„Nee, du... bei meinem Triumphzug wird's nur einen Kerl auf nem Esel geben – und der bist du“, grinste Aquila flüchtig zurück, bevor es dann, nun ja, ans Eingemachte ging. Das Pferd. Flavus. Der Apfel. Arbiscars Frotzelei, oder jedenfalls kam es ihm wie eine vor. Und dann das, was so kommen musste, natürlich: sein Sturz.
Ein paar Momente blieb Aquila, wie er war, halb liegend, halb sitzend, und wartete, bis er wieder vernünftig Luft bekam, sich seine Sicht wieder geklärt hatte, und seine Gedanken auch wieder einigermaßen zu funktionieren schienen. Was die zwei am Zaun in der Zwischenzeit miteinander zu reden hatten, das rauschte irgendwie an ihm vorbei, davon verstand er herzlich wenig, und er bemühte sich auch gar nicht sich darauf zu konzentrieren. Stattdessen begann er zu realisieren, was passiert war... und begann mit schillernder Inbrunst zu fluchen, als er sich dann mühsam aufrappelte – nach einer halben Ewigkeit, wie ihm selbst vorkam, auch wenn diese ersten, flüchtigen Momente nach dem Sturz in Wirklichkeit nicht viel Zeit in Anspruch genommen hatten. Runtergefallen. Runtergefallen! Er! Er konnte sich auf nem Gaul halten wie sonst wenige, und dieses Vieh hier ruinierte seinen Ruf in kürzester Zeit! Aquila wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, verteilte dabei den Schmutz in seinem Gesicht nur noch mehr, anstatt ihn wie beabsichtigt wegzuwischen, und spuckte anschließend eine Mischung aus Dreck und Blut auf den Boden. Das Sand-Erde-sonstige-Pampe-Gemisch, das den Boden bedeckte, knirschte frustrierenderweise trotzdem weiter zwischen seinen Zähnen – und fing so langsam an, auf seiner Unterlippe zu brennen, dort, wo er sie sich aufgebissen hatte. Seltsamerweise war es auch das, was ihn gerade am meisten störte, obwohl sein Körper gerade an allen möglichen Stellen irgendwie weh tat.
Er schoss einen finsteren Blick in Richtung Arbiscar, der sich davon herzlich ungerührt zeigte, sondern nur wieder zu dem Gaul nickte – und obwohl Aquila sich am liebsten wenig freundlich darüber ausgelassen hätte, was er von dem Ganzen hier hielt, und wohin genau der Iberer sich sein irres Vorhaben schieben konnte, und dass er, Aquila, da ganz sicher nicht mehr mitspielen würde, machte er letztlich nur eines: er gehorchte. Was zum Teil daran lag, dass sein Stolz und sein Ehrgeiz ihn trieben – er ließ sich doch von keinem Pferd unterkriegen! –, zu einem guten Teil aber auch daran, dass er schon mehr als einmal Arbiscars Hand zu spüren bekommen hatte. Die letzte richtige Tracht Prügel war freilich schon deutlich länger hier... mittlerweile waren sie einfach in einem Alter, in dem Lehrer eigentlich keine Hand mehr anlegten, aber Arbiscar scherte sich um so was wenig. Wer ihm frech kam – selbst wenn es nur seine Definition von frech war –, bekam die Konsequenzen zu spüren, und Aquila war sich ziemlich sicher, dass der Iberer auch jetzt noch richtig zulangen würde, wenn er es für angebracht hielt. Und der Decimus war nicht scharf darauf, so etwas zu provozieren. Also riss er sich gerade bei Arbiscar in der Regel zusammen. Und da sollte mal noch wer behaupten, er könne sich nicht beherrschen...
Frustriert wischte er sich erneut mit dem Handrücken über den Mund, spuckte erneut aus und wandte sich wieder diesem unmöglichen Vieh zu. Dass ihn auslachte, darauf hätte er Stein und Bein schwören können! Wieder ging es ein bisschen hin und her, Aquila versuchte auf unterschiedlichste Art, sich dem Tier zu nähern, das Pferd wiederum wich aus... meistens auf eine einzige Art: indem es schlicht wegrannte, wahlweise einfach so, oder, je nachdem wie wenig Platz es noch hatte, indem es ihn dabei anrempelte. Und Aquila fluchte. Jetzt, wo sein ganzer Körper irgendwie weh tat, hatte er doch noch weniger Chancen als sowieso schon... was irgendwann auch Arbiscar einzusehen schien. Oder vielleicht hatte der auch einfach nur genug von der Vorstellung. Nachdem er sich das Spektaktel noch ein bisschen angesehen hatte, winkte der Iberer ab. „Das war's für heute. Morgen wieder um dieselbe Zeit – und bis dahin erwarte ich von dir, dass du dir was einfallen lässt, Decimus.“
„Was? Wie man diesen Gaul dazu bringt, ruhig zu sein, ohne Seil, ohne Futter, ohne sonst was?“
„Nur mit dem, was du am Leib trägst, ja.“ Arbiscar grinste wieder sein süffisantes Grinsen, das Aquila in Momenten wie diesen tierisch auf den Geist ging. „Entweder das, oder du legst mir glaubwürdig dar, was du dabei gelernt hast. Meine Herren.“ Mit einem leichten Neigen seines Kopfes verabschiedete sich der Iberer – und Aquila konnte endlich, endlich aus diesem verdammten Paddock raus. „Boah...“ stöhnte er, als er Flavus erreicht hatte. Eigentlich wäre er ja gerne über den Zaun geklettert, aber er war sich nicht ganz sicher, ob er das fertig bringen würde im Augenblick... also löste er den Haken am Gatter und verließ den Paddock auf konventionelle Weise. „Ganz ehrlich, ich hab keine Ahnung warum der sich immer wieder so nen Schmarrn einfallen lässt.“ Kaum hatte er das gesagt, sah Aquila sich sicherheitshalber noch mal um, nicht dass Arbiscar doch noch irgendwo in der Nähe stand und hören konnte...