Beiträge von Gnaeus Marcius Coriolanus

    Obwohl der Centurio keinen so guten Eindruck von seiner Casa hatte, trat Coriolanus mit weit geöffneten Augen in das Atrium. Er hatte das Gefühl allein diese Fläche war schon zwei bis drei mal so groß wie die ganze Unterkunft, die ihm und seiner Mutter damals in Ostia zur Verfügung standen. Allein das war schon bemerkenswert genug. Da war es vielleicht noch ganz in Ordnung, dass das Atrium nicht in seinem größten Glanz erschien, denn das hätte Coriolanus wohl nur noch mehr in staunen versetzt.


    Er hörte, was der Centurio mit dem Praefecten sprach und stellte fest, dass die Decima wohl sehr zu leiden hatten, wenn so viele Verwandte immer noch in irgendeinem Cacer hausten. Als der Sklave sich erkundigte, ob sie etwas zu trinken benötigte, schaute er erst einmal auf seinen Kameraden Flavus sowie auf den Praefecten und Massa. Er wusste nicht so recht, was in einem solchen Haus der Angemessenheit entsprach, deshalb hielt er sich erst einmal noch zurück.

    "Das erklär ich dir dann auf dem Rückweg", entgegnete Gnaeus nur kurz und blickte auf das Maultier, welches sich beim sklavischen Aufpasser wohl deutlich wohler fühlte. "Viel interessanter finde ich, dass dir beim Wort 'niedlich' als erstes Baby eingefallen ist. Nicht, dass du dir noch vorgenommen hast in Rom ein paar Nachkommen zu zeugen." Manchmal hatte es ja tatsächlich einen Grund, weshalb Menschen relativ nebenbei etwas erwähnten, was aber schon irgendwie in ihrem Bewusstsein spuckte. Familienplanung muss schließlich auch ein Nauta irgendwann vielleicht mal in Betracht ziehen. "Aber sorg dich nicht, ich kümmere mich um das Maultier auf dem Rückweg. Vielleicht sollten wir ihm auch noch einen Namen geben." Darüber schon einmal sinnierend, konnte Coriolanus die Casa Decima betreten, nachdem sie der Ianitor mit den lustigen Haaren hineinbat.

    Als sie an der Casa Decima ankamen, war der merkwürdige Geruch immer noch da. Zumindest die Stadtwache war es ganz offenbar nicht, die sich unvorteilhaft gewaschen hatte. Nun gut, man gewöhnt sich sicherlich an den Geruch dieser Stadt. Irgendwann merkt man es kaum noch.


    Als ihnen der Ianitor des Hauses die Tür öffnete, staunte Coriolan nicht schlecht über dessen Haarpracht oder wie man das auch immer bezeichnen sollte. So eine komische Frisur hatte er noch nie gesehen. Aus welchem exotischen Teil der Welt dieser Sklave wohl stammte? Bestimmt irgendwo aus Afrika. Irgendwie hatte der gute Coriolan noch gar nicht realisiert, was es eigentlich für eine Ehre war, dass der Centurio sie sogar zu sich nach Hause einlud. Ob soetwas schon oft vorgekommen ist? Wahrscheinlich eher nicht. Bei diesen vornehmen Leuten hier musste Coriolan wohl vor allem seine beste Seite nach außen kehren. Er beschloss ganz besonders vorsichtig und zurückhaltend zu sein. Das war der Situation wohl angemessen.


    Zum Glück konnte Flavus nun wohl die Last des Maultieres an jemand anderes weiterreichen. "Ich weiß immer noch nicht, was du gegen das arme Tier hast. Es ist doch eigentlich ganz niedlich." Nein, essen sollten wir es vorerst wirklich nicht, zumal es bisher so gute Dienste geleistet hat. Sowohl beim Transport als auch beim Ärgern von Flavus. Wenn das kein vorbildliches Lasttier war, dann wusste es der Nauta auch nicht.

    Je länger Coriolan so herumstand, fiel ihm immer mehr ein recht unangenehmer Geruch auf. Er versuchte zu ermitteln, was das sein konnte und woher es kam. War es die Stadtwache? War es das Maultier? Oder roch es in Rom vielleicht allgemein so? Nicht, dass er an merkwürdige Gerüche nicht schon gewöhnt genug gewesen wäre, in seiner Unterkunft in Ostia und Misenum roch es ja gern mal nach Füße und Männerschweiß, aber das hatte doch einen recht anderen Charakter.


    Coriolan war etwas geistesabwesend, als er von Titus plötzlich die Leine in die Hand gedrückt bekam. Sein Blick richtete sich auf die über Flavus lachende Stadtwache. Vielleicht sonderten tatsächlich nur die CU'ler so einen komischen Geruch ab. Währenddessen hielt das Maultier den Kameraden wohl gut auf trapp und konnte ihn wohl gut reizen. Wer wusste, ob diese Tiere nicht selbst etwas Humor hatten? "Ach Flavus, wenn du das arme Tier verspeisen willst, musst du aber auch sämtliche Ausrüstung schleppen, wenn wir zurück nach Misenum marschieren müssen. Ich möchte dir auch gar nicht die Kompetenz abstreiten, dass du das viel besser könntest, als dieses Maultier." Coriolan lachte und dann ging es zum Glück endlich weiter, allerdings nicht zur Casa Octavia, sondern zuerst zur Casa Decima.

    Kontrolle muss sein. Wer wusste schon, ob man es nicht mit einer Einheit der Classis zu tun hatte, die hinterrücks in die Stadt einrücken wollte, um ihren Praefecten auf den Kaiserthron zu heben? Der Gedanke war so lustig, dass Coriolan einfach nur in sich hineinschmunzelte, während er vor der Stadtwache stand.


    "Nein, wir kommen in Frieden", bemerkte er nur noch zusätzlich. Hoffentlich wirkte sein Grinsen, welches er nicht verbergen konnte, nicht verdächtig. Immerhin legten sicherlich viele Neuankömmlinge ein freudiges Gesicht auf, wenn sie zum ersten Mal nach Rom kamen. Er hoffte jedenfalls inständig, dass die Stadtwache sie ohne Probleme passieren lassen würde. Es wäre doch zu schade, wenn ihnen dieser Ausflug durch irgendwelche Sonderregelungen verwehrt bleiben würde.

    Als Titus ihn anstupste und nach dem Tribun fragte, mustere er selbigen ganz genau und überlegte, ob er ihn nicht kennen würde. Groß gewachsen und scheinbar von durchtrainiertem Körperbau. Er schien noch ein recht junger Tribun zu sein, möglicherweise war er noch gar nicht so lange in der Classis. "Nein, wenn ich ihn mir so ansehe, dann ist mir das Gesicht auch fremd. Vielleicht ist er noch gar nicht so lange eingesetzt? Mitbekommen hab ich jedenfalls nichts." Tribune gab es ja nun nicht allzu viele, dennoch musste man wohl nicht jeden vom Gesicht her kennen. Aber es wäre schon interessant zu wissen, ob sie mit diesem noch häufiger zu tun haben würden.


    "Römer im Siegesrausch...", wiederholte Coriolan, um sich des Klanges dieser Worte noch einmal zu vergewissern. "Tja, wir selbst konnten einem solchen wohl bisher noch nicht verfallen", scherzte er. Anlass gab es dazu wohl auch nicht. Zwar standen sie auf der Seite der Gewinner, aber ihre große Schlacht hatten sie ja dennoch irgendwie verloren. Gerade für Angehörige der Classis war es wohl ein seltsames Gefühl zwischen Sieg und Niederlage, welches sie teilten. Von großen Siegesrausch oder tiefer Depression waren sie wohl gleichermaßen weit entfernt.

    Am Stadttor angekommen, erfuhren die Begleiter der Offiziere jetzt auch langsam, was sie in Rom eigentlich beabsichtigten. Casa Octavia? Verständlich, der gute Praefect wollte sicherlich seine Familie besuchen. Man konnte es ihm nicht verdenken. Wer wusste denn schon was in Rom in dieser turbulenten Zeit passiert war? Coriolan hielt vorerst die Augen offen und als sie das Tor betraten, musterte er die Stadtwache: So sah also einer von der Cohortes Urbanae aus. Gnaeus glaubte, dass er den Vergleich zu diesen Männern nicht scheuen brauchte. Immerhin war er ein Nauta und damit weitaus besser ausgebildet, als alle anderen Militärs, zumindest war es das, was ihm seine Ausbilder Tag für Tag ins Ohr gebrüllt hatten.

    "Wie nett von dir", entgegnete Coriolan nur noch darauf, dass ihm Flavus etwas übrig lassen würde und lachte. Das konnte wirklich heiter werden. Was sollten sie sich nur zuerst ansehen? Aber fürs erste hieß es wohl den Vorgesetzten hinterherlaufen. Vielleicht bekamen sie ja auch gar nicht so viel "Freigang", wie sich das die Nautae vielleicht ausmalten.


    Auf ging es und sie kamen dem Stadttor immer näher. "Barbaren waren es ja nun hoffentlich nicht, die in Rom gewütet haben", antwortete er auf dne Kommentar von Massa und fügte naiv hinzu. "Ein Römer würde doch auch sicher keinen heiligen Tempel plündern." Dabei kannte Coriolan den römischen Mob wohl noch nicht richtig. So viel schönes, wie es in dieser Stadt gab, so viel Gesindel gab es leider auch.

    "Ich dachte ein Spieler findet immer einen Weg", bemerkte Coriolanus noch belustigt und stichelte gleich weiter. "Ich brauch mich doch nur kurz umzudrehen und im nächsten Augenblick hast du schon wieder irgendwo etwas verspielt" Er lachte und klopfte dem Kameraden gleichsam etwas härter auf die Schulter, da er auf den Schlag von Flavus auf seinen Rücken besonders schmerzhaft reagiert hatte. Es soll ja niemand sagen, Nautae könnten sich nicht gegenseitig abhärten.


    "Also die Auszeichnung macht dich übrigens auch nicht hübscher", legte er dann auch gleich freudig nach. "Mal sehen, wer von uns früher eine abbekommt." Man spürte die überschwängliche Lockerheit der Männer, die sich freuten, zum ersten Mal in Rom zu sein. Hoffentlich würden ihre Erwartungen nicht enttäuscht. In der Stadt gab es zwar viel schönes, aber auch extrem hässliche Stellen und viel Gesindel, doch da musste wohl jeder seine eigenen Erfahrungen machen.

    Gnaeus lächelte. In der Tat: Bis vor Rom waren sie gekommen und dann wäre es auch wohl eine Schande, wenn sie dann nicht einmal die Gelegenheit hätten, die Stadt wirklich kennenzulernen. Wer weiß, wann sie der ewigen Stadt noch einmal so nah sein würden? So heiterte sich das Gesicht von Coriolan gleich auf und er bewegte sich wie befohlen zu seinem Zelt, um die nötige Ausrüstung anzulegen. Natürlich keine Waffe, denn im Pomerium war das schließlich strikt verboten. "Vergiss nur nicht dir ordentlich Sesterzen einzustecken", sprach er noch zu Flavus. "Wer weiß, was wir in Rom alles so schönes kaufen können... nun zumindest hoffe ich, dass du nicht schon wieder alles beim Spielen verjubelt hast." Er lachte, denn er wusste um die Spielernatur seines Freundes. Dagegen hatte sich Coriolan so einiges von seinem Sold angespart. So nahm er so einiges an Sesterzen mit.


    Gemeinsam mussten sie nun beim Praefecten antreten, ein Maultier und noch weitere Männer neben ihnen. Ein kleiner Trupp, der die Ehre hatte in Rom einzukehren. Coriolan freute sich wirklich sehr, daran teilhaben zu dürfen. Er freute sich bereits auf die neidischen Blicke seiner Kameraden, wenn er zurückkehren würde.

    Kaum hatte Gnaeus sein letztes Stück Brot heruntergeschluckt, da meinte er auch schon die Stimme des Centurios zu hören. Er klopfte Titus auf die Schulter, stand auf und rückte seine Sachen zurecht. "Los komm, vielleicht gibts was schönes zu tun." Im übrgen Klang der Ton des Wortes 'Nauta' überaus gut in Verbindung mit ihren beiden Namen. So richtig hatte sich Coriolan noch gar nicht daran gewöhnt.


    Gemeinsam trat er mit Flavus vor den Centurio, nahm Haltung an, grüßte militärisch und machte Meldung. "Nauta Gnaeus Coriolanus und Nauta Titus Flavus stehen zu deiner Verfügung, Centurio." Was es wohl zu tun gab? Der Decima war ja immer mal wieder für eine Überraschung gut.

    Zitat

    Original von Titus Flavus
    Als dann der letzte Spatenstich getan und das eigene Contuberniumszelt errichtet war, wischte sich Titus zunächst den Schweiß aus der Stirn und sank dann ermüdet zu Boden. Sein Magen grummelte, es war wirklich an der Zeit etwas zu Essen, aber Titus war zu faul zum kochen und laut seiner Rechnung müsste dieses Mal Coriolanus dran sein mit kochen. Titus war diesem einen kleinen Kieselstein gegen die Rüstung und meinte mit neckischem Grinsen:


    "He, du bist heute dran mit Kochen. Mach dich an die Arbeit."


    Titus grinste bis über beide Ohren und hoffte, dass Coriolanus diese Arbeit heute übernehmen würde......


    "Argh...", grummelte Coriolanus ein wenig vor sich hin. Aber mehr zum Spaß, denn er wusste leider nur zu gut, dass er tatsächlich wieder dran war mit Essen machen. Sein eigener Mage und die seines Contuberniums grummelten ohnehin schon mühsam um die Wette. Da musste er sich ranhalten. "Ich back uns am besten einen schönen großen Brotfladen. Ich hab auch Lorbeerblätter dabei, damit wir heute mal noch ein besonderes Aroma genießen können." Er ließ sich von einem Kameraden die mola manuria geben, die sie sich teilten und abwechselnd trugen. Mit dieser Handmühle konnte er das mitgeführte Getreide dreschen, reinigen und mahlen.


    Den Teig konnte er nun sogar mit den angesprochenen Lorbeerblättern umwickeln, die er noch in Misenum besorgt hatte, damit das Ganze noch etwas würziger wurde. So umwickelt konnte er das Brot auf die heiße Asche ihre Feuerstelle legen. Während des Backens mahlte er bereits für den zweiten großen Fladen. Nach und nach verteilte er das fertige Brot an die Kameraden, die sich wahlweise noch etwas dazu nehmen konnten, wie Coriolan, der noch Käse mitführte. "Lasst es euch schmecken.", sprach er noch während er sich selbst nach getaner Arbeit zu seinem Kameraden Titus setzte: "Hast du dir Rom so vorgestellt?", fragte er ihn neugierig und mit halbvollem Mund, nachdem sie nun schon immerhin einen Blick auf die Stadt werfen konnten. "Ich war noch nicht einmal wirklich drinnen und doch bin ich allein vom Anblick schon völlig überwältigt. All die Erzählungen sind wohl tatsächlich keine Übertreibung."

    Der noch relativ frisch gebackene Nauta Coriolanus hatte sich den ganzen Marsch über schon in einer Stimmung heller Vorfreude befunden. Rom! Nie hatte er die legendäre Stadt mit eigenen Augen gesehen, obwohl sie natürlich überall präsent war, wenn nicht physisch, so doch im Geiste. Doch jetzt würde er die vielen Mauern, Häuser und Tempel zu sehen bekommen, sie vielleicht sogar anfassen!


    Schon von weitem richtete sich das stolze Antlitz der großartigsten und prächtigsten Städte aller Zeiten vor ihm auf. Da konnte man schon einmal große Augen machen! Als sie endlich eine geeignete Stelle für ihr Lager gefunden hatten, bemühte sich Gnaeus so schnell wie noch nie sein Zelt aufzuschlagen. Er wollte noch mehr Momente genießen in stiller Betrachtung, im Nachdenken über diesen Ort, der so viel Geschichte und so viel Macht verbarg. Insgeheim hoffte er, dass sie noch die ein oder andere Gelegenheit hätten, sich in der Stadt frei zu bewegen und sie zu erkunden. Wenn man schon einmal die Gelegenheit hatte, hier zu sein, dann musste das doch irgendwie drin sein. Zur Not schlichen sie sich einfach aus dem Lager. Einen entsprechenden Experten wusste er in Gestalt von Titus Flavus zum Glück an seiner Seite. Der schaffte es sogar schon als Tiro sich Ausgang zu verschaffen, warum dann auch nicht jetzt. An Erfahrung waren sie alle schließlich nur reicher und nicht ärmer geworden.

    Coriolanus zeigte sich bereits zutiefst Stolz als er mit einer Phalera ausgezeichnet wurde - und dies trotz der Tatsache, dass diese Art Auszeichnung an sehr viele Soldaten verliehen wurde. Als Tiro war es sicher nicht selbstverständlich überhaupt so früh im Soldatenleben an einer Schlacht teilgenommen und überlebt zu haben. Dann auch noch dafür gewürdigt zu werden, machte ihn sehr glücklich. All die Kameraden mit ihren Phalera sahen zutiefst glücklich aus und freuten sich wohl ganz besonders, dass Cornelius Palma hier persönlich stand und sich um die Verleihung kümmerte.


    Gnaeus wollte sich gedanklich schon fast völlig zurücklehnen und sich in Ruhe ansehen, was ihm hier noch alles geboten wurde. Denn so eine Auszeichnung war ja schließlich auch ein feierlicher Akt und ein schöner Augenblick. Doch damit, was dann passierte, hätte er wahrlich nicht gerechnet und brachte sein Herz fast vollständig zum Stillstand: Auch sein Name wurde verlesen, als es um die Verleihung einer Armillia ging. Was?! Er?! Tatsächlich?! Der junge Tiro konnte es wirklich kaum fassen. War sein Herz gerade noch fast vor Schreck stehengeblieben, so schlug es nun wie verrückt. Noch beim Austreten aus der Reihe realisierte, dass ja ebenso sein Freund Flavus ausgezeichnet wurde und er freute sich für ihn fast so sehr für sich selbst. Dies alles muss zurückzuführen sein, auf ihren Einsatz den sie bei der Kontaktaufnahme mit dem damaligen 'Feind' leisteten. Vor die Kameraden zu treten und diese besondere Auszeichnung entgegenzunehmen, war jedenfalls ein unbeschreibliches Gefühl. Coriolan würde wohl noch lange von diesem Tage träumen und ihn in Erinnerung behalten. So viel stand wohl fest. Als sie zurück in die Reihe traten, nickte er Flavus lächelnd zu: Sie hatten ihre Arbeit wohl gut gemacht.


    Danach konnte er sich nur für einen Augenblick bei der Verleihung einer ganz besonderen Auszeichnung für Decimus Massa freuen, desjenigen, der ihn einst für die Classis rekrutierte und der wirklich ein vorbildlicher Offizier zu sein schien, so wie es diese Ehrung noch einmal unterstrich. Doch dann kam auch schon der dritte Paukenschlag an einem Tag: Die langersehnte Beförderung zum Nauta! Mit Freude hörte er erneut, dass sein Name und auch derjenige von Flavus verlesen wurde. Gemeinsam würden sie nun zu richtigen Soldaten werden. Gemeinsam mit einigen anderen, die an diesem Tag einen Rang aufsteigen würden, trat Coriolan aus der Reihe heraus und wusste kaum noch wie ihm geschah: Zu stolz war er in diesem Moment auf die Classis, auf seinen Praefecten und auch im Dienste Palmas zu stehen. Was so ein paar Auszeichnungen und eine Beförderung nicht alles in der Motivation eines Soldaten bewegen konnten. Coriolan fühlte sich jedenfalls noch nie so heimisch in der Classis, wie an diesem Tage.

    Coriolanus war schon fast weggedöst, als Titus sich doch noch einmal bemerkbar macht und offenbar länger über die Worte nachdachte, als Gnaeus das beabsichtigt hätte. Es waren ja bekanntlich nur Worte. Als ihn Titus dann an den berüchtigten Tavernen-Abend erinnerte, musste er gleich mit ins laute Gelächter einstimmten. "Ohweh, ich bekomme nur wenn ich daran denke schon Kopfschmerzen. Du hast aber auch ganz schön zugelangt: Ich dachte, du trinkst sogar noch unseren Centurio unter den Tisch." Das Lachen setzte sich fort, bis sich beide wieder etwas beruhigt hatten. "Aber mal ehrlich, Titus: Du kannst nicht immer nur im Hier und Jetzt leben. Wenn du nur Entscheidungen für die Gegenwart triffst, wirst du glaube ich keine lange Zukunft haben. Klar kann das Leben als Soldat sehr kurz sein, aber wahrscheinlich wird es erst recht kurz, wenn man nur an das Gegenwärtige denkt. Ich meine: Klar können wir uns sagen, dass wir uns heute ordentlich besaufen und richtig viel Spaß haben, dafür würden wir dann aber in einer Schlacht am morgigen Tage so erschöpft sein, dass wir höchstwahrschienlich sowieso draufgehen." Ja, das mit dem Hier und Jetzt und dem Zukünftigen war nicht immer so einfach. Da musste man irgendwie abwägen oder so, um die Glückseligkeit zu maximieren. Nur in der Zukunft zu leben war falsch, ebenso wie sich nur mit dem unmittelbaren zu beschäftigen. Das dachte sich zumindest Gnaeus und irgendwie schien es ihm immerhin ein wenig logisch.

    Als der Praefect sich zeigte und wiedermal ein paar kurze, aber sehr treffende Worte an sie richtete, konnte man ruhigen Herzens noch einmal Revue passieren lassen, dass viele, die hier heute noch standen, ihr Leben dem Octavier und dessen Umsicht zu verdanken hatten. Er ließ seine Männer nicht sinnlos abschlachten. Er schaffte es, die Schlacht zu einem Ende zu führen, welches mit so wenig Blut auskam, wie nur irgend möglich. Das musste man anerkennen, trotz einer Kapitulation im Angesichte Palmas.


    Auf die Worte des zukünftigen Kaisers kam es denn letztlich auch an. Als der Praefect endete, erwartete alles mit Spannung auf den großen Auftritt. In das zwischenzeitliche Schweigen mischte sich nun plötzlich Titus mit den ersten Sprechchören für Rom und Palma. Dass Titus ganz allein der erste war, der die Sprechchöre anstimmte, war schon sehr imposant. Coriolan bewunderte immer wieder den Mut und die Entschlossenheit seines Kameraden, der hier noch vor den Veteranen die lobenden Rufe auf den zukünftigen Kaiser anstimmte und offenbar alle anderen mitriss, die ebenfalls lauthals ihren neuen Kaiser willkommen hießen. Gnaeus blickte mit großer Ehrfurcht auf seinen Kameraden Titus und hoffte, dass auch er selbst eines Tages eine solche Einstellung haben würde. Doch da musste Coriolan sicher noch ein wenig an sich arbeiten.


    Die Worte Palmas fand Gnaeus nicht ganz so schon, wie diejenigen ihres Praefecten, doch sie schienen zumindest Anerkennung und Vertrauen auszudrücken. Besonders über eine Stelle machte er sich Gedanken: Wir wären keine Verräter, weil wir dem Verräter den Rücken gekehrt haben. Das war durchaus überzeugend. Wir standen einfach nur auf der falschen Seite und wussten es nicht und der Logik nach, mag es doch eindeutig sein. Denn ist es tatsächlich noch Verrat, wenn der Verräter selbst verraten wird? Nein, trotz Eid und aller Treue. Einem Verräter an Rom konnte man nicht die Treue halten und somit hatte Cornelius Palma die Männer nun wohl auch verbal reingewaschen.


    So stimmte auch Coriolan freudig in die Sprechchöre ein und rief so laut er nur konnte:


    "Cornelius Palma! Imperator und Beschützer Roms! Es lebe Cornelius Palma!"

    Coriolanus pflichtete bei: Sie hatten tatsächlich schon sehr viel erlebt. Zwar hatte er nicht gerade aufgrund von Abenteuer-Sucht zur Classis gefunden, allerdings kam man was dies anging hier voll aus seine Kosten. Auch wenn es oft einen verstörenden Beigeschmack hatte.


    Ja, in der Tat. Viele waren schon abgestumpft. Irgendwann spürt man wohl einfach nichts mehr. Man muss wohl nur eine bestimmte Menge an Blut gesehen haben und dann passiert gar nichts mehr in einem selbst. Ob man das wirklich wollte, war wirklich eine gute Frage. Einerseits war es dann wohl leichter alles zu ertragen, andererseits entgeht einem dann vielleicht auch noch alles, was sich gut anfühlt im Leben. Gnaeus hatte keine Antwort, aber er fand die von Titus eigentlich recht schlüssig.


    "Du hast wohl recht. So ganz ohne Angst und Respekt in die Schlacht zu gehen, wäre fatal. Auch wenn du dir wohl über ein blindes Anstürmen keine Sorgen machen musst: Ich würde dir jederzeit ein Bein stellen, wenn du mal so durchdrehst." Gnaus lachte etwas verhalten, aber ein wenig Humor war bei einem solchen Thema wohl angebracht, ehe man sich komplett den Kopf zerbrach. Außerdem war es wohl immer gut, wenn man ein paar Freunde hatte, die einen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Coriolan ließ sich nun wieder zurückfallen, nachdem er relativ aufrecht im Bett gesessen hatte und blickte nach oben. "Ich denke, wir sollten noch versuchen ein bisschen zu schlafen. Wer weiß schon, was der morgige Tag bringt?"

    Es war noch einfach noch nicht die Zeit, um wieder so rüde aus dem Bett geworfen zu werden, wie es der Optio mit seiner krächzenden Stimme ganz gerne tat. Warum gerade die Vorgesetzten immer nie Probleme mit dem Aufstehen hatten? Ein großes Rätsel. Offenbar brauchte man je länger man Soldat war, umso weniger schlaf. Da war es doch fast sinnbildlich, dass sich die Frischlinge ziemlich schwer taten ihre gebeutelten Körper aufzurichten und zum Appell anzutreten.


    Coriolan hatte irgendwie auch keinen Überblick warum, wieso, weshalb. Als er dann hörte, dass es nach Rom gehen könnte, zog er überrascht seine Augenbrauen hoch. Aber na klar: Irgendwie musste man sich das ja denken: Palma musste ja schließlich noch nach Rom, um dort auch endgültig Kaiser zu werden. Und ohne Geleitschutz machte er das natürlich nicht. Böses ließ sich schon vermuten, wenn man daran dachte, dass nach all den Strapatzen jetzt noch ein großer Marsch vor ihnen liegen würde. Aber es würde immerhin Rom sein. Da lohnte sich die Reise doch fast schon wieder. Größtenteils war das natürlich alles noch Spekulation. Hier bestand noch kein Grund euphorisch oder genervt zu sein. Erstmal mussten sie sich wohl anhören, woum es wirklich ging.


    Coriolan grüßte seine Kameraden, schlug dem ein oder anderen auf die Schulter, während sich alle aufstellten und sich auf den Appell vorbereiteten. Würde der Cornelier jetzt wirklich zu ihnen sprechen? Und wo war eigentlich der Praefect? Mit Spannung blickte Gnaeus nun über den Platz, abwartend, was sich gleich vor Augen und Ohren abspielen würde.

    Zitat

    Original von Titus Flavus


    Vielleicht war Coriolan auch einfach nur neidisch, weil dem Kaiser natürlich alle Möglichkeiten offenstanden. Der konnte sich nunmal ins Bett holen, was ihm lustig war. Klar, wenn er selbst in der Situation wäre, würde er sich auch lieber mit Frauen beschäftigen, anstatt mit Bürgerkriegen, obwohl das sicherlich auch nicht die Absicht eines Kaisers war. Bürgerkriege zetteln ja dann meist die Aufständischen an und nicht gerade ein Kaiser selbst, der seine Ruhe haben möchte. Jetzt, wo er gesiegt hat, wird dem Cornelier sicher besseres einfallen, als Krieg zu führen.


    Derweil freute Gnaeus sich, dass sein provokanter Scherz über das Aussehen und die Geschicklichkeit seine Freundes so gut gesessen hatte. "Glaub mir, Fortuna hat dich schon gern, sonst hätte sie dich nicht lebend vom Schlachtfeld gelassen. Sie wollte vielleicht einfach nur, dass du es dir ganz besonders gut merkst. Aber opfern solltest du ihr natürlich und in Rom hast du dazu sicherlich die beste Möglichkeit. Da kannst du vielleicht gleich einen ihrer Tempel aufsuchen. Wenn wir die Gelegenheit dazu bekommen, dann mach ich das sicherlich auch. Apollo müsste ich um Gesundheit in Friedenszeiten bitten und den Castores danken, dass sie in der Schlacht über mich wachten."

    Coriolanus beruhigte es irgendwie, dass es Titus auch nicht viel anders ging. Auch wenn die Geschichte mit der Armamputation natürlich alles andere als Trostspendend war, so konnte er das Gefühl der Übelkeit, welches Titus in diesem Augenblick ergriff, nur allzu gut nachvollziehen. "Wenn ich so über alles nachdenke, dann kann ich vieles davon noch gar nicht so richtig realisieren. Allein die Situation, als wir da aufs Schlachtfeld gingen, um die Unterhändler zu treffen. Alles so ruhig um uns herum. Und dann dieser Moment, als ich allein zum Praefecten lief, um die Nachricht zu überbringen. Was für ein komisches Gefühl." Ein wenig Stolz war jedoch ebenfalls dabei. "Wir haben gar keine so unwichtige Rolle gespielt, oder Titus? Ein Tiro hat wohl bisher selten so ein... 'Abenteuer' erlebt. Glaubst du, dass wir jemals so harte Hunde werden, dass uns das alles irgendwann völlig normal vorkommt? Ich kann es mir derzeit irgendwie noch kaum vorstellen."