Lepidus. Ein Mann von großer Selbstüberschätzung und Arroganz, der aber dennoch voll seine Familie deckte. Vielleicht auch nur, um sein eigenes Ansehen zu schützen. Lepidus würde nach alter römischer Sitte Karriere machen, die Verus aufgrund mancher mentaler Irrungen verschlossen bleiben würde. Verus selbst sah dies jedoch nicht. Gut, der junge Patrizier erkannte, dass sich der Wahnsinn dezent bemerkbar machte und die penetrante Traurigkeit seinen Geist benebelte. In dieser Hinsicht war er für dieses Geschäft mit der Politik nicht geeignet, da er zu viel sensiblen Geist und zu viel Moral hatte, die sich leider kurioserweise immer wieder aufdrängte. Lepidus war anders, im Grunde das Gegenteil von Verus, bis auf den einen Fakt, dass beide sich für wahre Römer hielten und die Urbs als solche fanatisch betrachteten. Sein Gens-Verwandter schien gänzlich auf Karriere und Macht fokussiert, während Verus nur überleben wollte. Das Leben ohne Geld reduzierte die Lebenswünsche beträchtlich. Doch vor einem gierenden Mann, der nach Macht strebte, zu betteln, würde bedeuten, dass er sich unterwarf. Eine Unterwerfung, die auf lange Sicht, Folgen haben könnte. Ja, es war ein Verwandter und man trug den gleichen Namen, was die Folgen dieser Anhängerschaft sicherlich zum Besseren wandeln würde. Jedoch blieb Anhängerschaft, Büttelei, eben das, was sie war: mitleidig.
Verus legte den Kopf schief. Ja, er würde Lepidus aufsuchen. Auch wenn diese Tatsache ihn als römischen Mann sicherlich entwürdigte, sogar beschämte. Alles zu verlieren, ein Trauma mit sich zu tragen, zwei Hühner im Stall (Calena und Flaminina) und kaum noch Finanzen. Dieser vermaledeite Bürgerkrieg hatte sein ganzes Leben zerstört. Alles, was ihm lieb, zerfiel. Seine Sorgen nahmen überhand.
"Lepidus," murmelte der Patrizier nüchtern, fast wortlos daher. "Ich muss es wohl," fiel danach deutlicher aus seinem Munde. Gedanken suchten ihren Weg. Was sollte er tun? Plötzlich blitzte der Gedanke auf. Das Werbegraffiti der Legionen hatte sich im Vorbeigehen in seinen Kopf gebrannt. Männer, ohne sichere Zukunft, suchten oft Halt im ehrenhaften Dienst an der Waffe. Verus wusste zwar, so intelligent war er, dass es sicherlich nicht angenehm werden würde, seinem mentalen Zustand nicht zuträglich wäre aber es brachte Geld, ohne große Anforderungen zu stellen. Zumal er so sicherlich seine Calena bezaubern könnte, die schon oft genug von den Heldentaten der Decima geschwärmt hatte, eben auf jenem Schlachtfeld der Ehre. Verus war kein Soldat, doch musste wohl einer werden; so der rationale Gedanke.
"Ich muss wohl zu den Legionen," sagte er schließlich, lauter aber nicht so laut, dass die Ohren schmerzten. Seine Tonlage pendelte sich auf ein normales Niveau ein. Seine Augen wankten leicht, während er seinen Stand leicht verlagerte.