Schließe mich an!
Beiträge von Aulus Tiberius Verus
-
-
Nen' Guten! Curio!
-
Ein langer Tag war vorbei. Verus müde von den einseitigen Kontrollen, wollte gerade die große Truhe mit den Einnahmen verschließen, als seine Legionäre am Tor wohl die letzten Kunden des Tages trafen. Verus brummte genervt, erhob sich aus der gebückten Haltung vor der beschlagenen Truhe, ging mit enttäuschten Schritten Richtung Tor. Er beäugte das Personal kritisch und sagte: "Eigentlich machen wir zu." - Und Verus wollte schließen, denn in seinen Augen musste niemand eine Sonderbehandlung erwarten. Doch gerade die Erfahrung heute mit dieser Seherin hatte ihn zum Umdenken gebracht. Er grummelte noch einmal. "Aber gut," sagte der Centurio, trat mit drei Wachen hinter ihm an den Karren heran, um hinein zu blicken. "Welche Waren sind geladen worden? Außer dieses Getier?" Wieder nahm er seinen Stock vom Gürtel, um die Käfige ein wenig zu verrücken, damit er mehr sehen konnte. "Warum so spät?" Die üblichen Fragen eines Zöllners ergingen, als Verus mit seinen Leuten noch näher an den Wagen heranrückte. Heute war ihm nicht mehr nach großer Arbeit und wollte das schnell hinter sich bringen. Denn die Müdigkeit ließ seine Augen gelegentlich zufallen, was ein geübter Betrachter sicherlich erkennen konnte.
-
Acu! Respekt! Hast du es tatsächlich geschafft!
Alles Gute, Digga!
-
-
Was war gerade passiert? Verus nahm das Artefakt an, betrachtete es aufgeschlossen und stellte fest, dass es ein besonderes Geschenk war. Viele Germanen trugen es und nun besaß er selbst ein solches Schmuckstück. "Danke," sagte der Tiberius mit einem freundlichen Lächeln, was seine Kameraden sichtlich verwirrte. Hier war gerade etwas geschehen, was so nicht allzu oft geschah. Dieses Geschenk schlug eine Brücke zwischen Welten. Verus wusste darum, dass ihm dieses Geschenk galt und fühlte sich geehrt. Eine Germanin gab einem Römer ein Schutzzeichen. "Da hast du Recht," bemerkte der Centurio noch, bevor sie sich bereits entfernte. Immer noch betrachtete er das Objekt, bevor es in seinem Gürtelbeutel verschwand. Noch traute er es sich nicht, es um den Hals zu tragen. Es war wohl auch für einen Tiberius unschicklich- aber was kümmerte ihn noch sein Haus, welches ihn in Germanien vergessen hatte? "Der Hammer des Donar," wiederholte er noch, als Idun bereits einen Schritt gegangen war. Die Soldaten um Verus waren erleichtert als sie durch das Tor trat. Als Verus wieder zu klaren Gedanken kam, rief er der Seherin seinen Namen hinterher. "Tiberius Verus," war der laute Ausruf in Iduns Richtung, welcher um jenen Zusatz ergänzt wurde: "Ja, wir werden uns wiedersehen." Er wusste nicht, warum er sich dessen so sicher war aber eine innere Stimme sagte ihm, dass dies nicht das letzte Treffen der beiden war. Etwas war heute geschehen, was außerhalb der normalen Ratio des Mannes lag, der einst nur Sklave seiner Ideale war. "Centurio," versuchte der Soldat, der Idun vorhin als Hexe bezeichnet hatte, die Aufmerksamkeit des Offiziers wieder auf die Arbeit zu lenken. Die wartenden Germanen senkten kurz ihr Haupt vor Verus, so als ob sie auch ihm Achtung entgegenbringen wollten. Das Wunder des Momentes verweilte noch eine Weile, bis Verus den Blick von Idun abwenden konnte und wieder der Arbeit nachging. "Gut," sagte der Centurio und deutete auf die Wartenden. "Wir machen weiter." Doch etwas hatte sich dauerhaft verändert.
-
Was trennte Götter von Menschen? War es das Wissen oder die schöpferische Kraft? Oder doch nur die Unsterblichkeit? Verus war sichtbar erstaunt darüber, dass sich eine germanische Seherin seiner Person annahm und Worte sprach, die sicherlich nicht jedes römische Ohr vernommen hätte. Doch Verus lauschte aufrichtig. Nein, er wurde kein Gläubiger oder fand sich im Dienste Donars wieder, dessen Namen er zwar gehört hatte aber wenig ansonsten von den hiesigen Götterwelten verstand. Er war schlicht noch zu jung, um die Abhandlungen bekannter Historiker und Chronisten vollständig gelesen zu haben. Zwar hatte er sich in gewissen Grenzen über Germanien schlau gelesen, vielleicht sogar mehr als manch anderer Römer aber blieb dennoch ein Kind im Angesicht der kulturellen Mysterien. "Ehm," entfloch ihm fast gehaucht, als seine Augen die von Idun spiegelten. Beide Seelen waren für eine winzige Sekunde verbunden, die noch ein weiteres Donnergrollen anhielt. Idun hatte tief in Verus Seele geblickt und genau die Worte gewählt, die diese Maske eines harten Kriegers so nachhaltig beschädigten, dass nur noch der junge Tiberius übrig blieb, welcher so gerne mehr sein wollte als dieser tollpatschige Träumer. Er hatte alles geopfert, um nicht mehr Getriebener der Zeiten zu sein und doch war er es immer noch. "Donar?" Verus weitete seine Augen bei dem Namen. Er sprach den Namen noch vorsichtig aus, fast so als ob es ein Verbrechen war, ihn zu benennen. Noch immer war der Römer in ihm skeptisch. Diese germanischen Dinge waren im so fremd und doch in diesem Moment so vertraut, weil diese Frau sie repräsentierte. Ein Legionär legte Verus seine Hand auf die Schulter. "Diese Frau ist gefährlich, Centurio." Es war die Meinung dieses Soldaten, der fast glauben wollte, dass Idun den Centurio verhext hatte. Verus kniff nervös beide Augen zusammen, bis er sich wieder öffnete. Er dachte über ihre Worte nach, musste ebenfalls lächeln und fand ein klare Weisheit darin. Die Götter waren mitunter nur Symbole für Werte und eine natürliche Zuversicht. Ja, diese Welt hatte ihm stets das gegeben, damit er mehr wurde als dieser ängstliche Junge aus Achaia, der vom großen Rom träumte. Die Ironie lag darin, dass er sich selbst nun besser verstand und dafür erst von Rom entfernt werden musste. Der Centurio nahm die Hand es Legionärs von seiner Schulter und klopfte diesem auf die Schulterpanzerung seiner Lorica. "Keine Sorge," sagte Verus, während er sich zutraulich Idun zuwandte.
"In deinen Worten steckt Weisheit, die ich an diesem Ort nicht vermutet hätte. Manchmal findet man Schätze auch in der Fremde," meinte Verus in sanfter Stimme, die für diesen Zeitraum frei von soldatischem Gehabe war. Auch veränderte sich sein gesamter Habitus. Das Grollen am Horizont verschwand, wie auch der kurze Nieselregen. Merkwürdig! Verus blickte kurz in den leicht-ergrauten Himmel, bevor er wieder in ihre Augen blickte. Diese Frau hatte etwas geschafft, was eigentlich nicht sein durfte. Römer in ihrer Überlegenheit nahmen selten Weisheiten von Barbaren an aber diese Frau fand in Verus nicht den Römer vor, sondern den Menschen. "Ich glaube, dass wir Menschen göttliches tun können. Etwas Gutes. Wenn ich es genau bedenke, wirken die Götter durch uns und mit uns," sprach er mit einem Schmunzeln. "Ich diene Rom und damit den Menschen, Fremde. Ich bin kein Feind des Lebens, obwohl ich eine Zeit lang, sehr dunkle Gedanken hatte." Verus wirkte nachdenklich, während er dicht an Idun heranrückte. Die Legionäre tuschelten etwas im Hintergrund, da sie wohl um das Leben ihres Centurios fürchteten. Ein Soldat schritt ein: "Genug, Hexe!" Der Tiberius stoppte den Mann mit einer schnellen Bewegung seines Armes. "Miles, ruhig. Ich denke nicht, dass von einer Frau Gefahr ausgeht," spielte er auf die Ehre des Soldaten an, der unwillig zurücktrat.
"Viele weise Männer haben darüber gestritten, Fremde. Was ist und was sein sollte; niemals gab es eine klare Antwort," formulierte Verus und deutete ins Lager hinein. "Du und deine beiden Begleiterinnen dürfen einreisen," kehrte der römische Offizier wieder zum Alltag zurück. Doch dieses mal erhob er keine Sondergebühr, gab sich nicht der Korruption hin. Noch immer hallten ihre Worte in seinem Schädel nach. Immer wieder rollte er den Namen Donar in seinem Verstand aus.
-
Es roch nach Gewitter. Die Luft veränderte sich als Verus den Stab umfasste und betrachtete. Urplötzlich schlug ein einsamer Blitz in einen Baum unweit ein, welcher Feuer fing und in einem brennden Licht pochte. Ein oder zwei Tropfen Regen fielen auf seine Nase, während er den Stab erschreckt an Idun zurückgab, bevor er überhaupt seine Kontrolle beginnen konnte. "Ich denke, dass du schlecht etwas verstecken kannst," merkte er an und versuchte seine vorübergehende Schreckhaftigkeit zu verbergen. Diese germanischen Sommergewitter waren ihm ein Graus geworden, da sie plötzlich auftraten und ebenso schnell wieder verschwanden. "Du und du, Wasser holen und den Baum löschen! Ich will keinen Waldbrand!" Ein klarer Befehl, den die beiden Soldaten sofort ausführten. Sie stellten ihre Scuti und Hastae ab, um in der Station zu verschwinden, um aus dem Brunnen Wasser zu holen. Zum Glück brach kein größerer Brand aus und der entfachte Ast brach schlicht ab. Rauchend sowie noch leicht glimmend fiel er zu Boden, wo er ausbrannte. Der Baum stand im diesigen Dunst, während die beiden Soldaten Wasser über den Ast kippten; schließlich auch über rauchende Stellen des Baums selbst. Die beiden Blondinen wurden nur augenscheinlich kontrolliert, von leicht perplexen Wachen, die über den Blitzeinschlag ähnlich dachten, wie Verus. Der Herzschlag von Verus hatte erheblich zugesetzt, denn der Einschlag war sehr nah gewesen, so dass der Römer fast schon die Berührung des Stabes damit in Verbindung gebracht hätte. Die Frage, ob ihn seine Götter verlassen hatten, wirkte da wie Hohn. "Ich glaube nicht wirklich, Fremde. Wenn es Götter je gegeben hat, haben sie uns Menschen lange verlassen," stellte er fest, wobei er sich selbst über seine Ehrlichkeit wunderte. Er wich einen Schritt von Idun zurück, als ein weiterer tiefer Donner durch den Wald rollte. Die restlichen Wachen blickten nervös auf. "Wir sollten schließen, Centurio," meinte ein Legionär. Verus ignorierte dies und war ganz auf Idun fixiert.
-
Ihre Augen fanden etwas in Verus, welches er längst verloren glauben: Menschlichkeit. Verus, so lange schon fernab der Heimat, fern jener Liebe, die er mehr brauchte als er sich selbst eingestehen konnte, hatte für eine gewisse Zeit die Maske einer Maschine getragen, welche mörderisch kalt diese Grenze belebte. Er war das Monster, welches die Germanen fürchteten; nicht, weil er so grausam agierte oder blind mordete, sondern weil er so kalt und berechnend vorging. Die Listen, die Befehle und auch die ständige Wiederholung waren die größten Schrecken Roms; nicht mehr nur die Kreuze an den Wegen oder die Kerker. Was viele Germanen vergaßen, war das jene Soldaten auch sich selbst aufgaben in dieser Wiederholung und es galt noch immer noch die alte Wahrheit eines römischen Beamten: was in Akten geriet, war längst tot. Verus war auf eine gewisse Art bereits gestorben. Damals als Calena und er die gemeinsame Ehe beendeten. Es war dieser Akt an seelischer Grausamkeit, die jetzt ihren Preis forderte. Eines Tages musste jeder Mensch seinen Preis für seine Lebensführung bezahlen. Verus bezahlte auf diesem Posten doppelt. Der Tiberius war verloren mit sich und die einzige Person, die ihn verstand, trotz der Verbundenheit und Treue seiner Legionäre, war Aviana, welche in ihrer Verrücktheit ehrlich war. Liebevolle Ehrlichkeit fehlte Verus. Der ständige Selbstbetrug mit falschen Werten hatte ihn zerstört und diese Person, die gerade vor Idun stand, zurückgelassen. Ein kalter Römer war er geworden, welcher an Nichts mehr wirklich glaubte, sondern schlicht lebte, um zu dienen. Dienst war alles, was er noch kannte. Ja, sie hatte für diesen Hauch an Zeit, die sie in seine Augen geblickt hatte, diesen Abgrund gesehen. In dieser tristen Traurigkeit, die in seinen Augen lag, und garnicht zum harten Gesicht passen wollte, welches sanfter sein sollte. Ihre Stimme gab ihm eine Zuversicht, dass ihre Worte nicht gelogen waren. Der Centurio verspürte keinen Drang mehr, weiter diese Kulisse aufrecht zu halten und verstaute den Rebstock wieder am Gürtel. "Wenn das so ist," drückte er sich unsachlich aus und blickte kurz vor ihr zu Boden; ganz so als ob er sich entschuldigen wollte. Es war keine große Geste, viel mehr ein stilles Symbol für einen Mann, der nicht an diesen Ort gehörte. Verus hob seinen Blick wieder. "Habt ihr Waffen dabei? Das müssen wir noch kontrollieren!" Wieder griff das alte Muster, doch dieses mal in einem freundlichen Ton, ohne den harten Kern, welcher stets Befehle gebellt hatte. "Danach könnt ihr drei einreisen," meldete er noch mit einem vorsichtigen Lächeln. Die Wachen neben Verus wunderten sich etwas, dass ihr Centurio auch Freundlichkeit bei diesen Fremden beherrschte. Oft war seine Haltung nur von Abneigung und Angst getragen gewesen. Diese Frau hatte etwas Magisches, wenn sie einem Mann mit einem Blick wieder Zuvertrauen gab. Stille kehrte ein.
-
Eine Frau! Er hatte vieles über die germanischen Frauen gehört und nur wenige erlebt. Wenn sie derartigen Einfluss auf die anwesende Menge hatte, war sie von besonderem Stand und somit eine Gefahr. Er mochte es nicht, wenn okkulte Figuren mit Gesichtsbemalung nach Süden einreisten. Seine Wache galt dem Schutz des Reiches und somit sollte er sich gegen Wildlinge stellen, während er am Limes Dienst tat. Die anderen beiden Unbekannten entpuppten sich auch als Frauen in sattem Blond. Hübsch waren sie, das musste er zugeben. "Das entscheide ich," fiel nervös aus seinem Mund, während er den beiden Männern mit den Hastae mit einem Zeichen zu verstehen gab, dass sie die deutliche Geste beenden konnten. Beide nahmen ihre Lanzen zurück und richteten sie auf. Das bereits ein Murren ausgelöst wurde, dass sie überhaupt von Römern aufgehalten wurden, machte den Offizier zusätzlich nervös. Dies konnte schnell eine Verwicklung geben, da man hier auch gerne tödlich endete. Einmal hatte er einen Dieb gefasst, der jedoch von den Hiesigen geschützt wurde. In einem blutigen Handgemenge konnte man ihm noch habhaft werden aber nicht ohne den Preis eines toten Germanen. Diesen Fall hatte er gemeldet aber erneut erging keine Reaktion aus Mogontiacum. Man hatte sie wohl vergessen. "Süden also. Warum?" Skeptisch legte Verus die Lippen zusammen und betrachtete nüchtern Idun, die trotz ihres Aufzuges einen gewissen Reiz hatte; nicht, dass er wirkliches Interesse an ihr hatte aber ein anderes Gesicht zu sehen als die üblichen, war sicherlich nicht unangenehm. Auch wollte er verstehen, was sie für eine Person war. War sie überhaupt eine Person? Für ihn als Römer stellte sich immer Frage, ob sie nicht gleich einen Dolch ziehen würde, um alle hier zu töten. Barbaren waren immer mit Vorsicht zu genießen. Wohl auch diese hier.
-
Warum taten Menschen etwas, was sie eigentlich nicht mochten? Warum sah sich Verus an einen Eid gebunden, der ihn stets an Orte gebracht hatte, an denen er nie sein wollte? Dieser Ort brachte ihm kein Glück und auch kein Leben, welches seiner Person gerecht war. Dennoch schenkte ihm dieser Ort eine wertvolle Erkenntnis, dass Geburt ins Leben immer ein Geschenk war und die Welt größer war als Rom. Die Eindrücke seiner Wache, die dunkel und auch oft voller Schrecken war; nicht immer gefährliche Erfahrungen aber mit niederschlagenden Elementen. Letzten Winter war ein Kamerad im Fieber gegangen, während der Schnee die Füße blau werden ließ. Diese Wache wurde zu einer echten Belastungprobe für den einst sensiblen jungen Mann. Der Ruhm Roms war hier so fern, dass selbst solche Gedanken bedeutungslos waren. Man diente, weil man diente - und dies auch ohne besonderen Zweck. Wenn es etwas gab, was ihn noch bewegte, war es Hoffnung. Hoffnung, dass Calena ihn noch liebte und diese Wache enden konnte. Der Schatten der Gleichgültigkeit hatte sich jedoch für diesen Moment über den Geist des Römers gelegt, als er von einem Legionär informiert wurde, dass etwas am Nordtor geschah. "Hm," machte Verus nur als er dem Soldaten in festem Schritt zum Nordtor folgte. Dort hatten zwei römische Soldaten mit ihren Hastae eine Grenze eröffnet, indem sie die Fremden mit jeweils in beiden Händen quergestellten Lanzen vom Weitergehen abhielten. Die Wachen auf dem Wehrgang blickten lustlos herab, während drei weitere Legionäre als kleine Traube im Torbereich standen. Der Centurio betrachtete dies, warf einen Blick zu beiden Wachtürmen hinauf. Aus einen der beiden Türme winkte ihm ein Legionär zu. Verus wusste, dass er sich auf seine Männer verlassen konnte. Diese Zeit hier hatte ihn mit seinen Männern verwoben, auf eine Art die kein anderer Dienst und kein Marsch hätte schaffen können. Es war die ständige Bedrohung und das harte Land, welches Menschen zu echten Brüdern machte. Nicht, weil alle an Rom glaubten oder an die Befehle, welche gegeben waren, sondern weil sie alle in jeder Sekunde aufeinander angewiesen waren. Als der traurige Kamerad im Fieber verstorben war, hatten sie eine Nachricht nach Mogontiacum geschickt und erbeten, die Leiche nach Mantua zu überstellen. Die Bitte wurde verweigert und somit einem Soldaten Roms die letzte Ehre genommen. Verbitterung war zurückgeblieben. Verus und seine Männer hatten die Gründe verstanden, dass diese Station keinen Mann als Geleit entbehren konnte aber es war schlicht eine heilige Pflicht an diesem unheiligen Ort. Diese Lage hatte dazu geführt, dass man sich selbst einen Priester besorgt hatte und den Kameraden unweit des Lagers nach bekanntem Ritus beisetzte. Der Familie ließ man den Siegelring und eine erträgliche Summe zukommen. Die Verbitterung blieb und die Enttäuschung machte diese Männer innerhalb der Legion zu einem verschworenen Haufen, die Verus und ihrer brüderlichen Verbundenheit dienten. Verus, anfangs unbeliebt, war inwischen dank seiner Hingabe zu einem echten Anführer erwachsen. Traurig für Rom war, dass diese Einheit einzig von Verus unter dem Adler gehalten wurde, da die meisten schlicht nach Hause wollten. Jegliche Bitte auf Ablösung war ungehört verhallt. Nur der Tiberius erinnerte seine vertrauensvollen Männer stets an jenen Eid, dem er selbst so unliebig folgte. Immer noch war für ihn, als Tiberius erzogen, Rom etwas Großes. Ein Ideal, welches nicht gebrochen werden dürfte. Dennoch konnte auch dieser Tiberius nicht mehr leugnen, dass diese zwei Jahre sein Weltbild deutlich gewandelt hatten. Rom war nicht mehr nur Licht, sondern auch Erlösung von diesem Ort. Am Nordtor angekommen, betrachtete dern Centurio die drei Männer in Mänteln. Sein Blick blieb musternd auf der Gestalt mit dem großen Stab. "Salvete," grüßte er die gesamte Gruppe, während seine Hand nervös den Rebstock drehte, um etwas Nervosität Kanal zu bieten. Seine Augen verkniffen sich dabei zu engen Schlitzen, während Luft durch seine Nasenflügel stieß.
-
Ich liebe tote Themen und reanmiere sie gerne als ForenStein wieder.
Da der kleine Thread um das Praesidio XXII gerade so gut läuft, biete ich ihn auch gerne anderen an, sich gerne durch unfähige Soldaten und einen gierigen Zöllner-Tiberius abweisen zu lassen. Nein, kleiner Spaß! Ich sehe hier durchaus Spielpotenzial, ein kleines Limes-Kastell auszuspielen und freue mich um weitere Nasen, die sich trauen!
Alternativ kann man auch einen Angriff ausspielen! Es können auch andere Römer vorbeischauen, die nicht unbedingt über die Rhenusbrücke ausreisen wollen. Kriminelle und Schmuggler sind auch gerne gesehen!
Für weitere Ideen um das dubiose Lager am Limes, welches mehr schlecht als recht betrieben wird, bin ich offen!
-
Verus schmunzelte bei den Worten. "Wir leben nicht im Wünsch-Dir-Was-Imperium, Römer." Er winkte ab und deutete in Richtung Süden. "Dann zieht wieder ab. Hier gelten die Gesetze des Augustus. Du kannst gegen geringe Gebühr in Mogontiacum ein Dokument erwerben. Ich mache die Regeln nicht aber führe sie aus," sagte der junge Tiberius noch, bevor er sich wieder umwandte, um mit einem Legionär über diesen Vorfall zu sprechen. Man ließ die Reiter wieder aufsitzen und ihrer Wege ziehen. Die Legionäre senkten ihre Hastae und nickten beide fast simultan Gurox zu. "Diese Leute, die meinen, dass man Sonderregeln für sie machen würde," schimpfte Verus und verstaute seinen Stock wieder am Militärgürtel, während seine Füße nervos im festen Schlamm des Bodens herumtraten. "Niemand informiert sich vorher," setzte der Centurio nach. Der Soldat, der diese Worte ertragen musste, lächelte vorsichtig und zog dann beide Schultern hoch, sofern dies im Schienenpanzer überhaupt sichtbar war. "Gut, machen wir weiter." Der Tiberius drehte sich wieder um, während seine Augen wieder zu den Reitern wanderten. Hoffentlich verschwanden sie schnell, da sich danach bereits zwei weitere Ausreisende bemerkbar gemacht hatten. Verus wirkte ungehalten.
-
Ein Händler also! Diese Aussage gefiel Verus, da sie jeweilige Gefahr erheblich reduzierte. Und man konnte davon ausgehen, dass dieser Mann mehr darauf achtete, genug Geld zu verdienen als irgendeinen Konflikt zu provozieren. Verus nickte ihm eifrig zu, während er seinen Rebstock aus dem Gürtel zog, um erneut eine grobe Kontrolle durch zu führen. Der Centurio war eine Kontrollmaschine geworden, welche stets halbherzige Antworten von sich gab und Aussagen auswarf, die auch aus einem römischen Handbuch entnommen sein konnten, welches die schlechte Behandlung von Ausreisenden beschrieb. "Ausreise mit Waffe nur gegen Genehmigung der Administration." Der Satz fiel, wie ein Pfeil und scheinbar ignorierte Verus die Erklärung als er mit dem Stock in die Tasche auf dem Rücken des Pferdes stieß. Er stocherte hektisch darin herum. Ja, das Gepäck erschien ihm sauber. "Öffnen," er deutete auf die anderen Gepäckstücke. Kontrolle war immer besser. Zumal es seine bescheidene Arbeit war und als Offiziers dieses Wachstation hatte er ein gutes Vorbild an römischer Tatkraft zu sein. "Mich interessieren deine Gedanken nicht," sagte Verus trocken und trat zwischen die Reiter. "Ja, alle Waffen ablegen." Er nickte den Männern zu, die mürrisch ihre Schwerter abwarfen. Das Gesicht des Römers zeigte keine Regung als er die Schwerter betrachtete, wie sie auf den Boden fielen. "Ein Dolch," formulierte Verus als er nach dem kleinen Stück griff, welches Gurox gerade ablegte. "Du kannst gegen Strafgebühr eine Erlaubnis erwerben, Waffen auszuführen. Diese Strafgebühr ist deutlich höher als jene Gebühr, die du in der Administration entrichtet hättest. Diese befindet sich in Mogontiacum," erklärte die Maschine weiter und betrachtete dabei den Dolch, bevor sie ihn Gurox zurückgab. "Dieser ist Dolch ist frei. Die Schwerter jedoch nicht." Der Centurio wanderte für eine Minute schweigend um die Begleiter. "Mit Strafgebühr und Ausreisegebühr, genau 310 Sesterzen. Ich stelle dann das Dokument aus, welches dich und deine Männer auch zur Einreise mit Waffen berechtigt, was weitaus härter bestraft werden würde, wenn ihr alle ohne Dokument einreist."
-
Verus leckte sich über seine Schneidezähne. Er hatte immer noch diesen dubiosen Geschmack im Mund, welcher nicht wirklich weichen wollte. Die letzte Mahlzeit hing ihm wohl noch nach, so dass er versuchte seine Zähne mit jenem Zungenstrich zu reinigen. Er antwortete nicht sofort, sondern musterte Gurox und sein Gefolge einen weiteren Moment. "Haha," lachte der Römer auf. "Dann hast du dich wohl verlaufen. Hier ist die Außengrenze des Reiches und man geht nicht einfach in die Wildnis," erklärte der überraschte Verus. "Dort oben herrschen andere Sitten und Gebräuche. Niemand ohne wirkliches Interesse geht dorthin. Ich empfehle dir eher über die Rhenusbrücke in Mogontiacum ins Gebiet der Barbaren zu reisen. Dort sind sie mehr an uns gewöhnt. Hier reist du ins vollkommen wilde Gebiet ein." Verus stellte klar, dass sein Übergang nicht unbedingt der Beste war und auch sicherlich nicht der Beliebteste. "Wenn du aus dem Imperium ausreisen willst, müssen wir dich kontrollieren. Vorallem auf Waffen und illegale Exportgüter, wie Erze." Der gute Tiberius hatte die Zollvorschriften erfolgreich gelernt und seit zwei Jahren ebenso erfolgreich angewendet, wie die gefüllte Truhe mit Sesterzen zeigte, die bald nach Mogontiacum überstellt werden würde, von da wohl nach Rom. "Gleiches gilt für deine Freunde," folgte der Nachsatz, den er mit einer Bewegung seiner Hand in Richtung der anderen abgesessen Reiter unterstrich. "Auch wird ein Exportzoll für gewisse Güter fällig und eine Ausreisegebühr." Vielleicht sollte er ein Schild aufstellen, dachte er sich, bis ihm klar wurde, dass die meisten nicht Lesen oder Schreiben konnten und so wurde diese verrückte Idee schnell verworfen. "Abgelenkt?" Er folgte dem Blick des Gurox bis seine Augen Aviana fanden. Es war nicht zu übersehen, dass dieser Fremde ein Auge auf die einzige Frau in der Nähe geworfen hatte. Verus schnippte mit seiner Linken. Ihm missfiel, dass ein Fremder seinen Schützling so beachtete."Konzentration!" - donnerte seine Stimme, während er seinen Kopf wieder zu den Fremden wandte.
-
Verus blickte den sich langsam bewegenden Germanen hinterher. Irgendetwas machte ihn skeptisch. War es die betuhlich langsame Bewegung oder, dass sich die Germanen unterhielten? Wenn er eines über diesen Ort gelernt hatte, dass nichts so harmlos war, wie es erschien. "Crassus, übernimm' die Kontrolle," befahl der Tiberius nüchtern und der entsprechende Soldat nickte seinem Centurio zu. "Jawohl," war noch die Meldung, bevor sich Verus ins Lager begab, um den Germanen auf Abstand zu folgen. Die beiden Legionäre, die neben dem Wagen hergingen, verstanden die Sprache der Drei nicht, so dass die Spionage nicht weiter auffiel. Nur Verus sprach begrenzt die hiesigen Dialekte, auch um bei Zollfragen bessere Auskunft geben zu können. Dennoch, er war zu weit entfernt, um die Gespräche zu verstehen. "Etwas schneller," rief er so nur, um die Germanen schnell durch das Lager zu bringen, damit sie am Südtor aus dem Gefahrenbereich gelangten. Auf ihrem Weg konnten sie noch einige Holzstände erblicken, die mit Pila und Hasta bestückt waren. Daneben einige Tische auf denen Spathae und Gladi lagen. Dieser Stützpunkt war gut gerüstet, wenn auch weit ab von den üblichen Wegen. Es würde nicht einfach werden, dieses kleine Castell zu erobern. Trotz der geringen Besatzung von 60 Mann. "Der Ruhm Roms erwartet euch," scherzte Verus zynisch ob seiner eigenen Position als er an Wulfgar vorbeitrat, um Aviana zu begrüßen, deren Ruf er vor wenigen Momenten vernommen hatte. Aviana selbst schien noch gefangen von einem Fremden zu sein, dessen Anblick sie so gerade erst verlassen hatte. "Willst du uns nun helfen? Apfel-Herrscherin reicht dir nicht mehr?" Der gediente Mann lächelte breit und legte seiner Sklavin die Hand zutraulich auf die Schulter und deutete in Richtung Hütte. "Besorge den Männern bitte etwas zu Trinken und stelle es in der Nähe der Tore ab. Es wird noch ein langer Tag." Ja, inzwischen herrschte reger Durchgangsverkehr im Lager und die Truppen verloren gelegentlich den Überblick über die Menschen die von Süden nach Norden gelangten; sowie über die Drei Germanen, die von Norden nach Süden wollten. Wulfgar mitsamt seinen angeblichen Söhnen müsste inzwischen das Südtor erreicht haben, so dass der Centurio sein Augenmerk verlagern konnte. Verus selbst betrachtete die Reiter, die gerade abgesessen waren und musterte diese in römischer Art abfällig. Er nahm die Hand zurück, um sie wieder in gewohnterweise auf dem Knauf seines Kriegsklinge ruhen zu lassen. "Aha," machte er und blickte ernst zu Gurox. "Salve," hob er die rechte Hand zum Gruß. Der römische Offizier ging einen Schritt aus dem geöffneten Tor hinaus, wobei sein Kriegsgürtel die üblichen Geräusche von sich gab. Der Rebstock steckte fest darin, bereit erneut als Inspektionsinstrument zu dienen, nicht mehr nur als Standeszeichen. Die Soldaten am Südeingang nahmen etwas Haltung an, wobei die beiden Legionäre, die mit ihren jeweiligen Lanzen den Reitern den Weg blockierten, nicht an ihrer Position rüttelten. Scheinbar war die Routine bereits so eingefahren, dass jeder ohne Befehl seine Aufgabe kannte.
-
Verus wollte heute auch nichts finden. Irgendwie war seine Stimmung bereits im Schlammbecken vor seiner Wohnung verebbt, wenn man es so nennen konnte. Diese kleine Feste gab ihm nicht das, was er wollte oder suchte. Nicht einmal diese Germanen erleichterten seinen Alltag, der gezeichnet war durch sinnlose Patroullien, Abfertigung von Reisenden und Ausbesserung des Lagers. Im Ganzen versickerte hier die Hoffnung, dass es eines Tages für Verus bergauf gehen würden. Für einen Patrizier war er tief, sehr tief gefallen und diente nun am Limes; eigentlich eine bescheidene Aufgabe, die wenig Ruhm und Ehre hatte. Was hatte seinen Vorgesetzten damals geritten? Wahrscheinlich eine heimliche Bosheit, einen Tiberius an die Grenze zu schicken und mit stupiden Zöllner- und Wachaufgaben zu betrauen. Eigentlich eine Strafe, obwohl sie nie ausgesprochen worden war. Für Verus fühlte es sich, wie eine Strafe an und mit einem unterdrückten Lachen verdrängte er die Worte des Priesters von damals. Nein, hier war wirklich nichts heilig. Nicht einmal die Götter, die so fern waren, wie seine Liebe. Der Centurio griff kräftig nach dem Geld und entriss es dem Germanen mit einer gewissen gleichgültigen Genugtuung. Es war eine seltsame Mischung von Gefühl. Immerhin konnte er diese Aufgabe erfüllen, auch wenn sie eher ernüchternd war. Er trieb Geld ein. Das konnte er. "Danke," entfloch aus dem Tiberius noch; ungekannt fand er seine Freundlichkeit wieder, ein bisschen Seele gegenüber dem Germanen. Durchbrach sein altes Selbst die Fassade des gierig-kalten Offiziers? Ja, sie durchstieß das Gesicht und zauberte eine gewisse Freundlichkeit hervor, die selbst einem urigen Germanen sichtbar sein musste. Natürlich konnte er dies fehl-interpretieren als Freude über das Geld aber Verus fühlte ein wenig Leben in seinen Knochen, die hier an Leben darben mussten. Verus verstaute das Geld in einer Holzschatulle, die unweit des Tores stand und ging dann wieder zum Tross zurück. Die 10 Sesterzen hatte er geschickt in seinen Lederbeutel gesteckt, so dass nur 90 Sesterzen in der kaiserlichen Truhe verschwanden. Am Ende des Tages würde er dieses Geld in seinem Lederbeutel in die Kasse seiner Centurie transferieren. Mit einer weiten Geste winkte er dem Soldaten auf dem Wehrgang zu, der zum Südtor rief: "Süd! Aufmachen! Karren mit drei Germanen passiert." Verus selbst deutete auf Wulfgar und sagte mit fester Stimme: "Weiter gehen." Dazu machte er eine winkende Handbewegung. Zwei Legionäre würden die Germanen über den Pfad im Lager zum Südtor geleiten, welches vielleicht nur 15 Schritte entfernt war. Es war eine sehr kleine Anlage. Trotzdessen, dass sie passieren durften, blieben die Augen der Soldaten auf den Bärtigen und gaben ihnen das Gefühl, doch nicht ganz erwünscht zu sein.
-
Es war ein merkwürdiges Gefühl, welches Verus beschlich. Plötzlich erinnerte sich an die Worte des Priesters in Rom, als er jenen fragte, ob er sich zu den Legionen melden sollte. Der Priester hatte von einem heiligen Dienst gesprochen. In dieser Sekunde kam ihm nichts mehr heilig vor. Diese Männer waren nicht heilig und er ebenso wenig. Dieses Dasein war so belanglos, dass er nur mürrisch grummeln konnte. Germanien zeigte, dass der ganze Marmor und der Protz des Imperiums nicht mehr heilig und nicht weniger heilig waren als jene Felle, die dieser Mann anbieten wollte. Der Centurio trat vorsichtig an die Germanen heran. Mit dem eleganten Stab aus Rebenholz tastete der Tiberier die Kleidung sowie Körper der Reisenden ab, ohne direkt grob oder freundlich vorzugehen. Der Stock bohrte sich gelegentlich ins Fleisch ohne bewusst bösartig schmerzen zu wollen. "Gut," machte Verus kalt und nahm den Stab zurück. "Ich gebe diese Karren frei. Doch vorher...," sprach der unheilige Bürokrat aus Verus, während sein Gesicht zu Stein wurde. Er vermisste Achaia, seine alte Heimat, die so fern war. Er verfluchte die Existenz dieses Befehls, der ihn als Centurio Statorum eingesetzt hatte, für eine winzige Sekunde, presste die Lippen zusammen und hob die Linke an, um dem führenden Germanen eine gierige Geste zu zeigen. Er winkte mit der offenen Handfläche. Es war das allgemein-verständliche Zeichen für "Geld geben". Verus lächelte dann abgehalftert, wenn nicht sogar gelogen. "Einfuhr von Fellen ab 10 Stück, 90 Sesterzen," machte der Römer die Rechnung auf und ergänzte sie um den Obulus für seine Männer: "10 Sesterzen Einreisegebühr." Es hatte sich bereits so eingespielt, dass er diese Tatsache nicht mal mehr gedanklich in Frage stellte. Dieses Geld sollte eines Tages der Centurie eine angenehme Zeit bescheren, wenn sie wieder im Stammlager waren. Es diente als Erweiterung der üblichen Sterbekasse, der Versorgung und Sonderleistungen im Rahmen des Dienstes. Solange man es nicht übertrieb, war es wohl geduldet. Zudem fragte hier oben niemand mehr. Römische Rechtssprechung war hier fern und inzwischen sah sich Verus selbst als Verweser des römischen Rechtes hier an der fernen Grenze. Immerhin hatte ihn ja niemand gebremst. Es war der schleichende Wahnsinn aus den Wäldern und der Fremde, die einen Römer schneller korrupt machte, als er selbst glauben konnte. - Oder war es schlicht die Gier der römischen Seele? Niemand wusste es genau aber es passierte. So trieb dieser Centurio nicht nur die gierigen Moneten für den Kaiser ein, sondern auch für sich und andere.
-
Verus legte die Stirn in Falten, während der Germane seine Fragen in einem ähnlichen Staccato beantwortete, wie er sie selbst gestellt hatte. Ja, es hat sich mal wieder gezeigt, dass es gut war, Dinge stark zu vereinfachen. Im Grunde war es dem Römer sogar ganz recht, da die Welt so recht überschaubar war. Sie war vielleicht nicht besonders hübsch aber berechenbar. Zumindest die Sätze. Verus besaß noch keine hellseherischen Fähigkeiten und konnte nur in den Bart des Germanen blicken. Bei den Göttern! Dieser war furchtbar zottelig! "Ja, Felle. Einverstanden," sagte der Centurio im gleichen Tonfall, wie der brummige Germane. Irgendwie konnte sich Verus nicht dem Gefühl erwehren, hier einen Feind vor sich zu haben und keinen einfachen Händler. Es fehlte an Unterwürfigkeit; eben jener schmierigen Händlereigenschaft, immer das Beste heraus zu handeln. Dieser Mann handelte nicht, sprach wenig und erschien auch recht aufrecht. Händler hatten durch das Schleppen von Dingen und ihre kriechende Natur oft eine stark gebrochene, gar schneckenhafte Anmut. Dieser Germane war keine Schnecke. Und genau das stieß dem guten Verus auf. Widerstand, wenn auch nur mental, bedeutete Probleme. Immer. Es war der Habitus des Mannes, der ihn störte. "Helfer?" Verus kniff die Augen skeptisch zusammen, kratzte sich mit dem Rebstock an der Schläfe, bevor er ihn wieder herabnahm. Dann blickte er auf die Messer, welches am Gürtel befestigt war. "Bene, das gilt als Arbeitswerkzeug. Arbeitswerkzeuge sind frei," kommentierte der fast schon zum Zöllner gereifte Tiberius mit einem Nicken. "Mäntel und Überwürfe ablegen." Jetzt ging es in die weitere Prüfung. Wenn ihn seine Geliebte so sehen könnte, wie er kalt und beamtisch die Vorschriften befolgte, wäre sie wohl schreiend davon gelaufen. Verus wirkte nicht, wie ein Soldat Roms, eher wie der Gott der Bürokraten. Man musste halt Schmuggelware ausschließen. Die meisten Menschen schmuggelten am Körper, so dass Verus zumindest einen groben Blick auf die Männer werfen wollte. Natürlich sollten sie sich nicht ganz ausziehen. Von diesem Ufer des Tibers war er nicht. Es ging nur darum, verdeckende Kleidung zu entfernen. Danach würde er weiter machen und bei guter Laune den normalen Einreise-Zoll des Reiches erheben. Neben dem üblichen Obulus für seine Männer. Es war keine Korruption, eher eine Verschönerung des eingenommenen Geldes. Vorerst akzeptierte der eifrige Verus die Geschichte des Wulfgar.
-
Verus rieb sich genüsslich freudig beide Hände, während er mit einem Sprung in Richtung Tor gelangte. Germanen waren doch merkwürdige Wesen. Zottelig, bärtig aber irgendwie interessant. Sie akzeptierten nur ihre eigenen Regeln. Hatten sie überhaupt Regeln? Verus war sich spontan unsicher, ob dieser Gedanke so sinnhaft war. Schnell kam ihm die Idee, dass sie garkeine Regeln hatten und schlicht in den Tag hinein lebten. Eine nette Vorstellung! All die Gesetze, Verträge und Regeln, welche mitunter laut, oder mal schweigend, im römischen Reich golten, waren oft seltsam kompliziert. Der Wagen kam vor dem Tor zum Stehen. Eine der beiden Wachen legte die Hasta quer in beide Hände, um Wulfar ein klares Zeichen des Anhaltens zu geben. Man sprach nicht viel, sondern arbeitete viel mit Gesten. Die anderen beiden Soldaten hielten sich auf gesundem Abstand, als Verus aus dem Tor trat, gefolgt von zwei weiteren Legionären in den polierten Rüstungen (wohl jeweils Lorica Segmentata). Das Knurren des Germanen vernahmen seinen ungeschützten Ohren. Kurz blickte er den Germanen an, dann sein Gefolge; wohl ebenfalls urige Typen. Auch Verus grummelte und murrte. Vielleicht war es der Zustand, dass er sich ihnen auch immer mehr anglich und sogar Hosen! unter seiner Tunika trug und seine Arme mit dünnem Pelz bedeckte, gebunden durch festes Leder. Die rote Tunika und das Cingulum wiesen ihn jedoch noch als Römer aus; auch der überaus korrekte Haarschnitt und die leider grottige Rasur, die einige Stoppeln zurückgelassen hatte. "Aha!" - machte Verus, während er seine Linke auf den Knauf seines Schwertes legte. Jener Knauf war aus edlem Holz gefertigt und mit Elfenbein beschlagen. Ein Standessymbol; nicht nur Waffe. Er trat heran, wobei seine beide Wachen ernst und ausdrucklos unter ihren römischen Helmen hervorblickten. Auch sie trugen kein Schild, sondern nur eine Hasta und die sonstige Bewaffnung, wie Gladius und Pugio. Ein Scutum war zu unhandlich für Alltagsarbeiten eines Soldaten, wie Kontrolle und Repression. Das undeutliche Latein störte Verus ein wenig, doch er gab sich Mühe ihn zu verstehen. "Salve," sagte der Centurio und trat an den Wagen heran. "Felle?" Zynisch war die Aussprache dieser halbgespuckten Frage ohne jedweden Satz. Mit einer schnellen Bewegung nahm er seinen Rebstock aus dem Gürtel und stach mehrfach in die Felle hinein, deckte sogar eines mit dem Stock um. Er blickte ausgiebig in den Wagen und nickte. "Zu Dritt?" Er deutete auf die beiden Männer im Gefolge. "Alles Händler?" Der Patrizier hielt die Fragen bewusst einfach, damit sie jeder germanische Bauer verstehen konnte, ohne ein Latinum Studium absolviert zu haben. Es war Arbeit und keine didaktische Lehrveranstaltung. Auch wenn er sich selbst ein wenig dafür schämte, so ruppig zu sein aber die Wildnis hier Oben hatte ihn ebenso kalt gemacht. Freundlichkeit löste die Probleme hier nicht, sondern schlichtes Anpacken. Und so packte die bewusste Vermeidung von komplizierten Sätzen mit an. "Waffen?" Er deutete abermals auf die drei Männer, wobei sein Rebstock drohend in der Luft hing, wie ein stoßbereite Lanze, gehalten durch seine römische Hand.