Beiträge von Aulus Tiberius Verus

    Alle Teile fügten sich zusammen. Doch damit hatte er nicht gerechnet. Wirklich nicht. Die Reste des Griffels fielen zu Boden, als Verus erstaunt seine Augen aufriss und das Lächeln abfiel. Sie war eine Christin. Er hatte mit ihrer Beteiligung gerechnet, diese schließlich auf Prätorianer-Art nachgewiesen und doch überrraschte diese Aussage. Sie war weitaus tragfähiger als der bisherige Versuch die gefühlte Wahrheit zu etablieren, dass es die Christen waren. Verus fiel überrascht in seinen Sedes zurück. "Eine Christin...," wiederholte Verus halblaut, da er selbst diese Information verarbeiten musste. "Wir wussten, dass sie verwickelt war aber...," begann er mit einer verblüfften Erklärung und sprach dann zum Konsul weiter: "... das sie eine Christin ist. Eine echte Christin. Es gab Hinweise aber diese Offenbarung ändert alles. Auch für uns, Konsul." In der Tat änderte dies alles. Auch für Morrigan. Nicht nur, war sie nun eine wertvolle Quelle, sondern war auch im Zentrum weiterer Ermittlungen betrefflich größerer Christen-Gruppen. Dem Trecenarius war es völlig egal, ob sie wirklich eine Christin war, durch diese Aussage hatte sie den Prätorianer ausreichend Munition gegeben. Offiziell war sie nun eine Christin und als Christin würde sie wertvolles politisches Gewicht für die Prätorianer haben. Vorerst hatte sie ihr Leben gerettet. In gewisser Ironie hatte der christliche Messias auch sie gerettet, da sie nun lebendig wertvoller für die Prätorianer war. Verus kam nicht um den Gedanken hin, dass er diese Frau unterschätzt hatte. Sie war klüger als angenommen. Dankbar für diesen neuen Umstand, ließ Verus seinen Blick durch den Raum wandern. Die entkräftete und scheinbar bewusstlose Morrigan ignorierte er. Andere würden sich darum kümmern. Zusammengebrochene Personen kannte er zur Genüge. In seinen Befragungen brachen regelmäßig Bürger und Peregrine zusammen.


    Seine Worte bestärkten den Verdacht und er ließ den Mann weiter sprechen, während er sich selbst bereits erste Schlüsse zur Person erlaubte. Ängstliche Naivlinge waren leichte Beute. Sie waren immer bereit aus eigener Angst und selbstgerechtem Eifer einem vorbereiteten Pfad zu folgen. Selten wichen sie davon ab, da eine Angst vor sozialen Stigmata oder Ausgrenzung, wenn nicht sogar Schaden an der eigenen Person, bestand. Verus hatte gewonnen und einen weiteren Spitzel in den Reihen der Urbaner hinzu erlangt. "Wenn du uns hilfst, wird es keinen schlechten Ausgang haben," erklärte Verus mit einer etwas freundlicheren Stimme, welche im scharfen Kontrast zur kalten Sachlichkeit dieses Ortes stand. "Zumindest nicht für dich." Eine Einschränkung, die wahr war. Scaeva hatte sich gerade nützlich gemacht. - Und nützliche Dinge entsorgte man nicht. "Dein Vater war Prätorianer und ich sehe auch gute Chancen, dass du ein Prätorianer wirst. Sei treu und tapfer," meinte der Trecenarius ehrenrührig, nickte dabei dem jungen Helvetius zu und lächelte das erste Mal ehrlich. In der Tat vertraute er darauf, dass dieser Naivling noch etwas werden konnte. Er war mit seiner Angst formbar. Wenn nicht sogar willfährig kontrollierbar, denn man musste nur seine richtigen Schalter bedienen und Scaeva würde folgen, wie er es auch gerade getan hatte. "Danke," sagte Verus eindringlich und deutete dann zur. "Du bist entlassen und darfst wieder deinem Dienst nachgehen," entschloss sich der Prätorianer, da ihn selbst noch Arbeit drückte und diese keinen Aufschub duldete. Immerhin hatte er gewonnen und bis dahin war Scaeva nur ein weiteres Mittel im Arsenal, welches sobald es gereift war, in ein anderes Mittel überführt werden sollte.

    Verus lehnte sich interessiert auf seine Vorderbeine, um Morrigan und den Konsul zu betrachten. Der Konsul brachte dieser Situation eine neue Wendung. Die Prätorianer gewannen so oder so, da bereits die Christen im Themenzentrum standen. Interessant war ebenso, dass Morrigan, egal, was sie nun sagen würde, nur verlieren konnte. Wenn sie sich nicht belastete, würde sie stranguliert im Tiber enden, da sie die Prätorianer unterlief und wenn sie sich belastete, gewannen die Prätorianer, da die Christenthese obsiegte. Zynisch grinste der Trecenarius und zerbrach einen kleinen Griffel in seiner Hand.

    Verus war ungehalten. Nicht über ihre Aussage, sondern über die mangelnde Selbstbezichtigung. Denn es war ihm wichtig, dass auch Morrigan an dieser Deliktkette beteiligt war. "Ich möchte anmerken, dass diese Sklavin vor uns, Varia Unterschlupf gewährte und zumindest diverse Unterstützungsleistungen, wie Nahrung und Kleidung anversorgte," stellte der Prätorianer fest und blickte eindringlich zu Morrigan, damit diese seine Aussage bestätigen würde. "Auch möchte ich festhalten, dass Varia in ihren Ausführungen als Gottgesandte beschrieben wurde. Damit ist wohl der Christengott gemeint. Denn diese Sekte wartet auf einen Gesandten, der sie erlöst," schloss Verus und blickte dann zum Konsul.

    Es dauerte einen Augenblick, bis er die sich darstellende Lage bewerten konnte. In der Tat. Dieses Haus gehörte Sergia Severa. Der Name war ihm kurzzeitig entfallen, so denn er nun in seinen Gedanken die Berichte durchgehen musste, die ihm noch bekannt waren. Es dauerte einige Atemzüge durch seine Nase, bis er den Namen einsortieren konnte und entsprechend weitere Planungen in diesem Theater tätigen konnte. Wie konnte er nur verdrängen, dass diese Frau im Urlaub war und man deshalb ihr Haus zweckentfremden konnte, ohne sie zur Beteiligten zu machen. Sie galt als harmlos und somit wollte Verus nicht unnötig viele Personen unter Zwangsmittel stellen. "Du bist hier, um eine Aussage zu tätigen und uns Erklärungen abzugeben," antwortete Verus und setzte sich auf eine Bank in der Nähe, um seine Beine zu entlasten. Seine alte Kriegsverletzung machte ihm wieder zu schaffen. Der Schmerz zog sanft über das Gelenk hinauf, so dass er sich tatsächlich für einen Moment setzen musste. "Puh," machte er. "Du hast uns eine Menge Arbeit gemacht. Wirklich eine große Menge Arbeit," meinte er und lächelte falsch. Ein Lächeln, das einer Fratze glich und seine dennoch weißen Zähne offenbarte. Er brach das falsche Lächeln schlagartig ab und verschränkte die Arme vor seinem Oberkörper.


    Er ließ sich Zeit, denn er hatte es nicht eilig. Sergia Fausta würde sich entweder belasten, entlasten oder zumindest nützlich machen. So oder so, in dieser Sache waren die Prätorianer zumindest auf eine gute Mine gestoßen, die noch Geheimdienstgold auswerfen würde. "Sergia Severa," spielte er mit den beiden Worten und tat unwissend, um dann doch plötzlich mit einer Antwort hervor zu stoßen. "Ihr geht es sehr gut," war die ehrliche Antwort, die er aber sarkastisch betonte. "Ebenso, wie deiner Familie," erweiterte er diese Aussage mit einer Geste seiner Hand, deren Arm sich aber nicht von der Position löste. "Wir haben dafür gesorgt." Jetzt verspürte er Durst aber es war noch nicht an der Zeit, so dass Verus sich erneut Zeit ließ, um Sergia Fausta ausgiebig zu betrachten. Ihr Kleid hatte gelitten, sie war verschmutzt durch die Reise und Behandlung; und auch ihre Haare waren einmal in einem besseren Zustand. Eine gewisse Verwahrlosung ihres sonst adretten Auftretens war eingetreten. Nur ihr Blick schien standhaft, feindselig und selbstgerecht. Eine tapfere Frau, die viel erreicht hatte und sich sogar über Traditionen hinweg gesetzt hatte. Einerseits bewunderte Verus diese Frau und andererseits verachtete der Römer in ihm jede Faser dieser dominanten Einstellung, die mit alten Werten gebrochen hatte. Eine Procuratrix. Die Ahnen rotierten im Eylsium und sogen die Lila Wolken kräftig ein, um nicht daran zu denken. Nach ihm hätte es dies nicht gegeben. Man sah ja, welche Folgen es hatte. Frauen waren nicht für derartige Aufgaben geeignet; auch wenn er wusste, das Luna ihm jetzt für diesen Gedanken eine Pfanne über die Birne ziehen würde. Was wusste er über diese Frau, welche allerhand begangen haben soll? Einiges aber nicht alles. Sicherlich genug, um ihren Charakter zu bewerten und auch die Hintergründe für ihren rasanten Aufstieg bis in die Kanzlei des Kaisers. "Ich denke, du weißt, wer uns geschickt hat und warum?" Nun wollte sich Verus vorarbeiten, um ihr Wissen zu testen.

    Versunken in seinen Gedanken, vernahm der Prätorianer die Lobesworte nicht. Ihm war Lob nicht wichtig. Es behinderte nur und verwöhnte ein Ego. In seiner Arbeit ging es nicht um Egos, oder Selbstdarstellung, sondern vielmehr um die Arbeit als solche. Vielleicht nutzte man die Egos und die verfallenen Psychen anderer für diese ungesunde Arbeit. Man selbst tat es nicht für Lob oder Tadel, sondern schlicht, weil man es tat. Die Entscheidung lag nicht mehr in der Wahl, sondern schlicht in dem Wie. Verus konnte nicht mehr frei über seine Wahlmöglichkeiten verfügen, denn er war längst durch seine Zwänge und Umstände gezwungen. Vielleicht war er längst auf der richtigen Seite der Hölle oder auf der falschen Seite des Himmels. Die Grenzen verschwommen. Alles bekam diesen stichigen Glanz, verlor sich in der fürchterlichen Gleichgültigkeit und der Angst, welche aufsprudelte, wie eine kalte Quelle.


    Mit jedem Atemzug in diesem Dilemma verlor auch Verus einen Kampf. Und zwar den Kampf gegen sich selbst. Er war zynisch gewurden. Der Soldat begann Werte, Ideale und Vorstellungen über eine gerechte Welt abzutun; sie verließen ihn, wie flüchtige Seelen und er belächelte Moralisten, die ein Statut erhoben, obwohl diese Welt, die er kannte, seltsam leer war. Sie waren für ihn reine Heuchelei. Selbstgerecht bis ins Mark war für ihn Moral, und doch konnte er sich selbst nicht davon freimachen, nach Moral und Werten zu suchen. Gerade, weil er sie verloren glaubte, wog das Gewicht ihres Schatzes umso größer. In seiner Welt gab es nur Sachzwänge und diese verdammte Ratio, frei von Werten und Vorstellungen, die allein sich selbst und einer Funktion diente. Man war die Funktion geworden; sicherlich kein Held und mit Sicherheit auch kein Teufel, da eine Person unter diesen Umständen keine Beteiligung daran empfand. Verus spürte, wie sich seine Werte verflüchtigten, wie ein Atemzug. Sein Rom war leer, wie diese Welt.


    Er näherte sich seinem Grab, jeden Tag kam er näher auf dieses zu und ein Teil, der nicht an das Leben klammerte, freute sich auf die Erleichterung dieses Zustandes. Richtig und Falsch waren nicht mehr zu trennen, selbst in diesem Gedanken. Todessehnsucht, kalte Vernunft und ein Lebenshunger verbanden sich zu einem Kampf der widerstreitenden Interessen. Verus konnte diesen Wahnsinn spüren, erleben und sichtbar machen. Er hatte es bereits oft getan. Ein Staat war Widerspruch. Sein Imperium war Widerspruch und der Versuch diesen aufzulösen, zerstörte den Mann, der sicher treu und tapfer war. Der Trecenarius verstand, dass er nicht entkommen konnte. Niemals würde er seiner Rolle entkommen können; nicht nach all dem. Nicht nach Dakien, Germanien und seinen Erlebnissen in dieser schmutzigen Stadt der Lügen, Intrigen und des Machthungers. Ein Soldat marschierte weiter. Soweit die Füße tragen. Schließlich sprach der Konsul wieder sachliche Themen an, die Verus veranlassten seine eigene Leere zu verlassen.


    "Wir kennen den Aufenthaltsort von Sergia Fausta," erklärte Verus offen und zeigte dabei keinerlei Regung, nicht einmal ein Zucken eines Augenlides. "Wir werden uns darum kümmern," deutete er an und machte damit klar, dass sich der Prätorianer dieser Frau annehmen würden. "Sie wird eine Aussage machen," versicherte der Trecenarius.

    Plato schmunzelte. "Wir behalten gute Arbeiter gerne," meinte er. "Aber selbstverständlich gibt es keine Sicherheiten. Ich kann nur eines versichern, dass wir vernünftig mit euch umgehen und euch nicht bei Gelegenheit entsorgen." Immerhin war der alte Mann ehrlich. Insofern man diese Andeutungen als ehrlich bezeichnen konnte. Es fehlte an konkreten Aussagen. "Also diese Art Arbeit. Dafür ist immer Bedarf. Insbesondere in diesen Zeiten," nickte der Mann ab und deutete vor sich auf den Tisch. "Du erhälst an diesem Tisch deine Bezahlung. Deine Aufträge wirst auch hier erhalten." Plato deutete dann auf die Schüssel."Eine besondere Beilage in diesen Eintöpfen," erklärte der Alte. Alb würde einen kleinen beschrifteten Stein darin finden, welcher mit einer römischen Ziffer markiert war. "Diese Ziffer ist deine Ziffer. Du findest hinter dem Haus markierte Einkerbungen mit diesen Ziffern. Sie befinden sich an einer Gartenwand im Nachbarhaus. Unter deiner Nummer wird sich dein Auftrag befinden. Ziehe den losen Stein heraus und führe diesen Auftrag auf, der sich dahinter verbirgt," sprach er nun deutlich leiser, so dass es nur Alb vernehmen konnte.

    Verus beobachtete seine einstige Gefangene mit durchdringenden und sinistren Augen, bevor er sich entschied, dass dieses Spiel im Sinne der Prätorianer zu verlaufen hatte und auch würde. Mit seinen Augen hielt er Morrigan fixiert und nahm sich mit seinen freien Händen jeweils einen Becher und eine Karaffe, um sich provokant Wein einzugießen. Ein rauschendes Geräusch entstand. Mit einem halblauten Ton stellte er die Karaffe auf den kleinen Beistelltisch zurück und lehnte sich sanft in seinen Sedes zurück, um aus dem Becher zu trinken. Seine Augen verließen Morrigan nie; ebenso wenig seine Ohren, die aufmerksam jedes Wort vernahmen. Er würde ihr zu verstehen geben, was erlaubt war und was nicht. Sie kannte die Regeln. Man hatte ihr diese Regeln eindringlich erläutert und sie darauf konditioniert. Sollten sie ihre Fragen stellen, Verus würde seine Antworten erhalten.

    Ein dumpfes Klopfen an seiner Tür war ein Zeichen, welches Verus verstand. Das Paket war eingetroffen und wurde ins Atrium verbracht. Man stieß Sergia Fausta auf den Boden ihres eigenen Hauses, fixierte sie mit festen Händen, um sie auf den Knien aufzurichten. Kurz darauf öffnete man die Schlaufe des Leinensackes, um diesen mit einer ruckartigen Bewegung vom Kopf zu reißen. Der Prätorianer, der diese Handlung vollführte, war kein geringerer als Schweinenase, welcher die beiden Soldaten, die Sergia Fausta an ihren Schultern in Position hielten, beäugte. Sie sollten die Furie nicht entkommen lassen, auch wenn sie noch an ihren Händen gefesselt war. Der Centurio trat daraufhin mit dem Sack zurück und verschwand im Schatten.


    Die Gefangene konnte wieder sehen! - Und ihr Blick konnte direkt erkenntlich auf jene Blutlache fallen, welche eine Armlänge von ihr entfernt, ihren roten Horror verbreitete. Immer noch behindert durch grobe Hände, eine Handfessel und eine ungünstige Position, war nun ihr Ausblick frei aber diesen konnte sie immerhin frei wählen: von der einen Wand mit der kleinen Tür, über das Blut, hin zu zwei Säulen und einer Büste eines berühmten Sergius. Und selbstverständlich die Bodenplatten konnten in ihrer wunderbaren Einfachheit bestaunt werden, sofern sie sich dafür entschied. Verus selbst wartete noch einen Augenblick, gab seinen soldatischen Schauspielern ein klares Zeichen, indem er nickte, und die beiden begannen jene Show aufzuführen. Einer der Soldaten schlug mit einem Knüppel gegen einen Getreidesack, während der andere lautstark im Gnade flehte und ein Geständnis in den Raum stellte. "Ich gestehe.... Gnade, bitte! Gnade!" Das Geschrei flaute ab aber verblieb im Hintergrund. Verus öffnete vorsichtig die Holztür und schloss diese hinter sich, so dass man nicht sofort einen Einblick gewinnen konnte. Das Theater bestand ja in dieser besonderen Illusion. Bei dieser vorsichtigen Handbewegung hinterließ der Prätorianer einen Blutfleck am Griff, da er seine Hände ausgiebig in Schweineblut getaucht hatte. Das Blut tropfte von seinen Händen und zog somit Linien als er auf Sergia Fausta zuging. Er ließ sich einen Wassereimer reichen, in den er seine Hände tauchte, um diese vom Blut zu befreien. Im Anschluss nahm er ein Handtuch auf, welches ihm durch jenen Eimer-bringenden Soldaten gereicht wurde. Ruhig und geordnet trocknete er seine Hände ab, wobei sich auch dieses Tuch rot färbte; ähnlich dem wunderbaren Kleid der Frau vor ihm.


    "Ich muss mich entschuldigen," erklärte der Trecenarius, als er das Handtuch achtlos vor die Frau segeln ließ. Es war ohnehin beschmutzt und würde auch noch dazu dienen können, das Blut vom Boden aufzuwischen. "Diese Arbeit war auch mal...," begann Verus ohne eine Regung im Gesicht. "... leichter. Meine Soldaten waren auch mal zartfühlender mit einer Frau. Es war nicht ihr Auftrag, dich derartig zu verbringen." Er blickte auf die Knieende herab. Ja, er fühlte sich als Bestie, als Monster, welches im Krieg geschaffen worden war, um dieser einen Aufgabe mit Pflichtgefühl und Tapferkeit zu folgen. Dieses kalte Gefühl kroch in ihm hinauf, ließ zynischen Frost in seinem Herzen zurück, als die Vernunft dieses Geschäftes seine Handlungen bestimmte. "Aufrichten," befahl Verus und die beiden Soldaten hoben Sergia Fausta an. "Eine Sergia kniet nicht," entsprach er ihrem Naturell, welches aktenkundig war. Dieses Theater wurde nun um eine weitere Schauspielerin erweitert. Verus spreizte seine Finger, streckte diese und tat entsprechend, als ob er sich diese bei der Bearbeitung des Gefangenen überanstrengt hätte.


    "Ich muss mich wirklich entschuldigen," erklärte er abermals aber zeigte in seinem Gesicht immer noch keine wirkliche Gefühlsregung: außer jenen leeren Augen, welche durch sie hindurch zu blicken schienen. Noch hatte sich Verus unter Kontrolle. Denn Kontrolle war das wichtige Kernelement dieser Arbeit. Auch wenn sein Zorn und seine Selbstverachtung gerne einen Ausfluss finden wollten. All die Kämpfe haben eine verfluchte Rage in ihm zurückgelassen, die seine Träume in eine Hölle verwandelten. "Fessel lösen," wieder ein geblaffter Befehl, der sofort ausgeführt wurde. Man löste zwar die Fesseln, verweilte aber in direkter Nähe zur Gefangenen, damit sie keine falsche Bewegung machte. Verus hingegen ließ sich Zeit, um Sergia Fausta zu beobachten, seine eigenen Gedanken zu sortieren und ihr eine geraume Reaktionszeit einzuräumen. Sie war nun Beobachtungsobjekt. Diese Frau würde ihm einige Dinge erklären müssen und sicherlich zur Erhellung diverser Umstände in Rom und um Rom beitragen.


    Sim-Off:

    Und ich war mal so frei, die Fesseln zu lösen! ;)

    Plato mümmelte weiter seine Suppe und schien unberührt vom forschen Auftreten des Fremden. "Entspannt bleiben," meinte der Alte und lächelte salzig. "Die Bezahlung richtet sich nach Auftrag und enthält auch einen Bonus bei ...," erklärte der Verbindungsmann. "... besonderen Aufgaben." Er nickte ab und spielte mit dem Löffel im Entopf, so dass die groben Fleischbrocken im Kreis in der Schüssel trieben. "Was sind deine Fähigkeiten?" Eine wichtige Frage und danach würden sich auch die Aufgaben bemessen.

    Zitat

    Original von Morrigan
    Morrigan die, wie man von ihr verlangt hatte, in der Nähe wartet blickte kurz als ihr Name fiel und trat langsam zu Menecrates heran. Ihren Blick heftete sie auf den Boden, so konnte er wohl auch nicht sehen, wie sie ihre Augen weiteten. Die einzige sichtbare Reaktion war, das sich ihre Hände ineinander verkrampften. Vielleicht hätte sich im Anflug eines letzten Rest Überlebenswillen die Stimme gehoben und gesagt, das sie weder mit Varia noch den Aufständen etwas zu tun hatte, doch dann sprach der Consul weiter. Jetzt fiel ihr Blick auch auf die Männer, die hier im Atrium standen. Unverkennbar waren dies Prätorianer. Ihre Hände zitterten unsicher hob sie den Blick um ihn gleich wieder zu senken. Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Hatte sie ein Wahl? „Dominus ..ich...werde die Fragen .. aller Anwesend beantworten.“ Unsicher war sie und dies schwang auch in ihrer Stimme mit, aber sie traute sich nicht zu sagen, dass sie den Fragen von dem Mann der Prätorianer nicht beantworteten würde. Man hatte ihr unmissverständlich klar gemacht, dass sie nur durch ihre Gnade noch lebte und dass sie sie jederzeit wieder holen könnten. Wenn auch die Wunden langsam heilten und zu Narben wurden, waren die Erinnerungen immer noch präsent und ließen sie kaum schlafen. Wahrheit? Dieses Wort schmeckte so bittersüß. Was wahr schon wahr...was gelogen? Wer kannte den Unterschied. Dennoch nickte sie und nur das eine Wort fiel mit einem bitteren Ton aus dem Mund. „Wahrheit.“


    Sie tauchte auf. Das geschundene Objekt des willfährigen Wunsches. Eine kranke Machtfantasie eines Apparates, der kein Herz hatte. Der Konsul wollte sie schützen. Verus ging über diesen Angriff auf seine Person hinweg. Morrigan war nun wichtig und Verus stellte die anderen Debatten hinten an. Jetzt ging es allein um die Kontrolle dieser Person. Sie dürfte nicht einbrechen aber musste der schönen Linie folgen, die die Prätorianer bereitet hatten. Verus sah sich ganz in seiner Rolle gefangen, dass Morrigan in ihrer Linie blieb. Der Konsul schien dies zu ahnen und wollte sie besonders schützen, was er selbst nicht verstand. Dieser Mann war furchtbar weich und schützte eine Sklavin? Nicht, dass er das nicht auch für Luna und Chyou getan hätte aber in dieser Sache war das anders. Ein Konsul vertrat Rom und Rom sollte nicht derartig weich erscheinen. Das einzige, was diesen Staat zusammenhielt, war Macht. Ausgelebte und dargestellte Macht in Bahnen und Linien. Linien, denen auch Morrigan zu folgen hatte; wie auch Verus. Auch Verus war in dieser Sache unfrei. Mit seinen kalten aber bestimmenden Augen blickte Verus sachlich bewertend zu Morrigan. "Sklavin," grüßte er Morrigan im gleichen Tonfall, wie einst im Kerker. Wieder nahm er ihren Namen fort und wieder spielte er jene Rolle, die ihm als Trecenarius aufgetragen war: das kalte Monster. Eigentlich wollte er so nicht sein aber er musste es sein, um selbst im Apparat der Schatten zu überleben. Diese Sache war kein leichter Gang, auch nicht für den zerrütteten Verus, der noch immer Albträume und Horrorvisionen pflegte. "Konsul," nickte er Menecrates zu, um sich die Zustimmung zum Anbeginn der Befragung zu holen.


    Verus beugte sich herablassend vor und blickte mit einem starrenden Blick auf Morrigan. "Hast du Varia gekannt?" - war die erste schmetternde Frage, als Einleitung einer Reihe von Fragen, die maschinell aus seinem Mund fiel; ohne wirkliche emotionale Beteiligung aber mit einer gewissen Forderung verbunden. Sie konnte nur mit Ja oder Nein antworten und da man sie auf Folgsamkeit konditioniert hatte, würde sie den Worten eines Dominus und insbesondere ihres Angstgegners sicherlich immer entsprechen und folgsam eine Unterwerfung im Worte vollführen. Nicht erneut wollte sie den Horror erleben, den Verus - ohne Wunsch - als Person darstellen musste. Denn durch seine Aufgabe und Zugehörigkeit verband sich mit ihm jene fürchterliche Macht des Kerkers und der Gehirnwäsche. "Hast du Varia Unterstützung gewährt?" - war die nächste Frage, bevor Verus sich wieder in seinen Sedes zurücklehnte. "Hat Varia den Aufstand angeführt?" - eine konkrete Frage, die er etwas in der Stimme anhob, bevor er eine kurze Pause machte, um Morrigan Antwortzeit einzuräumen. Seine Augen ließen nicht von ihr ab.

    Verus war erleichtert seinen Erwerb absetzen zu können. Zwar war der Soldat stark aber eine Person lange zu tragen, war auch für ihn und seine strammen Oberarme eine Belastung. Immerhin war er die letzte Zeit hauptsächlich schreibend tätig, so dass er nicht in den Umfang seine Arme bearbeiten konnte. Er war ein wenig aus der Übung aber nicht vollkommen erschlafft. In vielerlei Hinsicht war er immer noch ein Kämpfer und seine körperliche Erscheinung schrie dies auch in die Welt. Nicht nur die Narben, sondern auch die breiten Schultern und stämmigen Beine. "Mein Zuhause," kommentierte Verus mit einem Augenzwinkern zu Luna. "Unser aller Zuhause," korrigierte er sich selbst gespielt und klopfte Chyou sanft auf die Schulter. "Du gehörst nun zu uns," versichterte Verus, der zwar nicht ganz auf seine Paranoia verzichten konnte aber Chyou aus erfindlichen Gründen dies nicht spüren lassen wollte. "Wir reden später. Luna zeigt dir alles und wie ich feststelle, kümmert sie sich bereits um dich," verlautbarte der Hausherr, der nun einen latenten Durst auf Wein verspürte. "Ich begebe mich in meine Arbeitsstube, Luna." In der Tat hatte er noch ein wenig Arbeit vor sich, da aktuelle Listen seiner Einheit gepflegt werden musste. Die Speculatores stellten erneut Anforderungen an Ausrüstung, die gegengeprüft werden musste. Mit bärenstarken Schritten, tappsend aber nicht elegant, trat er durch die Porta ins Haus und überließ Luna das Feld. Sie wusste, was gut war und er selbst konnte sich frei um seine Belange kümmern. Später würde er mit Chyou das Einführungsgespräch führen, welches er mit jedem Sklaven oder Angestellten führte. Eben die Darlegung der Hausregeln. Er war froh, dass dieser Kauf sich emotional gut anfühlte und er das erste mal seit langem wieder daran glaubte, dass noch etwas Gutes in ihm war.

    Verus hatte vor wenigen Tagen die Casa Sergia stürmen lassen. Stürmen war ein hartes Wort, da sich seine Leute dezent Zugang verschafft hatten. Die anwesenden Sklaven hatten den Prätorianern schlicht die Tore geöffnet, um nicht in deren Kerkern zu enden. Es war kein Schaden am Mobiliar entstanden, so dass man von Außen keinerlei Veränderung erkennen konnte. Verus selbst war noch nicht an diesem Ort gewesen aber es erschien ihm als sinnvoll die festgesetzte Sergia Fausta in ihrem Hause zu empfangen. Zumal es eine deutliche Geste war. Man würde ihr das Haus symbolisch übergeben und sich dafür entschuldigen aber im Kern war die Aussage eine andere. Man hatte das Anwesen durchsucht und unauffällig auffällige Dinge entdeckt und auch entsprechende Dokumente, die man eiligst auf Wachstafeln kopiert hatte. Zwar war noch nicht alles gesichtet worden aber man hatte den Trecenarius über gewisse Verwicklungen aufgeklärt, die nicht direkt mit der vermuteten Verschwörung im Zusammenhang standen. Ein Bild rundete sich ab, welches bereits länger bestanden hatte. Sergia Fausta war durchtrieben. Eine Feststellung, die Verus zu nutzen wusste und fand sich mit seinen handverlesenen Leuten in dem Hause ein. Er ließ Schweineblut auf dem Boden auskippen, so dass weitreichend verlief und schickte zwei Prätorianer in einen angrenzenden Raum, die ein schönes Theater spielen sollten: Folter von Hauspersonal oder Sergia Fausta bekannten Personen. Verus selbst würde ebenso aus diesem Raum kommen und seine Hände in Blut gebadet wissen. Er würde erst vor ihren Augen seine Hände reinigen, während die beiden Prätorianer Schmerzensschreie von sich gaben, die natürlich gespielt waren. Es war ein Theater, welches ängstigen sollte und eine Kulisse schaffen, damit Sergia Fausta wahrhaftig aussagte. Die anderen Prätorianer, selbstverständlich in ziviler Maskerade, hielten stoisch Wache in den Korridoren und dem Atrium. Alsbald würde Sergia Fausta, gebracht von behändigen Händen, eintreffen und ihr Haus durch die Porta betreten. Oder zumindest würde sie ankommen. Verus selbst würde auf einen Zuruf warten, damit er unbeteiligt erschien.

    Frauen. Besonders Frauen von Stand waren immer lästige Kunden. Er hatte genug. Die Plage an Centurio kaute erneut gelangweilt auf seiner Unterlippe, so dass die Bartborsten am Kinn dezent mit Speichel benetzt wurden. Scheinbar schmeckte er noch sein Mittagessen nach. Der Offizier war vollkommen desinteressiert an ihrem Stand und Person. Er sollte nur jemanden abholen. Mit ihrem Gezeter und ihrer beharrenden Art traf sie eine Entscheidung. Ihr Stolz brachte ihr nun den Sack ein. "Gut, du hast gewählt," entschied der Centurio, griff an seinen Gürtel um den verschmierten Leinensack hervorzutun und mit einer ruckartigen Bewegung über den Kopf der Sergia Fausta zu ziehen. Mit einem festen Ruck wurde die Schlaufe um den Hals geschlossen und erschwerte die Atmung. Dunkelheit fiel über ihre Augen. Dann wurde sie in einer einzigen Bewegung vom Plagegeist herumgerissen und von zwei Soldaten mit einem festen Seil gefesselt, welches um ihre Handgelenke geschlungen wurde. Man zog es recht fest, so dass es die Haut recht eindrückte und die Bewegung jener Gelenke erheblich unter Schmerzen setzte.


    "Der Transportwagen," befahl der Centurio und übergab die Frau an die zwei Soldaten, die sie gerade fesselt hatten. Er selbst trat hinaus, öffnete mit einer lustlosen Bewegung die Seitenluke eines umgebauten Reisewagens, welcher schwarz bestrichen war aber dessen Farbe blätterte bereits ab und am Einstieg war das Holz bereits recht abgenutzt. Man riss die Frau mit allerhand Kraft aus ihrem Zuhause und würde bei Widerstand sanft in die Knie treten, um sie behutsam zum Wagen zu verbringen. Der Centurio wartete bis Sergia Fausta im Wagen war, befestigte ihre gefesselten Hände in einer Art Metallring, so dass sie fest mit dem Wagen verbunden war und sich kaum innerhalb bewegen konnte. Mit einem lauten Ton schlug er die Tür des Wagens zu, verrammelte den Riegel und gab dann das Zeichen zum Abrücken. Man würde die Frau zum Wunschort des eingesetzten Beauftragten bringen. Wenig später saßen die Prätorianer auf und der Wagen rumpelte mit seinen alten Rädern in Richtung des Zieles. Man würde lange unterwegs sein. Unterwegs würde man die Frau mit einfachem Wasser und Brot verköstigen, sofern Zeit war. Nur für diese Arbeit würde man den Leinensack anheben und im Anschluss wieder aufsetzen. Ihre Hände würde man nicht entfesseln. Der schweinartige Centurio war zufrieden, dass dieser Einsatz recht einfach verlief. Seit den Aufständen gab es da schon deutlich gefährlichere und schmutzigere Arbeit. Eine Frau "einzusacken" war nicht unbedingt beliebt aber ein besserer Einsatz als die bekannten "Sonderdienste".


    Sim-Off:

    Edit - Hier, geht es weiter!

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus Minor
    Der junge Flavius vermochte nicht zu erkennen, welche Gedanken den Tiberius bewegten, als er seine Informationen in weiterhin lakonischer Weise reproduzierte, obschon es augenfällig schien, dass nicht eben Freude ihn ob jener Anfrage bewegte. Indessen mochte für den Trecenarius gelten, was Manius Minor alltäglich zur Einsicht war geworden: Die eigenen Wünsche und Neigungen hatten zurückzustehen hinter der Pflicht des Amtes, welches das Schicksal und die Bürde jedes Mannes an seiner Stelle war.
    "Nun, der Consul wünscht eine möglichst große Vielfalt an Perspektiven auf die Ursachen des Aufstandes, welche die Ermittlungen deiner Männer ergänzen soll. Da wir jedoch erst später in Roma eintrafen, nehme ich an, dass du in der Tat primär die Ermittlungsergebnisse einspeisen solltest."
    Dies mochte lediglich Spekulation sein, zumal der Quaestor ohnehin nur mäßige Einsicht hatte, nach welchen Kriterien der Claudius die Kommissionäre hatte erwählt, doch war die Lage im Falle Verus' ja aus eigener Erfahrung bekannt, weshalb persönliche Impressionen des Tiberius als Designationsgrundlage für ihn ausschieden.


    Noch immer tat sich Verus mit seiner Aufgabe schwer, da sie seiner geschundenen Seele erneut kalte Berechnung abverlangte. Immer wieder musste der Verstand über das Herz siegen, welches immer kräftiger kämpfte. Seine Vernunft zerbrach zusehens in diesern permanenten Angst, die den Prätorianern ihr eigen war. Sie lebten in einer ständigen Angst vor Feinden. Verus übernahm diese soldatische Denke, dass es immer Feinde gab und zog damit auch schwarze Gedanken an sich. Der einstig gute Mann wurde immer zynischer; beißender und geißelnder. "Das wird einiges an Arbeit verlangen aber ich bin bereit mich in diese Sache einzuarbeiten," sagte Verus mit trockener Stimme, die dringend Flüssigkeit bedurfte und sehr raubeinig einbrach. "Ich denke aber, dass ich mit meiner Erfahrung als Statorum für diese Arbeit geeignet bin." Tatsächlich war Verus geschult als Ermittler und Ordner von Dingen. Dieser Tiberius hatte ja selbst in Germanien mehrere Jahre eigenständig einen "Polizeibezirk" an der Grenze verwaltet. Auch wenn diese Arbeit und seine Kampfeinsätze deutliche Spuren hinterlassen hatten. Nicht nur die Narben an seinem Körper oder die Schnittnarbe an seiner Wange, sondern auch die seelischen Wunden, die nicht immer zu verbergen waren. Seine Augen zeigten sehr deutlich den "soldatischen" Blick. Dieser Blick war leer aber auch gleichermaßen traurig.

    Verus kaute auf etwas Speichel herum, der sich im Mund angesammelt hatte. Er verspürte einen geringen Hunger aber die Arbeit ließ ihn nicht los. Aufmerksam lauschte der Trecenarius, der inzwischen durch die Aufstände und Spätfolgen in Sachzwängen verhaftet war. Ohne sein wirkliches Wollen rutschte er selbst mit seiner Aufgabe in ein Terrorregime ab, da mangelnde Zeit und instabile Umstände wenig Raum für zarte Verhaltensweisen ließen. "Warum bist du nicht zeitig zu uns gekommen?" - eine berechtigte Frage. Verus notierte sich ein paar kryptische Notizen, bevor er den Griffel erneut zur Seite legte, um die neue Tabula zu studieren, die der Miles gebracht hatte. Ein zynisches Lächeln spielte sich auf seine Lippen, welches kaum merklich im Ernst zerschellte. Endlich hatte er brauchbare Informationen und Belege. "Dein Optio war weniger kommunikativ, wie auch der Tribun," kommentierte Verus sarkastisch und legte die gelesene Tafel auf den Stapfel mit der aktuellen Sachbearbeitung. Diese Tafel würde ihm noch genügend Munition für seine Thesen liefern und zumindest gewisse Kommunikationsmängel innerhalb der CU aufdecken. "Du hast dir gerade deinen Hintern gerettet, Helvetius. Ansonsten hätten wir einen Verdacht gegen dich erheben müssen, jenen der Vertuschung und Strafvereitelung, da du ein Helvetius bist," meinte Verus nun nicht mehr ganz so hart im Ton.


    Dennoch schwang eine Drohung mit, die Verus nie ganz als Prätorianer unterlassen konnte. Ihre Macht basierte nun mal auf Furcht und einer ständigen Gewissheit, dass sie über alles wachten oder zumindest wachen konnten. "Ich denke, dass ich das nun fallen lassen kann." Mit den bekannten kalten Augen wandte er sich an den Soldaten. "Erinnere mich daran, diesen Helvetius von der Festsetzungsliste zu streichen." Verus wollte Scaeva eindringlich machen, dass er knapp entkommen war und die Prätorianer wachsam waren. In Wahrheit hatte dieser Helvetius auf keiner Liste gestanden. Der Trecenarius wollte nur einen Nutzen aus dem Auftauchen dieses Mannes ziehen. "Wenn du uns deine eigene Unschuld garantieren magst, Helvetius, kann ich dir eine Aufgabe anbieten, die für das Imperium und den Kaiser von außerordentlicher Wichtigkeit ist," deutete der Offizier an und schien etwas von der Härte in seinem Gesicht zu verlieren. "Wir vermuten, dass es Versäumnisse und Defizite innerhalb der Urbaner gibt. Ich verlange nicht, dass du deine Kameraden bespitzelst," offenbarte Verus dezent den Auftrag und natürlich sollte er seine Kameraden aushorchen aber man benannte es nicht offen. Man brauchte immer ein glaubwürdiges Dementi.


    "Nur wenn dir etwas zu Ohren kommt, du gewisse Schlampigkeiten oder unsaubere Dinge feststellst, komme bitte zu mir und erzähle mir davon," wurde der Mann nun etwas deutlicher. "Dennoch verlange ich keine Geheimnisse oder grobe Vertrauensbrüche von dir, Helvetius. Sei einfach ein guter Soldat und diene deinem Kaiser gut," baute er sein Argument noch etwas aus und ließ dabei eine beißende Zynik nicht vermissen. "Vielleicht kann ich dann auch etwas für deinen Sold tun oder für eine Verbesserung deiner Dienststellung sorgen. Wolltest du nicht Prätorianer werden?" Verus beugte sich dezent vor, denn der Trecenarius war in der Tat heimlich darüber erfreut, dass er mit dieser Tabula gewisse Unsauberkeiten nachweisen konnte. Sie bestätigte in weiten Teilen bereits Annahmen der Prätorianer und würde sich in der anstehenden Kommission bezahlt machen.

    Das war nun interessant. Ein Miles der Urbaner entblößte sich und zeigte tatsächlich etwas Anstand. Vielleicht auch nur aus Angst aber das war Verus egal. Er hatte hier den Schlüssel zu einem weiteren Detail in seinen persönlichen Ermittlungen. Geneigt ließ er den Griffel auf den Tisch sinken und blickte Helvetius Scaeva direkt an. Seine kalt-traurigen Augen fixierten den Mann. "Ich höre," erklärte Verus bestimmt und machte eine Geste mit seiner linken Hand. Dann suchte er eine freie Tabula auf seinem Tisch, nahm den Griffel wieder auf, um sich diese Aussage notieren zu können.

    Der grimmige Kauz verstand bei den heftig herausgeworfenen Worten wenig. Ihn kümmerte auch nicht, was diese Frau von sich brachte, denn ihm selbst ging es schlicht um die Auftragserfüllung. Schließlich fiel das Passende aus dem Mund der zeternden Frau. Sie war Sergia Fausta und auch der Auftritt passte zur Personenbeschreibung. Der schweineartige Centurio mit seinem Bartungetüm kaute kurz auf seiner Lippe, die schließlich mit Speichel besabbert war. Der Rest des Wortschwalles der Frau verfiel wieder dem Desinteresse des einfachen Centurios, der sein ganzes Leben nichts anderes als das hier gemacht hatte. Er seufzte, da es sich - wie befürchtet- herausstellte, dass auch diese Frau zetern und kreischen würde. Immer wieder waren Frauen die schlimmsten Gefangenen. Sie waren oft sogar gefährlicher, da heimtückischer. Also musste er Vorkehrungen treffen. "Mir egal," entfiel ihm monoton aus seinem Mund und der deutete mit seinem Holzknüppel direkt auf Sergia Fausta, die bereits von vier Männern dezent umschlossen wurde, so dass ihre Lage sich erheblich zuspitzte. "Du bist Sergia Fausta," stellte er patzig fest und trat mit dem Knüppel drohend näher an sie heran. "Im Namen des Kaisers stehst du unter Arrest und wir bringen dich nach Rom," erklärte der Mann nicht allzu umfänglich seine Mission. Er stellte sich weder vor, noch tat er wirklich etwas, was die Hintergründe näher beleuchten würde. Vielleicht hatte er auch einfach keine Lust dazu oder war schlicht zu dumm, um klare Strukturen und Hintergründe schnell erklären zu können. Darüber hinaus redete er einfach in ihre Ausführungen hinein, so dass es fast so wirkte, als ob er sie garnicht wahrnehmen würde. Der Stiefel wurde durchgezogen. "Einheit, Durchsuchung beenden!" Seine Stimme durchbrach sogar die Tonlage der Sergia Fausta und war zwar keine Tirade aber eine deutliche Waffe, da seine Stimme durch Mark und Bein schallte. Schnell eilten Tritte und Schritte heran, als sich die restlichen Soldaten wieder in der Halle sammelten. Gerade schnaufte sie durch. Er hatte ihre weiteren Worte schlicht ignoriert, da es ihn einfach nicht kümmerte, was diese Person von ihm dachte oder wirklich wollte. Das war nicht Teil des Auftrages. Und er war sehr einfach gestrickt, sich sklavisch an die Befehle zu halten. Ihr giftiger Blick traf auf das borstige Gesicht des Centurios, der die Frau einem Schwein nicht unähnlich anblickte und seine kleinen engstehenden Knopfaugen blinzelten, als sie nun ihre Frage stellte. Eine Frage, die ihn auch nicht kümmerte. Zudem hielt er nicht viel von selbstbewussten Frauen. "Wir können es uns einfach machen, du kommst mit uns mit nach Rom und wir reisen bequem oder wir stecken deinen Kopf in einen Sack und du reist als Gefangene nach Rom," erklärte die Schweineplage nun und deutete mit dem Knüppel einmal durch die Reihe der anwesenden Soldaten, die alle mit gezogenen Klingen im Kreis um die beiden standen.

    Eine Octavia also. Verus notierte sich ihren Namen in Gedanken und verglich jene gedankliche Liste mit bedrohlichen Namen, die bei ihm eine gewisse Reaktion auslösten. Sie konnte mit Octavius Maro verwandt sein. Einen Namen, den er sich deutlich eingeprägt hatte, denn dessen Auftreten war mehr als unterrepräsentierend gewesen. "Ein nobler Name," kommentierte Verus, um sich etwas Planungszeit einzuräumen. Jetzt begann das Spiel erst. Sie hatte den Bezug zu ihrem Großvater genannt. Ferner hatte sie ein naives Lächeln, was fast zu freundlich war und somit bestand die Möglichkeit, dass sie dieses entweder fälschte oder tatsächlich ein Naivling war. Beides war auf seine Art gefährlich und erforderte gewisse Talente. Hier in Rom war selten etwas so, wie es schien. Rom war nicht nur aus Marmor erbaut, sondern auch aus Lügen. "Tiberius Verus," stellte sich Verus mit einem höflichen aber tiefen Nicken vor, welches fast eine Verbeugung war aber dennoch rechtzeitig gestoppt wurde, da sich ein Römer niemals verbeugte. Verbeugungen waren unschicklich in diesen Kreisen. Denn es gab keinen König mehr. Und man verband die Verbeugung mit der verhassten Königsherrschaft. Verus rang sich ein trockenes sowie salziges Lächeln ab, um die Konversation am Leben zu halten. "Dies ist eine wunderbare Gelegenheit Frauen von Stand und Verstand kennenzulernen," sagte der Offizier eloquent und ließ weiteres offen. Schließlich traf der Kaiser ein, wie Verus es erwartet hatte. Denn Verus kannte die Dienstpläne der Prätorianer aber er war nicht nur zum Schutze des Kaisers hier, sondern auch in eigener Sache. Man verband schlicht zwei nützliche Dinge. Man ahnte, dass Verus den Kaiser häufiger sah und begegnete, da seine Regung eher gemäßigt war und er sich nicht großartig in dessen Richtung bewegte. Im Prinzipat wollte der Augustus ja als Erster unter Gleichen wahrgenommen werden, so dass allzu große Unterwerfungsgesten ihn beleidigen konnten. Verus wusste dies und hielt sich als erfahrener Soldat des Kaisers zurück. Zumal er den Kaiser erst vor wenigen Stunden gesehen hatte, um diesem einen Bericht zu überbringen. Man wollte auch nicht zu sehr in des Kaisers Blick geraten.