Beiträge von Tiberia Lucia

    Wie sollte sie sich verhalten? Sollte sie an ihrer eigenen Haustür klopfen lassen? Da ging Lucia derart gegen den Strich, dass sich ihre Nackenhaare aufstellten, wenn sie nur daran dachte. Aber sie wohnte nicht mehr hier. Sie würde wohl klopfen müssen… Sie presste die Zähne zusammen. „Arsinoe, mach dass die Tür offen ist, wenn ich dort ankomme.“ So konnte sie es sich zumindest einbilden, dass sie wie so häufig von einem Thermenbesuch oder einer Freundin heimkam. Sie würde noch einen Moment hier in der Sänfte sitzen und sich sammeln, dann konnte sie sich ihrem Bruder stellen und versuchen das alles wieder zu kitten.


    Die junge Sklavin nickte gehorsam und eilte voran zur Tür. Sie klopfte laut und murmelte verhalten: „Mach schon! Beweg deinen Hintern Stesichoros!“ Sie kannte den Türsklaven ganz gut, hatte sie doch früher häufiger bei ihm Halt gemacht, um ein wenig mit ihm zu tratschen und so ganz nebenbei den einen oder anderen interessanten Besucher vom Dominus zu erfahren.

    „Der muss für seine schwangere Herrin Erdbeeren besorgen. Sie hat ihm mit der Peitsch gedroht, wenn er ohne zurückkommt.“ Sekunda schnaubte diesmal tatsächlich beinahe amüsiert. „Dann wird er seine Herrin erst nächstes Jahr wiedersehen!“ Lucia grinste breit.


    Sie hatten noch Zeit sich zu fast jedem Mitwartenden eine Geschichte auszudenken, ehe die Menge unvermittelt in Bewegung geriet. „Die Tore haben sich geöffnet.“, kommentierte Sekunda nach einigen bangen Herzschlägen für ihre Herrin. Diese hatte sich grade so davon abhalten können sich selbst nach den Geschehnissen zu recken. Und? Und?!


    Als Vala dann endlich selbst heraustrat, wartete eine strahlende Lucia auf ihn. Er hatte es tatsächlich geschafft! Trotz des ganzen Gegenwindes hatten sie es geschafft! Das erste, was Lucia empfunden hatte war unendliche Erleichterung und sie war ganz dankbar, dass Vala sie nicht mit diesem Ausdruck angetroffen hatte. Das hätte ihm doch nur zu deutlich die Zweifel gezeigt, die sie gehabt hatte. Jetzt war sie einfach nur noch froh und wartete ungeduldig, dass sich ihr Mann auch endlich mal ihr zuwandte.


    „Ja!“, bestätigte Lucia mit einem freudigen Leuchten in den Augen und musste sich ihrerseits zurückhalten Vala nicht einen Kuss auf die Wange zu drücken. „Ich gratuliere dir!“, beglückwünschte sie ihren Mann von Herzen. Ihre Finger kribbelten, sie wollte ihn so gerne ebenfalls anfassen. Sie wollte der Freude noch irgendwie anders Ausdruck verleihen, als nur durch banale Worte. Aber das ging grade nicht, Lucia reiß dich zusammen!

    Ein neuer Brief von Avianus! Lucias Herz hüpfte ihr in der Kehle. Höchstwahrscheinlich hatte das Valas nerviger Schatten wieder mitbekommen. Sie hatte sich zwar dafür entschieden sich das Vergnügen dieser Briefe keinesfalls nehmen zu lassen, aber jetzt hatten sie so eine verbotene Note... Es machte sie eigentlich nur noch interessanter! Bis jetzt bestand der Reiz dieser Korrespondenz in den Sticheleien und dem unorthodoxen Gegenüber. Jetzt hatte sie einen anscheinend eifersüchtigen Ehemann (ja, man konnte sich die Realität ein wenig zurechtbiegen, wenn man es nur stark genug versuchte), der befürchtete sie würde ihn mit einem Soldaten betrügen. Unterschätzte sie die Gefahr? Vielleicht. Aber wirklich Gedanken machte sich Lucia aktuell nicht. Sie las lieber die neue Epistel ihres "Lieblings-Optios".


    Er erzählte so wenig von seiner Arbeit, Lucia wollte mehr hören. In einem früheren Brief hatte er Mord und Totschlag angedeutet und sie hatte gehofft mehr zu hören... sie sollte versuche im nächsten Brief genauer nachzufragen! Ja, das wollte sie tun! Lucia nickte sich selbst zu und las weiter. "Eine atemberaubende Liebesgeschichte, ja klar!", murmelte sie spöttisch, aber von was für einem Gerede sprach er da? Das sollte sie wohl auch versuchen genauer zu erfahren! Der nächste Absatz ließ Lucia zufrieden nicken, genau das hatte sie erwartet. Das mit ihren Haaren war also nur ein Missverständnis – gut. Eine Phalera? Sollte Lucia wissen was das ist? Vermutlich... Aber sie hatte keine Ahnung, Avianus schrieb ja weiter, dass es eine kleine Auszeichnung war... gut für ihn. Zu guter Letzt blieben Lucias Augen an der Grußformel am Ende hängen "Cura ut valeas", murmelte sie diesmal verwundert. Was dachte sich dieser Optio? Der wurde ja immer vertrauter! Nachdenklich legte Lucia den Brief beiseite und biss sich auf die Lippe. Das sollte Vala lieber nicht mitbekommen... genau wie die Briefe... ob es irgendeine Möglichkeit gab den Postsklaven auf ihre Seite zu ziehen?

    Obwohl es nur eine kurze Notiz war, hatte die Verfasserin doch ungeheuer lange an dieser gesessen. Mal hatte sie hier ein Wort ausgebessert, mal dort eine Formulierung geändert und dann doch wieder alles verworfen. Sollte es besser ein Brief oder eine Tabula sein, damit der Notiz nicht zu viel Bedeutung beigemessen wurde? Es war der Versuch den Kontakt wiederherzustellen und doch sollte es nicht allzu sehr danach aussehen. Ein schier unmögliches Unterfangen, dessen von Lucia selbst geschriebenes Ergebnis nun von Arsinoe in die Villa Tiberia getragen und direkt dem Postsklaven übergeben wurde.



    Mein lieber Bruder,


    ich möchte dir hiermit von Herzen zu deinem Wahlsieg gratulieren!
    Diesmal wirst du einer der Tresviri Capitales, da bin ich mir sicher.
    Vielleicht können wir ja irgendwann gemeinsam auf deinen Erfolg anstoßen?


    Deine Lucia


    Ad Aulus Iunius Avianus
    Cohors XII Centuria III
    Cohortes Urbanae - Castra Praetoria
    Roma, Italia


    Salve Avianus


    Ich will mal so nett sein und mich dafür entschuldigen, wie lange du auf diesen Brief warten musstest. Es ist unglaublich, wie schnell man sein langweiliges Dasein vermisst, sobald man viel zu viel zu tun hat. In meinem Leben scheint es einfach kein normales Mittelmaß zu geben, ich springe von einem Extrem in das andere und am Ende fürchte ich wieder zurück.


    Aber alles eins nach dem anderen. Es ist einiges vorgefallen, das ich dir berichten möchte, und in deinem letzten Brief hast du auch noch einiges geschrieben, welches eines Kommentars bedarf.


    Zunächst möchte ich klarstellen, dass eine Tiberia es nicht nötig hat die Einzige oder die Erste zu sein. Denn egal wer deine ominöse andere Briefeschreiberin sein sollte, sie schafft es sicher nicht mal im Ansatz an meine Briefe heranzukommen. Denn eines ist eine Tiberia immer: Die Beste!


    Desweiteren hoffe ich doch, dass du inzwischen deinen Wettgewinn einsammeln konntest. Er sollte deine immensen Unkosten, in die du dich meinetwegen stürzt, doch zumindest einigermaßen begleichen. Sollte das nicht der Fall sein, gib mir bitte Bescheid. Fortuna war wieder gnädig und ich denke ich kann ein Bisschen auf das Vergnügen deiner Briefe verwenden. Das dürfte auch deine Frage bezüglich der unterschiedlichen Aufgaben von der Kette für den undankbaren Cato und den zugehörigen Brief an dich beantworten. Auch wenn ich nicht so ganz glauben kann, dass ein Soldatenherz so leicht zu beschädigen wäre.


    Eine Sache könnte deinem armen Herzen und auch dem ganzen Rest von dir durchaus gefährlich werden. Du erinnerst dich vielleicht nicht an meine ständige Begleiterin und Leibsklavin, die gute alte Sekunda, aber das solltest du lieber. Zu deinem Wohl hab ich ihr den Absatz mit dem zu wechselnden Friseur verschwiegen und ich bitte dich inständig diesen Kommentar noch einmal zu überdenken. Sekunda ist sehr stolz auf ihr Können und mag es gar nicht wenn unkundige Personen sich eine ignorante Meinung erlauben.


    Da jetzt das alles gesagt ist fahre ich mit meinen Neuigkeiten fort. Du wirst inzwischen vermutlich mitbekommen haben, wer mein Ehemann ist. Ich kann mir nämlich kaum vorstellen, dass der Wahlkampf der letzten Wochen an euch Soldaten unbemerkt vorübergegangen ist. Doch wenn du wieder erwarten immer noch ahnungslos bist, gebe ich dir hiermit einen Hinweis: Ich bin nun die Ehefrau eines Consuls.


    Die andere große Neuigkeit habe ich vorhin schon erwähnt, aber ich bin mir nicht sicher, ob es dir wirklich bewusst geworden ist: Ich habe abermals in der Lotterie gewonnen. Der Gewinn ist zwar um einiges kleiner als die beiden vorherigen, aber ich möchte mich eigentlich nicht beschweren. Ich finde es nur seltsam, dass man tatsächlich von seinem Glück satt werden kann. Ich erinnere mich noch an die übermäßige Freude meines ersten Glückslos, da kann das verwunderte und eher zufriedene Gefühl vom letzten Gewinn einfach nicht mithalten. Wie seltsam das Leben doch ist.


    Ich freue mich schon jetzt auf deine Antwort und hoffe, dass du nicht mit einer ähnlich langen Wartezeit Rache an mir nimmst.


    Vale bene
    Lucia


    PS. Die Dienstzeiten deiner drei Kollegen würden mich tatsächlich interessieren.

    Das Beste was man tun konnte, wen man wartete ist nicht daran zu denken worauf man wartete. Die Zeit verging dann viel schneller und war auch nicht vollkommen an die alleinige Absicht des Wartens verschwendet. Das mochte an sich ganz einfach klingen, doch die eigenen Gedanken waren Verräter. Sie wanderten immer und immer wieder zu dem gleichen Thema zurück, wenn man sie nicht konstant beschäftigt hielt.


    „Der Mann dort, er hatte einen Streit mit seiner Frau, den sie ihm noch nicht vergeben hat.“ „Woran erkennst du das Domina?“ Lucia schmunzelte, das Spiel gefiel ihr. Sich Geschichten über die vorbeieilenden Menschen auszudenken war abwechslungsreich und es gab immer neuen Nachschub. „Eine liebende Frau hätte ihn sicher nicht so aus dem Haus gelassen. Sieh dir nur seine Haare an, die stehen hinten ja in alle Richtungen ab!“ „In der Tat und seine Tunika ist fleckig.“ Wenn Lucia das Spiel Freude bereitete, wer war Sekunda ihre Ablenkung zu verderben. Sie glaubte zwar eher, dass der Mann keine andere Tunika hatte und seine Haare konnten allein durch ein einmaliges durchfahren in diese Form gelangen. Aber wie gesagt… „Und der Mann dort drüben?“, fragte sie also scheinbar neugierig nach und wies möglichst unauffällig auf einen quer über den Platz hetzenden Mann. Lucia betrachtete ihn und runzelte nachdenklich die Stirn.

    So wirklich wurde Lucia aus dem Mann nicht schlau. Ihr kam gar nicht in den Sinn, dass man(n) sie als Frau nicht ernst genug nehmen könnte, also glaubte sie dass ihr Gegenüber wohl eine gewisse Seltsamkeit aufwies, die wohl zwangsläufig mit dem Alter kam. „Ich dachte, den hätte ich schon?“, fragte sie ebenfalls grinsend nach. Immerhin war das hier schon das zweite Mal… das gab es sicher nicht so häufig, da war ein Stammplatz ja wohl das Minimum. :D


    Ihr Los war abgelaufen? Lucia gab ein überraschtes „Oh?“ von sich und blickte ihrerseits nochmal auf das Ticket. Tatsächlich. „Ja bitte. Man muss Fortuna schließlich auch die Gelegenheit geben einem etwas Gutes zu tun.“

    Das meinte er nicht? Lucias Verwirrung stieg. Jetzt hatte Vala eindeutig ihre ganze Aufmerksamkeit. Ja, von der Jubiläumsziehung glaubte sie gehört zu haben, aber… „Schon wieder!?“, platze sie heraus und bekam große Augen. Hätte sie grade getrunken, sie hätte Vala mit Sicherheit angeprustet – was zu der Situation auch bessergepasst hätte. So konnte sie ihre Überraschung kaum angemessen Ausdruck verleihen. Sie riss Vala die Tabula aus den Händen, um sich selbst zu überzeugen. Da stand es schwarz auf weiß… naja, eher eingekratzt. 5000. Naja, nicht so viel wie die letzten Male… „Oh weh!“, kommentierte Lucia ihre eigenen Gedanken und versuchte das in ihr aufsteigende Kichern zu unterdrücken. Ja, ist das denn die Möglichkeit wie verwöhnt sie von ihrem Glück schon war! Und nein, das Kichern wollte raus und es klang eindeutig albern. Sie legte die Tabula auf den Tisch und hob ratlos die Schultern. „Weder das eine noch das andere.“, wollte sie Vala versichern, doch so wirklich überzeugend klang das Ganze wegen ihres Kicherns nicht wirklich. „Ich glaub Fortuna liebt mich einfach.“

    Eine alte Dame wackelte langsam vor der Basilica entlang. Sie betrachtete das ganze Treiben und schien dann auch gleich weiter zu wollen, da kam eine mindestens genauso alte Frau auf sie zu und sprach erfreut: „Ach, Urgulania, bist du’s wirklich? Man hat dich ja schon ewig nicht mehr gesehen!“ Urgulania legte eine Hand ans Ohr und fragte: „Bitte?“ „EWIG NICHT MEHR GESEHEN!“ „Jaja. Schön dich mal wiederzusehen, Tertullina!“ Die Frauen umarmten sich umständlich. „Aber was machst du denn hier?“ „Bitte?“ „WAS MACHST DU HIER?“ „Ah, jaja, ich komm grad vom Arzt dem alten Quacksalber.“ „Ohweh, hast du was Schlimmes?“ „Bitte?“ „IST ES SCHLIMM?“ „Jaja, ich hab es doch so in den Gelenken. Man wird auch nicht jünger.“ „Das ist wahr.“ „Jaja“ Ein langes Schweigen folgte, in dem die Frauen gemeinsam dem lauten Treiben zusahen. „Ich wollte übrigens Quadratilla auf dem Friedhof besuchen.“ „Bitte?“ „ICH WOLLTE QUATRATILLA BESUCHEN!“ „Ah, jaja. Wollt ich auch mal wieder.“ „Ja aber ich hab ihr Grab nicht wiedergefunden!“ „Bitte!?“, diesmal klang die Nachfrage entsetzt.. „ICH HAB IHR…“ „Ich hab dich schon verstanden, du brauchst nicht so schreien! Ihr Grab ist doch gleich am Hauptweg.“ „Wo?“ „AM HAUPTWEG! Tertullina, du solltest wegen deinen Ohren mal zum Arzt gehen!“ „Hmpf.“ Wieder folgte ein langes Schweigen, während dem Urgulania die Menschen auf der Treppe der Basilica musterte und Tertullina einem der Schreier bei seiner Arbeit zusah.


    „WÄHLT TITUS DUCCIUS VALA!“


    „Dich hackt’s wohl, Sklave!“ Urgulania blickte den jungen Mann entsetzt an. „Aber, aber! Das gute Essen! Beherrschung, junger Mann!“, verlangte die alte Frau und ihre Freundin drehte sich neugierig zu der Szene um. „Ach was, so ein Kohlkopf verdirbt nicht so leicht, nicht wahr junger Mann?“ Man konnte deutlich das Funkeln in den Augen der beiden alten Frauen erkennen, das alle alten Menschen bekamen wenn sich ihnen die Möglichkeit bot die jüngere Generation zu belehren. „Ach, jaja, dennoch sollte man mit Essen nicht so umgehen! Wenn wir damals so sorglos gewesen wären, hach!“

    Eigentlich gab es ja tausend Dinge, die Lucia grade gerne gesagt hätte. Sie kam nun mal ins Plappern, wenn sie müde war und das schien in letzter Zeit ein Dauerzustand zu sein. Aber es waren ja nicht nur unbedeutende Dinge, die sie herausposaunen wollte, nein! Sie wollte Vala einiges Fragen, mit ihm Ausgaben absprechen und - ja, das doch auch -ihm das eine oder andere erzählen. Doch die morgendliche Ruhe war grad einfach zu angenehm. So dringend waren die Themen auch wieder nicht und ihre Neugierde konnte Lucia, auch wenn es ihr schwer fiel, noch zügeln. Da brach doch tatsächlich Vala das Schweigen. Ein weiterer kleiner Gewinn? Lucia wollte nicht zu verwöhnt erscheinen, aber so wirklich vom Hocker haute sie das nicht. „Ach, wie nett.“, kommentierte sie also leicht abwesend, den Blick auf Calenas schlichte Vase gerichtet. Vielleicht sollte sie die Dekoration an diesem Ort zyklisch wechseln lassen, das wäre doch bestimmt auch ganz schön. Was wiederholte sich Vala denn da? Natürlich hatte sie im Lotto gewonnen: Zusammen mit ihm einen kleinen Gewinn. „Das hast du doch eben schon gesagt“, wunderte sie sich und drehte ihren Kopf nun endlich Vala zu. Was starrte er denn so?

    „Ich denke mir reicht jetzt erstmal dieses Ticket hier“, lachte Lucia und tippte auf ihre Wettbescheinigung, die auf dem Tisch lag. Der Gedanke nochmal zu gewinnen klang einfach absurd. So sehr konnte Fortuna sie doch gar nicht lieben, oder? Naja, vielleicht wen sie ihr ein Dankesopfer darbrachte… Aber Lucia wollte grade in dieser Situation nur ungern gierig sein. Sie hatte doch jetzt schon so viel Glück gehabt. Dass allein schon ihre zwei Gewinne für manche äußerst suspekt aussahen und was da ein dritter Gewinn draus machen würde… daran dachte Lucia ehrlichgesagt überhaupt nicht.


    Entweder hatte er nicht bemerkt, dass sie ihn necken wollte, oder er nahm es außergewöhnlich gut auf. Lucia ging einfach mal ganz positiv von Letzterem aus. „Da mich Fortuna ganz offensichtlich lieber hat als Armor, laufe ich wohl kaum Gefahr zu hungern.“, schaffte sie doch tatsächlich noch eine schlagfertige Antwort aus dem Ärmel zu schütteln. Langsam wurde Lucia besser, was das anging. Da hatte das beständige Üben mit Avianus hier am Tor wohl schon Früchte getragen.

    Da war also der Ausgleich zu dieser Ungeschicklichkeit! Anscheinend konnte diese – wie hieß sie nochmal? – ganz unterhaltsam und verschwiegen sein. Das waren wieder Qualitäten, die Lucia zu schätzen wusste. Die Treue eines Sklaven konnte den Unterschied machen, ob nun eine brisante Kleinigkeit nach draußen drang oder nicht. Lucia nickte also verstehend und betrachtete das Thema für sich als abgeschlossen.


    Ouh, mehr davon! Das, wie es später mal heißen würde, ‚Fishing for Compliments‘ hatte doch tatsächlich Früchte getragen. Aurelia nannte sie bescheiden und bestand zugleich darauf das Kompliment anzunehmen. Nur zu gerne! Lucias Lächeln wurde ein breites Grinsen. „Da magst du recht haben.“, bestätigte sie ihre Gesprächspartnerin und blinzelte ihr verschwörerisch zu. Natürlich standen fast alle Männer unter dem Pantoffel! Nur leider war es bei ihrer eigenen Ehe wohl noch nicht so weit. So langsam bekam sie aber Lust ihr Glück zu versuchen. Immerhin hatte sie das gesamte letzte Jahr darauf verwendet an ihrem Bruder zu üben. Nicht grade mit dem größten Erfolg, aber bei ihm konnte sie ja auch eine ganz spezielle Waffe nicht anwenden… Einen Versuch war es auf jeden Fall wert!


    Ouh, Bekannte von Vala? Da wusste Lucia noch nicht wirklich bescheid. Sie ahnte zwar inzwischen ein paar seiner Kontakte, wenn manche Namen beispielsweise häufiger fielen als andere, aber ganz sicher war sie sich nur bei eigenen Bekannten und einen Aurelius Lupus kannte sie eindeutig nicht. Zum Glück redete Aurelia aber so lange weiter, bis Lucia auf einen ganz anderen Teil ihrer Aussage eingehen konnte. „Aber ich bitte dich!“, entgegnete sie also mit einem milden Schmunzeln. „Als ob uns die Politik der Männer vorschreiben könnte, mit wem wir zu tun haben wollen und mit wem nicht.“ Lucias Hand berührte die Aurelias auf ihrem Unterarm sachte wie ein Schmetterling, der auch sofort wieder wegflatterte. „Und selbst wenn beide Konsul werden möchten: Es gibt doch immer zwei von der Sorte.“ Damit war das Problem wohl gründlichst aus der Welt geschafft, oder?


    Die nächste Frage konnte Lucia wohl kaum umgehen, ohne es so aussehen zu lassen, als ob sie sich für die Herkunft ihres Gatten schämte. Denn herausfinden, dass Vala ein Homo Novus aus Germanien ist, würde Aurelia in Sekunden, wenn sie sich nach ihm erkundigte. Es blieb also nicht viel anderes als die Wahrheit. Dabei fiel Lucia auf, dass sie garnicht so genau wusste, woher er jetzt genau kam. Sie hatte auch noch nie nachgefragt, sie hatte nur selbst immer mal wieder gehört, dass Vala eben ein Germane war… Damit musste sie wohl bei einer sehr ungenauen Ortsangabe bleiben: „Er kommt aus der Provincia Germania, lebt aber schon eine ganze Weile hier in Rom.“ Nun gut, den zweiten Teil hätte sie jetzt nicht unbedingt hinzufügen brauchen, aber irgendwie fühlte ich Lucia im ersten Moment besser damit. „Und an den Geruch gewöhnst du dich ganz schnell. Du musst nur wissen, welche Ecken du im Sommer besser meiden solltest. Aber jetzt kommt ja eh erst der Winter.“ Irgendwie war Lucia aus der Bahn geworfen. Sie wollte gerne noch mehr über Vala erzählen, um Aurelia zu versichern, dass er ein gesitteter römischer Bürger war. Aber alles was sie jetzt noch hinzufügte, würde sich wieder so anhören als schämte sie sich dafür. Nein, Lucia musste mühsam den Mund halten und auf eine unbekümmerte Reaktion Seitens Aurelia hoffen.

    Nie hätte es sich Lucia träumen lassen von Sergia Fausta Mitgefühl zu erfahren, dass auch noch ehrlich auf sie wirkte. Doch der erste Satz ließ Lucia tatsächlich hoffen. Ein wenig Zuspruch konnte sie grade gut gebrauchen. Zwar machte sich Sergia ihren ganz eigenen Reim auf die ihr präsentierten Tatsachen, doch zu diesem Zeitpunkt lag es Lucia noch unendlich fern den tatsächlichen Grund mit einer beinahe Fremden zu teilen – sprach sie doch nicht mal mit ihren Freundinnen darüber. Wenig wusste auch Lucia, dass Sergia auf eben jener Hochzeit tanzen würde und ihr ein so nettes Geschenk machen würde. So oder so erfüllte Sergia ihr sogar den unausgesprochenen Wunsch nach Trost. Sie lächelte ehrlich dankbar. „Wollen wir es hoffen!“ Zu diesem Zeitpunkt sehnte sich Lucia noch danach - man sollte wirklich aufpassen was man sich wünschte!


    Tatsächlich bekam Lucia sogar ihre kleine Klatschgeschichte. Es hätte sie aber auch verwundert, wenn Fausta nach der Streicheleinheit für ihr Ego abgelehnt hätte. Dummerweise erinnerte Sergia Lucia gleich zu Beginn an ihr eher negatives erstes Treffen. Beinahe hatte sich Lucia schon dem Glauben hingeben können es hier mit einer Freundin zu tun zu haben, doch jetzt wurde sie sich wieder voll bewusst, wem sie hier gegenüber saß. Ähnlich unversöhnlich wie schon in den Thermen sprach sie von Quintilia und brachte Lucia mit dieser Geschichte dennoch zum Staunen. Das in Lucias Erinnerung eher schüchterne Mädchen hatte was getan? Mit leicht geöffnetem Mund folgte Lucia Faustas Geschichte und stieß gegen Ende ein baffes „Puh!“ aus. Da sie diese Sache jedoch wohl kaum persönlich betraf, konnte Lucia sie aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten als es Sergia möglich war und sie begann zu kichern. „Ich glaube kaum, dass dein arme Vetter Helvetius sich groß gewehrt hat. Die Stimmung auf deiner Hochzeit war doch ziemlich… ermunternd und deine Mittelchen taten ihr übriges.“ Lucia konnte es sich aufgrund ihrer äußerst begrenzten Erfahrung auch kaum vorstellen, dass so etwas nicht von beiden Seiten ausging. Da erinnerte Sergia an das schlechte Nachspiel, was die ganze Sache hatte und Lucia versuchte ihre nun wohl unangemessene Heiterkeit ein wenig zu zügeln. „Aber die Germanicer werden doch wohl kaum dir und Dives Vorwürfe deswegen machen!“, brachte sie ihre Verwunderung zum Ausdruck. „Ich bin mir sicher, das fürchtest du nur!“, versuchte Lucia nun ihrerseits ihre Gegenüber zu beruhigen.

    Ein glücklich Verheirateter? Behauptete er das jetzt nur oder war er es wirklich? Nein, er schien es tatsächlich ernst zu meinen. In ihrer Freude ob ihres abermaligen Gewinns wollte Lucia das auch nur zu gerne glauben. „Vielleicht wird sich ja auch mein Glück noch wandeln. Aber für den Moment werde ich mich wohl mit dem Geld zufriedengeben müssen.“ Immerhin verschaffte ihr das Geld die Möglichkeit das Glück in ihrer Familie, zumindest was die Beziehung mit ihrem Bruder anging, wiederherzustellen. Das war ja auch nicht das Schlechteste.


    Einkaufen war einfach eine schöne Sache, aber das musste sie hier wohl nicht nochmal wiederholen. Vorher sollte sie ohnehin besser die Ehre ihres Bruders verteidigen. Der Mann hatte eine komische Art Beinahe-Beleidigungen auszusprechen. Grade eben das mit der Liebe und dem Geld hätte Lucia schon leicht als Kritik an ihrer Situation auffassen können. Jetzt beleidigte er ihren Stand, aber irgendwie nur die Männer, so dass sie ihm nicht wirklich böse sein konnte, oder? Ein wenig schon. Seltsam fand sie es aber allemal, dass er einfach so offen sprach. „Ich bin mir sicher, er wird sich freuen!“, sie klang nicht mehr ganz so gelöst, eher ein wenig defensiv. Immerhin hatte er sie auch grade darauf hingewiesen, wo ihr Platz war – oder verstand sie das falsch? Der Mann war verwirrend!


    Das mit dem Mann und seinen Kindern war wirklich kein schönes Thema, so dass sich Lucia gerne auf ihre Bibliothek ablenken ließ. „Du wirst es wahrscheinlich schon ahnen: Ich mag vor allem die Liebesgeschichten. Aber von Catull und Ovid hab ich beinahe alles, was es von ihnen gibt.“ Da fielen ihr doch glatt ein paar Zeilen ein, mit denen sie den alten Mann vielleicht ein wenig ärgern konnte. „Eines meiner Lieblingsgedichte beginnt so: Vivamus, mea Lesbia, atque amemus, // rumoresque senum severiorum // omnes unius aestimemus assis.* Kennst du das zufälliger Weise?“ Sie blinzelte ihren Gegenüber mit einem frechen Grinsen an.


    Sim-Off:

    * Lass uns leben, mein Mädchen, und uns lieben, // Und der mürrischen Alten üble Reden // Auch nicht höher als einen Pfennig achten.

    Zwei ganze Jahre schon? Im Ernst, zwei Jahre? Das warf Lucias Theorie ohne großes Federlesen über den Haufen. Vielleicht war die Sklavin einfach nur unfähig? Oder war es am Ende Absicht? Das konnte Lucia kaum glauben und ehe sie diesen Gedanken weiterführen konnte eröffnete Aurelia, dass sie in einem Castellum gewohnt hatte. Zwar fügte sie sofort an, dass es wie in einem Gefängnis war, doch für Lucia hörte sich das unglaublich spannend an. Das musste sie sich merken und später unbedingt nochmal nachfragen! Wie wohnte man als Frau im Castellum? Konnte man da den Soldaten bei ihren Übungen zusehen? Das war für Lucia komplett unbekanntes Terrain und sie hätte gerne gleich nachgefragt, aber sie musste sich beherrschen, das gehörte sich einfach nicht. „Ja, sie ist schon nett anzusehen.“, gab sie also Aurelia bezüglich ihrer Sklavin recht. Sie verstand zwar selbst nicht so genau, warum das so wichtig war wenn sie sonst nichts konnte, aber für Aurelia schien es zu reichen. „Hat sie denn eine Ausbildung?“, fragte Lucia dennoch nach. Es konnte ja sein, dass die Sklavin eine wunderbare Sängerin war, so dass man beim Rest ein Auge zudrückte. Wobei Lucia sie dann nicht als Leibsklavin einsetzen würde.


    Sekundas Geschichte war sogar für Lucia neu. Hatte sie das wirklich getan? Sie konnte sich nicht wirklich daran erinnern, aber wenn Sekunda es sagte, musste es wohl stimmen. Sie lächelte schief. Zum Glück hatte diese unbedachte kindliche Aktion keine Auswirkungen auf ihre Zähne jetzt gehabt. So eine Zahnlücke hätte ihrem Lächeln eindeutig geschadet. Aurelia berührte Lucia und bescheinigte ihr ein mutiges Herz. „Ach, das war doch nur kindlicher Leichtsinn.“, winkte sie bescheiden ab, aber ihr Gesichtsausdruck zeigte eindeutig wie geschmeichelt sie war.


    „Oh? Dann Willkommen in der wohl großartigsten und gleichzeitig schrecklichsten Stadt der Welt!“, begrüßte Lucia ihre Gegenüber mit einem Augenzwinkern. Sie tat das hauptsächlich um sich ein wenig Zeit zu verschaffen, damit sie angemessen auf all diese neugierigen Fragen reagieren konnte. Es ging Aurelia nämlich nichts an, dass Lucia über diese Ehe noch immer nicht so wirklich glücklich war. „Ja, ich bin seit kurzem mit Titus Duccius Vala verheiratet.“, bestätigte sie also mit einem möglichst glücklichen Lächeln. „Wir wohnen auf dem Esquilin. Mein Mann ist Senator und möchte nun Konsul werden. Du wirst also sicher bald von ihm hören.“ Ein Déjà-vu, das war eindeutig ein Déjà-vu. Hatte sie nicht auch vor einer halben Ewigkeit ihren Bruder so der Sergia vorgestellt, als diese meinte noch nie etwas von Lucius Tiberius Lepidus gehört zu haben? Lucia versuchte das seltsame Gefühl das diese Wiederholung der Ereignisse verschaffte abzuschütteln.


    Sim-Off:

    Ja, da war wohl etwas durcheinandergeraten :D

    Calena lachte, da musste Lucia einfach erleichtert miteinstimmen. Sie war beruhigt, dass sie nicht die einzige war der das Temperament mal durchging. Im Nachhinein hatte sie sich beinahe geschämt die Vase und auch noch das Glas kaputt gemacht zu haben, doch jetzt kam es ihr eindeutig wie die bessere Alternative vor. Calena hatte das einfach wunderbar ausgedrückt: Das Zerbrechen einer Vase war befreiend.


    Eigentlich sollte man es sich bei einem Gespräch bequem machen, doch Lucia war dafür zu aufgeregt. Sie hockte auf der Stuhlkante, wibbelte mit den Füßen und schien insgesamt unter Strom zu stehen.
    „Also… ich glaube ich sollte dir erst erzählen, dass ich aus Spaß ein paar Briefe an einen Soldaten geschrieben habe. Ist eine lange Geschichte, wie es dazu gekommen ist… Erzähl ich dir später genauer.“
    Lucia lächelte schief.
    „Vala hat das jetzt mitbekommen und sehr seltsam reagiert. Er hat mich eines Morgens am Frühstückstisch ganz unschuldig danach gefragt, wem ich da denn schreibe. Ich hatte irgendwie sofort ein komisches Gefühl dabei, er war so… auffällig uninteressiert. Ich meinte dann, dass es nur ein Bekannter war und er gab sich zunächst auch damit zufrieden. Er teilte mir mit, dass er sich zum Konsul wählen lassen wollte und dann kam das Komische.“
    Kurz zögerte Lucia, sie wollte es gerne so genau wiederholen, wie ihr nur möglich war, denn vorallem die erste Antwort von Valas Leibsklaven hatte sie so zum grübeln gebracht.
    „Er wandte sich plötzlich an seinen Sklaven und fragte ihn was mit der Ehefrau von irgendeinem Politiker wurde. Der Sklave sagte wörtlich: Lucia zögerte nochmal kurz. „Sie hat sich mit einem Liebhaber öffentlich erwischen lassen.“ Ja so hatte er das doch gesagt, oder? Schon wieder kam es in Lucia hoch, wie absurd diese indirekte Anschuldigung war. „Ich mein, das ist so lächerlich! Als ob ich je mit Avianus…“, ereiferte sie sich und schüttelte dann den Kopf.
    „Aber es ging noch weiter: Immer im Wechsel zwischen Vala und seinem Sklaven. Ich weiß nicht mehr den genauen Wortlaut, weil ich mich so aufgeregt hab über diese Anschuldigung. Das ist so… tsk! Auf jeden Fall machte er noch klar, dass sie die Karriere des Politikers beendete und dass der sie dafür ertränkte. Und zum Schluss nannte er – also Vala – sie noch eine unfähige Stümperin!“
    Soweit die Geschichte. Lucia musterte Calena und wartete gebannt auf eine Reaktion ihrerseits.

    Lucia versuchte sich ihre Irritation nicht anmerken zu lassen, aber sie fand Aurelias Einstellung zu Sklaven irgendwie seltsam. Es war jetzt nicht so, als ob Lucia eine Verfechterin dieses komischen christlichen Glaubens, von wegen alle wären gleich, wäre. Aber es war doch logisch dass neue Sklaven keinen so guten Dienst leisten konnten, wie schon länger eingearbeitete. Gut, zu Sekunda hatte Lucia wirklich ein starkes persönliches Band und sie würde sie sicher auch noch im Haus behalten wenn die alte Frau bettlägerig war. Aber wenn man zum Beispiel Arsinoe, die junge Gehilfin von Sekunda, nahm: Am Anfang hatte sie sich zwar bemüht, aber besonders geschickt war sie nicht gewesen. Jetzt, zwei Jahre später, könnte sich Lucia sie schon als gute Nachfolgerin für Sekunda vorstellen. Wie gesagt: könnte, denn eine Welt ohne ihre liebe Sekunda wollte sich Lucia nicht wirklich vorstellen. Aber das alles war für ein erstes Gespräch einfach viel zu intim und zu belehrend, also beschränkte sich Lucia auf eine schlichte Erklärung: „Sie hat mich mit aufgezogen und ist meine engste Vertraute, natürlich meine ich es gut mit ihr.“


    Was für eine unsensible Schnepfe! Sekunda gab es zwar nicht gerne zu, aber das eine Mal war der Schmerz Absicht gewesen. Dennoch entschuldige sie sich natürlich wie bei jedem anderen Mal leise und fuhr mit ihrer Arbeit fort. Da dachte man als alte Frau man hätte schon alles Mögliche erlebt und würde sich bei allem unter Kontrolle haben, aber jeden Tag überraschten einen diese jungen Dinger aufs Neue. Leider war diese Überraschung nur selten positiv, was für eine Welt.


    „Wie lange hast du deine Leibsklavin denn schon in deinem Dienst?“, fragte Lucia neugierig nach. Vielleicht bestätigte sich ja jetzt sogar ihre Theorie, denn sie war felsenfest davon überzeugt, dass in den ersten drei Monaten solche Unfälle alltäglich waren.
    Ihre Versuche Aurelia abzulenken glückten viel zu gut. Jetzt wurde Sekunda neben ihrer Arbet auch och dazu aufgefordert eine peinliche Geschichte zu erzählen. Lucia zögerte, aber dann machte sie doch eine auffordernde Handbewegung. Ihre Leibsklavin würde sie wohl kaum absichtlich bis auf die Knochen blamieren, da war sich Lucia ziemlich sicher. Um den Rest Bedenken zu überspielen griff sie nach einer weiteren Frucht und knabberte etwas unruhig daran. Was Sekunda wohl wählen würde?


    Lucia hatte ihre Erlaubnis gegeben, da blieb Sekunda wohl nichts anderes übrig als ihr Gedächtnis nach einer amüsanten aber nicht allzu blamablen Geschichte zu durchforsten. Am besten waren wohl welche, wo Lucia noch ein kleines Kind war. Kurz brummte sie, dann fing sie aber endlich an zu reden: „Du warst damals noch ein kleines Kind, Domina, aber dein Bruder hatte grade seinen ersten Zahn verloren. Alle lobten ihn und meinten, was für ein großer Junge er doch jetzt wäre. Das muss dich wohl auf diese dumme Idee gebracht haben. Du hast dir ein Stück Schnur besorgt und einen Sklavenjungen, der etwa so alt war wie du dazu überredet ihn um deinen vorderen rechten Schneidezahn zu binden. Wir sind uns bis heute nicht sicher wie ihr Kinder es geschafft habt einen komplett gesunden Zahn herauszureißen. Nichtsdestotrotz standest du nur wenig später, komplett blutverschmiert und immernoch aus deiner neuen Zahnlücke blutend aber mit einem Strahlen vor deiner armen Mutter und hast verkündet, dass du jetzt auch ein großes Mädchen bist. Deine Mutter ist bei deinem Anblick beinahe in Ohnmacht gefallen.“ Der Sklavenjunge hatte für diese Aktion noch den Hintern versohlt bekommen, aber das wäre den Herrschaften eh egal gewesen, also ließ Lucia diesen Teil der Geschichte lieber weg. Auch waren die Hände der Aurelia jetzt fast sauber. Von irgendwem hatte Sekunda ein relativ sauberes Tuch bekommen, über das sie nun den Wein goss und damit die Handflächen abtupfte.