere Menschen diese Wirkung. “Also, ich mein nur, wenn sich nicht vorher ohnehin was ergibt oder dein Patron schon Pläne hat oder so...“ fügte er also noch möglichst unverfänglich an, um den Eindruck vielleicht abzumildern.
    “Apropos Schwimmen, hast du nachher noch vor, auch ins Wasser zu gehen, oder wolltest du nur Trainieren?“

    Atticus hatte einen Brief erhalten. Oder besser gesagt, die Factio Albata hatte einen Brief erhalten – was in diesem Fall aber doch irgendwie dasselbe bedeutete, da ohnehin Atticus derjenige war, der sich um sämtliche Rennteilnahmen kümmerte. An und für sich freute Atticus sich ja sehr, dass jemand ein rennen veranstalten wollte. Doch blieben bei dieser Einladung noch so viele Fragen offen, dass er erst einmal nachfragen wollte, ehe er irgendwas zusagte.


    Da er als junger Mann ohnehin mit viel zu viel Zeit – laut Aussage seiner Mutter – beglückt war, war er an diesem Tag auch selber zur Villa Claudia aufgebrochen, in der Hoffnung, mit dem zuständigen Bediensteten zu reden, der dieses Rennen plante. Also stand er mit Hund und Brief schließlich vor der Villa Claudia und klopfte an.

    Warum denn ausgerechnet in der Veneta? Die hatten doch schon drölfzig Mitglieder! “Ah, dann hast du dich schon beworben?“ Atticus bemühte sich, nicht enttäuscht zu klingen. Sicherlich sagte Senator Iulius ja. Was sollte er auch gegen weitere Mitglieder haben? “Naja, mein Plan ist vielleicht ein bisschen theoretisch“, druckste Atticus herum wie schon zuvor bei seinem Patron vor einigen Wochen. Irgendwie war er halt doch der jüngste hier und kam sich etwas albern vor, seine jugendlichen Pläne verkaufen zu wollen. “Aber ich bin in die Albata eingetreten, weil dort eben sehr wenige aktive Mitglieder sind. Daher hat sie von einem aktiven Mitglied am meisten, und wie du siehst, haben wir jetzt ja auch schon ein Trainingsrennen. Jetzt bräuchte ich noch jemand, der dasselbe für die Purpurea macht, die ähnlich unterbesetzt ist. Und ich glaube nicht, dass die was dagegen haben, ein zahlungskräftiges Mitglied zu kriegen, wenn das dann gleich zu Beginn auch viel anderes übernimmt. Oder die Praesina wäre auch sehr spärlich besetzt... im Gegensatz halt zu Veneta, Russata und Aurata.
    Und naja, wenn dann alle Factiones wieder zumindest feste Ansprechpartner und engagierte Mitglieder haben, müssen wir nur noch den jeweiligen Aedil ein wenig... ähm... nerven“
    , kurz warf Atticus seinem Patron einen entschuldigenden Blick zu. Aber ihm fiel kein besseres Wort ein. “Dass dieser mehr Rennen veranstaltet. Und wenn er nicht will, einfach so lange Trainingsrennen untereinander veranstalten, bis die Leute das Rennfieber wieder richtig gepackt hat.“ Ein Grinsen, und der Plan war zuende erzählt. Andere würden es vielleicht auch 'Wunschzettel' nennen. Aber zumindest mit der Albata hatte es ja jetzt geklappt, warum auch nicht bei der Purpurea? Und vielleicht kannte Callistus ja auch jemanden, der diesen Part übernehmen würde, wenn er selbst schon herausfiel. Ansonsten musste Atticus wohl doch noch einmal seine Mutter beknien, was er tunlichst vermeiden wollte.


    Pontus indessen hatte den Neuankömmling auch mit etwas Verzögerung bemerkt. Eigentlich sollte der schwarze Molosser ja ruhig liegen bleiben, und eigentlich wollte Pontus ja auch ein braver Hund sein. Aber bei neuem Besuch galt der alte Befehl ja sicher nicht mehr?
    Ganz zaghaft und auffällig unauffällig also stand Pontus auf und kam langsam an die Seite seines Herrchens, wo er möglichst unauffällig die Nase vorstreckte, um den neuen Menschen auf die Entfernung nach Essbarem abzuschnüffeln.

    Das war's wohl mit dem Fußboden. Wenn sein Patron ihn vorstellte, blieb wohl nichts weiter übrig, als den Blick zu heben, die holde Weiblichkeit möglichst zu ignorieren und nicht zu viel dummes Zeug zu reden. “Ich danke für die besondere Ehre, heute hier sein zu dürfen, Senator Aurelius.“ Für die Einladung konnte Atticus sich schlecht bedanken, die stammte ja gar nicht vom Aurelius. Aber dieser hatte ja erlaubt, dass Gäste Gäste mitbringen durften, nur wie nannte man das dann richtigerweise beim Gastgeber?
    Dummerweise begrüßte ihn jetzt aber auch noch die Nichte des Aurelius, also musste er sie ansehen. Und etwas sagen. Nur was? “Ähm, salve, Aurelia Corvina.“ Das war vielleicht ein bisschen wenig. Ein Kompliment! Stimmt, da fehlte ein Kompliment! Das machte man so. Nur welches? “Du bist sehr hübsch.“ Pause, dann die folgende Erkenntnis. “Also, dein Kleid, meine ich! Also du auch, und deine Cousine ebenso, aber ich meinte, ich bin nicht gut in sowas... oh, Terrazzoboden... sehr akkurat...“ Mit roten Ohren wünschte sich Atticus gerade, eben jener Terrazzo-Boden würde ein Loch auftun, in das er versinken konnte.

    Atticus machte ein nachdenkliches, übertrieben unsicheres Gesicht und eine vage Handbewegung. “Na, also wenn der Wind von Osten Regen heranbringt...“ Weiter schaffte er es aber selber nicht, ohne von einem Ohr bis zum anderen zu Grinsen. In seinem Alter heilte ja zum Glück alles noch schnell. Auch wenn sein Knie wirklich einen Tag lang noch verdammt weh getan hatte.
    Sein Patron aber war für die Fortführung des Gesprächs ungefähr so nützlich wie ein Goldfisch im Impluvium: Ganz nett anzuschauen, aber nicht wirklich hilfreich! Sollten Senatoren nicht angeblich stundenlang über nichts reden können? Davon wusste der Purgitius anscheinend ebenfalls nichts.
    Zum Glück war auf Callistus da etwas mehr Verlass, denn er gab Atticus die Steilvorlage schlechthin. “Naja, ich arbeite gerade daran, das zu ändern. Auch wenn die Albata noch viel Training braucht und mein Plan nicht nur sie umschließt. Du willst nicht zufällig in eine Factio eintreten, oder?“

    Verdammt! Da hatte Atticus sich wohl in eine Ecke manövriert, die der Duccius schamlos ausnutzte. Eigentlich sollte er beleidigt sein, denn eigentlich wollte er ja wirklich nicht ringen. Und erst recht wollte er nicht der Ehre wegen dazu gezwungen sein. Dennoch war er jetzt genau deswegen dazu gezwungen und schlug mit einem schiefen Seitenblick auch ein. “Gut gespielt“, meinte Atticus da nur, während er die Hand schüttelte. Und wirklich sauer war er auch nicht. Mal ein paar neue Freunde zu finden, die nicht alle kleiner und dümmer waren, als er selbst, war definitiv keine schlechte Sache.


    Bei der eigentlich ganz unverfänglich gemeinten Frage druckste Callistus aber dann rum, und auch, als Atticus die Antwort hörte, stand er scheinbar auf dem Schlauch, was daran nun so schlimm war. “Ich werde Ritter werden, wie mein Vater. Und ungefähr dreiviertel der Familie meiner Mutter.“ Was er selber da wollte, interessierte da ohnehin niemanden, daher hatte er sich schon vor einiger Zeit mit seinem Schicksal angefreundet. “Hast du denn schon einen Patron? Mit guter Fürsprache geht ja meistens einiges.“
    Als Callistus noch Germania Superior erwähnte, fiel Atticus da noch was anderes auf. “Ist der Legatus von Germania Superior nicht auch ein Duccius? Bist du mit dem verwandt?“ Wenn ja, würde das das Bestreben, Senator zu werden, ja auch irgendwie erklären. Callistus war dann ja nicht einmal mehr so richtig ein Homo Novus, sondern nur ein halber. Da sollte sich das mit der Senatorenlaufbahn ja dann leichter ergeben.
    “Und ja, das stimmt. Als ich klein war, saß ich am liebsten am Strand und hab den Fischern zugeschaut. Was die Fischer hier aus dem Tiber holen, willst du glaub ich gar nicht wissen.“ Atticus schüttelte sich gespielt. “Aber der Gestank wird zum Winter hin wenigstens besser, und irgendwann gewöhnt man sich dran. Zumindest bis zum Sommer, dann flüchten alle, die es sich leisten können.“

    Sim-Off:

    Ich bin mal so frei und trenn mal Handlungsstränge voneinander


    Zitat

    Original von Sextus Aurelius Lupus
    “Ah, Consular Purgitius! Ich freue mich sehr, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Es ist meinem Haus eine Ehre und eine Freude. Meine Nichte Corvina ist dir noch bekannt? Ebenso darf ich dir Aurelia Drusilla vorstellen und... meine Cousine Lentidia war eben auch noch hier.“ Suchend sah Sextus sich nur kurz um, allerdings sprang ihm seine Cousine wohl nicht ins Blickfeld. Nun, sei es drum, der Abend war noch lang, am Ende der Nacht würden sich wohl viele neue Bekanntschaften ergeben haben, auch für die aurelischen Damen.


    Zitat

    Original von Aurelia Drusilla
    Da sie diesem nun aber vorgestellt wurde begrüßte sie ihn mit einem freundlichem Lächeln. „Salve Consular Purgitius ich freue mich deine Bekanntschaft zu machen.“


    Wie hielt ein vernünftiger Mensch das nur aus?


    Als Atticus im Halbschlaf von Araros genötigt worden war, die Einladung seines Patrons anzunehmen, hatte er noch gar nichts gedacht. Höchstens Lass mich schlafen! Als seine Mutter aufgeregt wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gegend gehüpft war, hatte er ein paar leise Bedenken, was ihn wohl erwarten würde. Und vor allem, was von ihm jetzt erwartet wurde. Ein Fest klang ja eigentlich nach Spaß, gutem Essen und netter Unterhaltung. Aber spätestens, als seine Mutter angefangen hatte, ihn zu nötigen, diverse Tuniken anzuprobieren, beschlich ihn Verwirrung, die den Gipfel zur Besorgnis stürmte. Vielleicht war das ganze doch nicht so leicht und spaßig, wie gedacht, wenn so ein Brimborium darum betrieben wurde.
    Womit er aber nicht gerechnet hatte, war diese verdammte Toga! Wie schafften es die ganzen Senatoren und Personen des öffentlichen Lebens nur, den ganzen Tag in diesen unbequemen Stoffmonstren rumzulaufen? Andauernd musste Atticus aufpassen, dass das blöde Ding nicht von der Schulter rutschte. Gleichzeitig musste er darauf achten, nicht so große Schritte wie üblich zu machen, weil er sonst auf den herabhängenden Saum trat oder diesen zumindest durcheinander brachte, womit der Faltenwurf dahin wäre. Und zu guter Letzt war es ein schieres Ding der Unmöglichkeit, in der Falte der Toga, die angeblich exakt für so etwas da war, die Serviette und seinen Löffel (als ordentlicher Römer brachte man dies natürlich selbst zu einem Essen mit. Fremdes Besteck war schließlich igitt) zu legen, ohne dass sie rausfielen, sobald man ging.
    Wie hielt ein vernünftiger Mensch nur diese stoffgewordene Idiotie aus? Am liebsten wollte er das Ding abstreifen und in die Ecke pfeffern! Nur hätte er damit wohl zwar einen bleibenden, aber nicht unbedingt positiven Eindruck hinterlassen.
    Ald ihre kleine Gruppe allerdings an der Villa Aurelia ankam, nutzte Atticus zumindest einen kurzen Moment dazu, sich Serviette und Löffel zu schnappen und versteckt unter der Toga an seinem Rücken in den Gürtel zu stecken. Da fiel wenigstens nichts klimpernd raus. Erst danach huschte er hinter Purgitius Macer her, als dieser dann auch gleich vom Hausherrn begrüßt wurde. Auch wurden zwei junge Damen vorgestellt, eine reicher angezogen als die andere, und offenbar fehlte sogar noch eine dritte Grazie. Gut, es war anzunehmen gewesen, dass auch Frauen hier sein würden, aber mussten die denn so aussehen? Atticus ergab sich in angestrengter Betrachtung des Fußbodens – schöner Terrazzo! Und so fachmännisch verlegt... und überhaupt... - damit er nicht in Verlegenheit kam, mit besagten Damen noch zu sprechen. Das würde nur wieder so peinlich werden wie damals vor langer Zeit bei einem Wagenrennen. Die Patrizierin von damals schuldete ihm im übrigen immernoch einen Kuss...

    Der Rennausgang war sehr enttäuschend für Atticus. Er hatte jetzt nicht wirklich mit einem Sieg gerechnet, aber dass sogar ein factioloser Fahrer zwei weiße Fahrer bezwingen konnte, das war schon reichlich bitter. Gerade in Lusorix hatte Atticus große Hoffnungen gesetzt, und dieser hatte ganz und gar enttäuschend abgeschnitten. Da würden noch viele, viele Trainingsrennen vonnöten sein, damit die Albata wieder ernsthaft im Renngeschäft mitmischen konnte. Viele Trainingsrennen.
    ”Proteneas ist momentan wirklich unschlagbar, und Bagoas ist auch sehr gut gefahren”, setzte Atticus gerade zu einer Lobrede an, aus der man seine eigene Enttäuschung nicht heraushörte, als er plötzlich seinen Namen rufen hörte. Aus dem Konzept gebracht drehte er sich um und sah Duccius Callistus auf sich und seinen Patron zukommen. Atticus war sich nicht sicher, ob es die Situation besser oder schlechter machte, dass sich doch jemand als Publikum eingefunden hatte. Trotzdem freute er sich, den Duccius zu sehen.
    ”Natürlich, Duccius. Mein Knie tut immer noch weh. Und das" deutete Atticus zur Rennbahn hinunter ".... ist verbesserungswürdig”, feixte Atticus ein wenig, ehe er natürlich die Vorstellung übernahm. ”Patron Purgitius, darf ich vorstellen: das ist Caius Callistus von den Duccii, ein engagierter, junger Mann und ein ziemlich erbarmungsloser Ringer. Duccius, du kennst ja sicher meinen Patron, den ehrenwerten Consular Purgitius Macer.”

    Wie es ausgerechnet den Geist schulen sollte, getreten und gewürgt zu werden, entzog sich Atticus' Horizont. Irgendwie erschien dieses Argument sehr fadenscheinig zu sein, wie die meisten Argumente, die Eltern so anwendeten, damit man tat, was sie wollten. Und Callistus wollte das ganze auch noch freiwillig und regelmäßig machen? Atticus wollte sich nicht die Blöße geben und zugeben, wie unangenehm ihm das war. Er war ja schließlich kein heulendes Mädchen. Aber regelmäßig gewürgt und getreten zu werden stand jetzt auch nciht unbedingt auf der Liste der Dinge, die er gemacht haben wollte.
    ”Ähm, vielleicht, aber vielleicht erstmal mit Anfängerregeln ohne würgen und treten, oder so”, antwortete er ein wenig ausweichend. Vielleicht wäre es besser, das Thema jetzt nicht weiter zu vertiefen. Daher stürzte sich atticus auch sehr dankbar auf den anderen Gesprächsfetzen, den der Duccius ihm dargereicht hatte.
    ”Und du bist neu in Rom? Aus einem bestimmten Grund?” Es gab ja viele Gründe, die ewige Stadt einmal zu besuchen. Verwandte, Kontakte, Politik, Geschäft... ”Ich selber bin in Ostia aufgewachsen, weil meine Mutter das während des Bürgerkrieges als sicherer erachtete. Aber als der vorbei war, sind wir wieder nach Rom gezogen ins Haus ihrer Familie.”

    Der anfängliche Jubel wich langsam deprimierender Ernüchterung. Lusorix hatte einen geradezu phänomenalen Start hingelegt, wurde aber weiter und weiter nach hinten durchgereicht. Enttäuscht ließ sich Atticus auf seinen Platz zurücksinken. Natürlich hatte er nicht gedacht, dass die Albata gegen die wesentlich routiniertere Russata gewinnen könnte. Aber dass sein neuester Fang am Ende der vierten Runde als letzter durchs Ziel kam, das war doch extrem demotivierend.



    Dass Proteneas den Sieg davon fahren würde, war auch in der fünften Runde kaum zu bezweifeln. Höchstens Bagoas konnte ihm noch gefährlich werden, doch schien der Rote damit zufrieden zu sein, zu seinem Factiokameraden aufgeschlossen zu haben.
    Hinter den beiden Führenden aber kam noch einmal Bewegung ins dichte Feld. Amasis hatte zwar seinen anfänglichen Rückstand aufgeholt, aber seine Pferde konnten dieses hohe Tempo auf Dauer nicht halten. Pigor Secundus nutzte diesen Umstand und kam vor Amasis in die Wende. Um einer Kollision zu entgehen, musste der Rote Fahrer seine Pferde etwas zügeln, was zu einer weiteren Geschwindigkeitseinbuße führte.
    Dahinter gab Manius Scorpus seinen Tieren die Peitsche. Geschickt nutzte er eine Lücke, die sich zwischen den rivalisierenden Syennesis und Pepe auftat, und ließ beide Fahrer so hinter sich. Und auch danach ließ er nicht nach. Auf der langen Geraden holte er immer weiter auf den zurückgefallenen Amasis auf, der in der zweiten Kurve noch die Oberhand behalten konnte. Doch lieferten sich die beiden Fahrer weiterhin einen erbitterten Zweikampf und fuhren tatsächlich gleichzeitig über die Ziellinie.
    Lusorix bildete weiterhin das Schlusslicht.



    Doch schien diese Position auch dem jungen Fahrer nicht besonders zu gefallen. Immer weiter spornte er seine Pferde an, um aufzuschließen, bis er schließlich zu Pepe und Syennesis aufgeschlossen hatte. Noch immer lieferten sich diese beiden Fahrer einen erbitterten Zweikampf im hinteren Feld. Dabei wiederholten sie scheinbar denselben Fehler wie schon zuvor, denn fast wie in einer gespiegelten Manöver nutzte nun Lusorix wie in der Runde zuvor Manius Scorpus eine Lücke zwischen den beiden Wagen, um beide zugleich hinter sich zu lassen und anschließend seinen Tieren die Peitsche zu geben, um weiter zum vorderen Feld aufzuschließen.
    Nachdem Pigor Secundus nun Amasis hinter sich gelassen hatte, mühte er sich, zu dem führenden Proteneas und Bagoas aufzuschließen. Doch die beiden Fahrer hatten mehrere Längen Vorsprung, so dass sich hier wenig machen ließ.
    Hinter ihm nun lieferten sich Amasis und Manius Scorpus ein Duell um Platz vier. Sowohl in der ersten Kurve als auch auf der langen Geraden ließ sich hierbei kein klarer Sieger ausmachen. Erst in der letzten Wende vor der Zielgeraden schaffte Manius Scorpus es, den roten Fahrer auf die ungünstigere Außenbahn zu drängen. Die Wagen touchierten sich leicht, bei der hohen Geschwindigkeit gab es einen kurzen Funken, als die beschlagenen Radkappen aufeinandertrafen. Amasis' Wagen hüpfte dabei leicht und es war wohl seiner Erfahrung und seinem Geschick zu verdanken, dass er dennoch das Gleichgewicht behielt. Trotzdem musste er sich so dem factiolosen Konkurrenten vorläufig geschlagen geben.


    Und los ging es! Die Zügel schnalzten, die Fahrer riefen, und fast, als wären sie alle eins, setzten sich die Pferde in Bewegung. Nunja, zumindest fast alle Pferde. Manius Scorpus hatte wohl einen Fehler begangen oder hatte einfach Pech, denn eines seiner Tiere stieg und schlug aus, während die anderen schon laufen wollten. Gerade noch rechtzeitig zog er die Zügel wieder an, so dass sein Wagen nur einen Halbkreis zog, anstatt von den Pferden auseinandergerissen zu werden. Allerdings verlor er so wertvolle Zeit, und als seine Tiere wieder in die richtige Richtung sahen und losliefen, war das Feld vor ihm schon an der ersten Kurve.


    Wie erwartet fuhr Proteneas vorneweg, dicht gefolgt von Lusorix – was Atticus mit einem begeisterten “Vorwärts, Lusorix!“ kommentierte – und Bagoas. Nach der Kurve schlossen auch Pigor Secundus und Syennesis auf. Etwas abgeschlagen folgen Amasis und – enttäuschenderweise für Atticus – Pepe.



    Zuletzt beendete dann auch Manius Scorpus die erste Runde. Allerdings schien ihn sein Rückstand anzuspornen, denn schon an der ersten Kurve hatte er das Feld wieder eingeholt und schob sich an Amasis, der zurückgefallen war, vorbei. Auf der langen Geraden spornte er seine Tiere noch weiter an und kam gleichauf mit dem ebenfalls factiolosen Syennesis. Allerdings hatte Manius Scorpus die Innenbahn in der Kurve, so dass er nach der Kurve vor seinem Rivalen lag.


    Aber wo war Pepe? Nun, der hatte ebenfalls seinen Rhythmus gefunden und spornte seine schneeweißen Tiere zu Höchstleistungen an. So überholte er nicht nur Amasis und Syennesis noch vor der ersten Kurve. Auf der langen Geraden schloss er zu seinen Factio-Kollegen auf.
    Lusorix konnte die hohe Startgeschwindigkeit aber nicht halten und fiel langsam weiter hinter Proteneas immer weiter zurück. Bagoas hingegen nahm etwas mehr Fahrt auf, so dass er sich schließlich auf den zweiten Platz nach vorne schob. Alle drei weißen Fahrer waren am Ende der zweiten Runde in etwa gleichauf.

    So ganz verstand Atticus nicht, warum man einen Fahrer eingeladen hatte, von dem man doch gar nichts wollte, aber er musste ja auch nicht alles verstehen. Vielleicht schuldete die Russata dem Mann einfach noch einen Gefallen? Atticus war es egal, Hauptsache, das Rennen wurde ein Erfolg. Er hoffte ja irgendwie immer noch auf ein wenig Publikum, das er mit seinem Rennfieber anstecken konnte, aber scheinbar hatte er nicht laut genug die Werbetrommel hierfür gerührt. Aber gut, es war ja auch nur ein Trainingsrennen.


    Dass sein Patron nicht gleich mit hinauf kommen wollte, erwischte ihn dann aber doch ein wenig überraschend. “Ähm... gut. Dann... bis gleich“ verabschiedete er sich etwas unsicher. Er selber hatte niemanden zum Verabschieden. Von seinen factio-Kollegen war traurigerweise niemand gekommen, und mit den Pferdeknechten hatte er schon die halbe Nacht gequatscht, die Fahrer waren jetzt beschäftigt und den Arzt kannte Atticus nicht. Etwas verloren wirkend blieb er also einen Moment neben seinem Hund stehen, zuckte dann die Schultern. Mit einem kleinen Pfiff und einer Geste forderte er Pontus zum Mitkommen auf und begab sich wieder Richtung Tribüne.
    Nach der morgendlichen Sonne auf der Bahn war es fast schwarze Nacht, als er in den Tunnel eintrat, der zu einer Treppe führte. Seine Augen brauchten einen Augenblick, sich daran zu gewöhnen. Als er wieder sehen konnte, stieg er also hinauf, folgte einem Gang und einer weiteren Treppe, die ihn schließlich im Gewirr der Tribünenaufgänge dann wieder ausspie. Irgendwo war er scheinbar falsch abgebogen, aber das machte nichts. Auf der Tribüne kletterte Atticus einfach wieder über die Sitzreihen nach vorne, von Sitzblock zu Sitzblock hüpfend, bis er schließlich da war, wo er eigentlich hin wollte.
    Unten sah es so aus, als wären die Fahrer auch bereit, denn so langsam fingen sie an, eine Reihe mit ihren Wagen zu bilden. Fehlte also nur noch sein Patron, dann konnte es losgehen.