Beiträge von Tiberia Lucia

    Lucia schnaubte abweisend. „Als ob du das wirklich wissen willst! Es gibt ein dutzend guter Gründe und die verschiedensten Möglichkeiten!“ Auch wenn Lucia so spontan nur zwei einfielen, die sie auch nur deshalb aufgeschnappt hatte, weil Sekunda ihr damit Angst hatte machen wollen. „Aber ihr Männer seid einfach zu… zu… unkreativ!“ Das war zwar nicht das Wort was Lucia suchte, aber ihr fiel auf die schnelle nichts Passenderes ein.


    Der wollte sie tatsächlich aus Rom fortschicken! Lucia konnte es nicht glauben… nicht fassen. Das würde sie in keinem Fall zulassen! „Nein, das werde ich nicht! Und ich werde jeden Sklaven auspeitschen lassen, der es wagt meine Sachen auch nur anzufassen!“, drohte sie mit erhobener Stimme, damit keiner der anwesenden Sklaven auch nur auf den Gedanken kam hier den Anweisungen Valas zu folgen. Mindestens genauso stur, wie Vala eben auf sie wirkte, starrte sie nun zu ihm zurück und verschränkte die Arme in einer Spiegelung seiner Geste. „Ich werde nicht aus Rom weggehen!“ Er würde sie zwingen müssen, aber das wollte Lucia lieber nicht aussprechen, am Ende tat er das dann noch. „Ich bleibe!“

    Die Hälfte fällt um? Lucia blinzelte wieder verwirrt. Avianus sprach in Rätseln… „Ja, schriftlich… du bist an der Reihe!“, genau darüber hatten sie doch erst von wenigiger als einer Stunde gescherzt! Das fühlte sich so lang vergangen an, dass Lucia sich wunderte nicht schon niedergekommen zu sein. Ja, Avianus sollte ihr schreiben und alles würde wieder ein bisschen normaler.
    Ohne es selbst zu bemerken hatte Lucia die Hand noch immer an ihrem Oberarm, als Avianus sie auf die Stelle hinwies und irgendetwas von Kopf und Pflaster sagte. „Ja…“, stimmte sie zu ohne sich bewusst zu sein wozu genau und dann ging Avianus auch schon „Vale.“
    Lucia musste nicht mehr lange warten und ihre Sänfte tauchte endlich auf. Es kam ihr wie eine weitere Ewigkeit vor, aber sobald sie von Attalus quasi hineingehoben worden war und sich langlegen konnte schien alles ein bisschen erträglicher. Lucia atmete tief durch und schloss die Augen, sie wollte nur noch nach Hause!

    „Merk dir die Namen!“, befahl Lucia leise an niemanden bestimmten, so dass sich sowohl Attalus als auch Arsinoe angesprochen fühlen mochten. Denn Lucia selbst hatte schon Sekunden nach der Nennung durch Avianus diese schon wieder vergessen. Ihr Gehirn fühlte sich an wie ein Schwamm, aber ein absolut nasser, der keinen weiteren Tropfen aufnehmen konnte… der Vergleich hinkte irgendwie aber etwas besseres fiel Lucia auch nicht ein. Sie würde jetzt zumindest zu den wenigen gehören, die wussten wer hier wirklich für die Rache ihres Bruders herhalten musste. Sie würde es wohl Vala erzählen müssen, da führte kein Weg drum… Wieder wollten sich Lucias Gedanken verselbstständigen, doch Avianus hielt sie mit seiner Frage in gewissem Sinne wach.


    „Ich hätte auch nie gedacht, dass er das macht!“ In ihrer Schwäche hatte Lucia keine andere Möglichkeit als absolut ehrlich zu sein, nicht nur in Worten sondern auch in ihren Emotionen. Ihre Stimme klang erstickt. „Ich hab Lucius noch nie so erlebt! Ich hätte nicht mal gedacht, dass er zu sowas fähig ist!“ Sie konnte sich nicht wirklich auf die gestellte Frage konzentrieren. Ihre ohnehin schon unstete Aufmerksamkeit wurde nun von einem seltsamen drückenden Schmerz an ihrem Oberarm abgelenkt. Unsicher strich sich Lucia selbst darüber und merkte wie ihre Haut schon unter der sanften kalten Berührung ihrer Finger schmerzte. Sie konnte es selbst nicht sehen, aber Avianus rettender Griff hatte seine Nachwirkungen. Grade begann der rote Fleck sich langsam aber sicher dunkel blau zu färben. Aber die kleinen Stiche hatten auch etwas Gutes, sie brachten Lucia zumindest ein bisschen wieder auf Kurs: „Aber das wird sicher wieder, das wird sich alles irgendwie wieder einrenken.“, hier sprach eindeutig mehr der Wunsch als die Wahrheit.

    Crassus Seelenqualen sollten noch schlimmer werden, wenn ihn der Verlust dieser wenigen Nüsse schon so zusetzte. Aber dazu später.


    Callistus wagte es Lucia nicht sofort Folge zu leisten und schaffte es so tatsächlich, dass sie ihren Blick kurz von der Rennbahn losriss, um dem Jungen mit feurigen Augen zu verurteilen. „Ja ihr!“, bestätigte sie zunächst energisch ihren Befehl, doch da drang auch ihr der aktuelle Gesang der Veneta-Anhänger in die Ohren und sie verzog schmerzhaft das Gesicht. So gern sie die Aurata auch verlieren sehen wollte, grade weil ihr Bruder dieser anhing, aber so etwas mochte Lucia nicht. „Nein, das natürlich nicht!“, sprach sie harsch. „Aber, aber, irgendwie muss man unsere Jungs doch anfeuern!“


    Ihr Blick wurde magisch von der Rennbahn angezogen und sie hatte eh schon viel zu viel Aufmerksamkeit auf ihre Begleiter hier verschwendet. Diese verdammten Roten dominierten das Feld so eindeutig, es war schon unverschämt! Und jetzt attackierten die Grünen in der vierten Runde auch noch! Hamiris tat das einzig richtige damit auszuweichen, fand Lucia, die unbewusst die Luftangehalten hatte und sie nun zischend entließ. Was dann geschah riss ihr Fanherz in zwei: Prusias hatte es durch seine gewagte Aktion geschafft nach vorne auf den vierten Platz zu kommen! Aber ihr Hamiris, ihr geliebter Hamiris fiel zurück! „Ja! Nein! Das darf doch wohl nicht wahr sein!“, jammerte Lucia und schlug sich mit einer theatralischen Geste die Hände vors Gesicht. Dabei vergaß sie völlig, dass sie eigentlich einen Beutel in der Hand hielt.


    Und damit wären wir wieder bei Crassus Seelenqualen. Was passierte, wenn die Finger, die eben noch fest um den Beutel geschlossen waren, flach vor das Gesicht geschlagen werden sollen? Richtig: Die Hand öffnet sich und die Schwerkraft übernimmt das Kommando. Vollkommen unbeachtet von Lucia fiel der Beutel zu Boden und verteilte seinen kompletten Inhalt auf dem Fußboden. Die Nüsse veranstalteten ihr eigenes Rennen im Davonkullern.

    Callistus hat also statt einer Laufbahn in der Provinz lieber nach Rom gewollt? Wen würde diese Entscheidung bitte wundern? Wenn Lucia sich zwischen diesem nassen, kalten, gruseligen Germanien und ihrer wundervollen Stadt entscheiden müsste, sie würde auch immer wieder Rom wählen! Das zeigte ihr nur mal wieder, dass Callistus Geschmack hatte. Auch lernte er langsam wie man kleine Nettigkeiten in das Gespräch einfließen lassen konnte, denn natürlich bezog Lucia die freundliche Aufnahme hier in Rom hauptsächlich auf sich selbst. Wer hatte ihn denn als allererste begrüßt und wer hatte ihn denn hier mit zum Trainingsrennen mitgenommen? Vala konnte der Junge ja wohl kaum meinen, der zwang ihn ja nur zum Schuften. Lucia hingegen fühlte sich inzwischen fast wie eine Lieblingstante, oder Base, das würde vom Alter vielleicht besser passen. Sie wollte schon zufrieden schmunzelnd weiter einfach nur dem Gespräch lauschen, da kam auch die andere Hälfte des Satzes bei ihr an. Callistus hatte seinen Eltern noch nicht geschrieben?! Ihre Augen wurden groß und ihr Mund öffnete sich, aber sie wusste es besser, als den Jungen hier vor Dives zu schelten. Aber das war noch lange nicht vorbei! Wie lange waren die Jungs jetzt schon hier? Und sie hatten sich noch nicht mal dazu herabgelassen ihren Eltern Bescheid zugeben, dass sie gut angekommen waren?! Da würde Callistus eindeutig noch etwas zu hören bekommen!


    Beinahe hätte sie eine neue Information über Dives verpasst in ihrem mehr als gerechtfertigten Zorn über den jungen Verwandten ihres Mannes. Ein kleiner Barbar steckte also doch noch in ihm. Tz! Aber das würde sie ihm noch austreiben! Aber zurück zu dem Gespräch, was schlug Dives da grade vor? „Also eine Stadttour hatte eigentlich ich ihm schon versprochen.“, schaltete sich Lucia wieder in das Gespräch ein. „Aber es gibt sicher Orte, die ich ihm wohl kaum zeigen kann…“ Tavernen gehörten da wohl auch dazu, obwohl es sicher mal interessant wäre eine von Innen zu sehen. Da war Lucia eigentlich ziemlich neugierig, aber es würde wohl nie so weit kommen. Manche Dingen sollten eben nicht sein. „Und je mehr er seinen Eltern zu berichten hat, umso eher wird ihn der Schreibdrang überwältigen, es ist ja bis jetzt so wenig geschehen“, sprach sie ironisch und warf Callistus einen kritischen Seitenblick zu. Gut, sie hatte sich doch nicht zurückhalten können. Aber mehr zu dem Thema würde definitiv erst zuhause kommen. An sich fand sie es ja eine nette Idee von Dives.

    Lucia spürte den Stoff des Beutels an ihren Fingern und griff zu. Während Callisuts sprach griff Lucia blind zu und schob sich die erste Nuss zwischen die Zähne. Sie versuchte zumindest nicht allzu gierig zu wirken, während sie genüsslich kaute. Deshalb zwang sie sich auch dazu erst zu schlucken, ehe sie sich den nächsten happen gönnte.
    „Die Russata hat die erfahrensten Aurigae.“, spekulierte Lucia über den Grund des Erfolges der Factio. „Grade beim Start kommt es auf die richtige Technik an um eine gute Position einnehmen zu können. Aber warte es nur ab! Die Aurigae der Russata werden bald zu alt sein und sie haben sich noch nicht um Nachwuchs gekümmert. Etwas worin die Veneta ganz vorne mit …! Ja, Hamiris, ja! Weiter so! Jetzt vorbei! Komm schon!“, feuerte Lucia halblaut ihren Favoriten an, als dieser in der zweiten Runde eben an Proteneas dran war. „Nein, nein, nein, nein! Das darf doch wohl nicht wahr sein, was macht er denn da!“ Die zweite Runde war zu Ende und Hamiris nun hinten dran. Lucia gestikulierte viel zu wild für ihren Rang. Sie war eine Tiberia, sie war die Frau des Konsuls, aber ihr Lieblings-Auriga baute grade so einen Bockmist, da musste man sich doch aufregen! Der Nussbeutel schaukelte dabei wild in ihrem Griff und ein paar Nüsse schafften es sogar dem gegessen werden durch einen kühnen Sprung zu entkommen. „Das ist doch zum verrückt werden! Von den Roten können unsere Jungs gar nichts lernen! Das brauchen sie auch garnicht! Am Ende fühlen sie sich dann noch der Russata irgendwie verpflichtet und diese kauf unsere Talente dann noch auf!“ Fanfreundschaft hin oder her, jetzt während dem Rennen wusste Lucia von nichts!


    Das Rennen ging weiter, die Dritte Runde war nicht ganz so aufregend wie die zweite, aber Lucia schaffte es dennoch sich zu echauffieren: „Was macht unser Jäger denn da?! Hamiris ist in deiner Factio, du dummer Junge! Lass ihn vorbei! Ihr müsst zusammenarbeiten! Arg! Das kann doch nicht wahr sein! Jetzt feuert unsere Jungs doch mal an, ihr beiden!“, übertrug sie ihren Ärger auch gleich auf die armen Jungs die hier direkt neben ihr saßen. „Ich kann nicht Veneta brüllen, das gehört sich nicht, aber ihr könnt es! Also los!“

    Jedes einzelne Haar auf ihrem Körper stand ihr zu Berge. Wie tauende kleine Nadeln ragten sie aus ihrer Haut und stachen doch nur sie. Sie konnte sich kaum rühren, geschweige denn ihrem Bruder noch irgendetwas entgegnen. Warum passierte ihr das hier?


    Für ihren Bruder hatte sie doch erst überhaupt diese Ehe angetreten, für ihn und auch ein klein bisschen für sich selbst, immerhin wollte sie ja auch leben. Eben hatte sie noch gehofft, nein eher schon geglaubt, dass alles irgendwie gut werden würde. Dass sie sich mit allem irgendwie arrangieren könnte, wenn sie es nur irgendwie allen rechtmachen konnte. Das Kind in ihrem Bauch hatte es Vala recht machen sollen und es nicht getan. Ihren Bruder hatte sie es auf so vielen verschiedenen Wegen rechtmachen wollen und es hatte doch nichts gebracht. Sie war gefangen zwischen zwei Abgründen und sollte die beiden nun selbst zusammenführen. Wenn sie Vala die Botschaft des hier Geschehenen überbrachte, dann war sie sicher zwischen den Fronten zerquetscht zu werden. Was sollte sie nur tun?


    Hätte Attalus seine Herrin nicht gestützt, wäre sie jetzt wohl wieder in sich zusammengesackt. Wo blieb nur diese verdammte Sänfte? Die Frau musste sich hinlegen, dringend!


    Wie aus weiter Entfernung, hörte Lucia den Befehlsruf einer bekannten Stimme und wurde von dieser aus dem abwärts gerichteten Strudel ihrer Gedanken geholt. Wie ein verschrecktes Reh blickte sie Avianus an, ehe sie versuchte wieder ihre emotionslose Maske aufzusetzen. Doch wen wundert’s, es gelang ihr nicht. „Wie?“, fragte sie verwirrt nach und blinzelte. Er sie angefasst? Da konnte Lucia grade keinen wirklichen Zusammenhang herstellen. Dafür hatte sie eine ganz andere Frage im Kopf, die wie aus einer weit entfernten Erinnerung zu sein schien: „Wie hießen die beiden Männer?“ Wenn es einer wissen konnte, dann doch Avianus, oder? „Ihre richtigen Namen…“, fügte sie noch leise als Erklärung an. Normalerweise hätte diese Frage aus ihrem Mund wohl eher wie ein Befehl geklungen, doch aktuell konnte Lucia als kaum etwas anderes als ein elendes Häufchen beschrieben werden.

    Nach ersten Anlaufschwierigkeiten klang das doch äußerst vielversprechend. Lucia hielt sich während dieser ersten Begrüßung zufrieden Lächelnd im Hintergrund. Sie nickte jedes Mal, wenn ihr Name fiel und wunderte sich kein Stück über die extreme Redseligkeit des Iuliers. Er wollte es Callistus offensichtlich einfach machen, hatten die jungen Burschen doch häufig einen beinahe übertriebenen Respekt gegenüber Höhergestellten. Selbst in so zwangloser Umgebung wie hier an der Rennbahn bekamen sie den Mund kaum auf und diesem peinlichen Schweigen wollte Dives offensichtlich entgegenwirken. Er war ja so einfühlsam! Eindeutig nicht zum ersten und garantiert auch nicht zum letzten Mal bedauerte Lucia es zu tiefst, dass eine gewisse andere Person gerade diesen Mann abbekommen hatte. Das Leben könnte so schön sein, wäre das alles ein bisschen anders gelaufen!


    Die Frage letzte, persönliche an Callistus ließ nun auch Lucia aufhorchen. Das wollte sie auch nur zu gerne wissen! Soweit es sie betraf, war der junge Bursche eines Tages plötzlich aufgetaucht. Vermutlich war sein kommen schon länger angekündigt gewesen, nur eben nicht explizit ihr… Um ihr Gesicht zu wahren hatte sich Lucia jede einzelne Frage in diese Richtung verkniffen, umso interessanter wenn Iulius sie jetzt stellte. Möglichst unauffällig lehnte sich Lucia ein wenig nach vorne und spitzte die Lauscher.

    so, da wir schon bei Schnecken * sind, folgt hier wohl die Langsamste:


    Alles Gute nachträglich, nachträglich :D






    *ähhh Schildkröten natürlich 8)

    Bin bis inklusive Freitag wenn überhaupt nur zum Lesen hier, aber dann ist der stressigste Teil rum - ich freu mich so drauf! Ich werd das halbe Wochenende vermutlich verschlafen :D

    Lange konnte Lucia nicht mehr stehenbleiben, dessen war sie sich mehr als bewusst. Zum Glück dachte Arsinoe trotz ihrer noch immer glasigen Augen daran auch ihre Sänfte heranzuwinken. So würde sie es nicht mehr all zu weit haben, sobald sie sich von ihrem Bruder endgültig verabschiedet hatte.
    „Eine Vorstellungskraft auf die du augenscheinlich baust…“, Lucia war im Moment einfach zu schwach um ihrem Zorn genügend Nahrung zu geben. Die Enttäuschung und die Verlorenheit waren nur zu deutlich aus ihren nächsten Worten herauszuhören: „Wenn du das nächste Mal vorhast solche Wahrheiten zu verbreiten. Besitze wenigstens den Anstand mich vorzuwarnen, dass du das Volk gegen meinen Mann und somit gegen mich und mein ungeborenes Kind aufzubringen gedenkst.“

    Eigentlich ging es Lucia heute nicht so gut. Es zog seit zwei Tagen recht unangenehm in ihrem Rücken, dabei begann ihr Bauch grade erst ein wenig größer zu werden. Außerdem hatte sie eigentlich fürchterlich viel im Kopf und konnte kaum abschalten. Dementsprechend wenig hatte sie geschlafen und war eigentlich recht müde. Aber das war alles nur ein einziges großes „eigentlich“, denn wer konnte schon an irgendwelche Zipperlein denken, wenn ein großes Rennen anstand und ihre Factio einem blutjungen Fahrer die Chance gab sich zu beweisen? Niemand natürlich!
    Dementsprechend überdreht plapperte Lucia mal mit dieser Freundin mal mit jenem Bekannten, begrüßte jeden den sie auch nur im entferntesten kannte und machte bei jedem mehr als deutlich, dass sie hinter der Veneta und ihren Fahrern stand. „Sie benötigen nur die entsprechende Ermunterung und ich bin mir sicher, dass wir heute einen blauen Sieger haben werden!“, versuchte sie andere anzustacheln Stimmung zu machen, da es sich für sie ja wohl kaum ziemte die Stimme zu erheben. Auch wenn sie das manchmal nur zu gerne tun würde.
    So kam es, dass auch sie zu denjenigen gehörte, die Aurelius Rede nur mit halbem Ohr gelauscht hatte. Sie ließ sich jedoch nicht dazu herab das zuzugeben, sondern schüttelte auf Callistus und Crassus kleinen Wortwechsel nur missbilligend den Kopf.


    Dann ging das Rennen endlich los. „Ach was, sie hatten ein wenig Pech bei der Verlosung, das ist alles! Das werden sie noch gut aufholen!“, widersprach Lucia die Augen fest auf die Rennbahn geheftet. Vermutlich hatte Veneta am wenigsten Schmiergeld geboten, weshalb einer ihrer Fahrer die schlechteste Startposition innehatte. Kurz war Lucia vor sich selbst erschrocken, hätte sie vor einem Jahr doch niemals in diese Richtung gedacht, aber nun zuckte sie nur die Schultern, es stimmte ja wahrscheinlich. „Aber versteift euch nicht so auf den Jäger, Hamiris ist unser Bester! Der Junge soll erstmal zeigen, dass er in einem großen Rennen die Nerven behält! Reich mal die Nüsse rüber!“ Zuerst hatte Lucia gedacht, dass sie den köstlichen Gerüchen widerstehen könnte, aber da hatte sie sich wohl geirrt. Sie streckte blind die Hand Richtung Crassus aus, da sie die Augen wirklich nicht von der Fahrbahn nehmen wollte. „Und auch ein paar der Spieße!“



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    „Hmmmhm. Ein Junge stielt der Mutter die Kraft, ein Mädchen die Schönheit“, zitierte Lucia was sie gehört hatte mit einem Nicken. Das passte zumindest so ungefähr zu dem was Flavia grade andeutete. Doch da niemand genau sagen konnte wann die Kinder das taten, war Lucia noch ziemlich zuversichtlich, dass es ein Junge würde. „Mit einem Mädchen ist man also gleich doppelt gestraft.“, versuchte sie sich an einem kleinen Scherz, indem sie die Worte mit einem schiefen Lächeln sprach. Nicht, dass Lucia nicht irgendwann ein Mädchen haben wollte, aber das erste Kind sollte doch bitte ein Junge werden. Das war besser für alle!


    Dankbar, dass Flavia das Thema wechselte, ging Lucia nur zu gerne auf ihre Fragen ein: „Ich fürchte das ist er häufig.“, begann sie wenig vielversprechend ihre Beschreibung und zuckte mit einem entschuldigenden Blick die Schultern. „Er ist ein Planer, ein Denker und nicht so sehr der emotionale Typ. Aber das macht ihn auch leichter einzuschätzen und im Grunde ist er ein guter Kerl.“ Zumindest glaubte Lucia das zu diesem Zeitpunkt noch. „Er hat die Angewohnheit sich komplett in Arbeit zu vergraben und darüber sogar das Essen und Schlafen zu vergessen, da möchte ich dich bitten ein wenig auf ihn zu achten.“ Auch wenn er sich die Zeit jetzt ohne sie eigentlich ganz gut schlug. Vielleicht hatte er es ja auch inzwischen überwunden und passte ein bisschen besser auf sich auf.

    Sie würde ihm ‚Wie konntest du nur!‘ ins Gesicht brüllen. Nein, das war viel zu verletzt. Sie wollte Lepidus nur ungerne auch noch in Worten zeigen wie sehr er sie getroffen hatte. Dieser Hund, dieser miese Kerl, der sich ihr Bruder schimpfte! Da drückte er Hände und ließ sich für diese barbarische Handhabung eines Urteils auch noch gratulieren. Denn wenn Lucia nur für einen Moment von der Rufschädigung absah, taten ihr die Hingerichteten schrecklich leid. Sie gehörten sauber enthauptet und nicht so fürchterlich gequält! Lucia starrte Lepidus unentwegt an, während er sich langsam seinen Weg auf sie zu bahnte. Sie würde ihm einfach eine scheuern! Das war verlockend, wirklich äußerst verlockend. Nur wusste Lucia nicht, ob ihre weichen Arme grade genug Kraft aufbringen konnten, um ihre Hand auch auf Höhe seines Gesichts zu bringen. Lucia biss die Zähne zusammen und spürte wie ihr allein schon von der Anstrengung aufrecht zu stehen der Schweiß ausbrach. Sie würde ihm mit jedem Schimpfwort belegen, dass sie wusste! Nein, das war viel zu kindisch. Sie würde... sie würde…


    Lepidus trat auf sie zu und alle Pläne waren vergessen. Der scherzte hier mit ihr als ob nichts gewesen war? Eine eiskalte Ruhe überkam Lucia. „Natürlich bin ich geblieben. Gerade wegen deiner kleine Inszenierung hier musste ich bleiben, egal wie zuwider sie mir war. Du biegst die Wahrheit bis sie bricht und ich musste wissen wie weit du tatsächlich gehen würdest.“ Sie schüttelte langsam den Kopf. Von dieser kleinen Bewegung wurde ihr schon wieder schwummerig, aber sie versuchte es zu ignorieren.

    Er würde sie also natürlich umbringen. NATÜRLICH! Natürlich, tsk!“, murmelte Lucia, ihrem Mann noch immer den Rücken zugewandt. Das war ja mal beruhigend, dass ihr Mann sie natürlich umbringen würde. Sie verschränkte schützend die Arme und zog die Schultern hoch. Aber was hatte sie erwartet? Wieso erwartete sie überhaupt etwas von ihm? Nach allem was schon gewesen war, wieso…? „Ja, klar, wir sind die Barbaren!“, wiederholte ihr Mund die nächsten Worte, an denen sie sich aufhängte. „Wir Römer, natürlich! Pah!“


    Lucia rauschte ohnehin schon das Blut in den Ohren, so dass sie zunächst glaubte sich verhört zu haben. Vala wollte WAS tun? Ihre Augen wurden groß, ihre Arme lösten sich und sie drehte sich fassungslos wieder ihrem Ehemann zu. „Du willst mich von Rom wegschicken?“, zischte sie, unter ihrem Auge zuckte es. Sie deutete dabei theatralisch auf einen vagen Punkt hinter sich, der wohl ‚außerhalb von Rom‘ darstellen sollte. „Du willst mich zu den Barbaren im Norden schicken, weil ich dort sicherer bin als in der Urbs Aeterna?“ Sie fasste sich an den Kopf, nur um in einer ärgerlich-verständnislosen Geste die Hand wieder fallen zu lassen. Vala wollte sie tatsächlich aus ihrer geliebten Stadt wegschicken? Nach Germania!? Und er machte das ja noch nicht mal für ihre Sicherheit, sondern nur für die Sicherheit des Kindes, wurde ihr mit plötzlicher Klarheit bewusst. Bisher war ihm ihre Sicherheit vollkommen schnuppe gewesen! „Du hast doch den Verstand verloren! Vergiss es! Nein!“ Nie und nimmer würde sie sich aus Rom wegschicken lassen!

    Wie konnte der Aurelia das gefallen haben? Zunächst glaubte Arsinoe, dass sie die Domina auf den Arm nahm, aber sie schien ihren Gesang tatsächlich als gut genug anzusehen. War Lucia so verwöhnt, dass Arsinoe selbst so einen hohen Standard erwartete? Doch den Gedanken konnte das Mädchen nicht weiterführen, da nun eine andere Art von Lied von ihr verlangt wurde. „Ahm…“, gab sie überrascht von sich und lief tatsächlich leicht rot an. Wollte Aurelia von ihr wirklich so ein Lied hören, wie sie von den männlichen Sklaven mal abends aufgeschnappt hatte? ‚Ihr schneeweiser Busen war halb nur bedeckt. Ohooohhhoohhhh, olalala!‘ Sie hatte damals schon feuerrote Ohren bekommen, aber auch nicht weghören können. Hektisch kramte sie in Gedanken nach dem Anfang des Liedes und fürchtete sich zugleich davor was komplett falsch zu machen. Um Zeit zu gewinnen sprach sie unsicher: „Domina, ich fürchte ich kenne nicht so viele Lieder dieser Art, ich habe nur mal eines bei den Sklaven aufgeschnappt…“ Unwohl räusperte sie sich und gestikulierte vage in Richtung der Küche. „Es handelt, also es ist… anstößig…“ Sie verschluckte sich fast an dem Wort. Hoffentlich lachte Aurelia jetzt und erklärte Arsinoe, dass sie das völlig falsch verstanden hatte.

    „Also eigentlich…“, begann Lucia und wollte ihren Bruder darüber aufklären, dass sie keineswegs Fortuna geopfert hatte. Eher im Gegenteil, sie hatte es sich tausendmal vorgenommen aus Dank ein Opfer an die Göttin darzubringen, aber sie hatte es nie durchgezogen. Dennoch hatte ihr das Glück nicht nur einen sondern gleich drei Gewinne verschafft… Das im Gegensatz zu all den anderen Lottospielern, die geopfert hatten und leer ausgingen. Lucia runzelte verwirrt die Stirn, wo war denn da bitte die Logik? Dachte Fortuna sie hätte etwas wieder gut zu machen, weil Armor Lucia so schrecklich behandelte? Da würde sie noch drüber nachdenken müssen! Sie schüttelte den Kopf und sagte stattdessen: „Sie war sehr gut zu mir, ja“


    „Ich werd‘ ihm keine Darlehen geben, dafür ist mir das Geld dann doch zu knapp. Ich muss aufpassen, jetzt wo ich kein regelmäßiges Einkommen aus meinem Grundstück mehr habe…“ Mist, grade hatte sie sich noch vorgenommen die Klappe bezüglich des Grundstückes zu halten… Naja, jetzt war es raus und zurücknehmen ging da nicht. Sie biss sich also selbst auf die Zunge und wartete die Reaktion ihres Bruders ab.

    Da musste Lucia doch tatsächlich überlegen. Sie war es überhaupt nicht gewohnt in Wochen zu denken, aber jede Frau schien ihre Schwangerschaft in Wochen anzugeben… Wie viele Wochen waren neun Monate nochmal? So wirklich wollte ihr das Rechnen nicht gelingen, also nickte sie einfach mal bestätigend, fügte aber im Gegensatz zu Flavias nächster Aussage hinzu: „Mir wurde immer wieder versichert, dass die erste Hälfte die einfachere wäre. Wenn man all den Horrorgeschichten glauben kann erwartet mich jetzt eigentlich nur noch Ungemach.“ Lucia zog ihre Nase kraus. „Irgendwann soll einem alles wehtun, vorallem Rücken und Beine. Eine meiner Freundinnen ist schrecklich aufgedunsen, dabei hat sie behauptet kaum etwas zu essen. Ihre Ringe, Armbänder und Schuhe haben ihr eine halbe Ewigkeit nicht mehr gepasst. Außerdem soll man alle paar Minuten wohin müssen, das muss schrecklich lästig sein!“, zählte sie nur ein paar der ihr am schlimmsten vorkommenden Gerüchte auf.


    Auf die zweite Frage hätte Lucia gerne verzichtet. Es war nämlich ausgeschlossen, dass sie hier die Wahrheit erzählen konnte. Sie selbst kam bei Flavias Worten nämlich nicht auf den Zeugungsakt sondern viel mehr auf die Reaktion Valas, als sie ihm von dem Kind erzählte. „Ja, natürlich freut er sich. Nur leider hat er wegen der aktuellen Situation kaum Zeit auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Ich musste es ihm quasi zwischen Tür und Angel berichten, so viel hat er zu tun.“, ja das klang doch ganz gut. So konnte sie das erstmal stehen lassen.

    Arsinoe haderte mit ihrem Schicksal, dass Lucia ausgerechnet heute sie und nicht Sekunda mitgenommen hatte. Schon während der Mater war immer stärkere Übelkeit in ihr aufgestiegen. Im Gegensatz zu Lucia waren ihr aber alle gesagten Worte egal, sie wollte einfach nur nichts sehen und nichts hören. So kam es, dass sie zunächst gar nicht mitbekam, wie sich Lucia von ihrer Seite entfernte. Doch als sie bei dem Schrei reflexartig nach ihrer Herrin greifen wollte, war diese nicht mehr da. Panisch blickte sich Arsinoe um und sah grade noch wie Lucia zusammensackte und von dem Centurio am Arm gepackt wurde. „Oh, ihr Götter!“, wisperte Arsinoe entsetzt und eilte zu ihrer Herrin, die soeben um einiges sanfter auf dem Boden abgelegt wurde als es bei einem Sturz gewesen wäre. Arsinoe war völlig überfordert. Was sollte sie tun? Ihre Herrin war ohnmächtig! Wo war Sekunda? Sie wüsste was zu tun wäre! Hilfe!? „Was soll ich denn nur tun?“, hauchte sie panisch und wagte es nicht ihre Herrin anzufassen. Aber sie konnte auch nicht einfach so liegen bleiben. Während Arsinoe vollkommen hilflos neben ihrer Herrin hockte, kamen die zwei Leibwächter hinzu. Beide hatten lieber die Augen auf die Menge gehabt, da von dort aus größere Gefahr zu drohen schien als von irgendwoher sonst. Der ältere der beiden, Attalus, kniete sich neben Lucia und tätschelte ihr die Wangen. Er kannte diese Methode jemanden zu wecken vielmehr mit saftigen Ohrfeigen, aber das war hier ja völlig ausgeschlossen. Und tatsächlich Lucias Augenlider flackerten.


    „Was ist passiert?“, nuschelte Lucia die wohl typischste Frage, die man nach einer Ohnmacht stellen kann. Ihre Augen wollten sich noch nicht so wirklich öffnen, obwohl sie diese mit aller Macht aufzuzwingen versuchte. Durch den ganzen Lärm hatte Attalus die Worte seiner Herrin nicht verstehen können, doch er ging einfach mal von dem üblichen aus und lag damit sogar richtig: „Du bist umgekippt, Domina“ Die kurze Erklärung sollte seiner Meinung nach reichen, doch die noch immer völlig aufgelöste Arsinoe plapperte hastig darauf los: „Die haben den Mann enthauptet und du warst weg und dann bist du umgefallen und der Centurio hat sich aufgefangen und hat dich dann abgelegt und ist weg und du warst komplett weg und ich wusste nicht was ich machen sollte und du bist so bleich…“ Ihre Stimme überschlug sich und Attalus verdrehte die Augen.


    Unbemerkt von der kleinen Gruppe hatte Lepidus schon mit der Enthauptung des angeblichen Duccianus angefangen. Für Lucia war das alles jedoch nur ein schrecklich lautes Hintergrundrauschen aus dem sie mal das eine, mal das andere wie durch einen Trichter hörte. Sie blinzelte verwirrt. Lag sie auf dem Boden? Was plapperte Arsinoe da? Umgekippt, Centurio, … „Oh…Scheiße!“, entfuhr es Lucia, als alles wiederkam und ihr wie ein schwerer Stein in den Magen sackte. Sie war auf dem Forum, besser sie lag auf dem Forum und ihr war übel und sie wühlte sich so schwach und zittrig wie noch nie in ihrem Leben. Ihr eigener Bruder… wie konnte er nur?! Am liebsten hätte Lucia wieder die Augen vor alledem geschlossen und sich einfach nach Hause tragen lassen. Warum tat Lepidus ihr das an? Ihre Finger kribbelten unangenhm und langsam aber sicher wurde sie sich einer ziemlich schmerzenden Stelle am Arm bewusst. Was war denn da passiert? Plapperte Arsinoe immer noch? Nein, das Mädchen kämpfte verbissen aber stumm gegen die Tränen. Ah, anscheinend konnte sie die Augen jetzt doch aufhalten. Wie durch ein Kissen hörte Lucia die Worte ‚Lege Age‘, wieder und wieder, die Menschen johlten und… war das das Lachen ihres Bruders? Ihre Übelkeit wurde schlimmer.


    Attalus beobachtete seine Herrin und auch Arsinoe, und stieß einen Stoßseufzer aus. „Der alte Drachen ist aber auch nie da, wenn man ihn braucht.“, murmelte er unzufrieden. Jetzt war es wohl an ihm Initiative zu zeigen. „Domina? Domina!“, versuchte er also die eindeutig noch nicht ganz fokussierte Aufmerksamkeit seiner Herrin auf sich zu lenken. „Ich denke du solltest versuchen aufzustehen, Domina!“ Sie konnte ja schlecht noch länger auf dem Boden liegen bleiben. Ohne eine wirkliche Zustimmung abzuwarten griff er Lucia also unter die Arme und brachte sie zunächst einmal in eine sitzende Position. Das Gehacke auf dem Podest, das vielmehr der Arbeit eines schlechten Metzgers als eines guten Henkers aussah, ging weiter. Hoffentlich würde seine Herrin nicht einen Blick darauf werfe und gleich wieder umfallen!


    Lucia wurde aufgerichtet und sofort tanzten wieder dunkle Punkte vor ihren Augen. „Halt. Nicht so schnell“, verlangte sie deshalb und stützte ihr Gesicht in ihre eiskalten Hände. Sie war sich inzwischen im Klaren darüber, dass Lepidus nun auch die Hinrichtung des angeblichen Duccianus zu einem Schlachtfest machte und allein der Gedanke genügte um sie sich vollkommen einsam und verlassen fühlen zu lassen. Wie konnte er ihr sowas nur antun?! Am liebsten hätte Lucia es nun ihrer Leibsklavin nachgemacht und ebenfalls zu weinen begonnen. Aber sie war in der Öffentlichkeit. Sie musste sich zusammenreißen. Schlimm genug, dass sie auf der Straße saß. Doch sie brauchte einfach noch einen Moment. Die Bilder des eben erlebten schossen ihr durch den Kopf vermischten sich mit den Geräuschen, die sie hörte und drohten sie wieder zu überwältigen. Sie musste sich unbedingt zusammenreißen! Mit zittrigen Fingern strich sich Lucia die Haare aus dem Gesicht, atmete tief durch und nickte dann ihrem Begleiter zu. „Langsam“, wies sie Attalus an und er half ihr vorsichtigst dabei sich aufzurichten.


    „Reiß dich zusammen!“, sprach Lucia mehr zu sich selbst, als zu irgendwem anderen, aber Arsinoe bezog die Worte natürlich auf sich. Sie schniefte und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie versuchte es ja.


    Endlich stand Lucia auf ihren äußerst weichen und wackeligen Beinen. Attalus hatte sie dankenswerter Weise mit dem Rücken zum Podest aufgerichtet und so hörte Lucia nur, wie ihr Bruder der Menge dankte und das alles ein Ende fand. Doch nicht für sie. Lucia stützte sich schwer auf Attalus Arm. Ihr Gesicht war so weiß wie Milch und sie fror schrecklich. Aber sie musste ihrem Bruder noch gegenüber treten. Ein kleiner Funke regte sich in ihr und sie klammerte sich mit aller Macht an dieses Gefühl. Sie war enttäuscht, fühlte sich verlassen, verraten und nun versuchte sie den in ihr aufglimmenden Zorn möglichst viel Nahrung zu geben. Sie würde Lepidus gegenübertreten, sie würde ihm ins Gesicht sagen, was sie von dieser Aktion und von ihm hielt! Sie musste sich nur so lange auf den Beinen halten! Widerwillig sah sie sich nach ihrem Bruder um. Er trennte sich grade von Avianus. Mit diesem würde Lucia auch noch reden müssen. Aber jetzt erstmal ihr Bruder. Bleich und mit unbewegter Miene starrte Lucia ihn an und wartete am Arm ihres Leibwächters darauf, dass er zu ihr kam.