Verus merkte sich entsprechende Aussagen, sortierte deren Bedeutung in seinem Schädel aber war sich gleichermaßen gewiss, dass ein treuer Prätorianer alle ihre Worte fast wortwörtlich auf einer Tabula notieren würde; ohne das sie dies wirklich verfolgen konnte. Verus wollte sogar den Anschein erwecken, dass er nicht ganz zuhörte, um sie in falscher Sicherheit zu wiegen. Der Protokollant befand sich unweit aber nicht in direkter Sichtlinie. Es war das alte Spiel. Man gab vor etwas zu sein, um einen anderen in Sicherheit oder Unwissen zu wiegen. Falsche Informationen, falsche Sicherheiten und Winkelzüge waren Teil des Geschäftes. Möglichst stets die Kontrolle über jene einzelne Möglichkeit des Momentes zu haben. "Ich finde es interessant, dass dein Wissen spontan genauer sprudelt, wenn wir auf entsprechende Verbindungen hinweisen," erklärte Verus und ließ offen, inwieweit er diese Aussage in Bezug zu den genannten Personen setzte. "Es ist egal, ob es dir angehängt wurde oder ob es wirklich so geschah, Gefangene." In der Tat war dies so. Letztlich entschied Verus über diesen Fall und konnte dank der weiten Strukturen der Prätorianer viele Details korrigieren sowie kontrollieren. Ihre Worte über jene vermutete Person, den wahren Drahtzieher, verfielen in ihrer Wirkung nicht. Verus, in seiner verführerischen Paranoia, fand so Querverweise und saugte ihre Wortwahl genau auf. Dennoch nannte er keinen Namen, schwieg beharrlich aber nickte Sergia wohlwollend zu. Sie spielte in diesem Geschäft mit und verweigerte sich nicht mehr. Ein Spiel der Verleumdungen, Lügen, und Nachstellungen. Eigentlich sollte sie dies sehr gut beherrschen. Verus war sich da sehr sicher. Doch aus diesem Grund, misstraute der Trecenarius dieser Frau. Römischen Frauen sollte man misstrauen. Sie waren alle auf Stand und Wirkung aus. Aus diesem Grund hatten die Ahnen gut daran getan, sie von allen wichtigen Ämtern und Posten im Staate auszuschließen. Verus hielt auch nicht von dieser feminina nova, die hier kauerte und vor ihm auf ihre Knie fiel.
Auch ihre Beteuerungen nahm er ihr nicht wirklich ab, denn jeder würde vor den Prätorianern ab einem Punkt flehen, betteln und auf Gnade hoffen. Die Prätorianer waren Horror und eine geordnete Terrormacht. Doch ihre Worte passten ins Bild der geplanten Ängste: Verus fand einen Namen in seinem Schädel auf diese Beschreibung passte. Er würde sich in wenigen Tagen dieser Sache annehmen. Oder diese Idee verwerfen, wenn sich andere neue geeignete Möglichkeiten ergaben, das Imperium zu stabilisieren. Im Grunde ging es auch nur darum: Stabilität durch Kontrolle. Sein Schweigen galt allein ihr, um ihr eine Unsicherheit zu erlauben. Verus dachte nach. "Es gibt Belege, dass du eine Organisation betreibst," stellte Verus bitter fest und log. Denn seine Belege waren dünn und schlicht Vermutungen auf Basis diffuser Quellenlage. "Eine Organisation, die uns nicht gefällt. Vielleicht bist du doch eine heimliche Christin?" Er ballte beide Händen zu Fäusten, bis die Knochen knackten. "Mir ist egal, dass du damit Interessen verfolgt hast. Diese Interessen standen nicht gegen Rom und uns," schwabulierte Verus, um ihr Informationen zu entlocken. Man wusste nichts Genaues, so dass man vorhandes Wissen als große Erkenntis verkaufte, um die finalen Teile aus ihrem Munde zu erhalten. Bisher hatten die Prätorianer nur Gerüchte und Durchsatzwissen von anderen Stellen. "Wie sollen wir mit dir umgehen?" - fragte er zynisch mit sanftem Ton, der in seiner Bösartigkeit nicht zu überbieten war. "Ich denke, dass du dein Leben längst durch deinen Weg verwirkt hast, der durch Machthunger und Gier getrieben war. Du dienst nicht Rom, sondern allein dir selbst," stellte er fest und verbalisierte einen grausamen Gedanken, den er nicht in die Tat umzusetzen gedachte.
"Wir haben Geständnisse, dass du beteiligt warst. Wir haben Belege für eine Organisation unter deiner Schirmherrschaft. Wir werden deine Kinder dazu bringen, gegen dich auszusagen," zählte er auf, was die Prätorianer hatten und kombinierte diese Aufzählung geschickt mit erlogenen Substanzargumenten. Sein Gesicht war nun emotionslos und eingeforen. Keinerlei Regung zeigte sich mehr und auch die Lippen sprachen die Worte kalt aus. "Nicht einmal ein Opfer vor Jupiter kann dich retten," meinte Verus, der an seine Hüfte griff, um aus einer versteckten Tasche einen Pugio zu ziehen. Die Waffe blitzte im Schimmer auf und zeigte bereits einige Kerben. Verus hatte diese Waffe häufiger eingesetzt. Klebten in diesen Kerben etwa noch Blutreste? In der Tat hatten sich dort Reste von Sterbenden versammelt, die eine schwarz-braune Kruste bildeten, obwohl dieser Dolch ansonsten poliert und sauber war. Nur die Kerben boten Anlass zur Spekulation. "Wir haben ein Problem." Er näherte sich mit der Waffe. "Du suchst Marcus," gab er nun endlich eine Antwort auf ihre Aussage. Seine Frage zur Liebe hatten nun ihre Frucht gefunden. Sie war die Vorbereitung für diesen Akt. "Er kann dir ins Elysium nachfolgen," gebot der falsche Meister und blickte über die Klinge hinab auf die Sergia, welche immer noch in ihrer gebrochenen Position auf ihren Knien verharrte. Mitgefühl wuchs in Verus, welches er jedoch unterdrücken musste. Das Geschäft war unerbittlich. Gnade kannte es nicht. Auch wenn Verus gerne Gnade zeigen würde. Doch noch musste dieses Spiel weitergehen. Die Plagen konnten nicht einfach zurückgerufen werden. Nicht nach alldem. Nicht nach diesem Aufstand. Die Prätorianer suchten eifrig mit ihrer Terrormacht nach einem Schuldigen; einem echten Schuldigen, der die hasserfüllten Gedanken zufriedenstellen konnte. Doch Verus war längst zur Erkenntnis gekommen, dass Sergia Fausta eine furchtbare Frau war aber nicht konkret mit dem Aufstand in Verbindung stand. Sie war mitunter nur Nutznießerin über diesen Commodus. Verus war dies jedoch vorerst egal, denn diese Frau musste nun einem neuen Nutzen zugeführt werden, damit die Prätorianer in ihren Ermittlungen fortfahren konnten. Sie musste den Prätorianern nutzen, ansonsten war jedes Wort verschwendet.
"Diese Klinge wird nur durch ein Gebot eingehalten, Gefangene," erklärte der Trecenarius in seinem eifrigen Pflichtgefühl, das jede Menschlichket verdammte. "Der Kaiser gab sie frei und ich führe sie mit der gebotenen Macht aber...," meinte Verus und strich mit der Klinge sanft über ihren Kopf. Eine hektische Bewegung durch ihre Person, würde einen Schnitt in den Schädel zur Folge haben. Nicht in den Knochen, jedoch in die Haut und würde zumindest eine blutige Wunde hinterlassen. Mit einer ruckartigen Bewegung seiner Hand griff er nach ihren Haaren und durchtrennte die lange Haarpracht, so dass die fesche Frisur zusammenbrach und eine größere Menge an Haaren zu Boden fiel. Die Klinge gab dabei ein leises Geräusch von sich. Ein hässlicher Bob entstand, der ausgefranst und unförmig ihren Nacken freigab. Schließlich setzte Verus die Klinge in ihrem Genick an, um den üblichen Todesstoß zu vergeben. Die Spitze des Pugio bohrte sich berührungsempfänglich - jedoch sanft und noch ohne Blut - in ihre Haut. Ein kräftiger Stoß würde ausreichen, um das Leben der Frau zu beenden. "... du bist nützlich." Eine einfache Wahrheit. Verus wollte diese Frau für die Geschäfte der Prätorianer nutzen. Sie sollte Teil der großen Gemeinschaft an Spitzeln werden. Dieser ganze Aufwand sollte doch einen Nutzen haben. Verus wollte nicht umsonst gekommen sein, auch wenn diese Frau nutzlos für den Fall war; umso mehr war sie nützlich als intrigante Schlange unter Kontrolle der Prätorianer. Was sie nicht wissen konnte, dass man Senator Iulius Centho ebenso umgedreht hatte; aber deutlich freundlicher. Centho war ebenfalls sehr freundlich in der Zusammenarbeit gewesen. Der Trecenarius nahm die Klinge zurück und verstaute sie mit einer geübten Bewegung in der versteckten Dolchscheide. Die einfache Tunika fiel darüber hinweg. Mit einer Fußbewegung wischte er ein paar zusammengeballte Haarsträhnen von Sergia Fausta weg, die in einem vorsichtigen Wind über den Boden getragen wurden. Es zog in diesem Haus.
"Ich kann die Geständnisse vergessen," erhob Verus mit bitterer Kälte seine Stimme. "Ich kann die Beweise über deine Organsation vergessen," setzt er fort und zeigte mit der Hand jeweilig die Zahlen an, an welchem Punkt er gerade war. "Ich kann deine Kinder und Familie freigeben," sagte er nun sanfter und lächelte sie sinister an, wobei sich seine Augen ins Dämonische veränderten. "Ich kann vergessen, dass du eine Christin sein könntest," stellte er fest und trat dann wieder ein paar Schritte von der Gefangenen weg. "Doch,- was kannst du in deinem mitleidigen Leben tun?" - fragte der Mann recht leise aber hörbar. "Kannst du endlich Rom dienen?" Er beugte sich dezent herab, machte dabei eine Art Buckel, als er erneut zu ihr hinab blickte, wie zu einem Tier. "Wir können dir eine Zusammenarbeit anbieten, damit du garantiert nicht in den Zusammenhang mit dieser Sache gerätst. Damit du Leben kannst. Es ist eine Gnade...," sprach Verus mit gewählter Stimme. "... die auch dir helfen wird. Nicht nur Leben können wir dir geben, sondern auch Schutz und Geld," lockte der Trecenarius nun mit Werten, die diese Frau einst gelockt hatten. "Du bist eine kluge und fähige Frau, die sich leider mit Kräften angelegt hat, die sie übersteigen," vermittelte Verus. Dann trat er heran, näherte sich ihrem Ohr, jedoch mit einer Hand in Abwehrhaltung, nicht das sie spontan angriff, und flüsterte mit fester Stimme: "Serapio." Er wusste um die persönliche Abneigung des Präfekten gegen diese Frau und wollte mit diesen Rufnamen zumindest eine falsche Flagge setzen, damit dieser Einsatz nicht auf seine eigenen Füße fiel. Teile und herrsche. Das galt auch im Geschäft der Prätorianer. Schließlich wagte der Prätorianer wieder zwei Schritte zurück, um diese Frau zu beobachten. Ihre Reaktion war von maßgeblichem Interesse.