Wie es eben üblich war, verging durch gewohnten Schritt der Marsch schneller als erwartet und man fand sich im Feindesland wieder. Verus selbst fühlte sich unwohl, ließ sich aber nichts anmerken. Der Tribun ließ Verus und den anderen Offizieren freie Hand, so dass die gesamte Organisation wohl nicht im Interesse des Tribun zu liegen schien. Verus wertschätzte dies, da es ihm genügend Spielraum ließ, um seine eigene Erfahrungen anzubringen. Er hatte genügend Lager in seinem Leben errichtet und bewohnt. "Dein Zelt errichten wir gerne dort," sagte Verus nüchtern, obwohl ihm der exponierte Platz nicht gefiel. "Aber ich weise gerne daraufhin, dass dein Zelt so Feindbeschuss schutzlos ausgeliefert ist, da es förmlich schreit, hier haust jemand Wichtiges!" Eine minder bissige Antwort, die Verus lapidar formulierte aber nicht an Kritik sparte. Er würde keinen Befehl in Frage stellen aber sicherlich seine Kritik anbringen. "Aber ich nehme nicht an, dass die Germanen über derartig gute Bogenschützen verfügen, dass sie einen Brandpfeil derart gezielt abfeuern können," revidierte Verus ein wenig seinen Kommentar und nickte dem Tribun zu. Ein deutliches Zeichen, dass der Centurio an die Ausführung dachte und dem Tribun nicht in den Rücken fiel. Es wurde nur erwartet, dass ein altgedienter Centurio, wie er selbst, einen Kommentar abgab, um im Zweifel Hinweise geben zu können. Gerade, wenn es nur ein senatorischer Durchgangs-Tribun war, der nur über militärische Grundkenntnisse verfügte. Insofern meinte es Verus auch nicht böse, wenn er solche Kommentare im harten Ton eines Militärs anbrachte. Der Ton in den Legionen war nicht immer sentimental oder ausgeklügelt, sondern sprach die Dinge direkt an; manchmal auch mit einem gewissen Biss. Nun ließ auch Verus seinen Blick frei laufen und somit sondierte er den Standort. Der See missfiel ihm sofort, da er eine ungeschützte Flanke schuf und im Zweifel, sofern sie von einer Seite angegriffen wurden, den Fluchtpunkt erheblich reduzierte. Zwar sorgte er für Wasser aber die Legion war gewohnt, Wasser auch über eine mittellange Strecke per pedes zu besorgen. Die Hügellandschaft bot zwar mitunter einen taktischen Vorteil aber konnte genausogut ein Nachteil werden. Legionäre kämpften ebenerdig und brauchten für eine ausgeklügelte Formation weite Sicht, die hier eingeschnitten war. Man würde nicht die Zeit haben, genügend Bäume für eine Sichtlinie zu fällen aber Verus würde die Männer anweisen, einige Baumreihen fällen zu lassen, um die Palisade zu verstärken, die ansonsten nur aus den mitgebrachten Schanzlanzen bestehen würde. Schließlich meldete sich der Decurio der Ala zu Wort, dem Verus sofort seine Aufmerksamkeit schenkte. Die Begutachtung würde er bald noch weiter vertiefen und dafür brauchte er Ruhe.
"Einverstanden, Germanicus," war die knappe Antwort des Veteranen mit einem wölfischem Lächeln. "Aber dennoch werde ich dir ein Conternubium als Geleit stellen, damit ihr nicht alleine die Nacht durchstehen müsst," erweiterte er dann seine Antwort, gefolgt von einem abgebrochenen Auflachen, wie es fast totengläubig aus seinem Mund fiel. Verus ging somit auf den Handeln ein aber hielt sich eine Hintertür offen, da Legionäre nur sich selbst und ihren Kameraden vertrauten. Nach Varus und verschiedenen Niederlagen war man es gewohnt, auf seine eigene Arbeit zu vertrauen und lieber eine Rückhand zu haben, die im Zweifel eingreifen konnte. "Packen wir es an," erhob Verus laut seine Stimme und trat in die Menge an Soldaten. "Achtung, im Quadrat aufteilen und Schanzarbeiten vorbereiten. Centurionen sollen sich bei mir einfinden zur Einteilung," donnerte sein Befehl in die Reihen. Und so hob er als markantes Zeichen auch beide Hände an und ballte die Hände zu Fäusten, was ein sichtbares Zeichen für die anderen Centurionen war, sich bei ihm einzufinden, während die Feldzeichen bereits gesichert wurden.
~~~
Ich erlaube mir einen kleinen (abgesprochenen) Zeitsprung, damit die Bauphase sich nicht zu lange hinzieht und unser Tribun noch innerhalb seiner Amtszeit zu seiner Mission gelangen kann!
Verus ließ zwei Soldaten, sein persönliches Gepäck, welches nicht sehr groß war, zu seinem bereits errichteten Zelt bringen, welches er alleine bewohnte aber nicht wesentlich größer war, als die üblichen Zelte der Schlafgemeinschaften. Die anderen Soldaten, welche nicht von ihren Offizieren mit Schanz- oder Sicherungsarbeit betraut waren, errichteten ihre Schlafzelte und legten die kleinen Feuergruben an. Sein Pferd wurde zum großen Bereich gebracht, wo man alle Reittiere der Legion an einem Seil, welches zwischen zwei Holzstangen gebunden war, anband. Dieser Bereich wurde bereits von zwei Legionären bewacht, damit niemand ein Reittier entwenden konnte. Eine kleine Schar von Legionären hingegen sicherten die Schanzarbeiten mit ihren Hastae ab, um im Zweifel Angreifer zu verlangsamen, bis die anderen Soldaten bereit waren, welche zwar in Rüstung ihre Arbeiten verrichteten aber nicht so schnell ihre Waffen zur Hand nehmen konnten. Verus selbst, trug einen Spaten bei sich und prüfte damit den Anstich der Erde an der bereits errichteten Schanze, welche gerade mit Bodensoden und Laubresten beworfen wurde, um es einem Angreifer zu erschweren, den kleinen Steilhang zu erklimmen, da er immer wieder abrutschen würde. Auf der Krone des Schanzwerkes aus Erde, welche mühsam ausgehoben worden war und deren Aushebungsgrube nun eine Art Graben bildete, rammten geübte Legionäre ihre Schanzlanzen in die Erde, um diese mit einem festen Seil zu verbinden, damit eine lockere aber dennoch bremsende Palisade entstand. Verus hatte angeordnet diese mit liegenden Baumstämmen, die man unter einem leidenden Getöse heranschafte, zu verstärken.
An einigen Stellen lagen bereits zweifach aufgetürmte Stämme, die mit einem Seil gehalten wurden. Diese Stämme verstärkten erheblich die Palisade, die ansonsten mehr Zaun, denn Wehranlage war. Der Anstich des Walls hielt und Verus nahm sich etwas Erde zwischen die Hände, um diese zu zerreiben. Es war gute und feuchte Erde, die nicht leicht verrutschen würde. Er nickte zufrieden und gab dem ausführenden Centurio ein Handzeichen, dass er deutlich zufrieden war. Schließlich ging Verus zum Eingangsbereich, welcher ein Centurio, der als Handwerksmeister galt, errichtete. Er und seine Männer verankerten gerade das mitgeführte Tor, welches zwar aus simplen Holzlatten bestand aber besser gearbeitet war, als das, was sie hier im Felde kurzfristig errichten konnten. Es war ein einfaches Stecksystem, was durch Bolzen gesichert wurde. Das Tor stand bereits und Verus prüfte dessen Festigkeit mit einem Fußtritt. Es hielt. "Gute Arbeit," kommentierte Verus dankend, während er mit seinem Spaten auf der Schulter weiter durch die Arbeiten schlenderte. Somit erreichte er auch bald das große Zelt des Tribuns, welches bereits von ausgewählten Soldaten als Garde bewacht wurde. Zwei Soldaten sicherten den Zelteingang ab und die beiden Hauptfeldzeichen standen jeweils vor dem Zelt. Die anderen Banner des Imperiums würde man bei Fertigstellung des Lagers anbringen und somit sichtbar zeigen, dass dieses kleine Lager nun stolze Trutzburg des Reiches war. Verus betrat das Zelt und blickte sich um. Etwas Erde bröselte dabei von seinem Spaten. Die Einrichtung, deutlich wertvoller und luxoriöser als seine eigene Zeltausstattung fand sich darin. Die Sklaven und Soldaten hatten schnell entsprechenden Kram des Tribuns ins Zelt entsorgt, um Hände für wichtigere Arbeiten frei zu haben. Alles stand etwas durcheinander aber war für den Zugriff durch den Tribun bereit. Verus selbst sondierte die große Karte auf dem Kartentisch mit einer Handbewegung, indem er sie korrekt ausrichtete. Er nickte und verließ das Zelt wieder, um den Spaten schwungvoll in den Boden zu rammen, um seine Hände nun ganz frei zu haben. Er atmete erleichtert durch. Das Lager war schneller erreichtet, als geplant und Verus konnte zufrieden sein. Mit seinen ewig traurigen Augen nahm er anerkennend den üblichen Anblick des geordneten Legionslagers wahr. Die Reihen aus Conternubia, mit den etwas größeren Zelten der Centurionen an deren Enden und die Sammelzelte und der Sammelplatz für die Reittiere. Brannten dort schon Feuer zur Zubereitung der Abendspeisung? Wunderbar! Verus holte tief Luft und wartete nun auf den Tribun sowie die anderen Offiziere.
Das Lager war nun nach Verus Befehlen in einem breiten Rechteck angelegt, war nur über ein Haupttor zugänglich und die verstärkte Palisade schirmte ausreichend ab, so dass ein schneller Durchbruch unmöglich war. Auch war der See abgetrennt, da Verus ihn nicht in seinem direkten Rücken haben wollte, so dass Legionäre Wasser mit Eimern heranschleppen mussten. Man würde es ohnehin vorher abkochen, wie es die griechischen Ärzte geraten hatten.