Beiträge von Tiberia Lucia

    „Was!?“, wiederholte sich Lucia gleichermaßen entrüstet wie beleidigt. Arsinoe quetschte sich in diesem Moment an ihrer Herrin vorbei und brachte sie damit noch zusätzlich aus dem Konzept. „Arsinoe?“, rief sie der jungen Sklavin hinterher, doch diese drehte sich nicht mal um. Spielten denn hier grade alle verrückt? Lucia wandte sich zu ihrer Leibsklavin um: „Sekunda? Was ist hier los?“ Wenn jemand wusste, was hier gespielt wurde, dann wohl die alte Dame. Diese schien jedoch nicht vor den Männern vor der Tür sprechen zu wollen und winkte ihren Schützling wieder zurück ins Zimmer. Die Verwirrung deutlich ins Gesicht geschrieben, drehte sich Lucia nochmal zu den Männern um, beschloss dann aber es lieber nicht darauf anzulegen. Zögernd trat sie zurück in ihr Zimmer und Sekunda schloss bestimmt die Tür.


    „Was ist hier los? Wieso Hausarrest und wo ist Arsinoe hin?“, verlangte Lucia lauthals zu wissen, doch Sekunda deutete ihr an ihre Stimme zu senken und sich von der Tür zu entfernen. Sobald sich Lucia wieder auf ihren Platz gesetzt hatte, an dem sie Morgen für Morgen hergerichtet wurde, sprach Sekunda mit gesenkter Stimme: „Arsinoe ist auf dem Weg zu den Wäscherinnen, um herauszufinden, ob dich dort jemand verraten hat.“ Lucia erbleichte und legte eine Hand an den offenen Mund. „Oh nein, denkst du Lepidus weiß…?“ Sie schaute Sekunda bang an. „Ich habe momentan keine andere Erklärung. Aber warten wir erstmal auf Arsinoe und ich werde später mal mit Stratonice und Stesichoros und ein paar anderen reden, vielleicht weiß jemand mehr.“ Lucia nickte bang und räusperte sich unwohl. Sekunda, pragmatisch wie immer, fuhr während sie auf Arsinoe warteten einfach mit Lucias Morgentoilette fort.

    Die Wäscherinnen schworen einhellig kein Wort verloren zu haben, berichtete Arsinoe. Auch die späteren Gespräche von Sekunda brachten nicht mehr Licht in die Sache. Im Laufe des Tages erfuhr Lucia, dass sie die Männer innerhalb der Villa tatsächlich überallhin verfolgten. Dabei blieben sie jedoch immer auf einem gewissen Abstand, lediglich als Lucia sich der Eingangstür näherte verstellten sie ihr den Weg. Die junge Tiberia wusste nicht, ob sie über dieses doch irgendwie rücksichtsvolle Verhalten erleichtert sein sollte. Sie versuchte es tatsächlich, doch sie schaffte es beim besten Willen nicht irgendetwas anderes als Ärger ob ihres Hausarrestes zu empfinden. Endlich, endlich kam der Abend und sie wurde tatsächlich zu ihrem Bruder gebracht.

    Stesichoros war so manchen Kummer gewöhnt, dennoch konnte er nicht anders als sich ein wenig zu wundern. Erst war sie herausnehmend freundlich, dann plötzlich zickig? Da er aber damit seine Aufgabe erledigt hatte, kehrte er nach einer Verbeugung gerne wieder an seinen abgelegenen Posten zurück. Es war doch um einiges angenehmer Geschichten aus zweiter Hand zu erfahren, vor allem da ihm diese Muskelprotze, die der Herr angeworben hatte, alles andere als geheuer waren.


    Der Olivenbaum war noch zu jung um Früchte zu tragen. Einer der für den Garten zuständigen Sklaven hatte Lucia mal erklärt, dass es bis zu sieben Jahre bis zur ersten Ernte dauern konnte. Aber dafür hatten sie den Baum ja auch nicht gepflanzt. Dennoch erwischte sich Lucia dabei, wie sie nach irgendwelchen Früchten ausschauhielt, nur um sich abzulenken. So langsam machte sie die Tatsache unter ständiger Beobachtung zu stehen verrückt! Sie wandte sich wieder vom Baum ab und bemerkte mit einer seltsamen Erleichterung, dass Sergia auf sie zukam. Diese Erleichterung mochte sich auch auf Lucias Gesicht wiederspiegeln. Sie lächelte ihren Gast freundlich an und breitete begrüßend die Arme aus. „Sergia! Wie schön, dass du es einrichten konntest!“ Sie kam ihr ein paar Schritte entgegen und wollte ihr ganz offensichtlich die Hände auf die Schultern legen und sie mit ‚Küsschen rechts-Küsschen links‘ begrüßen.

    Valas Begleitung war eine junge Frau. Lucias Blick streifte diese nur desinteressiert, ehe sie sich wieder auf ihren künftigen Ehemann konzentrierte, doch Sekunda versuchte nicht einmal ihr Starren zu verbergen. Die alte Leibsklavin schien alles zu registrieren von Myrsinis geflochtenen Haaren, über die wohl bisher wenig getragene Kleidung, bis hinunter zu den offensichtlich neuen Sandalen. Nichts davon schien ihr zu gefallen. Sekunda zog die Nase kraus und verschränkte die Arme. Ihre Augen huschten die junge Frau hinauf und hinunter. Ihr Blick blieb zuerst an Myrsinis Händen hängen. Irgendwas schien sie aus dem Anblick dieser herauszulesen, ehe sie ihre Musterung fortsetzte. Das nächste was ihre Aufmerksamkeit länger gefangen hielt waren Myrsinis Füße. Sekundas Augenbrauen hoben sich zweifelnd. Sie schien aus der jungen Frau nicht so ganz schlau zu werden und das gefiel ihr offensichtlich nicht. Zu guter Letzt versuchte Sekunda Blickkontakt mit Myrsini aufzunehmen. Misstrauen schien das beherrschende Gefühl der alten Frau zu sein.


    Bei Valas Begrüßung schlich sich eine Spur Verwirrung in Lucias Gesicht. Egal mit welchem Empfang sie gerechnet haben mochte, dieser hier war es eindeutig nicht. Nur zu gerne hätte sie ihm jetzt irgendeine schlagfertige Antwort um die Ohren gehauen. Doch zum einen traute sie sich nicht wirklich und zum anderen fiel ihr ohnehin auf die Schnelle nichts ein. „War ganz nett… bisher…“, echote sie Valas letztes Wort, zumindest als kleine Stichelei. Aber Moment… Hatte er sie wirklich grade ‚Schatz‘ genannt? Irritiert zog Lucia die Augenbrauen zusammen. Nach allem was gewesen war… da nannte er sie Schatz!? Ihre Finger begannen von selbst wieder mit dem Armband zu spielen. Sie wusste grad beim besten Willen nicht, wie sie reagieren sollte. Alles in ihr sträubte sich dagegen die gewohnten Höflichkeitsfloskeln auszutauschen. Sie wollte Vala einfach nicht nach seinem Tag fragen! Doch ihre gute Erziehung war da einer ganz anderen Meinung. Nach deutlichem Zögern überwand sich Lucia schließlich zu sagen: „Im Sommer sind die Tage aber auch meist schön. Wer kann schon Trübsal blasen, wenn die Sonne lacht?“ Da, bitte, ein paar Floskeln, aber sie hatte Vala nicht nach seinem Tag gefragt.


    Stesichoros


    Der Tag in der Villa Tiberia war bisher alles andere als harmonisch verlaufen. Das bekam sogar Stesichoros auf seinem Posten mit. Er war ganz froh darum hier an der Tür ein wenig außen vor zu sein. Er bekam zwar das meiste mit, wurde jedoch in kaum etwas mit hinein gezogen. Da war er doch gerne fleißig.
    Mal wieder klopfte es und er öffnete – natürlich – die Tür. Besuch für die Domina… Ja, sie hatte ihm diesen bereits gestern durch Arsinoe angekündigt, nur waren da noch ein paar andere Sachen passiert. Er kratzte sich verlegen an der Wange. Naja, der Dominus hatte ja nur gesagt, dass die Domina nicht hinaus durfte, von keine Besucher empfangen hatte er nichts erwähnt, oder? „Salve, Domina!“, begrüßte er also die Praefecta Vehiculorum gewohnt unterwürfig. „Du wurdest schon erwartet, wenn ich dich in den Hortus führen darf?“

    Lucia ging unter dem Olivenbäumchen, das im Hortus zu Ehren Minervas gepflanzt worden war, unruhig auf und ab. Es war ein wunderschöner Tag, erträglich heiß, im Schatten angenehm und sie erwartete äußerst interessanten Besuch. Doch sie konnte sich grad so gut wie garnicht auf das Kommen ihrer lieben Freundin konzentrieren. Immer wieder wanderten ihre Augen zu den beiden muskulösen Sklaven, die zwar diskret im Hintergrund warteten, sie jedoch keine Sekunde aus den Augen ließen. Eigentlich hätte es sich Lucia bei der schön arrangierten Sitzgruppe gemütlich gemacht und sich schonmal überlegt, wie sie Sergia am besten begrüßen sollte, eigentlich… Jetzt lief sie zwar gemessenen Schrittes aber nichts destotrotz unruhig auf und ab und zermarterte sich den Kopf.

    Sekunda war sichtlich entgeistert. Jeder, der die alte Dame sonst im Umgang mit ihrem Mitsklaven kannte, würde die nun folgende Ruhe äußerst untypisch finden. Fassungslos blickte sie von einem Sklaven zum anderen, schüttelte den Kopf und schloss die Tür.


    Es dauerte nur wenige Sekunden, dann konnte man ein empörtes „Was!?“ aus dem Zimmer hören. Jetzt hatte wohl auch Lucia die Nachricht von ihrem Hausarrest erreicht. Es klapperte laut, man hörte hektische Stimmen, die wild durcheinander sprachen. Das alles wurde von einem „Domina, nicht!“ übertönt, kurz bevor die Tür mit einem Knall aufflog. Erstarrt blieb Lucia stehen, als die der zwei Sklaven gewahr wurde. Ihre Haare waren noch zu zwei langen Zöpfen geflochten, wie sie für gewöhnlich zu schlafen pflegte. Sie trug schon ihre Tunika, jedoch keinen Schmuck und auch noch keine Schminke. Wut blitzt aus ihren Augen, während sie die Männer musterte und sie verlangte: „Bringt mich zu meinem Bruder, sofort!“


    Sekunda stand noch im Raum und schüttelte ob ihres Schützlings den Kopf. Rasch zog sie Arsinoe an sich und flüsterte dem Mädchen etwas ins Ohr. Diese blickte die alte Sklavin entsetzt an und schüttelte den Kopf. Doch Sekunda machte eine bestimmende Geste und Arsinoe versuchte sich mit hochrotem Kopf an ihrer Herrin und den beiden Bewachern an der Tür vorbeizudrängen.

    Arsinoe legte wie jeden Morgen mehrmals den Weg zwischen Küche und Lucias Zimmer zurück – so eine Morgentoilette brauchte viel heißes Wasser, ein wenig Wein und ein paar Knabbereien - und kam dabei nicht umhin die beiden neuen Sklaven zu bemerken. Doch von den beiden ging so eine bedrohliche Stimmung aus, dass sich die junge Frau nicht traute sie darauf anzusprechen, was sie dort vor der Tür ihrer Herrin denn taten. Ihnen wurden nur immer wieder skeptische und leicht ängstliche Blicke zugeworfen, ehe Arsinoe im Zimmer ihrer Herrin verschwand. Als die Kerle auch bei ihrem dritten Gang zur Küche nicht verschwunden waren, wurde es Arsinoe eindeutig unheimlich. Sie verschwand hektisch hinter der Tür und schloss sie ungewöhnlich laut.


    Wenig später steckte Sekunda ihren Kopf durch den Türspalt und musterte die Sklaven verwundert. Im Gegensatz zu ihrer jungen Kollegin, hatte sie jedoch keine großen Bedenken die beiden Männer recht direkt anzusprechen: „Was lungert ihr hier vor dem Cubiculum meiner Herrin herum? Schert euch an eure Arbeit!“, versuchte sie ihr Glück dabei die Kerle zu verscheuchen.

    Man konnte sich an jede Situation gewöhnen, zumindest solange sie einem nicht direkt vor Augen geführt wurde. Lucia war sich die letzte Zeit Valas Forderung durchaus bewusst gewesen. Doch bis auf die tränenreiche Beichte ihrem Bruder gegenüber, der ihren etwas diffusen Schrei nach Hilfe wohl nicht so ganz verstanden hatte, [1] hatte sie diese Tatsache relativ erfolgreich verdrängt. Sie ahnte ja noch nicht, was ihr bald für Maßnahmen seitens ihres Bruders drohen würde. [2] Momentan glaubte sie einfach von diesem Holzklotz kein Verständnis und demnach wohl auch keine Hilfe erwarten zu können. Jetzt so von Vala wieder zu einem Treffen zitiert zu werden, machte Lucia ihre Lage jedoch wieder mehr als deutlich. Dementsprechend schlecht gelaunt war sie.


    Diesmal hatte sich Lucia keine große Mühe gegeben irgendwie anders oder besser auszusehen als sonst. Naja, bis auf eine kleine Ausnahme: Sie trug den erst kürzlich erworbenen Rubinschmuck. Er erinnerte sie daran, dass sie durchaus eine Wirkung auf Männer haben konnte, wenn sie wollte. [3] Nicht dass sie irgendeine Wirkung auf Vala haben wollte, um Himmelswillen nein! Sie wollte sich für dieses Treffen besser fühlen. Sie hatte keine Ahnung, was genau sie erwartete und sie hasste diese Ungewissheit, in der Vala sie andauernd schweben ließ. Nervös spielte sie mit ihrem Armband, während sie langsam auf den Treffpunkt zusteuerte.


    Der Ort kam in ihr Sichtfeld und Lucia blieb überrascht stehen. „Siehst du, was ich sehe?“, flüsterte Lucia zu ihrer Leibsklavin und fragte sich schon im nächsten Moment, warum beim Hades sie flüsterte? Sekunda nickte. Vala war nicht alleine. „Was hat das zu bedeuten?“ Lucia schaffte es nicht in normaler Lautstärke zu sprechen, wieder hatte sie die Frage Sekunda zugewispert. „Ich weiß es nicht…“, knurrte Sekunda. Zwar hatte auch sie die Stimme gesenkt, doch wirkte es bei ihr vielmehr wie unterdrückte Wut. Lucia straffte die Schultern und schluckte. „Dann wollen wir doch mal sehen, was das alles soll!“ Stolz bemerkte Lucia, dass sie schon ein bisschen lauter gesprochen hatte, ein kleinwenig zwar nur, aber immerhin.


    Mit wenig freundlicher Mine stellte sich Lucia also ihrem zukünftigen Göttergatten. Wieder überlies sie es Vala die ersten Worte zu sprechen.

    Roma, ANTE DIEM IV KAL AUG DCCCLXIV A.U.C


    Ad
    Sergia Fausta


    Casa Iulia
    Roma, Italia



    Meine liebe Sergia,


    Gibt es etwas Schöneres, als sich bei einem kühlen Gläschen Wein im Schatten eines Olivenbaums auf den neusten Stand zu bringen? Natürlich nehme ich mir gerne zu dem besagten Termin für dich Zeit.


    Ich freue mich schon auf deinen Besuch!


    Bis dann
    Tiberia Lucia



    Lucia blickte ein wenig verwundert drein, nicht die üblichen Verdächtigen beim Faulenzen hier im Büro zu erwischen. Sie hatte sich inzwischen an die Art von Lusticus gewöhnt und glaubte fast schon dass ihr der dicke Mann Glück brachte. War sie vielleicht im falschen Officium gelandet? Es wäre nicht das erste Mal, dass sie sich verlaufen hätte, auch wenn sie glaubte den Weg zur Lotterie mittlerweile in und auswendig zu kennen.
    „Uh… salve!“, grüßte sie deshalb zögerlich und lächelte den Mann verlegen an: „Das kommt drauf an, ob ich hier richtig bin. Ich wollte zur staatlichen Lotterie.“ Zur Verdeutlichung, was sie meinte, wedelte sie ein wenig mit ihrer Wettbestätigung. Mit Manlia an ihrer Seite hätte sie wohl weniger Zweifel gehabt, doch diese war ja heute leider nicht dabei. Lucias Leibsklavin Sekunda hielt sich, immernoch leicht verstimmt, im Hintergrund.

    Lucia strahlte Varus glücklich an. Das klang ja fabelhaft! Wenn alle glatt lief, würde sie ihren Bruder mit dieser herrlichen Überraschung sicher bald wieder gewogen stimmen können. Sie trank noch einen Schluck und strich sich dann während der abschließenden Worte Varus‘ eine freche Strähne hinter das Ohr. „Nein, im Moment fällt mir nichts mehr ein.“ Sie schmunzelte geschmeichelt, ob der schlichten Feststellung, dass sie keine Anzahlung hinterlegen müsste und schickte sich dann an aufzustehen.


    Sie führte die Männer in den Altarraum und plapperte davon wie die Farbe des Altars wunderbar zu dem Mosaik am Boden passen würde, während der Steinmetz seine Arbeit tat. Schließlich verabschiedete sie die Männer mit dem wunderbaren Gefühl ihrem Bruder eine tolle Überraschung zu bereiten.

    Ach, sie hatte ja nach einem Termin gefragt… Das hatte Lucia über ihre Beschreibung des Altars beinahe schon wieder vergessen! Wollte sie Lepidus der Altar zu einem bestimmten Termin schenken? Lucia überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf. Der Altar war als eine Entschuldigung gedacht, da sollte er lieber nicht noch als irgendetwas anderes dienen. „Je schneller es geht umso besser. Aber einen bestimmten Termin habe ich nicht.“, sprach sie ihre Gedanken aus. Kurz überlegte sie, ob es gescheit wäre eine Prämie anzubieten, sollte der Altar bis zu einem bestimmten Zeitpunkt geliefert werden. Doch eine kleine geizige Stimme in ihrem Hinterkopf hielt sie davon ab. Immerhin hatte Helvetius ihr auch schon so oberste Priorität versichert.


    Der Steinmetz war Lucia irgendwie sympathisch. Zum einen hörte er aufmerksam ihren Wünschen zu, das allein mochte die junge Patricia schon sehr. Zum anderen schien er seinen Platz zu kennen und redete nur, wenn es absolut nötig war. Wenn er sich jetzt noch als begabter Handwerker herausstellte, würde Lucia ihn und seinen Arbeitgeber Helvetius sicherlich weiterempfehlen. „In vier Tagen ginge, sofern du vormittags kommst. Am Nachmittag werde ich mich mit ein paar lieben Freundinnen treffen.“ Lucia lächelte vorfreudig.
    „Müssen wir sonst noch etwas besprechen? Ansonsten würde ich euch dann gleich den Platz für den Altar zeigen.“

    Roma, ANTE DIEM V KAL AUG DCCCLXIV A.U.C.


    Ad
    Sergia Fausta


    Casa Iulia
    Roma, Italia


    Ich grüße meine liebe Freundin,


    Zunächst möchte ich dir zu der wundervollen Feier deiner Hochzeit gratulieren. Die Dekoration, die Speisen und Getränke und auch die Unterhaltung waren ein Fest für die Sinne! Ich habe die Zeit sehr genossen und bedaure, dass sie so schnell vorbei ging.


    Du batest mich außerdem um einen Rat bezüglich deines Projektes. Ich kann dir stolz verkünden, ich hab den perfekten Mann für dich gefunden: Memmius Saufeius Tremulus. Ich kenne den Fließenleger noch aus meiner Zeit in Misenum und bin mir sicher, dass er genau deinen Anforderungen entspricht.


    Wenn du möchtest kann ich dir bei einen Gläschen Wein gerne Genaueres über ihn und seine Arbeit erzählen.


    Vale bene,
    Tiberia Lucia


    Da es ihren Kopf weniger anstrengte und sie auf Anregungen seitens der diesbezüglich äußerst unwilligen Sekunda hoffte begann Lucia laut nachzudenken: „Ich könnte auf dem Sklavenmarkt gehen. Sicher kann man für einen entsprechenden Aufpreis auch spezielle Eigenschaften verlangen.“ Die gerunzelte Stirn und das angedeutete Kopfschütteln Sekundas ließen Lucia diese Idee nochmal hinterfragen. „Hm, aber zum einen würden dann einige wissen, dass ich nach so einem Sklaven gefragt habe und ich es war, die diesen Sklaven erworben hat… Das hat sich Sergia ganz schön schlau ausgedacht! Sie hält sich da komplett raus, dabei geht es doch um ihre Freundin!“, fiel Lucia auf einmal auf und sie schwankte zwischen Bewunderung und Verärgerung ob dieser Tatsache. „Will die mich da irgendwie in etwas reinreiten!?“ Sekunda wiegte den Kopf hin und her und kommentierte widerwillig: „Na, wenigstens bist du dir selbst dessen bewusst geworden. Denk da nochmal genau darüber nach! Vielleicht lässt du es doch lieber bleiben.“ Lucia musterte Sekunda und schüttelte entschieden den Kopf. Sekunda seufzte und fügte, wohl in der Hoffnung noch mehr Gegenargumente von Lucia selbst zu hören, an: „Du sagtest zum einen, was ist denn das andere?“ Lucia schnitt eine Grimasse, fuhr aber mit dem lauten überlegen fort: „Na, Lepidus würde dann sicher wissen wollen wofür ich den Sklaven brauche. Das würde er überhaupt, wenn ich irgendeinen unserer Sklaven nehme…“ Lucia verzog das Gesicht. Vor ihrem Bruder wollte sie sich nun wirklich nicht rechtfertigen müssen, zumindest nicht was diese Geschichte anging und nicht zum aktuellen Zeitpunkt. Dieser unsensible Trottel von einem Bruder! „Ich könnte jemanden losschicken und einen entsprechenden Prostituierten von der Straße auflesen.“, war der nächste Gedankenblitz der jungen Patricia. Sie rieb sich nachdenklich das Kinn. „Aber ist das überhaupt anstößig mit einem Prostituierten? Immerhin werden einige bezeugen können, dass er tatsächlich einer ist…“ Das war eindeutig schwerer als Lucia sich das vorgestellt hatte. So überlegte sie noch eine gute Stunde laut vor sich hin.


    Sekunda hatte sich irgendwann entschieden, dass sie in dieser Zeit genauso gut vorsichtig die Haare ihrer Herrin entwirren und kämmen konnte. Sie ging äußerst vorsichtig und geschickt dabei vor, so dass sich Lucia kein einziges Mal, trotz ihrer sicherlich übersensiblen Kopfhaut beschwerte. Das Kind schien sich einfach nicht davon abbringen lassen zu wollen. Sekunda seufzte verstohlen. Ihre Ideen wurden auch immer abstruser und irgendwann konnte sich die alte Sklavin das Ganze nicht mehr anhören. Wenn sich ihre junge Herrin schon an einem so gefährlichen Spiel beteiligte – und sie schien sich nicht davon abbringen zu lassen – dann wollte Sekunda ihr lieber helfend zur Seite stehen. „Erinnerst du dich noch an die Zeit in Misenum, als wir das Atrium renovier thaben?“, fragte sie also irgendwann unvermittelt. Lucia blickte verwirrt auf. „Ja, wieso?“ Sekunda schmunzelte. Lucia war zu diesem Zeitpunkt noch ein unschuldiges Mädchen gewesen und hatte von dem Trubel so gut wie nichts mitbekommen und das was sie mitbekommen hatte, hatte sie wohl nicht verstanden. „Nun, wir hatten auch ein neues Mosaik legen lassen, das uns im Endeffekt günstiger kam, als es ursprünglich veranschlagt war.“ Lucias Verwirrung schien sich nur noch zu steigern. „Ja, und?“ Sekunda schüttelte mit einem nachsichtigen Lächeln den Kopf: „Denk mit, Kind! Durch Zufall war eine ganz bestimmte, von dir gesuchte Neigung des Fliesenlegers herausgekommen, mit der sich der Preis wunderbar drücken ließ, wenn wir nur Stillschweigen darüber bewahrten.“ Das Gesicht ihres Schützling hellte sich auf und sie schien zu verstehen, doch Sekunda wollte lieber auf Nummer Sicher gehen: „Warum schreibst du deiner Freundin nicht, dass du da einen Handwerker wüsstest, den sie für eure kleine Intrige aus Misenum anwerben könnte?“


    Lucia setzte also einen Brief an Sergia auf.

    Roma, ANTE DIEM VI NON IUL DCCCLXIV A.U.C.


    Ad
    Lucius Duccius Ferox


    Castra Praetoria,
    Roma, Italia


    Salve


    Eigentlich gehört sich dieser Brief nicht, doch es muss sein.
    Meine Freundin weiß nichts hiervon, doch ich kann mir das Elend nicht länger mitansehen!
    Wir wurden vor einiger Zeit auf dem Marktplatz überfallen und du gehörtest zu unseren Rettern. Seit diesem Tag bist du meiner Freundin in besonderer Erinnerung geblieben. Von sich aus, würde sie nie etwas unternehmen, deshalb strecke ich nun für sie meine Fühler aus.


    Wenn du es einrichten kannst, würde ich dich gerne kommenden Sonntag im Horti Lolliani treffen. Ich werde dort ab der Mittagszeit auf dich warten.


    Vale bene
    Tiberia Lucia


    Langsam aber sicher wusste Lucia nicht mehr, was sie von Theophanes halten sollte. Der erste gute Eindruck verblasste, je länger sie sich mit ihrem Onkel unterhielt. Zwar sprach Theophanes eigentlich davon, dass Lepidus der beste Kandidat für das Familienoberhaupt wäre, doch Lucia glaubte aus seinen Worten noch etwas anderes herauszuhören. Denn Momentan mochte ihr Onkel in Rom keine Kontakte haben, aber was wäre denn dann bitte in einem halben Jahr? Würde sich Theophanes dann genauso selbstverständlich in Lepidus Angelegenheiten einmischen, wie er es grade bei ihren Sklaven getan hatte? Lucia beschloss ihren Onkel lieber genau im Auge zu behalten, nur für den Fall… Und sollte sich das Verhältnis zu ihrem Bruder hoffentlich bald wieder bessern, würde sie ihm auch von ihren Befürchtungen berichten. Nach außen hin lächelte sie jedoch unverändert weiter und nickte ihrem Onkel bestätigend zu.


    Dann machte der gute Mann aber einen Gedankensprung, den Lucia so gar nicht mochte. War doch grade ihre Verlobung das Streitthema zwischen ihr und ihrem Bruder. Doch das brauchte sie Theophanes nicht ja nicht direkt unter die Nase binden. Also schüttelte sie lachelnd den Kopf. „Mein Bruder hat schon den einen oder anderen geeigneten Kandidaten im Auge, doch noch haben wir nichts dergleichen vereinbart. Ich hoffe ja, dass er sich zuerst eine Frau nimmt, ehe ich das Haus verlasse.“, plapperte Lucia einfach mal vor sich hin. Lustigerweise bemerkte sie dabei, dass sie es sich tatsächlich aus den unterschiedlichsten Gründen wünschte, dass Lepidus vor ihr heiratete. „Ich würde ihn nur ungern mit dem Haushalt alleine lassen. Er hat schon genug um die Ohren!“ Sie winkte ab und hoffte, dass sie damit Theophanes Frage ausreichend beantwortet hatte.

    Hey Leute,
    sorry dass es bei mir momentan länger dauert.
    Unsere Vermieter haben sich entschieden, dass es eindeutig möglich ist eine Grundsanierung im bewohnten Zustand durchzuführen... Die wohnen ja auch net hier :rolleyes:
    Das Chaos lebt und wir kommen mit dem Aufräumen kaum hinterher.
    Ich schau, dass ich wenigstens einmal die Woche antworte und hoffe, dass der Wahnsinn bald rum ist.
    grüßle

    Als Lucia nach ihrer Geschichte sich ebenfalls ein Pastetchen gönnen wollte, merkte sie überrascht, dass diese schon leer waren. Hatte Theophanes tatsächlich alle alleine verdrückt? Ihre Verwirrung steigerte sich nur noch, als ihr Verwandter plötzlich aus dem Nichts ihre Sklavin anschrie. Das war aber nicht weit her mit der vornehmen Zurückhaltung. Leicht pikiert hob Lucia beide Augenbrauen, immerhin implizierte Theophanes mit seinen Worten, dass Lucia und ihr Bruder eine zu lasche Hand mit den Sklaven hatte. Es missfiel ihr außerdem, dass er nicht zuerst auf ihre Geschichte reagiert hatte. Die Sklavin trat währenddessen stumm näher und schenkte Theophanes aus dem immer noch fast vollen Krug eine stärkere Wein-Wassermischung als noch eben nach. Da sich Lucia auch so leicht das Zepter nicht aus der Hand nehmen lassen wollte, trug sie der Sklavin ruhig auf: „Bring, wenn du noch einen zusätzlichen Krug Wein holst, auch noch einen Schwung Pasteten mit. Mein Onkel scheint Hunger von der langen Reise zu haben.“ Grade so hielt sie sich noch davon ab zu sagen, dass sie außerdem auch gerne eins essen würde. Die Sklavin nickte und eilte etwas schneller als sonst aus dem Raum.


    Schon ein wenig weniger von Theophanes eingenommen, als sie es auf den ersten Blick war, führte Lucia die Unterhaltung dennoch gerne fort. Sie musste immerhin einschätzen, ob ihr Onkel nun länger hier bleiben wollte und wie er seine eigene Position in der Familie sah. „Ja, da hast du recht, nichts kommt Rom gleich. In meiner Zeit in Misenum habe ich die Stadt und seine Menschen ebenfalls schmerzlich vermisst. Ich war ungeheuer froh, als mich mein Bruder endlich wieder hierher holte. Lepidus ist übrigens vor kurzem zum Quaestor gewählt worden.“, erzählte sie stolz. „Er hat hier alleine die Stellung während des Krieges gehalten und macht der Familia alle Ehre!“ Gespannt musterte Lucia ihren Gegenüber, wie er wohl auf ihre Worte reagierte? Würde er sich Lepidus unterordnen oder würde er versuchen sich selbst als das Oberhaupt der Familie darzustellen?

    Nicht mehr ganz so euphorisch wie beim letzten Mal und leider auch nicht mehr so glücklich wie noch vor dem Tor, klopfte Lucia an die Tür der staatlichen Lotterie. Sie hatte die Bestätigung ihres Wetteinsatzes noch immer in der Hand und versuchte sich wieder in die Freude hineinzudenken, die sie angesichts eines so hohen Gewinns doch empfinden sollte. Es war wirklich unglaublich wie Fortuna ihre Hand nur in bestimmten Bereichen über einen hielt. Eigentlich würde Lucia ihren jetzigen Gewinn gerne gegen ein wenig mehr Glück in anderen Bereichen eintauschen. Doch das war den Göttern ganz schön undankbar und sie versuchte den Gedanken wie eine lästige Fliege zu verscheuchen.


    Sekunda indes war erleichtert ihre Herrin endlich bis zur Tür der staatlichen Lotterie gebracht zu haben. Lediglich der Weg zurück bereitete ihr ein wenig Sorgen, da mussten sie immerhin nochmal am Tor vorbei.

    Lucia hielt Avianus Blick eisern stand, doch ihr Starren bewirkte nicht grade das was sie sich erhofft hatte. Ihm wurde eindeutig nicht unwohl, nein, im Gegenteil, Avianus lächelte sogar! Verdammt! Ihre Wangen schmerzten, doch auch sie hielt ihr Lächeln aufrecht – es wirkte nicht grade ehrlich, aber immerhin.
    Cato beendete endlich seine Durchsuchung und – oh, Wunder! – er hatte nichts gefunden. Lucia ertappte sich bei dem Gedanken einfach mal einen Kamm oder etwas anders ähnlich wie ein Dolch geformtes mitzunehmen. Das würde dann sicher rasch recht hektisch werden, nur um die Wachen danach dumm dastehen zu lassen. Der Gedanke bereitete ihr Freude.
    Vorallem schien den Wachen, die sie kannten, ja ohnehin klar zu sein, dass sie keine Waffe dabei hatte – wo auch? So weit waren ihre Kleider nun auch wieder nicht, immerhin war sie jung und wollte der Welt schon gerne zeigen was sie hatte. Dementsprechend pikiert schaute sie bei Avianus Aussage, dass ihre Zunge das einzig scharfe an ihr wäre. Wollte er sie beleidigen? Und was flüsterte Cato da? Lucia öffnete ihren Mund, ohne zu wissen was sie darauf jetzt erwidern sollte. Doch Sekunda legte unauffällig eine Hand in den Rücken ihrer Herrin und gab ihr durch sachten aber eindeutigen Druck zu verstehen, dass sie jetzt hineingehen sollten. Lucia sah ein, dass es wohl Aussagen gab die man lieber unkommentiert lassen sollte und ging mit finsteren Blicken Richtung Avianus los. An Cato gewandt sprach sie jedoch mit einem Lächeln: „Vale bene, oder wohl eher bis gleich!“ Ja, das Ignorieren war doch schon immer eine beliebte Strafe von Frauen gewesen, obwohl Männer das selten wirklich als Strafe zu empfinden schienen.