Beiträge von Tiberia Lucia

    Lucia runzelte die Stirn. Sie bemühte sich es nicht zu tun, aber sie konnte einfach nichts dagegen machen. Lepidus hatte sich im Wahlkampf nicht mal angestrengt? Das klang in ihren Ohren einfach nur überheblich und dumm. War das eine Art Trotz? „Umso beeindruckender, dass du Erfolg hattest… Aber deine guten Leistungen in deiner letzten Zeit als Virgintivir haben eindeutig für dich gesprochen, sie mussten dich ja einfach wählen.“, versuchte sie sich dennoch in einer netten Erwiderung.


    Er mochte nicht die Intention haben sie zu ärgern, doch er tat es eindeutig. „Die Casa Accia Ducciaque ist ein sehr annehmbarer Ort zum Leben.“, verteidigte sie spitz ihr aktuelles Zuhause. Streitlust funkelte in ihren Augen, aber sie zügelte sich. Sie wollte sich hier mit ihrem Bruder versöhnen und da würde sie wohl ein wenig einstecken müssen. „Aber natürlich vermisse ich die Villa Tiberia. Das hier ist mein Zuhause. Ich habe sie in Misenum vermisst und ich würde sie vermissen wenn ich in einem Palast lebte.“, sprach sie also mit einem melancholischen Lächeln. Sie zögerte, aber es musste einfach heraus: „Und ich habe dich vermisst, Bruder.“

    Das klingt ja nach dem reinsten Vergnügen., dachte Lucia sarkastisch auf die Reisebeschreibung des jungen Duccius. Sechs Wochen unterwegs bei diesem Wetter und noch schlimmer? Reisen war ja schon bei gutem Wetter keine besonders erbauliche Sache – fand Lucia- aber dann auch noch in so einer feucht-kalten Jahreszeit? Grauslig! Umso beeindruckender, dass Callistus die Gelegenheit zu jammern großzügig überging und stattdessen ihren Mitreisenden anpries. „Das freut mich!“, kommentierte sie dann die gesunde Ankunft der beiden in Rom. „Wenn sich die Möglichkeit bietet, bestellt Vennonius bitte meinen Dank, dass er euch gesund hierher brachte.“


    Callistus hatte eben mit seinem zurückhaltenden Reisebericht schon einen guten Eindruck auf Lucia gemacht. Dieser vertiefte sich nun, allein weil er ihre Stadt anpries. Jawohl, Lucias Stadt. Immerhin war die Patricia hier geboren, verwurzelt, gehörte einfach dazu. Selbst in der Zeit ihres unfreiwilligen Exils hatte sie sich jeden Tag nach Rom zurückgesehnt und die Stadt somit nie aus ihrem Herzen verloren. Nichts kam dieser wundervollen Stadt gleich! Und das hörte Lucia natürlich auch nur zu gerne. Bis jetzt hatte fast nur Callistus gesprochen und Lucia beinahe vergessen, dass sein Begleiter auch noch einen Mund zum Sprechen hatte. Wie er da mit seiner Verblüffung hervorplatzte konnte Lucia nicht anders als amüsiert zu schmunzeln. Sie versuchte ihre Mundwinkel niederzukämpfen, aber es ging nicht. „Ja…“, begann sie eine Antwort noch immer gegen die eher unangebrachte Heiterkeit ankämpfend und schließlich endlich siegend: „Die ewige Stadt wird ihrem Ruf mehr als gerecht. Aber ihr seid ja grade erst angekommen! Habt ihr schon das Forum Romanum gesehen und die angrenzenden Basilicae und Templae? Wart ihr schon auf dem Palatin? Das Amphitheater und der Circus Maximus sind wahrlich beeindruckend.“


    Während Lucia sprach tauchten Sklaven mit kleinen Häppchen auf und warteten geduldig, dass ihre Herrin das Aufwarten befahl. „Ich hoffe ihr habt auch der Stadt entsprechenden großen Hunger!“, konnte sie sich eine Anspielung nicht verkneifen und die Sklaven boten den jungen Herren verschiedenste Kleinigkeiten an.

    Die Sklaven standen bereit. Vor dem Schrank hingen die verschiedensten Tuniken, auf der Truhe waren duzendende Armbänder ausgebreitet. Der Schminktisch war überladen mit Mittelchen und das Bett glich einem Marktstand für Pallas. Lucia wurde sich in diesem Moment wieder bewusst wie viele sie von diesen Tüchern nie anzog! Aber das grüne dort passte einfach zu so wenigem mit seiner extravaganten Borte. Vielleicht sollte sie heute versuchen ihre ganze Kleidung auf diese Palla abzustimmen? Aber das hieße auch, dass sie ihren aktuellen Lieblingsschmuck nicht würde tragen können... Rubine mit diesem Tuch, man würde sie Auslachen! „Was denkst du?“, wandte sich Lucia an ihre Freundin und tippte sich nachdenklich mit einem Finger gegen das Kinn. Ohne zunächst eine Antwort abzuwarten fuhr sie fort: „Wir sollten unsere Wahl zumindest ein bisschen aufeinander abstimmen. Nichts wirkt lächerlicher als zwei Freundinnen, deren Gaderoben sich beißen.“ Natürlich würde sie Flaminina gerne etwas von ihren Sachen leihen, das musste nicht erst diskutiert werden. Die Frage war viel eher: „Welche Farbe?“ Lucia griff nach dem grünen Tuch und ließ es nachdenklich durch ihre Finger gleiten. Wenn sie sich für diese hier entschied würde sie Flaminina einige Möglichkeiten versagen… Aber vielleicht hatte diese ja auch zufällig grade Lust auf einen satteren Farbton, das dunkle Blau vielleicht… „Hast du einen Favoriten?“

    „Es ist zu früh, um etwas sagen zu können, Herrin.“, wiederholte sich Sekunda geduldig. „Aber es sind schon drei Tage!“ „In zwei Wochen können wir mit mehr Sicherheit darüber reden.“ „Aber die Möglichkeit bestünde?“, Lucia ließ nicht locker. Sekunda seufzte. „Ja, theoretisch. Aber Herrin, lass mich dich erinnern, dass du schon früher…“ „Das genügt mir!“, schnitt Lucia ihrer alten Leibsklavin das Wort ab und wandte sich mit einem zufriedenem Lächeln der geduldig wartenden Arsinoe zu: „Du hast Neuigkeiten?“ „Ein Brief, Herrin“ Sie trat vor und überreichte Lucia die neuste Epistel von Avianus. Wieder tat das Herz der Patrizierin einen aufgeregten Sprung. „Gab es Probleme?“ Arsinoe schüttelte zögernd den Kopf. „Sprich!“ „Ich glaube, Sirius wird von diesem Brief nichts erfahren.“ „Glauben heißt nicht wissen…“ „Ja, Herrin, ich bin mir leider nicht sicher… Ich meine, er hat es mir zwar versprochen…“ „Wer, er? Der Postsklave?“ „Ja, Herrin. Aber ich bin mir nicht sicher was sein Versprechen wert ist.“ Arsinoe blickte zerknirscht auf ihre Füße, während Lucia unzufrieden brummte. „Nun, wir werden es erfahren.“, schaltete sich Sekunda ein. „Warum ließ du nicht den Brief, Domina, und ich sehe, ob ich Arsinoe in dieser Sache irgendwie helfen kann.“ Lucia rümpfte missgestimmt die Nase, aber wiedereinmal war ihre Neugierde stärker. „Ab mit euch!“, winkte sie alle aus ihrem Zimmer. Binnen weniger Momente war sie alleine und seufzte. Warum war alles so kompliziert? Mit den Gedanken noch woanders öffnete sie den Brief ihres Lieblingssoldaten und begann zu lesen.

    Nichts war von den Schreckensbildern der nackten, marodierenden Wilden geblieben. Lucia hatte hier zwei junge Burschen vor sich. Einen etwas gesprächigeren mit markanten Zügen und ein… Lucias Erziehung verbat ihr die direkteste Bezeichnung… etwas Beleibteren, der grade mal ein Wort herausbrachte. Beide schienen mehr als gebührend beeindruck von ihrem Auftritt und hatten keine Ahnung davon wie sehr sie Lucias Ego damit schmeichelten. Sie mochte es einfach so angesehen zu werden, Barbaren oder Adolescentes – egal, solange Männer ihretwegen so aus dem Konzept kamen musste sie ja was richtig machen.


    Callistus sprach etwas hastig und mit zu vielen Lückenfüllenden äh-Lauten, aber immerhin schaffte er es sich einigermaßen ordentlich vorzustellen. „Die Freude ist ganz meinerseits.“, überging Lucia jedoch seine Frage, ob sie die Ehefrau war. Das war doch offensichtlich!


    „Aber bitte, setzt euch doch wieder! Duccius,, sie lächelte erst den einen, dann den anderen an. „Crassus.“ Lucia machte eine geübte einladende Geste zu den Plätzen, die die Jungs eben schon eingenommen hatten. Sie selbst ließ sich ihnen gegenüber nieder und fragte interessiert: „Hattet ihr eine einigermaßen erträgliche Reise? Ihr müsst ja Ewigkeiten unterwegs gewesen sein!“ Beiläufig winkte sie einen Sklaven heran, der ihr auch sogleich Wein und Wasser mischte. Sie war tatsächlich einigermaßen interessiert zu hören, wie weit das ursprüngliche Zuhause ihres Mannes entfernt war. Nicht, dass man einen Unterschied gemerkt hätte, wenn sie das Thema nicht mal peripher tangiert hätte.

    „Ehefrau eines Konsuls“, wiederholte Lucia Valas Worte leise. Zwar immer noch Ehefrau eines Duccius, eines Homo Novus, eines halben Barbaren. Aber immerhin ein halber Barbar, der es bis an die Spitze der möglichen Karriereleiter gebracht hatte. Lucia sah zu ihrem Mann hoch, musterte sein Gesicht und blinzelte ihm ebenfalls mit einem verschmitzten Lächeln zu. „Das gefällt mir.“ Es war eindeutig besser sich mit „Ich bin Lucia von den Tiberia, Ehefrau des Konsuls Duccius“ vorstellen zu können. Wenn sie an ihre letzte neue Bekanntschaft zurückdachte. Wie diese Aurelia nachgebohrt hatte, nur weil ihr der Name Duccius nichts sagte! Wenn die gleiche Situation jetzt geschehen würde, Lucia glaubte dass sie nur beeindrucktes Schweigen ernten würde.


    Nach diesen kostbaren Sekunden der gemeinsamen Freude befand Lucias Erziehung, dass es genug war. Sie löste sich von Vala, jedoch nicht ohne seine Hand vorher nochmal sanft getätschelt zu haben. „Ich möchte dich nicht weiter davon abhalten deine verdienten Gratulationen entgegen zu nehmen.“, erklärte sie leise und noch immer mit einem breiten Lächeln. Immerhin hatte er sich eben extra für sie von einer Traube von Männern losgeeist.

    Ging mir ähnlich: Sorry, dass ich zwischen den Jahren so gut wie nicht präsent war.


    Ich muss euch auch vorwarnen, dass jetzt bei mir die heiße Lernphase vor meinem Examen beginnt. Ich schreibe im März und habe danach noch mündliche Prüfungen. Da ich dies hoffentlich nur einmal im Leben werde machen müssen, hab ich keine Erfahrung, wie sich das auf meine Schreiblust auswirkt. Ich vermute aber, dass es mindernd sein wird. ;)

    Lucia hatte Mühe ob Aurelias nachbohren eine freundliche Miene zu wahren. War die Frau so feinfühlend wie ein Elefant oder stichelte sie einfach nur gerne? So oder so: Lucia würde den Teufel tun und es noch offensichtlicher zeigen, dass ihr das Thema nicht behagte. Da nutzte sie doch lieber die Gunst der Stunde und ging eindeutig zweideutig auf die Qualitäten ihres Mannes ein: „Oh ja, das tut er!“ Lucia zwinkerte verschmitzt. Da Aurelia keinen Ehemann zu haben schien, wusste sich Lucia zumindest in diesem Bereich als (offiziell) Erfahrenere. Sie hoffte mit ihrem leichten Themenwechsel ihre Gesprächspartnerin entweder auf andere Gedanken oder in Verlegenheit zu bringen. Bei beidem würde Aurelia hoffentlich vom Thema lassen.


    „Ich bin inzwischen wieder eine ganze Weile hier. Ich bin relativ direkt nachdem der Bürgerkrieg um war nach Rom zurückgekehrt.“* Die nun folgende Frage nach Festlichkeiten und Freundinnen nutzte Lucia gerne von verschiedenen Anlässen, Gedenkfeiern und Hochzeiten zu erzählen. Sie hütete sich zu detailliert zu werden, machte aber deutlich dass sie in Rom schon so einiges erlebt hatte.


    Die Zeit verging und Lucia wollte dann doch irgendwann wieder heim. Natürlich nicht ohne Aurelia zu versichern, dass sie sich unbedingt wiedersehen mussten. Lucia war sich selbst noch nicht so ganz sicher, ob sie das tatsächlich wollte, aber im Grunde sprach ja nichts dagegen.



    [SIM-OFF]* Ich drück mich mal um eine genaue Zeitangabe, das ist hier ja etwas schwierig :D [/SIM-OFF]

    Duccius Callistus, Duccius Callistus, wiederholte Lucia den Namen des unerwarteten Gastes in ihrem Kopf. Nein, Vala hatte ihr gegenüber diesen Namen noch nicht erwähnt. Hatte er überhaupt schon mal über andere Mitglieder seiner Familie gesprochen? Lucia konnte sich an keine Gelegenheit entsinnen. Je länger sie darüber nachdachte, umso neugieriger wurde sie auf den Besuch. Leider hatte sie die Gelegenheit den Sklaven über Einzelheiten wie Alter und Aussehen ihres Gastes auszufragen verstreichen lassen und musste sich nun gedulden, bis Arsinoe die letzte Locke ihrer Frisur festgesteckt hatte. Sie wagte es nicht ihre Phantasie spielen zu lassen, denn sie befürchtete sich einen bärtigen ungepflegten Barbaren vorzustellen, ob er lange Haare haben würde, fettige, lange Haare? Uuuuund sie war schon mitten drin sich ein Bild zu malen.


    Inzwischen wollte Lucia ihren Gästen kaum mehr gegenüber treten. Sie befürchtete in ihrem Tablinium zwei ungehobelte Riesen wüten zu haben, halbnackt und mit schartigen Messern in ihren Händen. Natürlich wusste der logische Teil von Lucia, dass ihre Sklaven solche Leute wohl kaum hereingelassen hätten, aber welches Vorurteil hatte sich schon je von Logik stoppen lassen?
    Nun konnte Lucia aber wohl kaum mehr zurück, also wollte sie zumindest selbst einen Auftritt hinlegen, an den sich die Barbaren noch lange erinnern würden. Sie hatte ihren pompösen Rubinschmuck angelegt. Zwar mochte sie persönlich ihre Bernsteine noch immer am liebsten, aber dann hatte sie sich daran erinnert, dass diese ja aus dem Norden kamen und sie wollte den Wilden ja etwas präsentieren, was sie nicht kannten. Ihre Haare waren hochgesteckt. Ihr kunstvoll geschminktes Gesicht von Locken eingerahmt.
    Lucia erinnerte sich selbst nochmal an ihre Haltung, obwohl das kaum nötig war. Sie war immerhin eine Patricia, wenn jemand wusste wie er einen Auftritt hinlegte, dann die Frauen ihres Standes!


    Sie schwebte also in den Raum, die Arme ausgebreitet und flötete „Willkommen, willkommen!“ Auf das Schlimmste gefasst, brachte sie die schlichte Wahrheit über ihre Besucher aber ein wenig aus dem Konzept. Das waren zwei ganz normale Adolescentes, wie man sie überall in Rom antreffen konnte! Lucia stockte kurz und musterte die Jungen in ihrer Überraschung unverhohlen. Nach einem Herzschlag fing sie sich wieder und lächelte befreit. „Ich freue mich euch in unserer Casa und in Rom willkommen heißen zu dürfen! Mein Name ist Lucia aus der noblen Familia Tiberia, mit wem habe ich das Vergnügen?“ Ob der Dicke oder der andere sich wohl als Callistus vorstellen würde?

    Der Posteingang von Benutzer »Aurelia Lentidia« ist bereits voll.


    Hey, du allerbeste Freundin, die Lucia sich je nur vorstellen könnte ;) bring deine Sklaven mal auf trab.

    Er war noch nicht da… Lucias Herz wurde schwer, doch dann erinnerte sie sich daran, dass ihr Bruder sie schon früher gerne hatte warten lassen. Sie war dann manchmal einfach in sein Büro marschiert. Das würde sie jetzt natürlich nicht tun. Das hier sollte ja einen Versöhnung werden, da hieß es geduldig sein.
    Sie setzte sich auf einen der Hocker und nahm das warme Tuch von den Schultern und reichte es Arsinoe. Gerne hätte sie sich aus alter Gewohnheit von den Sklaven was zu Trinken bringen lassen, aber sie war sich nicht sicher, ob sie das sollte…
    Lucia grübelte eine Weile, bis sie endlich Lepidus kommen hörte. Sie sprang auf, um ihm gespannt entgegen zu sehen. „Bruder!“, erwiderte sie mit einem freudigen Lächeln. Die halbe Umarmung ließ sie hoffen und auch wieder nicht. Den Schein wahren würde Lepidus hier drinnen nicht wollen, also war die Umarmung… Ach Lucia, mach langsam. Überinterpretier nicht jede einzelne Geste!
    Sie setzte sich wieder und bemühte sich ein kleines Gespräch in Gang zu bringen: „Wie geht es dir Bruder? Ich hoffe der Wahlkampf war nicht allzu anstrengend für dich?“

    Lucia kam gar nicht auf den Gedanken, dass Vala etwas anderes als ihre Gratulation gemeint haben könnte. Schade eigentlich, sie hätte sich über die Anerkennung ihrer Hilfe ziemlich gefreut, aber vielleicht ja später in einem ruhigeren Moment. Ohnehin glaubte sie nicht grade glücklicher (und auch erleichterter) sein zu können. Ihre Gedanken folgten einem ganz ähnlichen Pfad wie Valas, jetzt schien die Heirat nicht mehr ganz so unter ihrem Stand. Jetzt würde Lepidus vielleicht wieder mit ihr reden. Aber das Beste an allem: Es war vorbei und sie hatten es tatsächlich geschafft!


    Er war fix und fertig? Er sah nicht so aus, aber wenn er es sagte… Lucia lächelte milde und hätte ihn am liebsten getätschelt. Wieso fehlten ihr in solchen Momenten so häufig die Worte? Sie sprach viel lieber mit Taten! Nein, so ging das nicht weiter! Sie hielt es nicht länger aus! Sie ergriff Valas Hand, während sie ihre andere auf seinen Unterarm legte. Wenn schon nicht umarmen, dann wenigstens das! Kneifen? Ouh, was eine Versuchung. Ein frecher Ausdruck huschte über Lucias Gesicht, aber sie entschied sich mühsam dagegen. Sie tätschelte seine Hand nur ein wenig, während sie freudig zurückflüsterte: „Ja, ich glaube auch, dass du das bist!“

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/82.jpg „Ja, die Domina ist aus der Familia Tiberia.“, bestätigte Pustus Blumus nüchtern. Er schnippte mit den Fingern, was ohne Zögern in ein ungeduldiges Winken überging. Man konnte leises Klappern hören, dann war auch schon ein Junge herangeeilt. „Geh, frag die Domina, ob sie bereit wäre Duccius Callistus und seinen Begleiter zu empfangen.“ Der Junge wollte schon auf und davon, doch Pustus Blumus hielt ihn mit einem „Ah, ah, ah!“ zurück. „Schick Tertius er soll sich um die Pferde und das Gepäck kümmern!“ Der Junge nickte, zögerte und bekam dafür sofort einen ungeduldigen Wink. Anscheinend war jetzt doch entlassen und flitzte davon. „Ihr könnt im Atrium warten.“


    Es dauerte eine Weile, dann kam der Junge durch das Atrium geflitzt und flüsterte Pustus Blumus etwas zu. Dieser nickte, trat zu den jungen Herren und informierte sie: „Die Domina wird euch im Tablinium empfangen. Sie bittet euch es euch bequem zu machen, sie wird noch einen Moment benötigen.“ Der Junge zeigte den Weg ins Tablinium, wo kurz darauf schon Wein serviert wurde.


    Ad Aulus Iunius Avianus
    Cohors XII Centuria III
    Cohortes Urbanae - Castra Praetoria
    Roma, Italia


    Salve Avianus


    Ich finde es äußerst schade, dass du vieles zu deiner Arbeit andeutest, aber es nie genauer ausführst. Ich kann dir versichern, weder musst du auf mein zartes Gemüt Rücksicht nehmen, noch kommt mir deine Arbeit langweilig vor. Es ist vielmehr, als würde einem der Geruch eines Festmahles in die Nase steigen, aber einem bliebe jeder Happen verwehrt. Mach mir doch nicht den Mund wässrig und versage mir dann das Mahl! Erzähl ein bisschen mehr! Dein Leben wirkt auf so ein behütetes Wesen wie mich eine ungeheure Faszination aus.
    Ich gratuliere dir außerdem zu deiner Phalera! Ich kenne mich leider nicht besonders gut in militärischen Dingen aus, aber ich bin mir sicher sie wird nicht für das inkorrekte Durchsuchen junger Damen verliehen. Also noch etwas, das interessant wäre zu erfahren!
    Wo ich schon dabei bin: In letzter Zeit musste er wirklich zu häufig eine normale Durchsuchung über mich ergehen lassen! Du wolltest mir doch die Dienstzeiten deiner Kameraden schicken, damit ich diese überraschen und deinen Gewinn eurer Wette bestätigen kann.


    Was die atemberaubende Liebesgeschichte betrifft… Das möchte ich weder bejahen noch verneinen. Aber ich kann dir versichern: Es war keine ordinäre Hochzeit, die aus rein politischen Gründen getroffen wurde. Doch ich finde es nett, dass ich dir hier anscheinend den Mund ebenso wässrig machen kann, wie du mir mit den Andeutungen zu deiner Arbeit. Merkst du was für eine gemeine Folter das ist die eigene Neugierde nicht befriedigt zu bekommen?
    Ich habe eine nette Idee: Warum schreibst du mir nicht welche Gerüchte über unsere Heirat im Umlauf sind und ich werde dir verraten welches der Wahrheit am nächsten kommt.


    Vale bene
    Lucia

    Der Brief war ein Wagnis. Ein eindeutig kürzeres Wagnis als die letzten ellenlangen Episteln, aber Lucia wusste auch nicht viel mehr hinzuzufügen. Sie gab recht viel von sich Preis und hatte deshalb lange gegrübelt, ob sie ihn so abschicken wollte, aber letztendlich hatte sie sich dafür entschieden. Wer nicht wagte der gewann auch nichts. Sie war gespannt, was Avianus ihr wohl antworten würde.


    Aber wegen dem Postsklaven musste sie noch was machen. Irgendwas… Sie hatte grade wenig Muse sich selbst etwas auszudenken… „Arsinoe, geh zum Postsklaven. Sieh ob er was braucht, wem er vertraut und… ja den Rest kannst du dir sicher denken, oder?“Lucia musterte ihre junge Sklavin kritisch, war sie schon so weit? Arsinoe nickte entschlossen. Das sah doch vielversprechend aus. Vielleicht erledigte sich diese Sache für Lucia fast von selbst. Sie übergab Arsinoe den Brief und schickte sie dann mit einer Handbewegung davon.

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/82.jpg Pustus Blumus bewegte ob der ersten Unsicherheit des jungen Mannes keine Mine. Weder erwiderte er das Lächeln, noch gab er irgendwie zu erkennen, dass er den Fehlversuch bemerkte. Er machte das hier immerhin schon einige Jahre und wusste was sich gehörte. Der nächste Versuch des jungen Mannes zeigte, dass er richtig gelegen hatte. Der junge Herr war anscheinend ein – wie entfernt sei mal dahin gestellt – Verwandter des Dominus. Duccius war nun wirklich kein Name, den man in Rom häufig hatte. Ob er in Germania Superior gewöhnlicher war? „Der Dominus ist momentan leider außer Haus und wird wohl erst in ein paar Stunden zurückkehren.“, musste er Callistus leider mitteilen. „Aber die Domina ist zugegen, wenn du und dein Begleiter ihr vorstellig werden möchtet.“, schlug er dienstbeflissen vor und machte in der Annahme, dass die Jungs nicht auf der Straße warten wollten und deshalb seinem Vorschlag folgen würden, eine in das Haus einladende Geste.

    Das Grinsen wollte einfach nicht von Lucias Gesicht weichen. „Ja, wie immer.“, bestätigte sie. „Wenn es läuft, sollte man nicht mitten im Rennen das Pferd wechseln.“ Ging nicht so oder ähnlich ein Spruch? Lucia war sich nicht ganz sicher, verwendete ihn aber trotzdem.
    Das neue Los in der Hand, wurde es wohl leider Zeit sich zu verabschieden. Man sollte ein nettes Gespräch aber auch nicht überstrapazieren. Geh solange es noch Spaß macht! „Ich denke das war dann auch alles, oder?“, fragte sie zur Sicherheit nochmal nach um sich dann mit einem „Dann hoffentlich bis bald!“ zu verabschieden. Immerhin würde sie nur dann bald wiederkommen, wenn sie abermals etwas gewann.

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/82.jpg Und wieder öffnete Pustus Blumus die Porta der Casa. Langsam entwickelte sich seine Position zu echter Arbeit! Dadurch wuchs seine Begeisterung für eben jene natürlich beträchtlich, sie verdoppelte, verdreifachte sich beinahe. Zu dumm nur dass das mehrfache von nichts dem Anfangswert so gut wie gleich war. Dementsprechend hatte sich an dem Gleichmut nichts geändert, mit dem er seine Begrüsungsformel sprach:"Salve, dies ist die Casa Accia Ducciaque, was kann ich für dich tun?"

    Arsineo atmete erleichtert auf, als Stesichoros wie gewohnt einfach die Tür aufhielt. Lucia konnte also aus der Sänfte aussteigen und wie eigenltich immer einfach eintreten. Lediglich die Tatsache, dass sie ins Atrium geführt wurde und nicht einfach irgendwohin gehen konnte, sei es ihr Zimmer (ob sie dieses Zimmer überhaupt noch ihr Zimmer nennen konnte?), das Triclinium oder sonst wo, störte die Illusion des normalen "nach Hausekommens".


    Sobald sie im Haus war sah sich Lucia neugierig um. Hatte ihr Bruder irgendetwas geändert seit sie weg war? Ob er zumindest ihre Arbeit daheim vermisste? Mit klopfendem Herzen betrat sie das Atrium. War er schon da?