Er verhöhnte sie tatsächlich! Das jemand so unverschämt sein konnte! Er hatte sie doch wahrscheinlich genau da, wo er sie haben wollte und dann machte er sich auch noch über sie lustig? Lucia presste fest die Lippen aufeinander. Mit aller Macht versuchte sie sich in ihre Wut hineinzureden, denn diese war grade das einzige was von dem riesigen Klos in ihrem Hals ablenken konnte. Warm sagte er nicht endlich, was er von ihr wollte? Er spielte mit ihr wie eine Katze mit einer Maus…
„Sehr gut.“
Sie hätte wohl genauso gut ‚Fahr zur Hölle‘ sagen können, es hätte nicht viel anders geklungen. Mit undurchdringlichem Blick starrte sie Vala an und wartete. Sie wusste nicht, was sie sonst hätte machen können.
Beiträge von Tiberia Lucia
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Der dankte ihr, als ob er sie zu einem Gläschen Wein in einer lauen Sommernacht eingeladen hätte. Lucia verzog das Gesicht. Das konnte doch nur Hohn sein! Dieses Gefühl wurde noch bestätigt, als er es nicht mal schaffte ihr weiter ins Gesicht zu sehen. Sein Blick wanderte unverkennbar nach unten und er lächelte! Das veranlasste Lucia dazu ihr Schultertuch vorne zusammenzuschlagen, damit es einen Großteil ihres Ausschnittes bedeckte. Wer wusste schon, ob der Kerl ihr Collier oder ihr Dekolleté bewunderte!
„Als ob ich eine Wahl gehabt hätte!“
Die Worte hätten eigentlich vorwurfsvoll klingen sollen, doch in Lucias Ohren klangen sie eher gepresst. Aber zumindest hatte sie bis jetzt keine Höflichkeit an den Duccius verschwendet! -
Ha, er war es also doch! Hatte sie es doch gewusst! Wollten wir doch mal hören, was er da zu sagen hatte! So konnte sie sich die Zeit ein wenig vertreiben, stand wohl an einem der Sichersten Orte des ganzen Platzes und außerdem hatte sie ihm ja noch immer etwas heimzuzahlen! Ein hämisches Grinsen wollte sich auf ihre Lippen legen, da wurde sie von wem ganzanderes angesprochen. „Wie bitte?“, verwirrt blickte Lucia zu dem Sprecher. Kurz schienen ihre Leibwächter zu erwägen dazwischen zu gehen, doch der Mann sah nobel genug aus, um es dann doch lieber sein zu lassen. Der Iunius, den sie eigentlich gemeint hatte, schien ebenso überrascht wie sie… im Gegensatz zu ihr kannte er den Mann aber wohl. Das hielt Lucia aber nicht davon ab in ihrer momentanen Verwirrung ein bisschen vor sich hin zu plappern: „Ach, ihr kennt euch? Dann seid ihr wohl verwandt, oder? Ja, das erklärt es wohl. Nein, ich glaube wir kennen uns noch nicht. Ich hatte ihn gemeint“ Umständlich deutete Lucia auf Avianus, dessen Prä- und Cognomen sie ja noch nicht kannte. „Wir haben uns schon ein paarmal getroffen und da hab ich ihn hier zufällig entdeckt und… und ja… was ein herrlicher Zufall!“ Verlegen strich sie sich eine Locker hinter das Ohr und setzte ihr bestes, nichtssagendes Lächeln auf. Da kam plötzlich noch ein Soldat dazu, also jemand in Rüstung, der die hire wohl auch noch kannte und Lucia verstummte abrupt. Das war eindeutig... überraschend!
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Hatte er reagiert weil sie so laut gewesen war, oder hatte er sie erkannt? Lange genug angestarrt hatte er sie ja. Aber so direkt ein Zeichen des Erkennens war da nicht gewesen… Erst jetzt bemerkte Lucia die Schwäche ihres Plans und biss sich nachdenklich auf die Lippe. Es wäre doch wirklich ein Zufall ausgerechnet einen bekannten Prätorianer hier anzutreffen und dann ausgerechnet auch noch diesen Iunius? Aber im ersten Moment war sie Lucia so sicher gewesen!
Sekunda musterte ihre Herrin verwundert und fragte nach kurzem Zögern leise: „Was ist denn los, Domina?“ Lucia ruckte das Kinn kurz in die Richtung des Soldaten, den sie meinte: „Kommt er dir nicht auch bekannt vor?“ Sekunda drehte den Kopf und musterte ihn lange. Beinahe abfällig sprach sie dann: „Diese Soldaten sehen mit Helm alle gleich aus!“
Lucia strich sich nachdenklich eine Locke aus dem Gesicht. Wenn sie geahnt hätte, dass Flavia sie im Blickfeld hatte, wäre sie wohl stumm geblieben. Brav und gesittet. Doch sie hatte keine Ahnung, fühlte sich in der Nähe der Prätorianer so ziemlich am sichersten und wollte sich zusätzlich noch ablenken. „Komisch, ich hätte darauf gewettet, dass der Mann dort drüben auf den Namen IUNIUS reagiert!“ Ohne darüber nachzudenken, folgte Lucia dem gleichen Plan der eben schon gescheitert war: Sie sprach ‚Iunius‘ merklich lauter als den Rest ihres Satzes. Diesmal ging sie aber noch zusätzlich einen Schritt auf diesen zu und beäugte ihn neugierig. Das musste er doch sein! … oder? -
Lucia wurde von Arsinoe gefühlt um den halben Platz geführt und tatsächlich, die Menge schien ein wenig lichter zu werden. Scheinbar kamen die meisten Menschen von der anderen Seite und machten sich nicht die Mühe weiter zu gehen, als es unbedingt notwendig war. „Das hast du gut gesehen, Arsinoe“, lobte Lucia ihre Sklavin, welche es mit einem scheuen Lächeln aufnahm. Noch konnte Lucia nicht viel besser sehen als von ihrem alten Platz aus, aber die Menge war verstreut genug, dass sie den Vorstoß nach vorne probieren könnte. Kurz wägte sie ihre Neugierde und ihre Unsicherheit gegeneinander ab und anders als sonst gewann ihre Neugierde nur knapp. Mit hilfe ihrer Leibwachen drängelte sich Lucia also nach vorn. Der Eine oder Andere wollte sich beschweren, doch keine wagte es etwas zu sagen, sobald sie der drei wuchtigen Kerle gewahr wurden.
Es dauerte nicht lange, dann stand sie auch schon so weit vorne wie es nur ging. Und hier standen Wachen, natürlich… Lucia verdrehte die Augen, da sie an ihre Begegnungen mit den Wachen am Palast denken musste. Hier würde sie wohl nicht mal mit einer Durchsuchung durch dürfen. Neugierig musterte sie den am nächsten stehenden Mann und glaubte irgendein Gott würde Scherze mit ihr treiben. Das unwohle Gefühl, das sie schon die ganze Zeit hier begleitete verschwand nicht, doch es wurde durch das absolute Staunen etwas nach hinten gedrängt. Kurz überlegte sie, wie sie reagieren sollte, doch ignorieren kam nicht in Frage! Sie hatte eine Idee! Wenn er es tatsächlich war, würde er wohl entsprechend reagieren, wenn nicht, dann könnte sie so tun als ob sie etwas anderes gemeint hätte. „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“, rief sie laut genug und überzeugend überrascht aus, dass auch der Soldat… wie hatte sein Freund sich nochmal verplappert? Iunius? Sie hören musste.
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Als ihre Blicke sich trafen, dachte sich Lucia es könne nicht verkehrt sein Höflichkeit zu zeigen. Wenn sie tewas mit ihrem Bruder zu tun hatten, würde sie die Männer vielleicht noch persönlich kennen lernen und dann war ein guter erster Eindruck Gold wert. Wenn sie sich irrte und diese Männer nicht kannte, dann tat ein wenig Höflichkeit niemandem weh. Sie hatte natürlich nicht vor zu den beiden hinüber zu gehen, aber sie nickte dem Älteren respektvoll zu und schenkte ihm ein Lächeln.
Arsinoe hatte sich ein wenig umgesehen und trat nun an ihre Herrin heran und sprach ihr leise ins Ohr: „Ich glaube wenn wir dort drüben herumgehen, kommen wir näher an die Tribüne heran, ohne uns durch die Menge quetschen zu müssen.“ Lucia nickte ihre Zustimmung, warf noch einen kurzen neugierigen Blick zu den Männern und folgte dann ihrer jungen Sklavin.
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Es hatte ein wenig länger gedauert, doch Lucia hatte sich nicht mit weniger als einem perfektem Aussehen zufriedengegeben. Sie trug eine hellblaue Tunika, weil sie fand, dass diese sie besonders unschuldig aussehen ließ. Dazu eine dunkelblaue Palla, zum einen war es noch recht kühl und zum anderen hob der Kontrast zu dem dunklen Stoff ihre makellos weiße Haut noch besser hervor. Den Mantel hatte sie in der Sänfte gelassen, wo auch die meisten ihrer Sklaven warteten, er hätte ihren Auftritt ruiniert und Gänsehaut hatte sie so und so. Da war es ihr lieber, wenn Duccius glaubte, dass es von der kühlen Luft kam. Sie wollte Valas Gewissen mit so vielen unterbewussten Signalen bombardieren wie es nur ging. Als Krönung dafür trug sie die verfluchte Kette am Hals. Eigentlich hatte sie stolzen Schrittes und erhobenen Hauptes, eben in jeder Hinsicht edel, auf Vala zutreten wollen, doch ihre Schritte wurden auf dem knirschenden Kies zögerlich. Was tat sie hier? Am liebsten wäre sie auf dem Absatz umgedreht und wieder weggelaufen. Doch dann würde diese grässliche Ungewissheit weiter gehen… Mit dem starken Gefühl sich übergeben zu müssen, blieb Lucia auf der Stelle stehen und atmete tief durch.
Sekunda hatte sich alle Mühe gegeben die Jugend ihrer Herrin hervorzuheben, einfach aus der schlichten Hoffnung heraus, dass Vala sich klar wurde, dass man Frauen die grade mal dem Kindesalter entwachsen waren so etwas nicht antat! Als ihre Herrin nach wenigen Schritten in den Garten hinein stehen blieb, legte Sekunda ihr eine Hand auf den Rücken und ergriff ihre eiskalten Finger. „Wir können wieder heim…“
Eben hatte sie es noch selbst gedacht, doch die Worte von ihrer Leibsklavin zu hören, regten Lucias Widerwillen an. „Nein, ich werde das jetzt hinter mich bringen!“ Mit sichtbarer Anstrengung straffte sie ihre Gestalt wieder. „Du kommst mit, bis Duccius n Sichtweite ist, dann bleibst du stehen und wartest auf mich!“ „Aber… „Kein aber, du tust was ich sage!“ Unwillig nickte Sekunda und trat von ihrer Herrin weg.
Die Enden ihrer Palla fest umklammert, aber ansonsten erhobenen Hauptes stolzierte Lucia in das Blickfeld von Duccius, dicht gefolgt von Sekunda, die jedoch zögerlich stehen blieb wo sie war. Mit klopfendem Herzen und zitternden Knien ging Lucia auf den Mann an der Statue zu. Ihre Schritte wurden langsamer und kleiner und sie blieb mit so großem Abstand von ihm stehen, dass man grade so nicht rufen musste, um sich unterhalten zu können. Da ihr eine versteinerte Mine nicht gelingen wollte, stand Lucia nun mit zusammengepressten Lippen da und wartete darauf, was nun wohl geschehen mochte.
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Eine Nachricht war für ihre Domina abgegeben worden. Nervös spielte Sekunda mit dem Schriftstück herum, doch es hatte keinen Sinn es ihr vorzuenthalten. So gerne die alte Frau ihre kleine Lucia davor beschützt hätte, konnte sie doch reingarnichts tun. Tief durchatmend trat sie zu ihrer Herrin und reichte ihr mit leicht zittrigen Fingern das Pergament.
Überrascht sah Lucia auf und schon im nächsten Moment dämmerte Erkenntnis über ihr Gesicht. „Von ihm?“ „Das wissen wir erst sicher, wenn du gelesen hast.“ Lucia nahm die Nachricht, entfaltete sie und las. „Allein zum Horti Lolliani?“ Unwohl bewegte sie ihre Schultern. Sekunda trat hinter ihre Herrin um die kurze Notiz ebenfalls zu lesen. „Ich begeleite dich!“ Das war keine Frage, das war eine Feststellung und Lucia nickte langsam. „Ich werde ja auch irgendwie hinkommen müssen, also werden meine Sänftenträger und meine Leibwächter auch dabei sein, aber die werden dann am Eingang warten müssen…“ Ihre Stimme hatte etwas Schlafwandlerisches. Sie räusperte sich und legte die Notiz beiseite. „Sekunda, Arsinoe. Wenn ich dem schon entgegentreten muss, dann ordentlich. Es ist noch ein wenig Zeit, richtet mich her!“ Wenn sie schon die ganze Situation nicht im Geringsten in der Hand hatte, das konnte sie noch selbst beeinflussen! Traten die Frauen in den Geschichten nicht auch alle stolz erhobenen Hauptes ihrem Schicksal entgegen? Lucia würde es sich so zumindest wünschen, meist gingen die Geschichten ja über die Männer. „Na los!“, scheuchte sie ihre Sklavinnen an und wiederstand gradeso dem Drang an den Fingernägeln zu kauen.
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Tarius nickte knapp, griff sich einen Eimer und rauschte mit den Worten „Brauch mehr Wasser…“ aus der Küche hinaus.
Sekunda musterte die junge Frau vor sich, schien aber zu keinem eindeutigen Ergebnis zu kommen. „Ich muss dich zu deinen Blumengestecken beglückwünschen, sie sind wundervoll. Das ist auch der Domina aufgefallen.“ Vermutlich war es am schlausten nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. „Darf ich fragen, ob du Hilfe bei dieser Arbeit hast und wo du deine Blumen herbekommst?“ So ganz war sich Sekunda nicht sicher, ob sie bei dieser jungen Frau überhaupt weiter kommen würde, aber da der Anhänger nunmal im Blumengesteck gefunden wurde… Es tat ja keinen Schaden ein paar Indormationen zu sammeln und so weit sie das selbst beurteilen konnte, waren aus ihren Worten auch keinerlei Anschuldigung zu hören.
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Lucia schüttelte langsam den Kopf. „So direkt, weiß ich nichts mehr… Aber ich muss mich jetzt ohnehin mit meinen Freundinnen besprechen. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht mehr über diese Sergia herausfinde, als ihr lieb ist!“, mit einem vorfreudigen Lächeln stand Lucia mit Schwung auf und rieb sich die Hände. Dann straffte sie die Schultern, lächelte ihren Bruder an und sprach: „Versprich mir alles zu erzählen, was du über die Verlobte von Iulius Dives zufällig aufschnappst.“ Sie wartete nicht auf eine Antwort, die negativ hätte ausfallen können, sondern rauschte aus dem Raum. Sie hatte Recherche zu tun!
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Sie war beim Tempel der Minerva gewesen. Sie hattee absichtlich eine Zeit abgepasst, in der sie sicher nicht auf Lepidus dort treffen konnte und hatte ein kleines, blutiges Opfer gebracht. In der darauffolgeneden Nacht hatte sie wieder einigermaßen schlafen können, wenigstens etwas. Doch wirklich erleichtert oder weniger sorgenvoll war sie nicht. Lucia ertappte sich beim Essen, wie sie die Happen nur zögerlich zum Mund führte und aus dem Haus war sie schon lange nicht mehr gegangen. Sie tat alles um sich abzulenken, ihr Lyra-Spiel verbesserte sich ungemein, doch wenn sie Abends zur Bett gehen wollte, kam die Unruhe wieder.
Sekunda, der diese ängstliche Unruhe ihrer Herrin nicht verborgen blieb, versuchte ihre Herrin mit Tees und Musik zu beruhigen. Doch nichts schien wirklich zu helfen. Eine Weile fragte sie sich, was wohl geschehen sein mochte, dann traf sie ihre Herrin eines Abends auf der Bettkante sitzend an, eine ganz gewisse Kette in der Hand. „Herrin, du musst schlafen. Ich brauch morgens inzwischen länger, um deine Augenringe zu verbergen, als ich brauche um deine Haare zu machen!“ Das war natürlich übertrieben, aber Sekunda hoffte auf ein amüsiertes Auflachen. Doch Lucia sah nur müde auf und lächelte schwach. „Du hast ja recht…“, gab sie zu, machte aber keine Anstalten sich hinzulegen. Stattdessen strich sich mit dem Daumen über das inzwischen warme Metall der Kette und umfasste anschließend einen der Bergkristallanhänger. „Ich mag den Bären am liebsten, er ist auf normale Weise zu mir gekommen…“, murmelte Lucia und seufzte. „Er ist zwar der plumpeste von den dreien, aber Luchs und Wolf… Sie schüttelte sich. „Herrin, gib bitte mir die Kette, leg dich hin und mach wenigstens die Augen zu! Vielleicht kommt der Schlaf ja, wenn du ihn lässt.“ Sekunda streckte die Hand nach der Kette aus, doch Lucia schüttelte den Kopf. Die Silberkette fest in der Hand ließ sie sich langsam nach hinten sinken und hob die Beine aufs Bett. „Ich kann ohnehin nicht schlafen, lass mich nachdenken.“ Mit einer müden Geste winke Lucia ihre Sklavin hinaus.
Was wollte vala ihr mit dieser vermaledeiten Kette sagen? War am Ende ihr Leben in Gefahr? Wenn nicht bald irgendwas von ihm kam, würde sie wohl verrückt werden! Aber sie traute sich auch nicht auf ihn zu zugehen. Diese verfluchte Kette!
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Am liebsten wäre Lucia zu Hause geblieben. So würde es wohl jedem in ihrer Situation gehen, aber da niemand von dieser Situation wusste und sie auch nicht vor hatte es jemanden wissen zu lassen… Da musste sie wohl in den sauren Apfel beißen und sich das Fest der Concordia antun. Normalerweise wäre es wohl niemandem besonders wichtig gewesen, dass Lucia hier wäre, doch Lepidus war im Auguraculum und erwartete sie hier. Nervös wie sie war hatte sich Lucia dazu entschieden sich heute hinter drei Leibwächtern zu verstecken, als sie dann letztendlich doch aus der Sänfte aussteigen musste. An ihrer Seite waren auch heute sowohl Sekunda als auch Arsinoe, die sich verschworen hatten ihre Herrin keine Sekunde aus den Augen zu lassen. Mit dieser menschlichen Mauer um sich herum glaubte sich Lucia bereit für die Massen, die wohl auf den Platz strömen würden. Dennoch fühlte sie ich alles andere als wohl und zögerte ihre Ankunft auf dem Vorplatz so gut es ging hinaus. Als sie dann jedoch langsam das Gefühl bekam Gefahr zu laufen ihren Bruder zu verpassen, musste sie wohl oder übel los.
Sie hatte sich mit niemandem verabredet und stand nun so relativ allein am Rande der Menge und sah sich nervös um. Sie war sich selbst nicht so ganz sicher, ob sie ein bekanntes Gesicht entdecken wollte, oder nicht. Ein Gespräch würde sie von ihren Gedanken ablenken, aber gleichzeitig hätte sie kaum die Konzentration, die es benötigte, um ein gutes Gespräch am Laufen zu halten. Fröstelnd rieb sich Lucia über die Arme und wartete. Es war doch gar nicht so kalt, oder? Warum war ihr dann schon wieder kalt?
Aus den Augenwinkeln glaubte sie zwei Männer zu erkennen, die sie schon irgendwo mal gesehen zu haben glaubte… War es daheim gewesen? Hatten diese Männer irgendwas mit ihrem Bruder zu tun? Da sie häufig im Atrium saß, oder die Tür zu ihrem Zimmer offen hatte, sah sie die Leute die bei ihrem Bruder im Officium ein und ausgingen, ohne dass diese sie unbedingt bemerkten. Es könnte sein, aber Lucia war sich zu unsicher, um die Männer anzusprechen. Lediglich ihr fragender Blick lag etwas länger als gewöhnlich auf ihnen. -
StesichorosOhweh, da war ja noch einer! Hoffentlich nahm er Stesichoros Fehler nicht persönlich! Der Sklave war kurz unsicher, bis sich der andere so unorthodox äußerte. Wer brauchte heutzutage schon Manieren? Erst einen armen Mann beim Genießen stören und sich jetzt auch nicht an die Etikette halten, aber ihm sollte es egal sein. Je eher die Herrschaften zum Dominus geschafft wurden, umso eher konnte er sich wieder seinem Gebäck widmen. „Wenn ihr mir bitte folgen wollt, ich führe euch zum Dominus.“
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StesichorosDer Sklave führte die Herren zu Lepidus Officium. Er klopfte, trat ein und kündigte an: „Dominus. Hier sind Dominus Tiberius Verus, Dominus Petronius Crispus und Dominus Petronius Crispus für dich“ Dann trat er beiseite und ließ die Herren ein. Sobald alle drin waren schloss er rasch wieder die Tür und beeilte sich zurück zu seinem Gebäck zu kommen. Wehe irgendwer hatte ihm das jetzt weggegessen!
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Lucia hatte alle weggeschickt, wirklich alle. Weder Sekunda, noch Arsinoe noch sonst irgendein Sklave war in ihrem Raum. Sie wollte allein sein. Sie musste nachdenken. Sie musste sich irgendetwas überlegen! Dafür brauchte sie Ruhe, absolute Ruhe. Was sollte sie tun? Unruhig lief sie vor ihrem Schminktisch auf und ab und versuchte ihre hektischen Gedanken zu ordnen. Doch diese gehorchten ihr nicht im Geringsten.
Das war das Werk von Duccius Vala, eindeutig. Er hat mir die Kette mit diesen kryptischen Worten gegeben. Er hat es irgendwie geschafft den Anhänger in mein Essen zu bekommen! In mein Essen! Vesta, schütze mich! Es konnte doch ein verrückter Zufall sein! Sei nicht albern, wieso sollte dich jemand überfallen um dir etwas in die Hand zu drücken? Das war ganz sicher kein Zufall! Also hat Vala auch den Überfall organisiert? Hatte der Kerl mich verfolgt und den richtigen Zeitpunkt abgewartet? Nein, das hätte ich doch bemerkt! …oder? Waren die Kinder am Ende auch von Vala angeheuert? Diese süßen Kinder, das konnte nicht sein!
Lucia schüttelte sich und blieb für einen Moment stehen. Nervös fingerte sie sich im Gesicht herum und versuchte anschließend mit den Zähnen dieses nervige Häutchen am Fingernagel zu erwischen.
Lass das! Du ruinierst dir noch deine Maniküre! Mach irgendwas mit den Händen… Irgendwas…
Nervös griff sie nach der Kette, die inzwischen alle drei Anhänger eingeklinkt hatte.
Diese verfluchte Kette! Und ausgerechnet Bergkristall! Ich hab Bergkristall gemocht, verdammt nochmal! Ich könnte die Kette wegwerfen und so tun, als ob das nie passiert wäre. Aus den Augen aus dem Sinn… Das wäre schön… aber das funktioniert nie und nimmer. Noch hat sich dieser Duccius nicht gemeldet, noch nicht. Aber was sollte das alles wenn es nicht irgendwohin führen sollte? Wollte Vala mir vielleicht nur Angst machen? Das wäre auch eine Möglichkeit. Vielleicht wollte er sich einfach nur rächen für die Abfuhr, oder er möchte, dass ich für ihn spioniere. Dazukönnte ich jetzt wohl kaum mehr nein sagen. So schlimm wäre das auch nicht… Ich glaube damit könnte ich mich abfinden. Aber wenn er was anderes will… Hoffentlich wollte er sich nur rächen! Ich könnte die Kette tragen, wenn wir uns das nächste Mal treffen. Dann würde ich ihm zeigen, dass ich verstanden hätte und wir würden kein Wort mehr darüber verlieren. Die anderen würden denken, ich mach es aus Höflichkeit, weil Duccius mir die Kette geschenkt hat. Wenn sie es überhaupt bemerken.
Das klang doch fast nach einem Plan. Lucia ließ sich de Kette durch die Finger gleiten.
Aber was wenn Vala doch noch etwas anderes wollte? Vielleicht sollte ich mit Lepidus reden… Nein, lieber nicht. Noch nicht. Ich würde nur viel Wirbel erzeugen und er könnte ja doch nichts tun, weil ich ja eh nichts beweisen kann… Minerva, was soll ich tun? Ich glaube ich sollte morgen zum Tempel gehen und ihr opfern. Das kann nicht schaden. Nein, das wird es nicht, vielleicht hilft es ja.
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Schade, gleich würde es vorbei sein. Lucia blickte mit einem warmen Schmunzeln auf die vor dem Leibwächter zurückweichenden Kinder. Aber sie würde sich auch nicht mit diesem Schrank anlegen wollen.
Nur der kleine Held, der so unbedingt Manlia freien wollte, schien sich nicht einschüchtern zu lassen. Er entfaltete ungeahnte rhetorische Fähigkeiten und hetzte doch tatsächlich seine Horde kleiner, wilder Gefährten auf die großen Ungeheuer. Offensichtlich war nicht nur Manlias Leibwächter das Ziel der Kinder, auch Lucias wurden tapfer bekämpft. Zuerst hatten die Männer gedacht, dass sie mit den Kindern leicht fertig würden. Doch an jedem Arm mindestens ein Kind hängend, wenigstens eins auf dem Rücken und noch ein gefühltes halbes Dutzend, die grade erst zur Erstürmung der Riesen ansetzten, belehrten sie rasch eines Besseren. Es dauerte nicht lange da landete Manlias Leibwächter auf seinem Hosenboden. Er hob mit Mühe das Kind von seinem Rücken, um wieder etwas zu sehen, nur um sofort wieder zwei auf sich zu haben.
Manlia und Lucia versuchten sich noch wenige Momente lang an vornehmer Selbstbeherrschung, doch sie hatten keine Chance. Lucia konnte nicht mehr! Sie hielt sich den Bauch vor Lachen. Manlia erging es nicht viel besser. Sie stand vorne und konnte grade noch so ihrem umfallenden Leibwächter ausweichen. Zwischen zwei atemlosen Lachern, seufzte sie theatralisch: „Meine Helden! Meine tapferen, kleinen Krieger!“ Dass sie mit diesen Worten wohl kaum ihre Leibwächter meinen konnte, war wohl jedem klar. Lucia wich geistesgegenwärtig einem ihrer halb blind taumelnden Leibwächter aus und zog sich an den Rand des Gerangels zurück und wischte sich die Lachtränen aus dem Augen.
Im ersten Moment glaubte Lucia einen spitzen Ellenbogen einer der Schaulustigen im Rücken zu haben. Sie wollte sich davon nicht die gute Stimmung verderben lassen und trat einen Schritt zur Seite. Erst als das seltsame spitze Ding nicht verschwand, kam das ungute Gefühl vom Anfang des Ausfluges zurück. „Ganz ruhig!“, die gezischten Worte ließen Lucia zu einer Salzsäule erstarren. Sie hatte sie über das Kreischen der Kinder beinahe nicht gehört und doch war sie Lucia durch Mark und Bein gegangen. Ihre rechte Hand wurde nach hinten gezogen und etwas hineingelegt. Was sollte das? In ihren Schock schlich sich Verwirrung. Im nächsten Moment war das Spitze in ihrem Rücken auch schon wieder weg. Wären da nicht ihre wackeligen Knie, ihre mehr als unangenehme Gänsehaut und die eiskalten Finger, die irgendetwas umschlossen… fast hätte Lucia glauben können sich das eben eingebildet zu haben. Schleichend langsam nahm sie ihre Rechte nach vorne. Mit aller Willenskraft die ihr zu Verfügung stand zwang sie ihre Finger auf. Ein Anhänger. Ihr Magen senkte sich mit einem Ruck, als ob sie eine Stufe verpasst hätte.
Die Kinder hatten sich schlussendlich doch dazu entschieden sich lieber zurückzuziehen. Sekunda lächelte leise, während Manlia ihrem beinahe Retter hinterher rief: „Ich werde die Stunden zählen!“ Sie lachte glucksend, während sich ihr Liebwächter mit einem nur unzulänglich unterdrückten Fluch wieder aufrappelte. Sekunda ließ ihren Blick zu ihrer Herrin wandern und erschrak: „Domina, du bist weiß wie eine Wand…“ Manlia drehte sich bei den Worten der Sklavin um und das Lächeln auf ihren Lippen erstarb: „Geht’s dir nicht gut, Liebes?“ Lucia schüttelte den Kopf und flüsterte: „Ich glaube ich möchte nach Hause…“ Manlia legte mütterlich einen Arm um die Schultern der Jüngeren: „Aber natürlich, Liebes!“
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StesichorosDas durfte doch einfach nicht wahr sein! Da genoss man einmal, ein einziges Mal, wie die hohen Herrschaften und dann musste einen die Realität so unbarmherzig an die eigenen Aufgaben erinnern! Unwillig legte Stesichoros das halb gegessene Gebäck beiseite. Durch rasches abklopfen versuchte er seine Kleidung von Krümeln zu befreien und öffnete auch sogleich die Tür. Ihm fiel es schwer seine schlechte Laune zu verbergen, weshalb er umso höflicher sprach: „Salvete! Willkommen in der Villa Tiberia, womit kann ich… Oh, salve Dominus Tiberius! Kommt doch herein!“ Stesichoros hatte eindeutig nicht mit ihm gerechnet. „Soll ich dem Dominus oder der Domina ihren Besuch ankündigen lassen? Und wen darf ich als ihren Freund melden?“ Jetzt verausgabte sich der gute Mann ja schon fast, dabei waren seine Gedanken die ganze Zeit bei dem Gebäck, dass halb verborgen hinter der Tür auf einem kleinen Tischchen lag. -
Fast spürte Lucia selbst die Enttäuschung, die den Jungen gepackt haben musste. Nie hätte sie gedacht, dass ihm so schnell so eine gewitzte Antwort einfiel! Der Jubel der Kinder auf seinen kühnen Vorschlag übertönte zum größten Teil Lucias überraschten und amüsierten Aufschrei, den die rasch abermals mit der Hand vorm Mund zu verdecken suchte. Überaus neugierig, wie ihre Freundin darauf wohl reagieren mochte wanderte Lucias Blick zwischen dieser und ihrem kleinen Halbgott hin und her. Sie selbst hätte jetzt sicher nicht mehr gewusst, was sie sagen sollte! Auf einmal war es Lucia wieder ganz recht nicht die Angebetete des Kleinen zu sein.
„Nur zu gerne, würde ich mich von dir entführen lassen!“, bestätigte Manlia Laeva mit einem breiten Grinsen. Doch mit dem größten schauspielerischen Talent, das sie aufbringen konnte, zwang sie das Grinsen zurück, bückte sich etwas und flüsterte die folgenden Worte laut genug, dass ihr kleiner Verehrer und die Kinder in den ersten Reihen verstehen konnten: „Doch mein Leibwächter hier ist meinem Mann treu ergeben, er wird mich nicht so einfach mit dir gehen lassen. Als hätte er nur auf das Stichwort gewartet, trat Manlias Sklave nach vorne neben seine Herrin und baute sich zu seiner vollen Größe auf. Irgendwie schaffte er es sogar seine Schultern noch breiter werden zu lassen, während er bedrohlich auf den kleinen Möchtegern-Entführer herabblickte.
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„Ach, Gerüchte gibt es immer.“ Lucia machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich werde dir Bescheid geben, wenn ich ein Schädliches zu Ohren bekomm. Aber die von denen ich weiß, sind ohnehin entstanden, als ich mit Manlia über dich spekuliert hab.“ Sie zuckte mit den Schultern und erlaubte sich ein freches Grinsen. „Mach dir keine Sorgen. Es sind keine unpassenden Kandidatinnen dabei und so verkehrt ist es auch nicht, wenn die Mütter da draußen wissen, dass du im Grunde interessiert wärst.“ Obwohl Lucia es extrem schade fand, ihren Bruder wohl nie beim Tändeln mit einer Frau zu erwischen, war ihr die Aufgabe nach einer geeigneten Partnerin Ausschau zu halten nicht unangenehm, im Gegenteil. Sie nickte also und sprach: „Ich werde die Augen aufhalten.“
Er kam auf sein Amt und was er bisher schon erreicht hatte zu sprechen und Lucia nickte abermals. Straßenreinigung war jetzt wirklich nicht das beste Amt was ihr Bruder hätte bekommen können, aber das würde sie ihm zum einen nie sagen und zum anderen schien es sich für ihn ja trotz allem auszuzahlen. Also bemühte sie sich stolz zu erstrahlen. „Das ist ja wunderbar! Ich wusste du würdest alle beeindrucken!“ -
Tarius war grade dabei die Töpfe zu schrubben, als Iotape zu ihm trat. Zunächst erfreut richtete sich der Junge auf und ließ die Bürste achtlos auf dem Boden liegen. Doch ihr Gestammel zusammen mit ihrem komischen Gesichtsausdruck bereiteten ihm Unbehagen. Als ihm dann endlich klar wurde, worauf Iotape hinauswollte, versteifte sich Tarius. „Klar, Freunde. Was sollten wir auch sonst sein?“, versuchte er sich möglichst locker zu geben. Er wischte sich die nassen Hände nervös an der Tunika ab und machte eine vage Bewegung zu den Töpfen. „Wenn du mir nichts anderes sagen wolltest, sollte ich vielleicht weiter machen… Stratonice… du weißt schon.“ Er wich ihrem Blick aus.
Die Köchin musste sich indes auf der anderen Seite der Küche die neugierigen Fragen dieser verwöhnten Leibsklavin antun. Was interessierte es diese wer den Nachtisch gemacht, angerichtet und gebracht hatte? „Jeder in der Küche hat seinen Teil dazu beigetragen!“, antwortete sie also abweisend. „Dann die Blumen, wer hat die Blumen arrangiert?“, änderte Sekunda unwillig ihre Frage. „Das ist Iotapes Aufgabe und sie erledigt sie hervorragend!“ Worauf wollte diese alte Frau nur hinaus? Stratonice verschränkte abgeneigt die Arme. „Und wo finde ich Iotape?“ Sekunda versuchte sich nicht über die Tatsache zu ärgern der Köchin jedes einzelne Wort aus der Naseziehen zu müssen. „Sie ist dort drüben.“ Sekunda nickte und bewegte sich auf die Sklavin zu, die grade mit einem jungen Kerl zu reden schien. „Iotape?“