Die Hinrichtungen liefen ziemlich glatt über die Bühne, mehr noch: ziemlich gut. Erst als die Anspannung nach dem doch recht gelungenen Start nachließ, spürte Aquila, wie nervös er wirklich gewesen war. Dass der Duccius beim Anfang selbst nicht hatte dabei sein können, weil er die anderen Veranstaltungsorte auch abklappern musste, hatte nicht gerade dazu beigetragen, dass Aquila weniger nervös gewesen wäre. Nicht dass er wirklich etwas hätte tun können, wenn da noch was schief gelaufen wäre, wo die Spiele schon angefangen hatten... aber trotzdem fühlte er sich verantwortlich, umso mehr in jenen Momenten, in denen er wusste dass er allein hier war. Als der Duccius zurückkam, war das also durchaus ein weiterer Faktor, der dazu beitrug die Anspannung geringer werden zu lassen, und Aquila lehnte sich zum ersten Mal an dem Tag etwas bequemer zurück. Nur um sich gleich darauf wieder etwas nach vorne zu neigen, als er die Worte des Aedils hörte und nach einem Blick zur Seite mitbekam, dass da irgendwas im Busch war. „Eh. Müsste sie?“ fragte er nach, ein bisschen verwirrt und ein bisschen unbedarft. So wirklich Gedanken darüber, ob die Sklavin nun zu Recht da unten gelandet war oder nicht, hatte er sich nicht gemacht... aber die Reaktion des Duccius war ziemlich eindeutig.
In der Arena ging es unterdessen weiter: die Überreste der Hinrichtungen wurden davon geschafft, der erste Gladiatorenkampf fand statt, und während erneut Helfer in die Arena strömten, um den Sand glattzuziehen, der durch die Pferdehufe ziemlich aufgewühlt worden war, lenkte ein Spektakel der ganz anderen Art die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich: ein Heiratsantrag. Genau wie die meisten anderen sah auch Aquila in die Richtung und erkannte in der Frau sogar die Sergia, mit der er noch eine Verabredung ausstehen hatte. Sieh einer an... in der Hinsicht hatte sie also die Wahrheit gesagt, dass sie quasi schon vergeben war. „Mann bin ich froh, dass ich dafür noch Zeit hab...“ brummte er grinsend, während nun wie ein Lauffeuer die Runde machte, dass sie ja gesagt hatte.
In der Arena waren die Helfer unterdessen fertig mit den Vorbereitungen für den nächsten Kampf, und mit großem Getöse wurden nun die nächsten Kämpfer angekündigt: der Secutor Atropates gegen den Retiarius Phalereus. Aquila war ein wenig überrascht, mit welch blumigen Worten zwei Kämpfer angekündigt werden konnten, die noch keine der großen Arenen von ihnen gesehen hatten... aber immerhin waren es welche, die vielleicht das Zeug dazu hatten, im Lauf ihrer Gladiatorenkarriere noch mal in eine der großen zu kommen. Oder zumindest hatten beide die Hoffnung, das noch mal irgendwann zu erreichen, wobei Aquila dem Retiarius die größeren Chancen einräumte. Er war der Jüngere der beiden, von dem was er vorab gesehen hatte, hatte aber das Manko der Unerfahrenheit – der Auftritt hier war für ihn der erste in einer Arena dieser Größe. Der Secutor dagegen hatte schon ein paar hinter sich und hatte den Sprung in eine größere trotz passabler Leistungen noch nicht geschafft.
Aquila war also durchaus gespannt darauf, wie die beiden sich heute schlagen würden, als sie ihre Aufstellung einnahmen. Er musterte sie, wie sie das Signal zum Beginnen abwarteten – und dann, wie danach noch ein bisschen länger warteten. Und noch ein bisschen. Mit einer Vorsicht, die ihn vermuten ließ dass die zwei fast so nervös waren wie er anfangs, umkreisten sie sich zunächst mal nur und begannen dann fast schon gemütlich, sich auszutesten. Der Retiarius stocherte ab und zu ein bisschen mit seinem Dreizack zu, was der Secutor mit seinem Scutum konterte, warf auch einmal das Netz, ohne zu treffen... der Secutor versuchte ein, zwei Mal, einen Treffer mit seinem Gladius zu landen, was er aber so zaghaft durchführte, dass sein Gegner kein Problem hatte auszuweichen. Aquila, der schon das Schlimmste ahnte, legte sich eine Hand über sein Gesicht und blinzelte zwischen den Fingern hindurch... und als die ersten Buhrufe zu hören waren, wäre er am liebsten so tief in seinem Sitz versunken, dass er selbst nicht mehr zu sehen war. Die Buhrufe allerdings schienen die Gladiatoren zur Besinnung zu bringen, dass das, was sie gerade ablieferten, nicht gerade unter Glanzleistung verbucht werden konnte... und Aquila sah mit einiger Erleichterung, dass es sie anspornte. Atropates begann als erster, seinen Widersacher mehr und mehr zu bedrängen, lieferte sich einen Schlagabtausch mit ihm und versuchte gleichzeitig, die Distanz genug zu verringern, dass die Reichweite von Dreizack und Netz dem anderen nichts bringen würde. Und zunächst schien das auch zu funktionieren, jedenfalls kam Phalereus immer wieder in die Situation, dass er eine größere Nähe zuließ als gut für ihn war, nicht nur angesichts seiner Bewaffnung, sondern auch seiner quasi fast nicht vorhandenen Rüstung. Was dem Retiarius aber ziemlich bald auch selbst aufging. Er bemühte sich zusehends, den Abstand immer wieder zu vergrößern, konnte zwar nicht verhindern, dass ihm das Gladius einen blutigen Kratzer am Arm zufügte, vermied allerdings größeren Schaden, als er einem weiteren Schlag geschickt auswich.
Der Kampf wogte nun für einige Zeit auf diese Art hin und her: Atropates machte Druck, versuchte noch mehr Treffer zu landen, Phalereus hingegen konzentrierte sich vornehmlich darauf, die Distanz zu wahren und setzte Dreizack oder Netz scheinbar nur ein, wenn er sich sicher war nicht im nächsten Moment das Gladius irgendwo spüren zu können. Letztlich war es die Rüstung, die den Ausschlag in diesem Kampf gab: die Zeit, die der Kampf nun schon dauerte, forderte seinen Tribut bei dem schwer gerüsteten Secutor... seine Bewegungen wurden langsamer, schwerfälliger, man konnte sehen wie seine Geschwindigkeit nachließ und er seinem Gegner nicht mehr schnell genug nachsetzen, sich nach ihm drehen konnte, wie es nötig gewesen wäre, um ihn überhaupt noch vernünftig sehen zu können. An diesem Punkt im Kampf angekommen, begann der Retiarius endlich, seine Chancen richtig zu nutzen. Mit einer raschen Bewegung brachte er sich auf Atropates' Seite, wo der Secutor ihn für jenen Moment, den er zum Nachdrehen brauchte, aufgrund seines fast geschlossenen Helms nicht sehen konnte, und warf sein Netz – und diesmal traf er. Das Netz wickelte sich um seinen Kontrahenten, machte den Schwertarm unbrauchbar und zog ihn mit seinen Gewichten nach unten, und mit Hilfe des Dreizacks brachte Phalereus den anderen ganz zu Fall. Er rammte seine Waffe so in den Sand, dass das Netz Atropates an den Boden fesselte, zückte seinen Dolch und wartete auf die Entscheidung, ob er sein Gegner am Leben lassen sollte oder nicht.