Lucia ging wie jeden Morgen während ihre Sklaven sie zurechtmachten ihre Post durch. Hin und wieder wollte einer der Musiker, die sie sich als eigene Klienten ausgesucht hatte, etwas. Es war nicht grade üblich für eine Frau Klienten zu haben, dessen war sie sich bewusst. Es gab aber einfach ein paar Künstler, die sie unterstützen wollte und in deren Musik sie gerne selbst häufiger schwelgen wollte, da war dies der einfachste Weg. Dann kamen häufiger Briefe von Freundinnen wie Flaminina, Calena oder Manlia und natürlich hin und wieder die ganz besonders köstlichen von Avianus. Wobei diese Briefe in letzter Zeit etwas von ihrer Leichtigkeit verloren hatten, wodurch sich Lucia noch immer in der Pflicht sah auf seinen letzten endlich zu Antworten. Aber es war aktuell einfach so viel Wichtiges zu tun… Und dann gab es da noch die Einladungen, bei denen sie einer besonderen grade entgegenfieberte.
„Heute sind es nur drei Briefe, Domina.“, kündigte Arsinoe an. „Einer von Flaminina, einer von deinem Bruder und der hier.“ Lucia nahm also zunächst die Einladung entgegen und las sie mit einem zufriedenen Lächeln. Die Einladung war an sie adressiert und ihr Gatte sollte ihre Begleitung sein. Flavia gefiel Lucia mehr und mehr. Das war nichts woran man Anstoß nehmen könnte, aber ein nettes Detail, das Lucia den Tag versüßte. Als nächstes öffnete Lucia Flamininas Brief, sie fand ihr Bruder hatte jedes Rechtverwirkt von ihr als erstes beachtet zu werden. Er verhielt sich ihr gegenüber so unverschämt! Dabei war es… Steigere dich da nicht wieder hinein, denk an das Kind. Sekunda hat gesagt ich solle mich jetzt nicht mehr so aufregen., beruhigte sich Lucia selbst und las den Brief ihrer Freundin. „Ach wie schön!“, murmelte sie wieder mit einem kleinen Lächeln auf dem Gesicht. Sie vermisste ihre Freundin zwar, aber sie schien eine gute Zeit zu haben und immerhin hatten sie die Briefe. Jetzt hätte Lucia am liebsten Lepidus Brief auf den nächsten Tag verschoben, aber sie wollte ja kein Feigling sein. „Was hat mein Bruderherz“, das Wort barg eindeutig keine Zuneigung mehr. „mir denn mitzuteilen, das nicht auch bis zur Hochzeit warten kann?“ Sie entrollte den Brief und begann zu lesen. Der Anfang war einfach nur redundant. Genau das stand doch in der Einlad… „Ach, eine große Ehre für mich? Ich bin die verdammte Frau des Consuls!“, zischte Lucia. Aber das war noch nicht alles. Der nächste Absatz ließ Lucia sprachlos, ehe sie diese Unverschämtheit eines Briefes zusammenknüllte. „Es reicht! Es reicht endgültig!“ Sie ließ den Brief zu Boden fallen und trat voller Verachtung darauf.
„Beruhig dich Kind!“, sprach Sekunda und erhob sich langsam aus dem Stuhl aus dem sie das ganze Zimmer überwachte. „Was immer es ist, es ist es nicht wert dein Kind zu gefährden!“ Sie ließ sich von dem wütenden Blick nicht beeindrucken und bückte sich unendlich langsam um den geschundenen Brief aufzuheben und anschließend selbst zu lesen.
In der Zwischenzeit hatte Lucia ein Lächeln, das alles andere als beruhigend wirkte auf ihre Lippen gezaubert. „Aber ich bin doch die ruhe selbst, meine liebe Sekunda. Ich bin ganz ruhig. Arsine, sei ein Schatz und bring mir eine tabellae defixionum, ja? Und beeil dich ein bisschen, ich habe noch etwas vor heute.“ Lucias Stimme war viel zu süßlich, als dass Arsinoe sich das zweimal sagen ließ. Noch ehe Sekunda irgendetwas einwenden konnte war sie zur Tür hinausgehuscht. „Kind, überleg dir lieber zweimal, ob du das in deinem Zustand tun möchtest!“ „Es gibt nichts mehr zu überlegen. Er nimmt mir meine Freiheit, er nimmt mein Grundstück, er nutzt mich aus, er beleidigt mich, er stellt mich bloß und das wieder und wieder! Kein einziges gutes Wort von ihm! Noch nie! Ich werde nicht mehr still herumsitzen! Ich werde mich rächen. Er will Ruhm und Ehre? Er will den Aufstieg? Ich werde dafür sorgen, dass die Götter nicht auf seiner Seite stehen!“ War das eine Spur Wahnsinn der in Lucias Augen flackerte? Sekunda war sich nicht sicher, aber sie senkte enttäuscht ihren Kopf und ließ sich wieder schwer auf den Stuhl sinken. „Hoffentlich wirst du das nicht irgendwann bereuhen!“