Beiträge von Aulus Tiberius Verus

    Verus konnte nicht mehr rechtzeitig reagieren, da sein eigener Verstand in einer Endlosschleife aus seinen eigenen Dämonen gefangen war. Die erste Welle an Gewalt brandete über seine Männer, die sich mit Mühe erwehren konnten und doch fielen einige Männer zu Boden und konnten nicht mehr gerettet werden. Seine zwei Legionäre, die ihn absicherten, packten ihren Centurio, zogen ihn einige Meter zurück in eine Gasse. Die anderen Überlebenden folgten dem Helmbusch ihres Anführers und schlossen ihre Schilde in einer Reihe zusammen, um in die Gasse rückwärtsgehend zu folgen. Die Römer wurden nicht getrennt, und doch waren sie unter Bedrängnis geraten, da sie trotz der überlegenen Ausrüstung von allen Seiten angegriffen wurden, selbst aus den Hausöffnungen und fensterlosen Rahmen. Überall schnellten Klingen oder Spitzwaffen hervor. Umschlossen von den Schilden seiner Männer waren sie eingekeilt, während Verus versuchte die Situation zu verstehen. Erst nach einigen Atemzügen fand er sich im Moment wieder, während sein Herz raste. Doch die Zeit schien in langsamer Fassung zu verlaufen. Er betrachtete die Situation, wie die Waffen auf die Schilde seiner Soldaten trafen, die sich mühsam erwehrten und sogar einige Pilae schleudern konnten und schließlich mit ihren Kurzschwestern über die Schilde hinweg in die heranbrechende Menge stachen. "Centurio," brüllte ihn ein Soldat an, der bemerkt hatte, dass Verus abwesend war. "Befehle," wollte er wissen und stand direkt vor Verus mit erhobenem Scutum, in Richtung Feind. "Kämpft, Linie halten, achtet auf die Seiten," erhob Verus seine Stimme und blickte zum jungen Legionär, der gerade Befehle eingefordert hatte. Doch da passierte es und ein krummes Küchenmesser, geführt von der Hand einer Frau, stach in die Kehle des Soldaten, da dieser sich zu Verus gewandt hatte. Dem jungen Tiberius spritzte Blut ins Gesicht, was ihn erneut ängstlich und schockiert stehen ließ. Er wusste nicht damit umzugehen und doch fand er den Mut mit seinem Gladius in die Öffnung zu stechen. Er traf die ältere Frau mit ihren langen Haaren direkt ins Auge, die sofort aufschrie. Sie fiel zurück in den Innenraum, während er mit zitternden Augen das Gladius zurücknahm, um zum sterbenden Legionär herab zu blicken. Er wollte sich herabbeugen, doch die Linie schob sich auch ohne seinen Befehl weiter, da sich die Römer Schritt um Schritt zurückzogen, doch es war bereits zu spät, da sie umschlossen worden waren und sie waren nun in dieser Gasse eingesperrt. Von beiden Seiten prügelten allerhand Waffen auf sie ein. Verus konnte das metallische Scheppern, das Geschrei und das Getummel hören, da er selbst einen Schlag auf seinen Nackenschild erhielt und mit dem Kopf zusammensank. Er wandte sich einmal herum und sah einen jungen Germanen, fast noch ein Kind, welcher mit einer Axt nur knapp seine vitale Linie verfehlt hatte. Verus packte den Germanen, zog ihn aus der Tür und rammte ihm mit voller Wucht das Gladius in den Bauch, sodass warmes Blut über seine eigene Hand lief. Er spürte dessen Wärme, während er dem jungen Mann tief in die Augen blickte. Die Pupillen seines Gegenübers weiteten sich, bis sie schließlich zusammenfielen und die Augen leer wurden. Verus hatte gesehen, wie das Leben aus dem Feind gewichen war, während dieser noch einen stöhnenden Atemzug in seine Richtung hauchte. Dann zog Verus die Klinge aus dem Unterleib, noch einmal sackte etwas Blut noch, fiel auf seine Militärsandalen und machte sie feucht. Verus betrachtete noch einen Moment den Toten, der wie eine Puppe, auf dem Boden zusammenrollte. Mit einem Fußtritt trat er dessen Kopf in den Boden und deutete seinen Männern, beide Seiten zu verteidigen. Er selbst entschied sich die rückwärtige Seite, zum Wald hin, zu unterstützen. Er hatte die kalte Tapferkeit gefunden, denn seine Emotionen waren in diesem Moment tot. Er ließ seine Dämonen frei und handelte schlicht. Rom war hier fern. Sehr fern sogar. Kalte Nadelstiche bohrten sich in seine Seele, die kaum noch Mensch war, sondern Bestie, die sich in die Menge seiner Männer warf, um diese mit einigen Stichbewegungen in die Richtung der germanischen Angreifer zu unterstützen. Er traf einen Germanen ungünstig im Gesicht, als dieser sein Schild leicht senken musste und durchtrennte den Kiefer, der schließlich gekippt zur Seite fiel. Verus angewidert nahm sein Gladius zurück, während der Germane aus der Menge ausscherte, um auf dem Boden knieend versuchte zu verstehen, was geschehen war. Verus keuchte schwer, als ein Speer in den Innenraum des Schildwalles seiner Legionäre flog und unweit seiner Position im Boden stecken blieb. Verus wandte sich vom leidenden Germanen ab und betrachtete für einen schnellen Atemzug den Speer, den er mit einer krummen Bewegung herausriss, um mit diesem einem Germanen, der von einem Hausdach in die Menge springen wollte, in den Hals zu stechen. Der Germane, erhoben mit zwei Äxten in der Hand, fiel vom Dach und starb mit aufgerissenen Augen im Schildwall der Römer. Verus ließ den Speer fallen, da dies nicht seine Waffe war. Er blieb bei seiner geübten Waffe, dem Gladius, welches bluttropfend ruhig in seiner verkrampften Hand lag.


    "Weiter," befahl Verus, der erneut in Richtung Wald deutete und seine Männer begannen mit ihren Schilden zu schieben; immer fester, wie sie es gelernt hatten. Schritt um Schritt, auch unter Bedrohung durch Waffen, die auf ihre Helme und Schilde schlugen, drückten sie dagegen an. Immer wieder untermauert durch schnelle Stichbewegungen in Richtung Feind. Verus blickte sich erneut umher, und bemerkte, dass die rückwärtige Linie schwächelte, so dass er die Seite wechselte, um dort zu helfen. Erneut stach er kräftig mit seinem Gladius seitlich am Schild vorbei und traf einen Germanen in die Unterseite seiner Achsel; wohl ein tödlicher Treffer, da dieser zwar noch seinen Hieb auf das Scutum eines Legionärs ausführte aber dann schlicht nach Hinten kippte. Die Axt blieb im Scutum an der Kante stecken und fiel erst durch einen kräftigen Ruck des betreffenen Soldaten ab. Immer wieder mussten die Römer kraftvoll gegen den Ansturm ihre Schilde heben, sich gegenseitig decken, um nicht noch mehr Männer zu verlieren. Doch da passierte es wieder. Wieder stürmte ein Germane aus einer Hausöffnung in die Mitte, gefolgt von zwei weiteren. Verus, der einzige Römer, der ungebunden von einer Verteidigungslinie war, musste reagieren. Mit einer fast schwungvollen Kreisbewegung schlug mit seiner Waffenhand in den Schulterbereich eines Germanen, so dass die Klinge bis auf den Knochen eindrang, dann zog er diesen Feind mit einem gezielten Tritt in einen unteren schmerzlichen Bereich ausser Gefecht und wandte sich dann den anderen beiden zu, die jeweils einen Schild und einen Speer trugen. Einer stach zu, doch Verus wehrte den ungezielten Versuch mit einer auftauchenden Armbewegung ab, so dass die Spitze des Speers über seine gepanzerte Armschiene rutschte, was ein scharbendes Geräusch von sich gab, dann drückte mit seiner freien Hand das Schild herunter, um dem Germanen ins Gesicht zu stechen. Verus drehte sich dabei leicht ein, so dass der andere Germane zwar ausholen konnte und wollte ihn sogar mit dem Schild zurückstoßen, doch traf seinen Genossen. Verus konnte seinen Stich vollführen und die Kehle wurde querläufig aufgeschnitten. Der andere Germane torkelte zurück als er bemerkt hatte, dass er seinem Freund nicht wirklich eine Hilfe war und dieser sicherlich seine Reise in die Nachwelt antrat. Verus atmete schwer und hob erneut sein Gladius an. Der Germane tat etwas Ungewöhnliches, warf sein Schild zur Seite und auch den Speer, um mit einer seltsamen Axt vom Gürtel ziehend, auf ihn loszustürmen. Verus musste mühsam zur Seite springen aber wurde doch getroffen als die Axt auf seine Schulterpanzerung schlug. Die oberen Ringe brachen und zerissen aber die Axt drang nicht durch das Kettenhemd. Dennoch spürte Verus den Hieb und musste mühsam ausweichen, so dass er dem Feind nur noch in den Oberschenkel stechen konnte. Tief drang sein scharfes Gladius ein und traf eine wichtige Blutverbindung, die in großen Menge herausölte und den Germanen schnell müde werden ließ, so dass dieser keinen weiteren Hieb ausführen konnte und schlicht zusammen sackte, um auf dem Boden müde zu röcheln. Verus, als Centurio Roms, musste dieses Leben, da es immer noch eine Gefahr sein konnte, beenden und beugte sich auf die Knie herab, um mit einer ebenso müden Bewegung in den Halsbereich des Feindes zu stechen. Immer wieder wiederholte er diese Bewegung, bis auch ihn langsam die Kraft verließ. Auf dem Gladius stützend, gebeugt über den Toten, holte Verus tief Luft, um in die Linien seiner Leute zu blicken. Da bemerkte er, dass der Germane, welcher nun seinen Oberarm hielt, welchen er vor wenigen Momenten mit einem Tritt vorübergehend bestraft hatte, auf ihn zu kroch, um mit einem Messer im Gebiss, Verus anzugreifen. Kurz bevor er Verus erreichte, nahm er das Messer aus dem Mund, während seine Armwunde erneut ausblutete. Verus musste handeln und stand schlicht auf, trat mehrfach mit seinen Nägel besetzten Sandalen ins Gesicht des Feindes, bevor dieser zustechen konnte. Doch die Klinge traf seine vordere Beinschiene, rutschte zur Seite und hinterließ, weil mit Kraft bewegt, einen Druckschmerz unter dem Metall seiner Panzerung. Schließlich stach Verus mit einer uneleganten Bewegung ins Genick des Feindes. Es knackte laut, was den Tibeirus erneut anwiderte, da er genau zwischen zwei Halswirbel gerutscht war. Die Anstrengung stand in seinem kalten Angesicht, welches keine Zärtlichkeit mehr aufwieß. Es ging hier um das nackte Überleben. Während er die Klinge herauszog, mit einer Schleuderbewegung erneut eine Menge Blut von der Klinge enfernte, wandte er sich an die Schildlinie zum Wald, welche erneut zwei Männer verloren hatte. "Halten," befahl er, während er selbst ein Scutum aufnahm, um einen fehlenden Platz zu besetzen.


    Auf dem Hügel vor dem Dorf hatten inzwischen auch die abgestellten Legionäre, die beiden die jenes Gepäck der Einheit bewachten, bemerkt, dass dort unten Schlachtlärm tobte. Sie hatten einen Blick gewagt und warteten schockiert, dass ihre Kameraden ausbrechen konnten aber dies geschah nicht. Beide blickten sich an und entschieden sich, nachdem man die Schlacht als verloren betrachtete, in Richtung Praesidio zurückzuziehen, um Hilfe zu holen. Um nicht als Feiglinge zu erscheinen, hoben sie ihre Schilde an, kippten diese einmal nach Links und einmal nach Rechts, um den Centurio um ein Zeichen zu bitten, doch dieser konnte sie nicht sehen. Schließlich rückten sie ab, und zwar in schnellen Schritten. Ihre Kameraden brauchten schnell Hilfe.

    Was brabbelten diese Leute dort? Verus verstand nicht ganz und war bereits sichtbar ungehalten über diese Barbaren, die einfach nicht verstanden, dass es hier um mehr ging als nur Stammesrituale oder Befindlichkeiten. Es ging um das Recht. Ein Recht, das keine Fragen erlaubte und allein einer gerechten Ordnung diente. Rom war alles. Es war immer alles gewesen. Ohne Rom und seine Gesetze wäre nur Chaos in der Welt. Verus war nicht dumm aber naiv genug daran zu glauben, dass Rom mehr als nur eine Stadt war. Mehr als nur Imperium. Es war für ihn ein Licht, ein Traum und eine Idee. Rom war gleichbedeutend mit Zivilisation. Ohne Rom würde es keine Annehmlichkeiten, keine Gesellschaft und auch keine Kultur geben. Selbst die griechischen Städte hatten sich gebeugt und waren im Imperium aufgegangen. Sie hatten einst große Kulturen besäßen, waren mächtig gewesen aber auch sie mussten erkennen, dass die römische Idee in einem göttlichen Feuer brannte und einen großen Schatten warf. Selbst die griechische Philosophie war mit dem Ruhme Roms verbunden. Verus, gebildet und wissend darum, dass diese Barbaren niemals eine staatskulturelle Idee verstehen würden; niemals verstehen würden, was Rom war und es sogar zerstören wollten, war hier eine Grenze erreicht, die er nicht mehr mitgehen konnte. Sie traten mit ihren Worten seine Werte mit Füßen. Der Anführer sprach giftige Worte und beleidigte ihn nicht nur mit einem lächerlichen Namen, sondern auch die Vernunft.


    "Sitten und Gebräuche außerhalb des römischen Rechtes sind ...," wollte der Tiberius erklären aber sparte sich die weiteren Worte. Rom war verletzt worden. Nicht nur durch Überfälle, Brandschatzungen und Raub, sondern auch die Beleidigungen. Mit ihrer bloßen Existenz begannen sie die Idee zu beleidigen. Und nun baten sie auch noch an, sie ziehen zu lassen. Es waren Soldaten Roms, die unter der Androhung von Barbaren weichen sollten? Natürlich hatte Verus Angst, fürchtete sogar diese Männer, die einen Kopf größer als er waren und doch war dort etwas in ihm: Stolz. Dieser römische Stolz wuchs in ihm. Es war seine Erziehung, sein Stand und sein Eid, die diesen Stolz begossen und wachsen ließen. Der Baum seiner eigenen Unvernunft erhob sich bereits weit und hatte zu vielen Fehlern geführt. Verus glaubte zu viel und fühlte zu wenig. Trotz seines guten Herzens sah er nur eines vor sich: eine feindliche Macht. Eine Macht, die Rom seines Lichtes berauben wollte. Seine Gedanken überzeichneten die Situation, machten sie größer und gefährlicher. Er hätte einfach gehen können, diese Überfälle für beendet erklären können und doch tat er es nicht. Hier würde eine Linie gezogen. Eine neue Grenze. Nein, es war nicht seine Sehnsucht nach Heldentum, nicht nach großen Geschichten, sondern das erste mal in seinem Leben konnte er wirklich eine Linie ziehen. Immer hatten andere für ihn bestimmt. Immer war er gefolgt aber nun konnte er dieser Welt zeigen, dass mehr in ihm steckte als nur ein patrizischer Sohn, der auf der Schattenseite des Lebens stand. Nein, er glaubte nicht an die Götter aber er glaubte an die Macht Roms, die diese Welt vor dem heraufziehenden Chaos retten konnte. Die Pax Romana war real. Sie war möglich, immer wieder. Rom war Vernunft gegen seine eigene Unvernunft, hier an diesen Ort gekommen zu sein."Ihr alle beleidigt Rom," rief Verus den Germanen zu und insbesondere Wulfgar. "Ihr alle beleidigt Rom," wiederholte er seine Worte etwas leiser. Einst hatten sie Rom gedemütigt, viele wertvolle römische Seelen dahin gerafft, und nun spuckten sie erneut auf den Wert der Ordnung. Der Tiberius machte seine Linke zur Faust, ballte sie und die Knochen knackten. Zorn stieg auf. Er wollte es friedlich lösen. Er wollte vernünftig und warmherzig agieren aber scheiterte an der primitiven Lebensweise der Barbaren, die über ihn und Rom lachten. Sie bedrohten Rom. Der Eid rief seine Stimme und Rom musste wieder mehr wert sein. Wenn sie nicht verstehen wollten, sollten sie fürchten. Sie sollten sehen, was Gesetz ohne Beachtung war. "Du wirst die Täter ausliefern. Du wirst Rom dienen oder du wirst hier mit diesem Dorf enden," warf er eine Drohung zurück. Was hatte er da gesagt? Die Angst und der Zorn über diese Frechheit ließen den jungen Geist unbestimmt reagieren. Verus wunderte sich über sich selbst. Wie konnte das geschehen? Warum war er so unbeherzt? Der Tiberius zweifelte erneut an sich. Nein, er wollte nicht grausam werden aber musste es sein. Diese Barbaren traten alles mit Füßen. Nicht nur seine Person, sondern auch alles, was ihm etwas bedeutete. Es war der Eid, der forderte. Verus zog seine Klinge vom Gürtel und rammte sie wutentbrannt in den Tisch vor sich, so dass das Holz auseianander sprang. Der Tisch, wohl alt und morsch, zerfiel ihn zwei Hälften. Der junge Centurio war wütend und dieser Zorn musste ausbrechen, damit er nicht weiter seinen Verstand vernebelte. Er wollte hier weg aber konnte es nicht. Verus beobachtete, wie der Tisch zusammenbrach und betrachtete die funkelnde Klinge in seinen Händen. "Was ist aus mir geworden," sprach er leise zu sich selbst, als seine Augen glasig wurden. Nein, das war nicht sein Rom. Nein, das war nicht seine Idee. Was war mit seinem Verstand, seiner Seele, geschehen? Hatte ihn Germanien verändert? War es der Wunsch sich an diese Idee zu klammern, die die Idee pervetiert hatte? Tiberius Verus strauchelte einen Schritt zurück, während die Legionäre diesen Ausbruch an Aggression als Zeichen nahmen, einen Schritt näher zusammen zu rücken. Jedoch schlossen sie noch nicht ihre Linien, sondern nahmen nur ihre Pilae auf, um diese im Zweifel zu werfen oder im Notfall (im Gegensatz zum regulären Gebrauch) als schnelle Stichwaffe zu nehmen, bevor sie ihr Gladius ziehen konnten. Verus betrachtete immer noch seine Klinge, vollkommen abwesend, wandte er die Schneide im Licht hin und her. Was war aus ihm geworden? Ein Mörder? Ein Kriegslüstling? Ein unvernunftiger Zürnender? Was hatte ihn verdammt? Hatte er die Götter verdammt oder er sich selbst? Verus kannte keinen Antworten und blickte leblos zu Wulfgar, der wie Hohn zu ihm blickte. "Du verstehst nicht," rief er laut aber meinte damit sich selbst. "Ich diene dem Ruhme Roms," sagte Verus dann wieder sehr leise, fast brummelnd. Er war überfordert.

    Verus musste sich zusammenreißen, nicht zu hart über diese Primitivlinge zu urteilen. Kannten sie keine Metaphern? Verus, gebildet und wohl erzogen in römischen Landen, wollte nicht glauben, dass diese Hinterwäldler derart dumm waren aber scheinbar waren sie es, so dass Verus lautstark seufzte. "Ich bin hier, um nach Codex und römischem Recht eine Auskunft zu verlangen, die den allgemeinen Verpflichtungen eines jedes Menschen und Barbaren gegenüber Rom entspricht," verlas er dann seine Interessen und verkleidete, wie für einen höherstehenden Römer gewöhnlich, in feinen Worten mit Rechtsbezug; jedoch ohne eine Schriftrollen in Händen zu halten. Es wirkte so, als ob er selbst eine Schriftrolle war oder diese zumindest auswendig gelernt hatte. Nachdem er seine Sätze abgeschlossen, bemerkte Verus, dass es wohl doch zu viel für diese Germanen war, denn sie mochten ihn zwar verstehen aber mit bestimmten Begriffen zu eröffnen, war sicherlich keine gute Idee. Germanen dachten anders und Verus ahnte bereits, dass seine römische Weltsicht hier nicht die entscheidende Rolle spielte. Innerlich brodelte er bereits und wollte diesem Kaff entkommen, wenn da nicht dieser schändliche Auftrag wäre. "Aus diesem Dorf, dem Villicus Ver'Arga, wurden Übergriffe auf die römische Grenze unternommen und ich bin hier, die Schuldigen festzusetzen und in römische Gerichtsbarkeit zu überführen. Rom verlangt, nach geltendem Anspruch und dem allgemeinen Gewaltmonopol des römischen Staates, eine Herausgabe der Täter oder weitere Informationen über deren Verbleib," setzte er fort und versteckte in diesen Worten bereits eine stille Drohung gegen die Germannen, ohne es wirklich zu wissen. Für ihn als Römer und Amsträger des Staates war es ganz normal Dinge einzufordern, denn Rom war alles und wer konnte sich Rom entziehen? Verus dachte nicht daran, dass jemand absichtlich gegen Rom handeln konnte. Wenn er es tat, war er ein Verbrecher und musste bestraft werden. Ein normaler Mensch würde niemals gegen Rom handeln. Verus machte sich sein Weltbild derzeit noch sehr einfach, denn trotz seiner Erfahrungen bedeutete ihm Rom immer noch viel, da es für Zivilisation, Recht und Ordnung stand. Es war ein Licht in einer ansonsten tristen Welt. Nun blickte er durch die Gesichter in der Hoffnung eine positive Regung zu sehen, was er jedoch schnell aufgab. Scheinbar wollten sie römischen Recht spüren und nicht nur hören. Verus schluckte erneut, während der Schweiß seinem Nacken entlang lief. Auch seine Hände wurden schwitzig, da er mit seiner normalen Herangehensweise hier nicht weiter kam.

    Die letzten Schritte wurden immer schwerer. Verus spürte, dass etwas vor sich ging aber konnte nicht genau bestimmen, was wirklich vor sich ging. Man hatte das Dorf erreicht und die Bewohner schienen seltsam ruhig aber verbargen in ihren Gesichtern eine stille Aufregung. Auch fehlten die Frauen und Kinder. Es waren nur Männer, was Verus verunsicherte aber sein Verstand hellwach machte. "Umgebung sichern, zwei Mann bleiben bei mir," befahl der römische Offizier aus Verus heraus, um dieser angespannten Situation römische Disziplin entgegen zu werfen. Die Legionäre begannen einige Germanen sanft zur Seite zu schieben und sicherten die Dorfmitte kreisförmig ab. Rom nahm sich den Raum, den es brauchte, während Verus im Geleit zweier Soldaten zur Dorfmitte ging, eine alte Holzbank bestieg, um weithin sichtbar zu sein. Sein Herz schlug heftig, ließ seinen Blick scharf werden, als er durch die Anwesenden blickte. Überall lagen Speere und Äxte. Verus hatte sie ausgemacht und sah bereits in diesen Objekten eine ernste Gefahr für sich und seine Männer. Germanen kämpften bis zum letzten Atemzug und im Notfall waren sie sogar bereit, ihr eigenes Leben wegzuwerfen, um das zu retten, was ihnen lieb und teuer war. "Rom ist hier," rief Verus laut in die Menge der zurückgedrängten Männer, die nun durch den römischen Kreis von der Mitte ihres eigenen Dorfes getrennt waren. Die Römer bildeten mit ihren großen Schilden einen Wall, der Verus abschirmte, hinter dem die anderen zwei Legionäre seine persönliche Absicherung bildeten. Auch ihre Augen wanderten durch die Menge an potenziellen Feinden. "Versteht man mich?" - fragte er dann doch unsicher und deutete dann auf einen Mann, der sichtbar aus der Menge herausstach, da er sich nicht ganz unterordnete. "Wer ist der Vorsteher dieses Dorfes? Er soll vortreten und mit mir sprechen," brüllte der Tiberius, der mit einer Hand den Knauf seines Schwertes suchte, um darin Sicherheit zu finden. Er kletterte von der Bank und trat in den Schutzkreis seiner Legionäre, wartend auf jene Person, die vortreten würde. Immer noch pochte das Herz und pumpte Blut in seine Adern, die sich am Hals weiteten. Zum Glück verbarg das schwere Leinentuch eines Soldaten, welches Legionäre im Gefecht trugen, seine Unsicherheit und auch jenen Schweiß, der sich bemerkbar machte.

    Der Weg war beschwerlich gewesen, da die an Straßen gewöhnten Füße der Legionäre keinen Weg vorgefunden hatten. Mühsam hatten sie sich über den Waldboden bewegt, in jene grobe Richtung, die ihr Centurio ausgemacht hatte. Der kleine Zug an Kämpfern, nur teilweise aufgerüstet und selbst die Scuti waren noch mit dem Lederschutz ummantelt, erreichte schließlich diese Ansammlung an Hütten und Gehöften. Verus wieß mit einer Handbewegung an, dass seine Männer anhalten sollten. "Das muss es sein," sagte er und deutete dann zum Dorf. "Gut," erhob er die Stimme, indem er sich an seine Legionäre wandte.


    "Aufrüsten, volle Bereitschaft," war der Befehl, dem er selbst folgte, indem er die Tragestange mit seinem Gepäck ablegte und den Helm herunterband. Mit geübter Bewegung setzte er den wuchtigen aber prunkvollen Helm aus poliertem Stahlblech auf. Die römischen Soldaten erweiterten ihre bereits angegelegten Brustpanzer (lorica segmentata) um den Helm und entfernten den Schutz von den rechteckigen Schilden. An den bunten aber einheitlich gefärbten Scuti war die Legion gut zu erkennen und auch die Nummernmarkierung in römischer Ziffer machte deutlich, dass sie Römer waren. Verus selbst trug jedoch keine lorica segmenta, sondern eine hochwertige lorica hamata (ein doppeltbeschlagenes Kettenhemd mit ausgestärkten Schultern). Seine Rüstung war deutlich hochwertiger und war sogar an den Schulterverbindungsstücken mit jeweils einem Wappen der Tiberius Familie gesegnet. Neben den polierten Armschienen, die den Schriftzug SPQR trugen und den kunstvollen aber doch einfacheren Beinschienen, die im Lichte eines jeden Schrittes funkelten. Der Militärgürtel klang nach, während der lederne Waffenrock die Oberschenkel mit vielen Lederstreifen schützte. Darunter trug er, wie hier üblich, eine verkürzte aber ausgepelzte Hose. Auch seine Soldaten waren nicht sonderlich schlechter ausgestattet, doch waren ihre Armschienen nicht besonders verziert, sondern waren schlicht ein Streifen Metall, der von Lederriemen gehalten wurde. Man sah Verus das Amt des Centurios nicht nur am quergestellten Helmbusch, sondern auch an der Aufmachung seiner Rüstung an. Ferner wieß auch deren Verarbeitung darauf hin, dass er Patrizier war und deutlich mehr Geld in die Hand genommen hatte, als die üblichen Soldaten, die Leihrüstungen oder durch ihren Sold finanzierte Rüstungen trugen. Verus war inzwischen Besitzer dieses Prunkstücks.


    Doch im Gegensatz zu seinen Soldaten trug er keinen Schild bei sich und hatte sein Gladius links an den Gürtel gebunden. Vermutlich war seine Waffe, neben dem Pugio, dem Stoßdolch, sein wertvollster Besitz. Denn das Gladius und auch der Pugio waren mit Elfenbein beschlagen und ein edles schwarzes Holz wurde am Griff verwendet. Auch war in Gold am Knauf des Gladius das Familienwappen eingelassen. Und der Schwertlauf war mit einer edlen Kerbe versehen worden, in denen ebenso die Buchstaben SPQR eingraviert waren. Verus war stolz darauf, denn diese Waffe war sein persönlicher Garant und Beschützer. Nein, er glaubte zwar nicht an eine Heiligkeit solcher Beschriftungen und Wappen aber sah darin eine Bestätigung seiner Pflicht. Es zeigte an, was er auch sich machen wollte. Irgendwann würde er dieses Gladius an seinen Erben weitergeben und mit ihm auch die Pflichten eines römisches Bürgers. Der Tiberius kontrollierte den Sitz seiner Rüstungsteile, dann zog er einmal das Gladius aus der silber-beschlagenen Scheide, um es im Lichte zu betrachten. Es wirkte akurat und so schob er es zurück. Seine Soldaten taten es ihm gleich, bevor sie ihr Pilum aufnahmen und ihr Scutum. "Zwei Mann bleiben am Gepäck und sichern Hinterland," befahl er knapp, um sich dann mit dem Rest seiner Einheit auf den Weg zu machen. Ihm gingen einige Dinge durch den Kopf. Es machte ihm Angst, hier allein auf sich gestellt, im Barbaricum zu sein und das Gewicht dieser Aufgabe lastete auf seinen jungen Schultern. Seine Männer vertrauten ihm und waren auf seine Entscheidungen angewiesen. Man hatte allerhand Schreckliches von dem Land hinter dem Limes gehört. Natürlich wusste er selbst durch den Kontakt mit vielen Einheimischen, dass vieles auch übertriebene Legende war aber dennoch war immer ein Kern Wahrheit vorhanden. Verus musste sich ein Herz fassen und trat mutig voran, auch wenn er mit jedem Atemzug an seine Heimat dachte. "Zwei Reihen, hinter mir," erweiterte er seine Befehle, als sie in prunkvoller Parade mit schimmernden Rüstungen und der Führung ihres Centurios zum Dorf herabtraten. Jetzt musste man sie sehen und es gab kein zurück. "Roms Licht strahlt weit," meinte der Tiberius murmelnd als er die Hütten genauer betrachten konnte. "Auch an diesen Ort."

    Ein eifriger und deutlich jüngerer Bote als beim letzten Besuch im Kastell gab folgende Tabula und einen Beutel mit Post ab:


    Meldung


    Es grüßt Optio Publius Servilius Cimber,


    ich teile mit, dass die Einheit aus dem Praesidio XXII wunschgemäß aufgebrochen ist, um die Angriffe zu untersuchen. Der Centurio Statorum Au. Tiberius Verus führt den Einsatz persönlich.

    Der Bote kehrte zurück. Verus hatte auf diesen gewartet, denn er wollte wissen, wie die Führung seinen Bericht aufgenommen hatte. Er war die Tage recht unruhig gewesen, da es ihm viel Mühe gekostet hatte, die Kasse schön zu rechnen und den Bericht entsprechend zu beschönigen. Ihm war klar, dass dieser Bericht nicht dem Standard entsprach und er sicherlich mit einer Antwort rechnen musste, die unangenehm sein konnte. Verus war nicht dumm und kannte die Bürokratie des Militärwesens sehr gut. Jedoch als Chef dieser Einheit war es auch ihm, sie vor Schaden zu bewahren. "Da ist unser Bote," teilte Verus am Tor stehend seinen Kameraden mit, die das geöffnete Tor bewachten. Der Reiter bog mit seinem Pferd im langsamen Tritt ein und winkte Verus und den anderen Legionären zu. Verus trug keine Rüstung aber dennoch führte er in seiner Hand den Stock als Amtszeichen seiner Befehlsgewalt, neben dem linksgebundenen Gladius an seinem Militärgürtel über der roten Tunika. "Salve," grüßte der Tiberius seinen Boten, der vom der Reittier absaß und mit dem Lederbeutel geschultert zu Verus trat. "Centurio," grüßte der Mann und zog den Beutel von der Schulter, indem sich die Briefe und Nachrichten für das Lager befanden. Verus streckte seine Hand aus, um nach dem Beutel zu greifen, wobei er den Vitis in seinem Gürtel verstaute, indem er ihn einfach hinein steckte. "Bist du gut durchgekommen? Wie war der Ritt?" - fragte Verus in alter Kameradschaft und bestem Interesse eines Vorgesetzten. Der Bote verzog sein Gesicht und sagte dann mit vorsichtiger Stimme: "Der Präfekt war wenig begeistert und hat mir eine persönliche Botschaft für euch mitgegeben. Ansonsten war der Ritt angenehm ruhig." Verus zog seinen Kopf verdutzt zurück, während er bereits den Beutel geöffnet hatte, um hinein zu blicken, welche Briefe er zu verteilen hatte. "Ich mache erst die Post, dann der Rest," meinte der junge Centurio und deutete mit der anderen Hand, die nicht den Beutel hielt, ins Lager hinein. "Mach' dir erstmal etwas zu essen und komme an, dann reden wir," befahl Verus im herzlichen Ton, ohne es als klaren Befehl zu formulieren. Der Bote nickte und blickte vielsagend zu seinen Kameranden, die ihm mit einem Schulterklopfen willkommen hießen. Am Lederband zog er das Pferd hinter sich her, um es im Lager am Behelfsunterstand anzubinden.


    Verus kramte in dieser Zeit im Beutel umher und zog die ersten Tabulae, neben einigen echten Briefen aus Pergament, heraus."Alborius Lucullus," rief er und begann die Post zu verteilen. Der Legionär Luculls trat im schnellen Schritt eine der Mauertreppen hinunter, um seine beiden Briefe zu erhalten. Verus trat in die Mitte des Lagers, um für alle gut erreichbar zu sein. Er rief weitere Namen, die in unterschiedlicher Geschwindigkeit, ihre Nachricht und Mitteilungen empfingen. Alle wirkten zufrieden, da Post aus der Heimat immer eine gute Alternative zum normalen Dienst war. Es dauerte einige Minuten bis Verus den Beutel geleert hatte. Er holte tief Luft, warf den Beutel auf den Abrechnungstisch, auf dem wieder ein paar Beutel mit Geldstücken lagen. Die Tageseinnahmen rechnete er nebenher ab, doch nun war der Bote interessant. Eine persönliche Nachricht? Der Tiberius war gespannt und fand den Legionär auf einer Holzbank sitzend mit einem Tonbecher verdünntem Wein und einem Klumpen an Brot jeweils in Händen haltend. Verus setzte sich daneben, blickte kurz in den Abendhimmel, der sich dezent Orange färbte. Ein paar Wolken zogen vorbei. "Eine persönliche Nachricht?" - fragte Verus dann mit dem Blick auf dem Boten, der vorerst genüsslich noch einen Schluck trank. "Ja, Centurio," sagte dieser; einen Rülpser unterdrückend. "Präfekt Iulius Licinus lässt dir mitteilen, dass die Einheit unter Bewährung steht, bis der Legat etwas anderes entscheidet und, dass er gerne wissen würde, welcher Stamm für den Angriff von ein paar Wochen verantwortlich ist...," kramte der Legionär in seiner Erinnerung und plötzlich fiel ihm der Rest der Nachricht ein. "Und du sollst Sonderberichte schicken, wenn ausordentliche Dinge passieren, wie Überfälle," teilte der etwas einfältige Bote mit, der nun wirklich langsam dachte aber es gelang ihm immerhin die Nachrichten zu übermitteln. Verus selbst weitete seine Augen. "Auf Bewährung?" Er erhob seine Stimme und blickte sich einmal hektisch im Lager um, dass seinen Dienstbetrieb dezent beendete. Man schloss bereits die beiden Portale und verbarrikadierte diese mit schweren Balken. Mit dem Wunsch an Sondermitteilungen hatte der kluge Verus gerechnet und es sogar erwartet, da er ja deutlich mit diesem Bürokratietrick geschummelt hatte. Er hatte so genaue Nachfragen umschiffen können, was ihm und seiner Einheit einen Ehrverlust erspart hatte oder einen Strafdienst. Doch diese Bewährung von der gerade gesprochen worden war, war ein drohender Ehrverlust und sogar noch schlimmer als ein fehlende Sonderberichte. Verus dachte sich verzockt zu haben, denn diese Bewährung konnte alles bedeuten und da sie mit dem Wunsch an Aufklärung des Angriffes verbunden war, hieß dies etwas verschlüsselt, dass man von ihm und seiner Einheit erwartete, diese Schmach auszuräumen und die Sachlage im Barbaricum zu klären. "Ja, Centurio. Ich weiß auch nicht mehr...," wich der einfache Soldat aus und biss abwesend in sein Brot. Er kaute schmatzend, wobei ein paar Krümmel zu Boden fielen. Verus seufzte und überlegte, was er jetzt tun sollte. Ein Ehrverlust und eine Bestrafung drohte, wenn er nicht handelte. Der Befehl, den der Bote mitgeteilt hatte, deutete auf einen Einsatz hin, der ihm selbst sehr missfiel. "Gut, dann haben wir ein Problem," dachte Verus laut nach und stand auf, um in seine Hütte zu gehen. "Danke für deine Mühen," verabschiedete sich der Tiberius und wollte jetzt schlafen gehen. Aviana hatte ihm ja bereits sein Bett bereitet und das Feuer entfacht. Er wollte im Schlaf über diesen Vorfall nachdenken. Dabei deutete sich bereits nur eine Lösung an. Verus trat ab und verschwand durch die alte Tür in seinem Wohnteil der Hütte.


    Verus hatte die Nacht unruhig geschlafen, sich mehrfach hin und her geschlagen. Aviana in der Nebenkammer war auch davon wach geworden und hatte ihm am Morgen seinen Haferbrei mit Honig bereitet, den er so genre aß. Aber auch der Brei konnte seine Sorgen nicht beseitigen. Er trat voller Montur hinaus. Aviana hatte ihm beim Einkleiden geholfen. Das schwere Kettenhemd mit den verstärkten Schultern, die Armschienen, und der Waffengurt mit Pugio und Gladius, neben den Beinschienen aus poliertem Stahl, zeigten an, dass er eine ernste Ankündigung zu machen hatte. Auf seinem Kopf trug er den Helm eines Centurios mit dem quergestellten Helmbusch in rotem Rosshaar. Mit beiden Händen im Gürtel gestützt, rief er in die Menge an antretenden Soldaten: "Achtung, antreten!"


    Die anwesenden Legionäre überrascht über diese Aufmachung, taten in gewohntem militärischem Drill, was sie als Elitesoldaten des Reiches gelernt hatten. Man reihte sich auf und trat vor dem Centurio an. Der Optio meldete, dass die gesamte Belegschaft des Praesidios vor Ort war und man seine Befehle erwartete. Verus trat die Reihen ab. Er nickte jedem Soldaten zu, dem er ins Gesicht blickte. Was er nun verkünden würde, machte ihm selbst Angst aber diese Bewährung konnte nur durch einen Einsatz im germanischen Barbaricum gebrochen werden.


    "Männer, Legionäre Roms, ich habe gestern durch unseren Boten aus Mogontiacum einen Befehl erhalten," erhob er die Stimme, während er weiter vor seinen Kameraden auf und ab trat. Das Metall der Rüstung drückte dabei und gab metallische Klänge von sich. Er hatte diesen Aufzug auch gewählt, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Nun war er nicht mehr nur Kameraden und Leiter eines Lagers, sondern auch ein Offiziers Rom, der seinen Eid zu erfüllen hatte. Schmach musste vermieden werden. Es war Wahnsinn und Verus wusste das aber was blieb ihm als geborener Tiberius anderes übrig als die Ehre zu verteidigen, die ihm gegeben worden war? Verus holte tief Luft, achtete darauf seine Stimme nicht zu überschlagen. "Wir stehen unter Bewährung, nach dem Überfall und dem Angriff der kleinen Sippe," sagte er und ein Raunen ging durch die Männer, die entsetzt schienen. Denn jeder wusste, was dies bedeuten konnte. Zwar waren sie von einer Dezimierung noch weit entfernt aber die Ehre war einem Legionär viel wert, denn sie war am Ende alles, was zählte. Neben dem Sold und dem späteren Grundstück zur Entlassung. "Wir müssen ins Barbaricum, um dort diesen Angriff zu untersuchen und Rom zu ehren. Ich vermute, dass ein bekanntes Dorf Urheber dieser Schändlichkeit war," erklärte der junge Centurio in der Gewissheit, dass dieses Dorf seine Probleme schnell lösen würde und man ihm dort einen entsprechenden Täterkreis benennen konnte, um diesen an den Präfekten zu melden. "Ich breche persönlich mit 25 Mann an ausgewählten Legionären hinter den Limes auf, um dieses Dorf zu finden. Der Optio hat das Kommando über dieses Praesidio. Wenn wir nicht in zwei Wochen zurückkehren, ist nach Mogontiacum zu melden."Die Soldaten blickten sich gegenseitig verstört an, durchbrachen die Disziplin aber sagten dann einstimmig: "Verstanden, Centurio." Verus war erleichtert, dass seine Soldaten hinter ihm standen. Er trat vor einzelne Legionäre, deutete auf diese und zählte seine Patroullie ab, mit der er bald aufbrechen würde. "Einfaches Marschgepäck; einfache Verpflegung," ordnete er an, während sich die abgezählten Männer daran machten, ihre Rüstungen anzulegen, die Tragestanden zu bepacken und sich im Allgemeinen bereit machten, aufzubrechen. Es wurden sogar noch die Caligae geprügt, ob sie noch entsprechend benagelt waren. Verus tat es ihnen gleich aber ließ sich noch etwas mehr Zeit mit seiner Sklavin Aviana, die er noch einmal umarmte und ihr deutlich einschärfte, das Lager nicht zu verlassen. Der Tross sammelte sich dann unter Führung des Centurios am Tor zum freien Germanien. "Optio, Meldung nach Mogontiacum, nach vollem Aufbruch dieser Unternehmung," befahl er zum Abschied zu seinem Stellvertreter, der ihm ernst und auch mitfühlend entgegen blickte. Er nickte nur still. Es war der stille Abschied von Soldaten, da jeder erahnte, dass dies auch eine Selbstmordmission werden konnte. Zwei Soldaten öffneten das Portal, während sich der Rest der Besatzung zum Abschied versammelt hatte, um den Kameraden in alter Tradition einen letzten Gruß zum Geleit zu geben. Verus rief mit fester Stimme: "Marsch!" Seine sichere Stimme täuschte über seine Angst hinweg, da dies sein erstes echtes Feldkommando war und er keine Ahnung hatte, was ihn erwartete. Doch sein verkapptes Pfichtgefühl und seine Unfähigkeit den Bericht akurat zu fälschen, hatte diese Lager erst möglich gemacht. Mit geübten Schritten begann der Marsch und der sehr kleine Heerwurm aus Legionären trat auf den Weg ins Barbaricum. Die Tragestangen geschultert begannen die Römer ein bekanntes Marschlied zu singen, welches sie einst aus Italia mitgebracht hatten. Auch Verus summte mit, um sich abzulenken, während er seine Tragestange mit den Habseligkeiten fest umschlang.

    Der Bote schluckte erneut und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Zum Glück tat der Wein ihm eine gewisse Seligkeit an, so dass er mit gedämpften Emotionen jenen leisen Donnerschlag des Präfekten aushielt. Die akzentuierte und bewusst leise gesprochene Aussprache war dennoch durchdringend. Der Legionär nickte still. "Jawohl," antwortete er und versuchte dem Blick des Präfekten auszuweichen, indem er stramm-stehend an die Decke blickte. "Unmittelbare Berichte, ja." - wiederholte er, um dem Vorgesetzten zu versichern, dass er verstanden hatte. "Mitteilen, aus welchem Stamm Angreifer kamen und Einheit unter Bewährung," sagte der Bote, um zu vergewissern, dass er die Nachricht richtig übermitteln würde. "Bote wird bei Weinfahne ersetzt, verstanden." Der römische Soldat nickte abermals. "Ich trete weg, jawohl," entkam er und zog sich dann schnell mit festem Schritt aus der Amtsstube zurück. Sein Centurio würde nicht begeistert sein.

    "Ja," antwortete der Bote müde, denn der Wein entfaltete zusehens seine Wirkung, so dass er mit Mühe seine Augen auf dem Präfekten hielt. Die aufkeimende dicke Luft, der Zorn des Präfekten, waren nicht verborgen, so dass der Legionär ängstlich schluckte. "Legionär Bantius Caepio," meldete der junge Mann, der nur in einfacher roter Tunika mit cingulum militare vor dem Präfekten stand. Sein Schwert hing ebenso abgehalftert an einem alter Lederriemen am Gürtel, neben dem Pugio. Er holte Luft, bevor er sich eine Antwort überlegte. Immerhin war er nicht das hellste Licht auf einem Kerzenleuchter und musste um die Worte ringen. "Der Centurio meinte, dass er die Lage im Griff hat und dieser Bericht ausreicht. Er hat ermitteln lassen, sogar sich selbst gekümmert aber mir sagt ja nie jemand etwas, Präfekt. Der Centurio ist ein guter Mann und hat viel für uns getan," meinte der Mann dann und nickte Licinus hoffnungsvoll zu; schlicht in der Hoffnung, dass man ihm nicht die Schuld geben würde. Er war ja nur Bote. Nicht mehr.

    Der Bote, etwas angetrunken, aber noch dienstfähig, trat nach Aufforderung ins Officium ein und blickte sich um, bis er schließlich den Iulius unter dem Berg an Arbeit entdeckte. Sofort nahm der Reiter und Soldat Haltung an. "Melde mich, wie befohlen." Der Bote der kleinen Festung wartete ab und war gespannt, was nun auf ihn zukommen würde, da er nicht mit einer sofortigen Antwort gerechnet hatte. Immerhin sollte er nur die übliche Feldpost mitnehmen, nicht sofort neue Befehle.

    Zitat

    Original von Titus Octavius Frugi
    Frugi stand am Tor und kniff die Augen zusammen, da die Sonne ihn ein wenig blendete. Was ist das denn für einer dachte er als der Reiter sich dem Tor näherte. Gehört der zu uns?. Na der hat hat ja vielleicht die Ruhe weg.
    Ja wirklich, der stieg ab und wollte zum Castell. "Salve Kamerad, willst du denn nicht reinkommen um dich zu stärken und den Staub runter spülen?" Der verdutz dreinschauende Frugi, stand da mit den Tabulae und war ein wenig enttäuscht. Er hätte sich gerne mit ihm unterhalten und wie es so aussah, wollte der Fremde aber gleich wieder weg.


    Der Reiter lächelte breit. "Ich habe noch einen wichtigen Termin bei einer Dirne und einer Taberna. Ich werde ja nicht sofort abreisen. Ich komme später wieder und nehme die Post für das Praesidio mit. Könntest du sie bereitlegen?" Der Soldat nickte Frugi zu, bevor er sein Pferd am Zügel nahm, um sich umzuwenden. Er warf noch einen Blick zurück. "Vale," sagte der Mann und nickte noch einmal.

    Ein Soldat auf der Durchreise, fernab seines Postens, um Besorgungen zu machen, gab diese Tabula bei der Regia ab, bevor er verschwand.


    Tiberia Lucia
    Regia Legati Augusti
    Domus


    Liebe Lucia,


    der Winter war überaus hart. Mehr als das. Wir haben uns hier den Hintern abgefroren und furchtbar gelitten, weil unsere Vorräte zwar ausreichend waren aber sehr einfach. Getreide und ständig getrockneter Schinken sind auf Dauer doch recht langweilig. Scheinbar vergisst das Imperium uns an dieser Grenze. Die Limesbefestigungen sind in einem verlassenen Zustand, obwohl ich dich bitte dies nicht weiter zu geben. Ich versuche mit örtlichem Material zumindest die mir unterstellten Befestigungen zu erhalten. Ich habe das Gefühl, dass es niemanden interessiert und man uns wirklich vergessen hat. Ich diene hier als Offizier aber jegliche Anforderungen wurden bisher abgeschmettert. Es mag auch sein, dass meine Nachrichten nicht ankommen.


    Ich hoffe auf die weiteren Monate und habe schon einen Lichtblick erlebt, als die ansässigen Anwohner uns halfen, die Mauerkrone unseres Kastells neu zu bedecken. Sie haben uns Steine geliefert, in wessen Auftrag auch immer. Scheinbar haben wir einige Gönner in der Region. Ich werde mit der Dunkelheit ebenso wenig fertig. Weißt du, wie dunkel das Barbaricum ist? Ich schon. Ich hasse diesen Ort. Wirklich. Die Götter scheinen mich mit diesem Dienst zu bestrafen. Kommandant eines Abschnittes zu sein, ist doch härter als ich erwartet habe. Auch die Männer leiden mit mir, da sie das selbe durchmachen. Und immer noch keine Sicht auf einen Wachwechsel. Seit Monaten warten wir auf eine Nachricht aus Mogontiacum!


    Könntest du mir auch etwas Met schicken lassen? Er schmeckt wirklich köstlich. Er hilft die Tage hier Oben zu überstehen. Neben den üblichen Angriffen von Freischärlern, dem Schmuggel und den Zollkontrollen passiert hier nicht viel.


    Aquilina? Ich habe sie immer noch nicht kennen gelernt, obwohl wir regelmäßig schreiben. Ich wollte dich immer besuchen. Du weißt ja, dass unsere kleine Familie sehr ausgedünnt ist. Überall sind wir verteilt und scheinen langsam dem großen Namen Tiberius nicht mehr gerecht zu werden. Der Name verblasst. Ich weiß nicht, ob die Götter noch unseren Namen erhalten. Ich weiß nicht einmal mehr, ob er es überhaupt wert ist. Namen haben hier Oben keine Bedeutung. Ich bin bei meinen Männern auch nur der Centurio. Wir haben viel durchgestanden, durchgemacht, um hier zu überleben. Ich kann mir nichts mehr auf diesen Namen einbilden. Ich weiß nur, dass ich Römer in der Fremde bin. Ob mein Name Tiberius noch Bedeutung ist, ich denke nicht. Die Zeiten haben sich geändert und hier am Limes spürt man dies besonders. Rom ist hier so fern, dass all unsere Kultur nur noch Leuchtfeuer in einer Fremde ist. Weißt du was seltsam ist? Neulich besuchte mich eine germanische Seherin und sie sprach von einer Aufgabe, von einer besonderen Bedeutung meiner Person. Ich ließ sie einreisen, obwohl ich nicht wusste, was dies bedeuten sollte. Sie schenkte mir einen Anhänger. Eine Art Hammer. Seit diesem Tag achten mich die Ansässigen und sprechen nicht mehr aggressiv. Es mag auch daran liegen, dass ich mir versuche ein paar Sätze des hiesigen Stammes beizubringen. Es erleichtert die Kommunikation. Irgendwie müssen wir ja zusammenleben. Diese Seherin geht mir seit diesem Tag nicht mehr aus dem Kopf. Ich träume sogar von ihr. Merkwürdig. Mögen die Götter mir eine Erklärung schenken. Auch wenn ich nicht wirklich glaube. Mir fällt nur kein besserer Begriff für eine höhere Macht ein, Lucia.


    Umarme Aquilina! Auch in meinem Namen. Ich vermisse dich. Du warst immer die Sonne in unserer Familie, trotz des allseits machtbewussten Lepidus.


    Die Regia? Das alte Ding? Es ist ein Zweckbau. Ich weiß nicht, ob man den verschönern kann. Gib' dein Bestes! Aber ich befürchte, dass diese Nutz-Architektur von Macht und Bürokratie sich nicht mit deiner feinen Hand vereinbaren lässt.


    Alles Liebe,


    Tiberius Verus


    Ein Reiter von einem fernem Limeskastell näherte sich in gemütlicher Geschwindigkeit. Er trug eine schwere Tasche bei sich. Kurz vor dem Tor, saß er ab und trat beständigen Schrittes mit seinen O-Beinen zum wachhabenden Legionär. "Salve," grüßte der Reiter in einfacher Montur aus Kettenhemd und Helm, lächelte müde und beugte sich dann, um in seine Ledertasche zu greifen. "Ich habe hier die üblichen Berichte und Anforderungen aus dem Praesidio XXII zur Abgabe," erklärte er und zog einige zusammengelegte Tabulae aus dem Beutel, um diese dem Legionär in die Hand zu drücken.


    Bericht II des Praesidio XXII


    Es grüßt der wachleitende Centurio Statorum A. Tiberius Verus,


    folgende Meldung ist zu machen:


    Der Dienst verlief bis auf einige Ausnahmen in den üblichen Parametern. Kontrollen wurden durchgeführt und Zölle erhoben. Die Männer sind bei guter Gesundheit und die Versorgung, bis auf die beigelegten Anforderungen, ist gut. Wichtige Vorfälle werden nun aufgeführt.


    Am 12ten Tag des Monats Mai ereigneten sich mehrere Grenzverstöße, als mehrere Einzelpersonen in germanischer Tracht zur Grenze stürmten und versuchten über den Abschnitt unweit unserer Befestigung zu klettern. Meinen Männern gelang es, diese zurück zu werfen. Es gab keine Toten und auch keine Festsetzungen entsprechender Grenzstörer.


    Am 17tenTag des selben Monats trat eine germanische Seherin an mich heran und ich erlaubte ihr die Einreise. Eine Ausreise über diesen Abschnitt ist bisher nicht erfolgt. Diese Seherin scheint hohes Ansehen zu genießen, obwohl sich ihr besonderes Interesse an meiner Person nicht erklärt.


    Am 4ten Tag des Juni wurde das Praesidio überfallen. Mehrere Räuber drangen durch eine arge List durch das südlich gelegende Tor in die Befestigung ein, überwältigten einige Soldaten und stahlen aus der Truhe mit den Geldern eine kleine Menge an Geld. Nach unserer jetzigen Erhebung konnte durch ein schnelles Eingreifen unserer Bewaffneten der Schaden begrenzt werden. Der Fehlbetrag wird in einer anderen Erhebungstabula näher erläutert. Wir haben keine Toten oder Verletzten zu beklagen. Nach eigenen Ermittlungen war der Räuber ein bekannter Straftäter aus der Region, dessen Name den meisten jedoch unbekannt war. Eine Aufklärung durch ein entsandtes Conternubium in eine nahe Ortschaft brachte keine weiteren Erkenntnisse. Wir konnte nur in Erfahrung bringen, dass die Bande sicherlich eine erhebliche Menge Geld bei sich tragen muss, da sie deutlich damit prahlten.


    Am 21ten Tag des selben Monats griffen uns einige Barbaren an, deren Stammeszugehörigkeit nicht geklärt werden konnte. Ihre Trachten waren uns unbekannt. Der Angriff konnte mit einfacher Gewalt abgewehrt werden. Auch hier keine Toten, jedoch zwei leicht Verletzte.


    Am 2ten Tag des Monats Juli ereigneten sich erneut ein einfacher Grenzverstoß. Erneut versuchte eine bekannte Gruppe aus Schmugglern illegal Felle und Waffen auszuführen. Bevor wir die Kontrolle abschließen konnten, suchten sie die Flucht und eine Nachstellung durch eigene Kräfte blieb erfolglos in den Wäldern. Der Wagen mit den Gütern ist nun unter Beschlagnahme.


    Am 18ten Tag des Monats Juli erlebten wir einen heftigen Sturm, der einige Gebäude leicht beschädigte. Reparaturanforderungen werden gesondert gestellt. Meine Männer haben bereits mit eigenem Material die ersten Bauarbeiten begonnen.


    Am 7ten Tag des Monats August ereignete sich ein merkwürdiges Fest an unserer Grenze. Eine Namensfeier oder ein besonderer Dienst an deren Göttern. Ich ließ die Barbaren gewähren.


    Am 10ten Tag des selben Monats stellten wir erneut Schmuggelaktivitäten fest. Zwei germanische Frauen warfen Beutel über die Grenzbefestigungen in das Barbaricum. Ich entsandte ein Conternubium und wir konnten die beiden Frauen festnehmen. Eine Durchschung ergab, dass sie wohl verbotene Gegenstände an Verwandte ins Barbarcium geben wollten, darunter auch Eisenstücke und auch kleinere Dolche aus italischer Fertigung. Nach Zahlung einer erheblichen Strafsumme entließ ich die Gefangenen aber ließ das Dorf vermerken, indem sie wohnen. Es liegt unweit unserer Befestigung. Ich sehe von einer Strafverfolgung mangels Personal ab.


    Sonstige Anforderungen, Bitten und der Finanzbericht erfolgen auf weiteren Tabulae.


    A. Tiberius Verus
    Centurio



    Finanzbericht II des Praesidio XXII


    Es grüßt der wachleitende Centurio Statorum A. Tiberius Verus,


    Nach Zählung und Kontrolle hier die aktuelle Übersicht über die Einnahmen (erhobenen Zölle und Gebühren) des Praesidio.


    Einnahmen: 11.291 Sesterzen
    davon Gebühren: 4991
    davon Zölle auf Eisenwaren: 1200
    davon Zölle auf Fellwaren: 2000
    davon Zölle auf Wein und Lebensmittel: 1000
    davon Zölle auf Geschmeide: 1100
    davon Zölle auf Öl: 1000


    Ausgaben: -


    Verlust: 2490 Sesterzen
    Anmerkung: Überfall durch unbekannte Tätergruppe


    Vorhandene Summe: 8.801 Sesterzen


    Die Truhe wird verschlossen und unter Geleit bald nach Mogontiacum überstellt.


    A. Tiberius Verus
    Centurio



    Anforderungen


    Es grüßt der wachleitende Centurio Statorum A. Tiberius Verus,


    und erbittet zeitnah folgende Bereitstellungen:


    - Der Sold muss den Männern überstellt werden. Er ist bereits überfällig.


    - Baumaterial: Nägel.


    - Es wird besonderer Bedarf an Decken angemeldet. Ich benötige 81 Decken.


    - Der Nahrungsspeicher ist noch gut gefüllt. Jedoch besteht Bedarf an Garum. Eine Fuhre ist hiermit erbeten.


    A. Tiberius Verus
    Centurio

    Zitat

    Original von Gurox


    Bevor Verus realisieren konnte, was geschah, sah er bereits, dass jemand Crassus seinen getreuen Wachmann außer Gefecht gesetzt hatte und man die Truhe plünderte, indem man Satteltaschen füllte. Einige Münzen fielen daneben aber es reichte, so dass ein großer Teil der Einnahmen gerade entwendet wurde. Verus, wie von einem Blitz getroffen, trat ein Huhn argherrisch zur Seite, und rannte mit gezogenem Gladius hinter dem Reiter her, dem man die Taschen gereicht hatte. Plötzlich ritten an dem inzwischen gealterten Jung-Römer mehrere Reiter vorbei, aus jenem geöffneten Tor. Verus fluchte lautstark und wieß zwei Soldaten an, noch ihre Pilae nach den Reitern zu werfen. Doch auch diese Wurfwaffen versagten und landeten lustlos im Schlamm des durchnässten Bodens, neben der Straße. Enttäuscht von sich, grummelte der Centurio, der nun wirklich ausgelaugt, zur Truhe wankte, sein Gladius verstaute und schließlich beugte er sich zu Crassus herab. Er wollte sicher gehen, dass zumindest seinen Leuten nichts passiert war. Ja, bei den Göttern, er lebte noch! "Wein," rief Verus, so dass ein Legionär nickend abzog, um dem Kameraden, der benommen brabbelte, ein Getränk zu bringen. Vielleicht nicht die beste Medizin aber es war eine Medizin von Soldaten. Suff machte vieles besser oder zumindest erträglicher. Verus blickte danach in die halbgeleerte Truhe und seufzte. Das sah nicht gut aus. Ein paar gewiefte Räuber hatten das Imperium bestohlen und noch viel schlimmer ihn selbst. Jetzt hieß es, entweder einen Bericht schicken oder die Bücher fälschen. Zum Glück hatten sie noch ihre eigene Sammlung, die Sondergebühren, die sie erhoben hatten und die niemals in irgendwelchen Büchern standen. Verus entschied sich, dies mit den Männern zu klären, bevor er an deren Urlaubskasse gehen musste. Er selbst war sich aber sehr sicher, dass der Schaden so klein gerechnet werden konnte. Was in den Listen stand, stimmte, so einfach war das Imperium. Es ging immer nur um die Akten. Beim nächsten Bericht würde er zwar einen Überfall nennen aber die Summe sicherlich deutlich kleiner halten. Er würde sich eine schöne Heldengeschichte ausdenken, damit seine Männer ihr Ansehen behielten. Es war nur eine Frage der Absprache unter einander. Verus holte Luft, richtete sich auf und deutete zu seinem Optio: "Räume hier auf. Ich muss ein paar Dinge regeln." Der Optio nickte. "Jawohl," war die Antwort des Mannes, der sich sofort weitere Legionäre schnappte, als Verus in Richtung Hütte abtrat, an der muhenden Kuh vorbei. Aviana kam aus der Tür und reichte ihm eine Decke. Ja, Verus brauchte nun wirklich Trost und trat in seine kleine Dienstwohnung ein. Schlaf sollte das erste Problem lösen, danach folgte die Buchfälschung.

    Es wurde immer schlimmer! Noch mehr Tiere! Er hatte doch keine Tierzucht eröffnet! Verus schlug entsetzt die Hände über seinem Kopf zusammen. "Alle Mann, treibt diese Viecher raus," befahl er panisch als er erschlagen von der Situation auf den Platz rannte um die Tiere zu verscheuchen, mal ein Federvieh, dann tauchte auch noch eine Kuh auf, die er mit beiden Händen zur Seite zu schieben versuchte; er war völlig hilflos und abschlachten wollte er die armen Kreaturen auch nicht. Seine Sanftmütigkeit wurde ihm nun zum Verhängnis. Die anderen Legionäre versuchten ihrem Centurio zu helfen, so dass in der Tat die Truhe mit den Einnahmen (fast) ungeschützt war. Sie stand unweit des Südtores unter einem Zähltisch, auf dem auch ein paar Säckchen mit Sesterzen lagen. Auch eine Tabula mit den Abrechnungen, die Verus schon begonnen hatte. Die Truhe stand noch geöffnet und Silber und Gold schlug einem beim Anblick entgegen. Nur ein Legionär, aber in voller Rüstung (lorica hamata), stand mit seinem Speer daneben, jedoch ohne Scutum. Scheinbar war dieser Mann so vertrauenswert, dass man ihn mit den Einnahmen alleine lassen konnte. Er ließ sich auch vom Schauspiel nicht beirren und ging seiner Anweisung nach, den Kassentisch und die Truhe zu bewachen. Enttäuscht ließ er den Blick schweifen, als er Verus, seinen im Ansehen leidenden Centurio, erblickte und traurig schmunzelte. Verus selbst, verstaute seinen Stock wieder am Militärgürtel, der hektisch klimperte, weil er stets von Getier umzingelt wurde. Die vielen Geräusche trieben ihn fast in den Wahnsinn, während seine Helfer immerhin die Kuh einfangen konnten, um sie an einem Pfahl anzubinden, der eigentlich für Reitpferde gedacht war. Selbst die Mauerwachen kamen nun herunter, um das Getier zu bändigen. Gurox und seine Bande hatten noch ein paar Atemzüge Zeit bis die Legionäre die Situation unter Kontrolle hatten.

    "Alarm," schrie Verus als die beiden Streithähne aneinander gerieten und seine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Den Mann mit der Ziege und dem Zieglein übersah er, als dieser glaubhaft ins Lager rannte. "Vier Mann zu mir," rief er zu den weiteren Wachen, die ihre Scuti und Speere abstellten, um zu Verus zu eilen, da sie bereits ahnten, dass die beiden Streithähne zu trennen waren. Verus selbst zog seinen Rebstock hervor, um ihn in alter Centurio-Manier zur Züchtigung einzusetzen. Unruhe konnte er garnicht leiden und schon garnicht jetzt, bevor sie schließen wollten. Der Grenzübergang bei Nacht war immer eine Gefahr für sich und ein offenes Tor bei Nacht war sowieso für den eigentlich ängstlichen Verus schon ein echter Grenzgang. Er verbunkerte sich gerne in diesem kleinen Kastell mit den zwei Toren. Die Soldaten drangen zu den Kämpfern durch, um sie jeweils mit zwei Mann zu packen. Verus selbst schlug mit seinem Stock auf beide in einem abwechselnden Rythmus ein, was ihn jedoch ermüdete, so dass er es nach zwei Intervallen unterließ. Der Tag hatte ihn sehr müde gemacht und steckte in seinen Knochen. Es war wirklich anstrengend den ganzen Tag zu stehen und Zölle einzutreiben. Zumal Verus sein übliches Training in letzter Zeit erheblich vernachlässigt hatte. Nicht, dass er fett geworden war aber da er nun der Kommandant war, hatte er sich den Luxus von etwas weniger Sport gegönnt, während der billige Wein abends doch recht gut schmeckte. Dann bemerkte er, dass ein Mann ins Lager gestürmt war und die jaulende sowie kreischende Ziege, die immer wieder ihren typischen Ton von sich gab. Verus wandte sich von den gebändigten Prügelseelen ab und zog beide Brauen hoch als der Mann sah, der in seinem Lager umher rannte. "Bei allen...," wollte er einen Satz beginnen, als er zwei Männern am hinteren Tor andeutete, den Mann doch einzufangen und eventuell auch die Ziege. Wild gestikulierte Verus, der immer wieder auf den Innenhof zeigte. "Dort," brüllte der Centurio mit weichem Gesicht. In der Tat hatte Verus gerade die Übersicht verloren.

    Ein dickes Sorry, dass ich meine Abmeldung nicht verlängert habe! Aber es kamen kurzfristig viele Dinge herein, so dass ich das IR vollkommen vergessen habe. Ich weiß auch nicht, ob sich das bald ändern wird, denn ich habe zwar gerade Luft aber bin schon wieder verplant.