Lucia hatte die gesamte letzte Nacht kein Auge zugetan und das sah man ihr, trotz der Künste ihrer Leibsklavin beim Schminken leider auch an. Sie war ungesund blass, hatte Augenringe und blinzelte zu oft. Außerdem war der Saum ihres Kleides staubig, ebenso wie ihre Schuhe, etwas das einer Patrizierin eigentlich nie passierte, doch sie war offensichtlich hierher gelaufen.
Als sich die Tür öffnete und offensichtlich kein Ianitor, sondern ein Mitglied der Gens Iulia vor ihr stand, lächelte Lucia sie freundlich an. „Salve, meine Herrin…“, begann Arsinoe und wurde von Lucia unterbrochen, die ihr eine Hand auf die Schulter legte. „Salve, ich bin Tiberia Lucia und bin auf Einladung von Iulius Dives hier. Ich fürchte ich bin ein wenig zu früh…“ Sie hatte es tatsächlich daheim nicht mehr ausgehalten. Die innere Unruhe, die sie auch schon die ganze Nacht wachgehalten hatte, hatte die junge Frau dazu gebracht einfach mal loszugehen.
Beiträge von Tiberia Lucia
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Das musste ein Traum sein… Zumindest für einen Moment glaubte Lucia dies. Doch ihr war dieses Gefühl der Unwirklichkeit in letzter Zeit viel zu häufig passiert, als dass sie sich noch in diese Phantasie flüchten konnte. Bis jetzt war es immer ein sehr unpersönliches Gefühl gewesen, doch diesmal glaubte Lucia, ihr würde gleich schlecht werden. Ihr Bruder war ihr keine Hilfe, im Gegenteil. Sie war komplett auf sich gestellt. Sie musste unterschreiben, sie hatte keine andere Wahl, oder zumindest sah sie grade keine. Langsam wie ein Schlafwandler griff Lucia nach den Schreibutensilien und setzte dann hastig eine zittrige Unterschrift unter die Schenkungsurkunde. Sie legte den Stift keineswegs ordentlich zurück, sondern ließ ihn achtlos fallen, während sie sich ruckartig erhob. „Ich werde jetzt in mein Zimmer gehen.“, kündigte sie mit dünner Stimme an und drehte ihrem Bruder den Rücken zu. Vor den beiden Muskelprotzen blieb sie zögernd stehen. Würden sie sie durchlassen?
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Ich schließ mich den Glückwünschen noch arg verspätet an
Alles Gute zum Geburtstag! -
Zwei Tage vor dem Festtag des Salus stand Lucia leicht mitgenommen wirkend vor der Tür der Casa Iulia. Sie war hier, um Dives‘ Einladung wahrzunehmen. Seltsamerweise war die junge Patricia weder in einer Sänfte gekommen, noch hatte sie viele Sklaven als Begleitung. Lediglich Arsinoe, ihre junge Leibsklavin, war an ihrer Seite. Diese klopfte nun auch vernehmbar, nachdem sie Lucia fürsorglich eine Locke wieder festgesteckt hatte.
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Es brauchte nur fünf kleine Worte und die Hoffnung verabschiedete sich. Er bestand also darauf. Lucia hatte ja damit gerechnet, doch schön war es nicht auf diese Weise eine junge Sklavin geschenkt zu bekommen. Auf die nun folgenden Liebenswürdigkeiten war Lucia indes nicht vorbereitet gewesen. Sie hatte es zwar schon auf der Insel erlebt, dass Vala sehr charmant sein konnte, doch irgendwie vergaß man so eine Charaktereigenschaft, wenn man von jemand bedroht wurde. So absurd die Situation Lucia auch erschien, sie konnte nicht anders, als sich geschmeichelt fühlen. Sie wollte es nicht, es machte sie sogar ärgerlich, aber die Worte ließen sie eindeutig nicht unberührt. Dankenswerter Weise erinnerte sie Vala mit seiner Kompromisslosigkeit am Ende auch wieder eindeutig an die Situation und Lucia atmete hörbar aus.
„In dem Fall bleibt mir ja nur, mich für dieses“ Basiliskenei „wohlbedachte Geschenk zu bedanken. Ich bin mir sicher, die Sklavin wird meinen Alltag bereichern.“
Beim besten Willen schaffte sie es nicht mehr dazu zu sagen. Alle Worte, die ihr einfielen waren entweder bissig oder in zu eindeutiger Weise sarkastisch, dass sie es nicht wagte sie auszusprechen. Sie war ja schon stolz auf sich, dass sie eine neutrale Mine wahren konnte. Jetzt versuchte sie sich sogar an ihrem typischen nichtssagenden Lächeln, doch mehr als ein Zucken der Mundwinkel war ihr nicht möglich.
„Vielen Dank.“, beendete sie also das Eingeständnis sich eine Spionin in das eigene Heim zu holen. -
Lucia lächelte leicht gequält, bei der ironischen Bemerkung des Mannes, überging diese aber ansonsten. Auf die anderen Fragen ging sie aber recht gerne ein. Sie war es nicht gewohnt hier einen netten Plausch halten zu können und natürlich wollte sie auch gerne ein wenig angeben. „Du kennst doch sicher das Sprichwort ‚Pech im Spiel, Glück in der Liebe‘, oder? Anscheinend funktioniert das auch andersherum.“ Sie schüttelte mit einem beinahe selbstironischen Grinsen den Kopf, wischte sich eine freche Strähne aus dem Gesicht und versuchte das Thema dann mit einem Schulterzucken abzuschütteln. Denn darüber wollte sie wirklich nicht genauer reden.
„Der letzte Gewinn ist fast bis auf die letzte Sesterze ausgegeben, oder verplant.“, erzählte sie nun um einiges lieber. „Ich hatte ein paar nette Tage mit meinen Freundinnen und mein Kleiderschrank und meine kleine Bibliothek sind nun um einiges abwechslungsreicher. Ich hab so manches Schmuckstück erworben, was ich sonst nie angerührt hätte. Man sollte wirklich aufpassen, wann und wie man einkaufen geht. Im Freudentaumeln trifft man nicht seine besten Entscheidungen.“, sie lachte. „Aber ich freue mich auch darauf bald meinen Bruder mit einem großen Geschenk überraschen zu können.“, noch hoffte und wollte sie ja das Verhältnis zwischen ihnen mit dem Altar zu verbessern.
Die Geschichte mit den verhungernden Kindern, ließ Lucia große Augen bekommen. „Aber wie kann man denn so etwas machen?“, fragte sie entsetzt. Dass sie selbst nur dank ihres Glückes und aufgrund ihrer Stellung nicht in diese Gefahr geriet, war ihr nicht wirklich bewusst. „Wird er dafür irgendwie bestraft werden?“ Irgendwie hoffte Lucia das. Auch wenn es trauriger Alltag war, dass Menschen verhungerten, so direkt damit konfrontiert glaubte Lucia, dass so ein Verhalten doch schlimmere Konsequenzen haben musste als den Ausschluss vom Glücksspiel!
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Er wollte WAS!? Sie hatte ihm eben, in zugegeben kürzester Form, ihre Geschichte erzählt und ihr liebster Bruder wollte was von ihr!? Lucia guckte wie ein… man kann es nicht anders bezeichnen… Auto. Die Befürchtung, die eben nur kurz in ihrem Kopf herumgespukt war, hatte sich bestätigt. Sie war ihrem Bruder total egal. Mit leicht geöffnetem Mund lauschte sie Lepidus kleinem Monolog und konnte es einfach nicht fassen. Er erpresste sie tatsächlich. Man konnte es drehen und wenden wie man wollte, das war reinste Erpressung. Ihr Grundstück, ihre Altersversicherung, gegen ihre aktuelle Freiheit. Lucia sehnte mit plötzlicher Heftigkeit Sekunda an ihre Seite, doch die alte Sklavin war oben in Lucias Zimmer geblieben. Nur die beiden Herkulesse hatten Lucia zu ihrem Bruder begleitet. Sie sah sich nach hinten um und dort standen sie, bedrohlich vor der Tür aufgebaut versperrten sie ihr den Fluchtweg. Nein, Lepidus hatte eindeutig nur sein eigenes Wohl im Sinn. Das einzige, was ihn an ihrer bevorstehenden Hochzeit störte, war dass er keinen Vorteil daraus ziehen konnte. Es war wie ein Stich ins Herz. Bisher hatte sich Lucia immer zumindest vormachen können, dass sie ein familiäres Band verband. Das war jetzt wohl vorbei.
Der Monolog endete und Lucia starrte ihren Bruder nur fassungslos an. Sie versuchte zu schlucken, doch ihr Mund war mit einem Mal staubtrocken. „Mein Grundstück?“, presste sie irgendwann leise heraus. „Zum Wohle der Familie…“, wiederholte sie ebenso leise seine letzten Worte. Ja klar, der Familie… Sie sollte ihm ihr Grundstück auch noch schenken, keine Gegenleistung, kein nichts. „Das ist dein Ernst.“ Lucia selbst war sich nicht sicher, ob das eine Frage oder eine Feststellung war. Sie sah auf die Urkunde, wagte es jedoch nicht sieanzufassen. Dann blickte sie wieder ihren Bruder an und wusste nicht was sie sagen sollte.
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Irgendwie verstand Lucia, dass Sergia sich wegen der Geburt Gedanken machte, aber bis da war es doch noch so lange hin! Sie fand, jetzt war es eher Zeit dafür zu beten die Leibesfrucht nicht zu verlieren. Das schien auch die Sorge des Arztes zu sein, von dem ihr Sergia nun berichtete. Lucia konnte nicht anders als zu schmunzeln. So ernst und besorgt war Sergia ja beinahe sympathisch! „Bitte nicht, die Kissen sind neu!“, scherzte Lucia spontan, wollte aber nicht allzu unsensibel erscheinen und schob deshalb rasch hinterher: „Ich bin mir sicher, mit so einem starken Willen wie du ihn hast wirst du keine Probleme haben.“
„Ja, wenn man seine Jugend wohlbehütet in einer Villa Rustica verbringen muss, hat man wenige Gelegenheiten zu lernen, wo die eigenen Grenzen liegen.“, versuchte Lucia zu erklären. „Ich erinnere mich noch an einen höchst lustigen Brautzug in dem es vielen ähnlich wie mir zu gehen schien. Und ich erinnere mich an ein interessantes kleines Gespräch mit der Braut selbst und wie diese dann ziemlich glücklich mit ihrem frischangetrauten Gatten in dessen Haus verschwand.“ Jetzt müsste wohl eigentlich der Teil kommen, der Sergia besonders interessierte, doch Lucia hatte nicht vor ihr so leicht weitere Einzelheiten zu geben. Nur ein wenig andeuten, das konnte so schlimm nicht sein. Das Erlebte wollte irgendwem berichtet werden: „Danach klang die Feier noch äußerst angenehm aus.“ Lucia grinste zufrieden.
Arsinoe nickte offensichtlich erleichtert und trat in den Hintergrund. Hatte sie Sergia doch ein wenig anders in den Thermen erlebt. Diese Schwangerschaft musste die junge Frau echt weich machen. Nur wenig später kamen auch schon zwei weitere Sklaven. Einer servierte die gewünschten Getränke, während der andere eine Schale mit aufgeschnittenem Rosmarinbrot in der Mitte des Tisches stellte. Daneben kam eine Kanne mit Öl. Vor jeder der jungen Frauen wurde ein nierenförmiges Tellerchen mit Oliven platziert. Jemand hatte sich die Mühe gemacht die Oliven farblich zu sortieren, so dass auf der einen Seite hellgrüne Oliven lagen, die immer dunkler wurden, bis sie auf der anderen Seite des Schälchens beinahe schwarz waren. Bei Sergia begann dieser „Regenbogen“ jedoch erst bei deutlich dunkleren Oliven, so dass die Mehrheit dunkelgrün war. In ähnlicher Weise arrangierte Trauben von Trauben und aufgeschnittener Schafskäse komplettierten das Essensangebot.
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Er fragte nach. Natürlich fragte er nach! Welcher Mann würde nicht nachfragen, wenn ihn ein Begriff so um die Ohren gehauen wurde? Er fragte also nach, aber nicht einsichtig oder verständnisvoll oder in irgendeiner Weise mitfühlend. Nein, ihr liebster Herr Bruder redete mit ihr, als wäre sie völlig dämlich! Lucia war kurz davor wieder aufzuspringen und einfach rauszugehen. Lepidus wollte es doch eh nicht wirklich wissen und helfen konnte er ihr vermutlich auch nicht… „So eine Kette kann ganz einfach der Grund sein!“, zischte Lucia. „Er hat meine Antwort mit dieser blöden Kette und den fehlenden Anhängern geändert. Ich hab jetzt nämlich alle drei Anhänger und zwar von Vala. Der eine war in den Blumen beim Essen den andren hab ich auf dem Markt bekommen...“, erzählte Lucia hastig, damit ihr Bruder sie nicht unterbrach. „… und bei unserem Treffen im Horti Lolliani hat er mich nochmal gefragt!“ Das war wohl die knappste Version der Ereignisse, die man sich nur vorstellenkonnte.
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Einfach so, einfach so. Ihr Bruder redete, als ob ihr Leben so viel leichter wer als seines. „Du willst mir anscheinend gar nicht zuhören!“, ereiferte sich Lucia und gestikulierte wütend. Wie sollte sie ihm das alles erklären, wenn ihn die Kette nicht interessierte? „Es geht aber um diese blöde Kette! Es hat alles mit dieser blöden Kette zu tun!“ Das musste er doch begreifen! Wenn er tatsächlich verstehen wollte, was los war, musste er doch zumindest für ein paar Minuten einfach nur zuhören können! Oder interessierte ihn die Kette nicht, weil ihn im Grunde Lucia selbst nicht interessierte? Der Gedanke tat schrecklich weh und trieb Lucia wütende Tränen in die Augen. „Diese blöde Kette ist der Grund, warum ich Vala heiraten muss! Verflucht nochmal!“
Sim-Off: edit: sorry, hatte noch was hinzugefügt, hab dann aber gesehen dass du schon antwortest, also hab ichs wieder weggenommen
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„Einfach so?“, echote Lucia. „Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?“ Sie wurde wieder ärgerlich. „Er hat mich auf der Insel gefragt, ob ich ihn heirate, ja! Ich habe das zuerst für einen Scherz gehalten. Aber ich habe versucht bei der Ablehnung höflich zu sein, immerhin wolltest du ihn damals als Verbündeten haben!“ Und wieder eine Stelle, wo klar wurde, dass Lepidus eindeutig mit Schuld war, davon war Lucia überzeugt. Sie schniefte und räusperte sich und versuchte weiter zu erklären. „Und ja, dir hat er auch was geschenkt, so eine kleine Statue, oder? Die war aber komplett, oder?“, dieser Punkt war ihr grade besonders wichtig. „Und er hat sie dir mit schlichten… ach das ist ja eigentlich auch egal.“ Lucia drohte sich zu verrennen. „Meine Kette hatte nur einen Anhänger. Aber da war insgesamt für drei Hänger Platz, er hat mir eine unvollständige Kette geschenkt, erinnerst du dich? Er hat darüber sogar noch kryptische Worte verloren.“ Sie wusste nicht mehr genau was er gesagt hat, aber es hätte auch eine Vorwarnung sein können, wenn sie nur richtig hingehört hätte, das war Lucia in einer ihrer langen schlaflosen Nächten nachdem sie die zwei weiteren Anhänger bekommen hat, klar geworden. Aber eins nach dem anderen.
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Es freute ihn also, dass er ihren Tag verdarb? Das war seltsam, dass er es so offen zugab, aber Lucia würde es ihm zutrauen. Der Zeigefinger ihrer rechten Hand hakte sich unter den Armreif an ihrem linken Arm und zog. Da erst wurde es Lucia bewusst, dass sie ihre Hände nicht unter Kontrolle hatte. Rasch ließ sie das Armband los und ließ ihre Arme zu beiden Seiten ihres Köpers herabbaumeln. Vala ging tatsächlich auf ihre Phrasen ein und erzählte was aus seiner Heimat. Um ihre Finger von irgendwelchen Dummheiten abzuhalten ballte Lucia sie lieber zu Fäusten, während sie grübelte was beim Hades Vala nun damit meinen könnte. Doch er kam dankenswerterweise alsbald zum Grund ihres Treffens. Ein Geschenk? Allein schon die Frage in ihrem Kopf klang mehr als ungläubig. Zunächst mit leicht offenem Mund musterte Lucia die junge Frau an Valas Seite genauer. Dann runzelte sie die Stirn und Ablehnung schlich sich in ihren Blick. Sie wandte sich wieder Vala zu und zögerte. „Das ist eine wahrlich großzügiges Geste…“, begann Lucia vorsichtig, ehe sie versuchte mehr oder weniger höflich abzulehnen: „…das kann ich doch nicht annehmen.“ Sie fürchtete nur, dass Vala ein so indirektes nein nicht gelten lassen würde. Doch da sie sich nicht traute deutlicher zu werden… naja, die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt.
Sie schien zumindest nicht unverschämt zu sein, das junge Ding, bemerkte Sekunda für sich. Aber was tat das schon? Sie war ganz offensichtlich auf Seiten Valas und allein das ließ Sekunda schon Böses ahnen. Diese Befürchtungen bestätigten sich auch schon im nächsten Moment, als der Duccier die junge Frau als ein Geschenk an Sekundas Domina offenbarte. Die ablehnende Haltung der Alten vertiefte sich. Ihre ganze Figur schien sich anzuspannen. Der Duccier wollte also eine Spionin bei ihnen einschleuse, so offensichtlich? Sekundas Blick wurde abfällig, ehe sie ihn komplett von der jungen Sklavin abwandte. Nein, eine Freundin hatte das junge Ding in der alten Leibsklavin wohl nicht zu erwarten.
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Das alles so aufgezählt zu bekommen war… heftig. Ob aufgefordert oder nicht, Lucia musste sich setzen. Sie ließ also von ihrer eher aggressiven Haltung ab und sank langsam in den Stuhl vor Lepidus Schreibtisch. Es gab einzelne Worte, manchmal nur der Tonfall, die sie fast wieder aufspringen ließen und teilweise und teilweise oder ihr einen ziemlichen Stich ins Herz versetzen. Er traute ihr nicht mehr? Das tat wohl am meisten weh. Sie konnte nicht anders, ihr stiegen wieder Tränen in die Augen, doch sie kämpfte sie zurück. Als Lepidus dann endlich fertig war, herrschte für eine Weile Stille zwischen ihnen. Lucia wischte sich über die Augen und räusperte sich, ehe sie mit belegter Stimme anfing: „Ich bin doch zu dir gekommen und ich wollte es dir doch erklären. Das du es nicht verstanden hast, ist doch nicht meine Schuld! Diese Situation ist auch nicht grade einfach für mich! Entschuldige bitte, dass ich da das normalste auf der Welt tue und ein wenig emotional reagiere!“ Ihre Stimme überschlug sich und sie brach ab. Wieder wischte sie sich über die Augen und wieder räusperte sie sich. Noch einmal atmete sie tief durch und fuhr dann stockend fort. „Wie ich schon gesagt hab, ist das alles nicht aus einer Laune heraus entstanden! Ich hab dir gesagt, dass ich ihn heiraten muss, oder? Das hab ich dir gesagt!“ Mit einem wütenden Funkeln in den glänzenden Augen blickte sie zu ihrem Bruder auf. „Das hat alles auf der verfluchten Insel angefangen, auf die du mich mitgeschleppt hast!“, dem eigenen Bruder einen Teil der Schuld zuzuweisen tat unglaublich gut. Aber hatte sie nicht auch das schonmal zu ihm gesagt? Lucia war sich nicht sicher. „Da hat er mich zum ersten Mal gefragt und ich hab ihn ausgelacht.“, das stimmte zwar so nicht ganz, aber das war wohl die Freiheit des Erzählers. „Und dann hat er mir diese Kette geschenkt, zum Abschied, erinnerst du dich?“
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Einen Kirschnektar? Sergia, die auf ihrer Hochzeit noch freizügig Wunderkräuter verteilte, wollte anstatt des angekündigten kühlen Weines einen Kirschnektar? Lucia blinzelte in ihrer Überraschung übertrieben. Dazu noch Oliven? Naja, über Geschmack ließ sich ja bekanntlich vorzüglich streiten… Aber bitte, wenn das ihr Wunsch war… „Arsinoe, sieh nach, ob wir das gewünschte in der Küche haben!“, schickte sie also die Sklavin weg und schüttelte innerlich den Kopf. Doch Sergia schien heute wahrlich einen guten Tag zu haben, kein Wunder bei dem was sie Lucia nun offenbarte. „Das ist ja wundervoll, meinen Glückwunsch!“, brach aus ihr auch gleich die Begeisterung jeder jungen Frau heraus, wenn es um Babys ging. „Mögen Alemona und Fluvionia über dein Kind wachen!“ Für Lucia war es zwar trotzdem noch nicht ganz klar, warum man deshalb auf Wein verzichten sollte, tat man das vielleicht in irgendeinem Kult? Verboten irgendwelche Sitten Schwangeren den Genuss von Wein?
Das kleine, fast unschuldig klingende ‚Und bei dir?‘ Sergias, hätte Lucia beinahe zum Anlass genommen ihr tatsächlich ein wenig zu erzählen. Doch Sekundas warnende Worte hallten noch in Lucias Ohren. Sie musste ihrer Freundin ja nicht gleich alle Vorteile in die Hand geben. „Es ist ein wenig peinlich das zuzugeben, doch war die Nacht für mich wohl bei weitem nicht so unvergesslich wie deine.“, grinste sie also breit. „Dein Wein und deine anderen Mittelchen haben mir beinahe sogar die Erinnerung an unsere kleine Unterhaltung genommen.“
Arsinoe kam in dem Moment aus der Küche wieder und wartete auf einen geeigneten Moment der Unterhaltung, um zu sagen: „Die Erfrischungen und die Knabbereien werden gleich gebracht. Wir haben aber leider nur süßen Kirschnektar und er wird nicht so kühl sein wie die Weine. Ich hoffe, es wird trotzdem genügen, Domina?“ Es war nicht an Lucia diese Erkundigung zu beantworten, also blickte sie fragend zu Sergia.
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Also an einem gepflegten Philosophenbart hatte Lucia grundsätzlich nichts auszusetzen. Sie fand älteren Männern stand die Gesichtsbehaarung sogar. Lucias Meinung nach durften sich Männer sobald sie mehr graue Haare als Haare in ihrer ursprünglichen Farbe hatten auch gerne einen Bart stehen lassen. Man(n) wirkte damit nur umso reifer und weiser. Aber genau das war es auch was sie verunsicherte: Warum sollte so jemand in der Lotterie arbeiten?
Doch der Mann bestätigte ihr, dass sie sich tatsächlich im Officium der Lotterie befand und sie trat ein. Ihr Lächeln wurde ein wenig verlegen, als er bei ihr doch tatsächlich mit ihr selbst Werbung machte. Sie kratzte sich an der Wange und erwiderte: „Ja, ich konnte es auch kaum glauben, aber Fortuna hat wohl ihre Lieblinge.“ Ihr Lächeln wurde keck, während sie zum Tisch des Mannes ging. Mit einem nun wieder breiten Grinsen legte sie ihm ihre Empfangsbestätigung der letzten Wette hin, die sie wohl als die glückliche Gewinnerin verraten würde. -
Wieso rechtfertigen, wieso um alles in der Welt sollte sie sich rechtfertigen müssen? Es mochte für alle anderen offensichtlich sein, doch für Lucia war das grad nur eine weitere Gemeinheit ihres Bruders. Er wollte ein klares Nein? Bitte! Sollte er sein verfluchtes Nein bekommen! „Nein! Natürlich nicht! Was hältst du von mir?“, entrüstete sie sich nun. „Denkst du ich bin kaum ein Jahr in der großen Stadt und hab mich schon vom nächst besten schwängern lassen?“ Sie ignorierte mal großzügig, wie knapp sie dank Sekundas Hilfe daran vorbeigeschrammt war. „Ich kann auch gut auf mich selbst aufpassen! Dafür brauch ich deine beiden Muskelmänner nun wirklich nicht!“ Und welchem Wahnsinn sollte sie bitte anheimgefallen sein? Nur weil sie die letzten Tage und Wochen ihrem Bruder nicht mehr alles, was sie tat erzählt hatte? Sie versuchte tief durchzuatmen und fing sogar in relativ zivilisiertem Ton an: „Warum kannst du mich nicht einfach wie ein normaler Bruder danach fragen? Warum musst du mir einen wundervollen Tag verderben, anstatt dich einfach beim Frühstück an mich zu wenden? Oder wenn es dir allzu sehr unter den Fingern gebrannt hat: Ich hätte dich sicher nicht dafür verurteilt auch mal abends zu meinen Gemächern zu kommen! Wieso musstest du mir stattdessen diese beiden Herkulesse da auf den Hals hetzen?“ Aus dem Plan ruhig zu bleiben, war wohl mal wieder nichts geworden... Gegen Ende hatte sich Lucia schon wieder ein wenig in Rage geredet.
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Natürlich hätte Sergia dieses Treffen um nichts auf der Welt verpassen wollen, das war für Lucia selbstverständlich. Immerhin bekam sie hier nicht nur die Möglichkeit eine patrizische Villa anzusehen, nein, sie bekam von Lucia auch noch die Lösung für eines ihrer Probleme auf dem Silbertablett serviert. Da wäre es für die Tiberia äußerst unverständlich gewesen, wenn Sergia abgesagt hätte oder – schlimmer – einfach nicht aufgetaucht wäre.
Was die Muskelprotze anging, bemühte sich Lucia entspannt zu wirken. Leider kam sie in ihrer momentanen Gefühlssituation nicht darauf Sergia bezüglich ihrer Egozentrik zu necken. Sie winkte daher nur ab und erklärte: „Die beiden sind eine Aufmerksamkeit meines Bruders.“ Sie verdrehte die Augen. „Kaum ein Jahr nach meiner Ankunft in der Stadt meint er sich um meine Sicherheit sorgen zu müssen.“ Das war nicht wirklich gelogen, naja, nicht so ganz. Aber eine Flunkerei blieb ja bekanntermaßen nur ungern allein und so fügte Lucia, um sich selbst ein wenig einflussreicher darzustellen als sie es war, an: „Aber ich hab den beiden eingetrichtert auf Abstand zu bleiben, sie sollten also kein Problem darstellen.“ Sie machte eine einladende Geste zu dem Tischchen hin. „Aber mach es dir doch bequem.“ Sie winkte Arsinoe zu sich. Sergia kannte die junge Sklavin vielleicht, aber nur wirklich vielleicht noch aus der Therme. „Bring mir ein Glas von unserem kühlen Weisen und du Sergia? Möchtest du auch einen Vinum album? Wir hätten auch noch Vinum fulvum und sanguineum, wenn dir das lieber ist.“
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Er hatte also über Familienangelegenheiten mit Fremden gesprochen? Das mochte nicht ganz Lepidus‘ Wortlaut gewesen sein, doch das war es was Lucia heraushörte. Sollten Familienangelegenheiten nicht innerhalb der Familie bleiben? Bei den Göttern, sie hatte ja noch nicht mal mit Manlia darüber gesprochen… also nicht so genau. Manlia wusste ja beinahe noch weniger als Lepidus, also so gut wie…. Duccius schwängern lassen? „Was!?“ Lepidus verdammte Lucia dazu dieses Wort heute schon zum x-ten Mal zu schreien. Doch dieses Mal endete es eher in einem unangenehm hohen Quietschen, als in einem echten Schrei. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und sie trat noch einen Schritt auf seinen Schreibtisch zu. „Das ist doch… Deshalb sind mir die beiden heute wie ein Schatten gefolgt? Sie gestikulierte vage über die Schulter. „Deshalb hab ich meinen Termin beim Coiffeur verpasst? … Wer hat dir denn so einen Mist eingeredet?“ Sie stützte sich wütend auf dem Tisch ab und beugte sich zu ihrem Bruder herüber.
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Lucia zog eine Grimasse, als ihr Bruder ihr ebenso patzig antwortete. Gerne hätte sie noch etwas Ähnliches erwidert, doch er kam zum Punkt, naja mehr oder weniger. Sie versuchte so aufmerksam wie möglich zuzuhören, doch so ganz wurde sie aus den Worten ihres Bruders nicht schlau. „Was versucht du da bitte grade anzudeuten? Was für Eventualitäten? Welche anderen Menschen?“, hakte sie ärgerlich nach. Lepidus bot ihr nicht an sich zu setzen, eigentlich ziemlich beleidigend, doch sie stand grad ohnehin viel zu sehr unter Strom.
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Lucia hatte lange mit Sekunda gesprochen und sie hatten eine Art Plan ausgetüftelt. Leider war sich Lucia alles andere als sicher, ob sie sich daran würde halten können. Doch sie würde ihr Bestes versuchen. Fürs erste war wohl das Schwierigste sich zu beherrschen: Nur zu gerne wäre Lucia in Lepidus Officium gestürmt und hätte ihren Bruder mit Schimpfwörtern überschüttet. Doch sie sah ein, dass sie höflich bleiben musste, irgendwie…
Sie stand vor dem Zimmer und atmete tief durch. Einer der Muskelprotze öffnete die Tür und Lucia trat gemessenen Schrittes und mit vor dem Bauch gefalteten Händen ein. Sekunda hatte ihre Herrin heute mehr als dezent geschminkt ihre Haare schlicht frisiert und auch mit dem Schmuck gegeizt, so dass der Dominus sich nicht über irgendwelches lupahafte Aussehen aufregen konnte. Jetzt musste Lucia sich nur noch an den Plan halten, also ruhig, ganz ruhig! „Salve, Bruder.“, grüßte sie ihn mit leicht gepresster Stimme. „Wie schön, dass du endlich Zeit für mich findest.“ Okeee… dieser zickige Kommentar war keinesfalls geplant. Lucia biss die Zähne zusammen und versuchte die Worte mit einem Lächeln abzumidern.