Servius Curiatus Flamma wurde von dem Mann neben ihm leicht angestoßen. Zwar im Flüsterton, aber doch für die meisten gut hörbar, raunte er ihm zu: “Das weißt du doch, Flamma. Du warst bei seiner Aufnahme dabei und hast ihm selbst gesagt, er soll Trainingsrennen vereinbaren und alles machen, was er für richtig hält!“ Offenbar war das Gedächtnis des Dominus Factionis mal wieder etwas mehr durchlöchert als an anderen Tagen. Trotzdem stand Atticus bei dieser offenkundigen Vergesslichkeit doch ein Moment lang der Mund offen. Er war ja nun auch nicht erst seit gestern Sodalis und durchaus häufiger hier zu finden als der Dominus Factionis selbst. Da auf diese Art und Weise angesprochen zu werden, das war mehr als lachhaft!
“Ich habe noch immer über jeden meiner Schritte informiert“ stellte er da noch einmal in aller Deutlichkeit klar und bedauerte gerade seine Entscheidung, sich nicht doch jetzt schon zur Wahl zu stellen, wo die anderen Mitglieder sich offensichtlich nicht trauten, den senilen Curiatus so von seinem eingebildeten Thron zu stoßen.
So ganz überzeugt davon, jetzt das Feld zu erweitern, war Atticus noch immer nicht, auch wenn Octavius Macer nun erneut den Vorschlag brachte und ihm sogar die Wahl überlassen wollte. “Ich denke nicht, dass finanzielle Unterstützung nötig sein wird“ begann Atticus. Als angehender Ritter aus einer Familie von Rittern hatte er höchstwahrscheinlich mehr Geld als der Senator. “Allerdings sehe ich das Alter unserer Fahrer nur als nachrangiges Problem an. Die Fahrer der Russata sind älter, und trotzdem sind sie gerade unangefochten die besten Fahrer da draußen. Auch die der Veneta und der Purpurea sind nur unwesentlich jünger oder auch älter als unsere Fahrer. Und wir sollten auch nicht vergessen, dass es viele Fahrer gab, die bis in ihr fünfunddreißigstes Lebensjahr noch gefahren sind. Unvergessen bleibt wohl ein Dareios für die Veneta, der in seinem letzten Rennen mit siebenunddreißig noch den Sieg holte, ehe er sich zur Ruhe setzte.
Allerdings schadet es sicher nicht, sich auch nach einem weiteren, jungen Fahrer umzusehen, falls Pepe oder Pigor Secundus doch ihre Verträge wider erwarten bald auslaufen lassen möchten.“
Beiträge von Titus Pompeius Atticus
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Atticus verdrehte die Augen und stapfte seiner Mutter hinterher. Er war jetzt schon zu weit gegangen, um einfach so aufzugeben. “Ja, dann sieh dich eher als Mäzenin des Sports! Als Stütze der Gesellschaft! Du musst ja nicht mit Herzblut dabei sein oder so, aber zumindest ein bisschen was regelmäßig spenden und mit deinem Namen vielleicht weitere Mitglieder anlocken. Du weißt schon, Prestige und so!“
Atticus blickte seine Mutter mit großen Hundeaugen an und zückte dann noch den absoluten Trumpf, den er nur zu dieser Jahreszeit ausspielen konnte. “Ich wünsch mir auch nichts anderes zu den Saturnalien!“ -
Da Atticus seinen Plan zur [strike]Eroberung der Weltherrschaft[/strike] Belebung des Rennsportes nicht so weit voran gebracht hatte, wie er ursprünglich geplant hatte, kam nun der Notfallplan zum tragen: Mutter. Es war kein guter Plan, und wirklich durchdacht war er auch nicht. Aber Atticus hatte quasi jeden, den er kannte, darum angebettelt, in eine Factio einzutreten, und bis jetzt hatte sich wirklich, wirklich niemand gefunden, der willens war, in die Purpurea einzutreten. Nicht. Ein. Einziger.
Den ganzen Morgen hatte Atticus nun also schon versucht, seine Mutter davon zu überzeugen, dass sie doch selbst ein Interesse an Wagenrennen haben müsste. Allerdings hatte Iunia Axilla wohl wirklich so überhaupt gar kein eigenes Interesse an Rennsport und ließ sich da wohl auch kenes einreden. Gut, selbiges war Atticus schon von seinem Freundeskreis gewohnt. Dennoch war es zutiefst frustrierend.
Schließlich half wohl nur noch eines: Betteln.
“Ach, bitte, Mama! Bitte, bitte, bitte! Es ist wirklich, wirklich wichtig! Bitte! Biiiitteeee!“ -
Bei dieser Einlassung rollte Atticus in seiner jugendlichen Ungeduld mit den Augen. Was hatte Curiatius denn erwartet? Dass ihre Wagenlenker jahrelang nichts machen und dann siegen?
“Unseren Fahrern fehlt nur nach der langen, langen Zeit ohne Rennteilnahme das Training. Und eben dieses wird auch ihre Leistungen steigern. Wie einige Mitglieder hier wissen, habe ich bereits Trainingsrennen mit der Russata vereinbart, eines mit der Veneta steht auch an. Sofern es mir möglich ist, werde ich auch die anderen Factiones um Trainingsrennen ersuchen. Solange unsere Fahrer nicht genausoviel und genauso regelmäßig trainieren wie jene von Veneta, Aurata und Russata, ist es illusorisch, zu denken, dass sie genauso erfolgreich sein könnten.“ -
Wie die anderen Mitglieder auch behielt Atticus seine Hände bei sich und unten. Dieses Jahr war er noch viel zu neu und hatte noch zu wenig geleistet, als dass er sich ernsthaft um diesen Posten bemühen konnte. Aber bei der nächsten Wahl, wenn seine Bemühungen mit seinem Patron und mit Callistus Früchte getragen hätten, dann würde er sich dem Urteil der anderen gerne stellen und sein Glück versuchen.
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Ein Bote von der Casa Iunia klopfte an die Tür der Casa Accia Ducciaque. Bei sich trug er eine große, wachsversiegelte Kanne mit Falerner, sowie eine Wachstafel, was er beides für Duccius Callistus zur Weiterleitung übergab.
Titus Pompeius Atticus suo amico Callisto s.d.
Na also! Die wollten dich wahrscheinlich nur auf die Folter spannen! Zur Feier des Tages sende ich dir eine Kanne mit dem besten Wein, den ich zuhause stibitzen konnte. Ich würde auch gerne mit dir anstoßen, muss heute Abend aber leider am Familienessen teilnehmen, wie es scheint. Allerdings holen wir das Anstoßen bestimmt mit einem anderen Wein noch nach. Lass dir diesen erstmal schmecken.
Ich werde mich gleich auch um alles bei der Albata kümmern, so dass wir gleich morgens am Stadium Domitiani sein werden. Sehr gerne öffentlich! Vielleicht kommt diesmal dann ein bisschen mehr Publikum, ich würde es mir zumindest sehr wünschen. Irgendwo müssen doch die Rennbegeisterten sein?
Vale bene
TPA
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Irgendwie fühlte Atticus sich grob missverstanden. “Es geht doch nicht darum, irgendwen übrig zu lassen oder den anderen Factiones zu helfen. Es geht nur darum, nicht zu gierig zu erscheinen und sich nicht durch arrogantes Auftreten Beziehungen zu anderen Factiones kaputt zu machen. Sagen wir: Es geht um Diplomatie*!“ Atticus kam sich irgendwie albern vor, dass er ausgerechnet DAS einem Senator erklären musste. Aber ein weiser Mann sagte einmal: Ohne Freunde kann man leben, aber nicht ohne Nachbarn. In diesem Fall waren die anderen Factiones die Nachbarn. Man musste sich nicht gern haben, aber man musste fair bleiben untereinander. Ansonsten konnte das ganze sehr schnell sehr böse enden. Das wusste sogar er in seinen jungen Jahren. Mit einem Raufbold konnte man sich anlegen. Mit einer ganzen Gruppe Raufbolde sollte man sich gutstellen, oder ihnen aus dem Weg gehen. Wenn man nicht an gar keinen Rennen mehr teilnehmen wollte, um den anderen Factiones so aus dem Weg zu gehen, sollte man also zusehen, nicht von allen gleichzeitig verprügelt zu werden.
Viel weiter kam Atticus aber nicht mit seinen Ausführungen, da der offizielle Teil nun anscheinend losging.
Sim-Off: *Anders ausgedrückt: Ich bezweifle sehr stark, dass die SL uns mehr als 4 Fahrer genehmigen würde, eben damit das ganze Wagenrennsystem fair bleibt und keine Factio sich mit internen Trainingsrennen bis zur Unendlichkeit puscht. Es soll ja für alle gleichermaßen die Möglichkeit geben, was zu machen. Und an Rennen können auch nur 3 Fahrer teilnehmen pro Factio, zumindest bei allen bislang ausgerichteten Rennen.
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Überlegend wiegte Atticus den Kopf hin und her. “An und für sich stimmt das schon, aber es bringt uns ja auch nichts, die Verträge mit den erfahrenen Fahrern aufzulösen. Außerdem weiß ich nicht, wie die anderen Factiones die Sache sehen würden, wenn wir alle jungen Fahrer vom Markt schnappen, denn die Fahrer der anderen Factiones sind ja ähnlich alt – oder sogar noch älter. Und die älteren Fahrer behalten und gleich junge Fahrer dazuholen geht auch nicht. Das ist ja dann auch totes Kapital. Keine Factio hatte je mehr als vier Fahrer gleichzeitig. Mehr würde auch wieder die anderen vor den Kopf stoßen. Abgesehen davon, dass bei den meisten Rennen ohnehin maximal drei Fahrer pro Factio gemeldet werden dürfen.
Aber wir wollen ja mit den anderen Factiones auch trainieren!“ Atticus hatte so viel Mühe darin investiert, mit der Veneta und der Russata Trainingsrennen auszumachen, das wollte er nicht durch irgendeine übereifrige Aktion gefährden, die nur dazu führen würde, dass die Albata zwar die jüngsten Fahrer hätte, trotzdem aber weiter nur dem Feld weit hinterherfahren würde, weil niemand mehr mit ihr trainieren wollte. “Ich meine, nur so lernen unsere Fahrer ja wirklich was dazu. Ich finde ein gutes Verhältnis zu den anderen Factiones da sehr, sehr wichtig.
Daher würde ich das langsam machen. Erstmal noch einen jungen Fahrer dazu, der mittrainieren kann und von den alten lernen kann, und dann, wenn der erste ältere Fahrer in den Ruhestand geht, den nächsten. Dann haben wir auch in ein paar Jahren nicht wieder das Problem, dass alle Fahrer quasi gleich alt sind und gleichzeitig ersetzt werden müssen, sondern haben da dann auch ein bisschen Zeit, das sukzessive zu machen.“
Atticus kam sich zwar schon ein wenig komisch vor, da einen älteren Senator zu belehren. Aber der hatte ja nach einer Meinung gefragt, und wenn Atticus eines hatte, dann eine Meinung. Und er hatte sich ja wirklich lange Gedanken gemacht, wie er die Factio führen würde, wenn er sie denn führen würde. Was auch gleich zur Beantwortung der nächsten Frage beitrug.
“Und naja, ich würde schon gerne irgendwann Dominus Factionis sein. Aber ich glaube, dieses Jahr werden wieder dieselben wie letztes Jahr gewählt. Aber nächstes Jahr, da versuch ich vielleicht mal mein Glück.“ -
Atticus fand es ein wenig schade, dass der Vitrasius nicht noch mitkommen wollte. Noch ein paar mehr Freunde wären sicherlich nicht verkehrt gewesen. Aber gut, so hatte er schon mehr Möglichkeiten, sich mit dem Duccius näher bekannt zu machen. Atticus humpelte also möglichst gerade neben Callistus her, während der erzählte, wie und wo er so wohnte. Atticus ließ ein sehnsüchtiges seufzen dabei hören.
“Ein riesen Haus nur für dich allein? Keine nervigen Eltern oder sonstigen Verwandten? Ich beneide dich, ehrlich. Niemand, der einen anmault, man soll die Füße vom Tisch nehmen oder endlich aufstehen oder dieses oder jenes tun...oder malträtiert dich, weil du Schwertkampf oder ringen lernen sollst... Du könntest ja sogar ein Fest geben, wenn du wolltest!“ Die Vorstellung eines solchen Lebens kam Atticus' Vorstellung vom Elysium sehr nahe. “In der Domus Iunia ist immer irgendwas. Entweder will meine Mutter irgendwas von mir, oder mein kleiner Bruder, oder ein Vetter läuft durchs Haus, oder der Sohn von Cousin Avianus heult, weil er keinen Mittagsschlaf machen will... Ich hab ja schon überlegt, ob ich es irgendwie überzeugend hinkriege, darauf zu bestehen, allein ins Haus meines Vaters zu ziehen, aber... ich glaube, da geht es mir dann so ähnlich wie eben beim Ringen“, grinste Atticus Callistus an.“Wenn dieser Accius Damio aber gar nicht mehr in Rom weilt, habt ihr ihn schonmal gefragt, ob ihr das Haus abkaufen könnt? Ich meine, so als angehender Consul“, feixte Atticus fröhlich, “bist du ja wahrscheinlich durchaus noch länger hier in Rom. Da würde sich das ja lohnen. Und wenn du hier vielleicht auch eine der Töchter eines anderen Senatoren heiratest oder so, ist das vielleicht auch langfristig eine gute Investition?“ Auch wenn in dem Fall wohl wieder Schluss mit Füßen auf dem Tisch und Partys wäre. Frauen hatten da allgemein etwas dagegen, hatte Atticus so die Ahnung.
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Hach, Atticus war von diesem Gespräch begeistert! Da sprudelten die Ideen ja nur, wie man mehr Wagenrennen unters Volk bringen könnte! Und Callistus hatte sogar schon eine ganz konkrete Idee und einen ganz konkreten Namen, den man wohl nicht erst lange zu überreden brauchte.
“Natürlich wäre die Albata interessiert! Sag einfach Bescheid, wenn alles soweit steht, und ich sorg dafür, dass die Albata mit dabei ist. Auch wenn wir vorher wohl nochmal trainieren sollten. Falls die Blauen sich also zuerst bei dir melden, wäre ein Trainingsrennen davor sehr praktisch...“ -
“Naja, ich meine, was erwarten denn alle? Einer unserer Fahrer hat sich vor Jahren ins Ausland abgesetzt, die zwei anderen sind seit Jahren nirgendwo mehr mitgefahren und Lusorix fährt erst seit ein paar Wochen für uns und ist noch ziemlich neu. Dass wir da nicht mit Russata, Veneta und – wenn sie mitgefahren wäre – der Aurata mithalten können, halte ich für ganz normal. Die haben in den letzten Jahren ja beständig gute Ergebnisse eingefahren.
Aber ich hab schon Kontakte zur Russata und, wenn alles gut läuft, zur Veneta, so dass gutem Training nichts im Wege steht. Ein Trainingsrennen haben wir schon absolviert. Und meine Kontakte und ich haben schon Pläne für einige Rennen, die auch im nächsten Jahr stattfinden sollten. Mit der Übung und der Praxis sollten wir dann ganz schnell wieder vorne mitfahren.“
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Atticus fand es immer irgendwie seltsam, wenn er von Typen angesprochen wurde, die mindestens doppelt so alt waren, wie er selber. Da machte diese Begegnung jetzt auch keine Ausnahme. “Äääh, Pompeius Atticus, kurzjähriges und in dieser Zeit sehr aktives Mitglied, angenehm“, erwiderte Atticus also die Begrüßung und bemühte sich dabei, nicht zu zweifelnd zu schauen.
Und wie er zur Albata gekommen war? Atticus war sich sehr sicher, dass der Senator jetzt weder eine besonders lange Geschichte hören wollte, noch dass der absolut pragmatische Ansatz, den er bei seiner Mitgliedschaft befolgt hatte, hier in Anwesenheit der anderen Mitglieder so herausposaunt werden sollte. Vielleicht nahm der ein oder andere es ja dann doch persönlich, wenn er konstatierte, sich bewusst für die unerfolgreichste und inaktiveste Factio entschieden zu haben, die er eben finden konnte. “Und ich hab einfach um Aufnahme gebeten, oder was meinst du? Hat keine Familientradition oder so.“ -
Warum auch immer die Post an ihn an der falschen Adresse gelandet war, Atticus war mehr erstaunt darüber, überhaupt ein Schreiben erhalten zu haben. Die anderen Mitglieder der Factio hatten sich wenig bis gar nicht für irgendwelche Rennen und Ergebnisse interessiert. Dank Atticus gab es ja überhaupt nur Ergebnisse – die zugegebenermaßen nicht gut waren, aber immerhin hatte er es geschafft, dass die Pferde nicht mehr nur im Stall standen und fett wurden. Und er hatte einen neuen Fahrer gefunden. Der zugegebenermaßen schlecht gefahren war. Aber immerhin war er gefahren!
Etwas zwiespältig in seinen Gefühlen – wobei jugendlicher Trotz eindeutig überwog – wartete er also auf weitere Mitglieder und darauf, was hier wohl besprochen werden sollte. Pontos war wie immer an seiner Seite und schnüffelte mit seiner großen Hundenase ein wenig hier und ein wenig da. Er spürte, dass sein Herr etwas aufgewühlt war, und blieb daher an seiner Seite, anstatt wie sonst herumzustromern.
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Das Annehmen des Freundschaftsangebotes ließ Atticus breit grinsen – und die Hand kräftig schütteln. So einfach konnte das manchmal sein.
Nachdem Callistus ja auch bekräftigt hatte, dass er schwimmen konnte und auch wollte, stand Atticus auf. Sein Knie fühlte sich noch immer sehr seltsam an. Es war nicht mehr der Schmerz von vorhin, mehr so ein dumpfes Pochen und das Gefühl, einzuknicken, wenn zuviel Gewicht auf einmal darauf lastete. Trotzdem versuchte er, möglichst wenig zu humpeln. Ein echter Kerl musste sowas ja aushalten, oder so ähnlich. Atticus war sich nicht sicher, wollte aber keinesfalls zugeben, dass Callistus ihm wirklich weh getan hatte. “Kommst du auch mit schwimmen?“ fragte Atticus noch den Freund des Ducciers. So ganz sicher, ob der hierauf überhaupt Lust hatte, war er nicht.Malachi unterdessen wurde nicht gefragt. Atticus wusste zwar nicht, ob der Gladiator schwimmen konnte, aber er war sich ziemlich sicher, dass er das als Sklave hier im öffentlichen Bad nicht durfte. Außerdem schien der große Jude ziemlich zufrieden damit zu sein, dass sein junger Herr jemanden in seinem Alter gefunden hatte, um sich sportlich zu betätigen. Vielleicht aber auch nur, dass Atticus von diesem neuen Freund zu regelmäßigen Ring-Treffen überredet worden war. So oder so, Malachi war so schweigsam wie ein Fisch. Und Atticus war nicht böse darum.
Möglichst männlich also humpelte er los in Richtung des Schwimmerbeckens und antwortete dann auch auf die zuvor gestellte frage. “Achso, Patron. Ja, schon eine ganze Weile. Meine Mutter hat das klar gemacht, kaum dass ich meine Bulla abgelegt habe. Die kennt die Götter und die Welt. Auch deinen Cousin.“ Atticus grinste, so weit das momentan ging, und zuckte mit den Schultern. Er hatte nie so genau darüber nachgedacht, aber seine Mutter kannte wirklich viele Leute. Er hatte keine Ahnung, wie schwer oder leicht die Suche nach einem Patron in einem anderen Fall ausgesehen hätte.
“Aber ich glaube, das ist schon lange her. Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern, dass dein Cousin mal bei uns eingeladen gewesen wäre oder so. Ist ja auch egal. Und du wohnst im Haus deines Cousins?“ -
Atticus grinse Callistus breit an. Wenn sie beide zusammen arbeiteten, musste sich doch wirklich jemand finden lassen, der sich breitschlagen ließ, in eine der anderen Factiones einzutreten. Vielleicht fand sich sogar ein Freund für jede der Factiones, und dann.... naja, dann konnten sie zumindest richtig viele, richtig bunte Trainingsrennen fahren. Aber immerhin!
“Ach bestimmt. Ansonsten hat die Veneta doch auch andere Mitglieder, die sicher zumindest Auskunft geben können, wie es steht?“ versuchte Atticus seinem neuen freund etwas Mut zu machen. Atticus war nicht ganz so firm, welcher Senator gerade wo war und wie aktiv. Interessierte ihn auch ehrlicherweise nicht so sehr, die meisten Senatoren waren irgendwie... seltsam. Aber die Veneta hatte definitiv mehr Mitglieder als Senator Iulius, und sicher konnte man auch bei anderen zumindest anfragen, wann denn die nächste Sitzung der Factio war, bei der Neuaufnahmen vielleicht besprochen wurden.
Nachdem sein Patron ihren Träumen einen kleinen Dämpfer verpasst hatte, brachte Callistus einen guten Punkt ins Spiel. Die Rennen waren für die Factiones ja auch nicht gerade billig. Die Pferde wollten Futter, die Fahrer wollten Lohn, die Wagen brauchten Wartung. Es war ja nicht so, als wäre das alles umsonst. Daher konnten sie auch nicht auf Dauer für umsonst fahren.
Atticus überlegte, und eine gerade noch ziemlich abwegig erscheinende Idee schien mit einem Mal gar nicht so unlogisch. “... ich könnte meine Mutter fragen, ob sie eins sponsort....“ überlegte Atticus laut, ehe er sich seiner Mithörer erinnerte und aus seiner Meditation über dem Nichts wieder auftauchte. “Also, wenn es nicht zu oft vorkommt, könnten wir ja für solche Rennen auch einfach private Sponsoren fragen, die normalerweise nicht so öffentlich auftreten. Ich meine, es gibt ja auch sehr wohlhabende Ritter, oder eben Frauen, die viel Geld haben, aber eben, weil sie keine Wahlen gewinnen müssen, eher weniger öffentlich auftreten. Aber nichts desto trotz könnte es ihnen ja gefallen, einmal Editor zu sein, wenn man ihnen ein wenig die Planungsarbeit und so abnimmt und sie eigentlich nur den Preis sponsorn müssen.“ -
Atticus fand jetzt nicht, dass Held sein und seine Pflicht tun sich gegenseitig ausschloss, aber ganz sicher traute er sich nicht, das zu sagen! Grade erst hatten seine Ohren wieder ihre normale Temperatur angenommen. Am Ende berührte ihn die Kaiserin nochmal, und wer konnte schon wissen, was dann noch alles rot werden würde?
“Ähm... danke, Augusta. Das... das wär wirklich toll“ brachte Atticus also nur noch heraus und wusste jetzt nicht, wie er mit der vielen Hoffnung umgehen sollte, die die Kaiserin in ihm erweckt hatte. Es wäre wirklich wahnsinnig grandios, wenn seine Karriere nach diesem Abendessen auf einmal starten würde. Noch traute sich Atticus nicht, daran zu glauben, aber wenn doch... ja, das wär schon was. -
Die plötzliche Berührung war sicherlich sehr nett gemeint, aber sie irritierte Atticus in einem Maße, welches er nicht einmal dann in Worte hätte fassen können, wenn er es versucht hätte. Hinter seinen Ohren wurde es ungeheuer warm, und es war wirklich eiserner Wille nötig, den Blick auf Augenhöhe zu halten. “Ääääh... äh... du meinst, wenn ich Ritter bin?“ fragte er etwas stammelnd noch einmal nach. Er hatte nicht gewusst, dass er es sich wirklich aussuchen durfte. Zuerst hatte seine Mutter ihm sehr deutlich von klein auf beigebracht, dass ohnehin nur eine militärische Karriere in Betracht kam – und angesichts der Tatsache, dass sein Vater die zivile Karriere beschritten hatte und Atticus in gar keinem Fall mit ihm verwechselt werden wollte, war er geneigt, ihr hier zuzustimmen. Und bei der Postenvergabe hatte Atticus angenommen, dass er nehmen musste, was eben frei war, ohne groß mitreden zu können. Aber wenn er jetzt so gefragt wurde, so ganz explizit, und die Kaiserin ihn so ansah...
“Ich werde Vigil!“ platzte es aus ihm heraus, noch ehe sein Verstand wirklich die Zeit gehabt hatte, diesen Wunsch in einen vernünftigen Satz einzubauen. Was dazu führte, dass seine Ohren noch ein wenig roter wurden, als sein verstand wieder mit der Zunge auf einem stand war. “Äh, also, ich meine, ich möchte gerne Vigil werden. Also Tribun, und später Praefect. Also... viel später, aber... ja, Vigiles. Also, wenn ich es mir wünschen dürfte und der Kaiser nicht eine bessere Idee hat.“ -
Natürlich hatte sich auch Atticus mit einem “Vivat!“ dem Trinkspruch angeschlossen und sich danach in ergiebiger Betrachtung des Fußbodens ergangen. Das minimierte die Gefahr, noch einmal etwas ähnlich dummes zu sagen wie schon zuvor der jungen Aurelia. Insbesondere, da die Kaiserin ein Kleid anhatte, das geradezu dazu einlud, es ausgiebig zu betrachten. Nein, nein, lieber kein Risiko eingehen und hinterher noch durch auffälliges Starren vollkommen zum Gespött der höheren Gesellschaft werden.
Leider aber hatte das Schicksal nicht wirklich ein Einsehen mit Atticus, denn wenn der Pompeius nicht zur Kaiserin kam, kam die Kaiserin wohl zu groß gewachsenen Tolpatschen. Und sein Patron schob ihn metaphorisch gesprochen auch gleich noch nach vorne, indem er ihn vorstellte. Das war's also mit der Geologie.
Atticus blickte hoch und suchte Augenkontakt, bemüht, jeglichen verfänglichen Blick strikt zu meiden. Augen waren da relativ ungefährlich. Im Vergleich zum gesamten Rest wie nackten Schultern und dergleichen. Von Augen bekam man keine roten Ohren!
“Salve. Kaiserin“ fing er also an, als er angesprochen worden war. Aber das war vielleicht ein bisschen wenig. “Ich freue mich auch sehr.“ Nein, das klang falsch. Vielleicht sollte er präzisieren? “Also, ich meine, es ist eine Ehre, dich kennen zu lernen. Und mit dir zu sprechen. Also hier. Und überhaupt.“ Loch im Boden, wo warst du, wenn man dich brauchte? “Ich glaube nicht, dass der Kaiser überhaupt weiß, dass es mich gibt“, fügte er dann noch recht unnötigerweise an. Bestimmt war das gesagte von der Kaiserin nur eine nette Floskel gewesen. -
Ja, aller Anfang war bekanntlich schwer. Das wusste ja auch Atticus. “Ich verstehe, was du meinst. Geht mir ähnlich: Damit ich Karriere machen könnte, bräuchte ich den Ritterring, aber damit ich den kriege, müsste der Kaiser erst mal wissen, dass ich ihn brauche... und mich wichtig genug finden, ihn auch zu bekommen.“ Ein Ritterring, eine Wahl... es waren zwar zwei verschiedene Dinge, im Endeffekt aber doch das gleiche: Ohne Kontakte kam man an beides nicht.
Dass Callistus seine Idee mit dem neuerlichen Tirocinum doof fand, machte Atticus nichts aus. Er selber hätte da ja zugegebenermaßen auch recht wenig Lust darauf. Aber es wäre immerhin eine Möglichkeit gewesen, noch Kontakte zu knüpfen. Allerdings hatte Callistus ja recht, dass sein Patron sicherlich schon wusste, was da nun zu tun war. “Der Flavius wird sicher einen Rat wissen. Oder zumindest wissen, wen er noch fragen und um Unterstützung bitten kann. Immerhin sind Patrone ja dafür da.“
Sein Vorschlag mit dem Schwimmen wurde aber wohl nicht richtig verstanden. “Ich meinte eigentlich nicht das Bad, sondern das Schwimmbecken. Also, so richtig zum schwimmen, nicht das Entspannungsbad. Also, wenn du schwimmen kannst, heißt das. Das hätte ich vielleicht zuerst fragen sollen.“ Atticus grinste entschuldigend. Heute war er wohl nicht ganz bei der Sache, oder seine Gedanken waren ein wenig zu schnell für außenstehende. Das kam beides schonmal vor. “Und naja, wenn du mir nicht mein Knie demoliert hättest, hätte ich dich liebend gerne zu einem Wettrennen herausgefordert. Egal ob Sprint oder Marathon. Aber so bleibt nur irgendwas, wozu ich das Knie nicht brauche. Such ruhig du was aus.“ Atticus war da nicht wählerisch. Er betätigte sich ja gern sportlich. Zumindest, wenn der Sport nicht darin bestand, sich im Dreck zu wälzen und zu prügeln.
Da fiel Atticus aber noch was anders ein. “Aber sag, bevor ich jetzt noch zwanzig Mal vermeide, dich direkt anzusprechen: Wollen wir uns beim Cognomen ansprechen? Ich bin Atticus“, hielt er Callistus einfach seine Hand entgegen. Ein förmliches 'Duccius' und 'Pompeius' kam ihm irgendwie albern vor angesichts der Tatsache, dass sie beide in etwa gleich alt waren, am Anfang ihrer Karrieren standen und gerade noch miteinander gerungen hatten. -
Ganz so leicht ließ Atticus aber seine Argumente nicht entkräften. Immerhin hatte er ja auch eine ganze Weile darüber nachgedacht, bevor er damals mit seinem Patron genau darüber gesprochen hatte. “Ja, das stimmt schon. Aber beliebt sind die Factiones, die Siege einfahren. Und erfolgreich sind die Factiones, die aktiv sind und an vielen Rennen teilnehmen. Und das führt ja dann dazu, dass sich ja doch nichts ändert, weil die erfolgreichen Factiones ja doch die anderen immer weiter abhängen. Außer, irgendjemand fängt mal an. Und naja... ich dachte mir einfach, warum nicht ich? Jetzt muss ich nur noch jemanden finden, der sich für die Purpurea auch begeistern kann. Und die Praesina.“ Und wenn es so weiter ging, wohl auch bald die Aurata. Die Wagenrennen-Verdrossenheit der letzten Aedile hatte dem Rennsport wirklich einen Bärendienst erwiesen. “Aber da muss ich wohl noch weitersuchen. Doch das wird schon noch.“ Ein jungenhaftes Grinsen machte deutlich, dass Atticus es dem Duccius wirklich nicht krumm nahm, bei einem anderen Rennstall sein zu wollen. So wusste Atticus immerhin schon, wen er wegen Trainingsrennen mit der Veneta dann regelmäßig nerven konnte.
Auch zu den Ausführungen mit den Aedilen oder den anderen Senatoren nickte Atticus eifrig und sah hoffnungsfroh zu seinem Patron, der das ja sicher noch besser wissen sollte. Der kannte ja seine Kollegen. Und wichtiger noch: Er war ja selbst auch Senator und könnte da vielleicht selber tätig werden. Atticus würde da sogar liebend gern helfen!
Und auch bezüglich der Trainingsrennen hatte Callistus ähnliche Gedankengänge. “Ja, sofort! Wenn du aufgenommen wurdest, musst du mir unbedingt gleich Bescheid sagen. Dann feiern wir das ordentlich mit einem Trainingsrennen!“ Und vielleicht ein wenig Wein.
Plötzlich bemerkte auch Atticus, dass Pontus sich hinzugesellt hatte. “Pontus, ab!“ befahl er nur und zeigte wieder auf den Sitzplatz. Der Hund sah möglichst mitleiderregend zu allen umstehenden und trollte sich mit einem leisen Fiepen. “Es hat sowieso niemand was zu Essen dabei!“ setzte Atticus noch halb entschuldigend nach und wandte sich schulterzuckend wieder an seine Gesprächspartner.