Beiträge von Aulus Tiberius Verus

    Verus zählte jeden Atemzug in diesem furchtbaren Dunst, der ihn berauschte und vernebelte. Er war zu weit gegangen, so dass er langsam gehen musste. Seine Atmung war erschwert, kein Komfort lag in seiner Atmung, die ihn mehr behinderte. Der Mann ließ den Rausch wirken, gab seinen Widerstand kurzfristig auf, um die Seligkeit des Vergessens zu erreichen. Der Moment zog vorbei. Eine Erleichterung für seine gepeinigte Seele, die für diesen Augenblick ganz einer Sache verschrieben war und sich fallen lassen konnte. Verus schwamm in diesem Zustand, der sich inzwischen, wie Wasser anfühlte, das gegen seine Haut perlte. Alles, was er wusste, war bedeutungslos. Alles, was er war, war hier bedeutungslos. Die Last war ihm genommen, während die Luft sich mit leuchtenden Partikeln füllte, die im himmlischen Nebel aufblinkten und sich um die Leuchtfeuer scharten. Dieser Nebel schaffte eine kurzfristige Erlösung, indem er die Realität verbannte. Verbannung war der Schlüssel zur Erlösung an diesem Ort, welches dem Herzen Zeit verschaffte.


    Verschwendete Jahre, verschwendeter Zorn und all die Dunkelheit, waren zerüttet und zerfallen mit jedem gezählten Atemzug des berauschenden Nebels, der hier Segen war. Verus - nicht mehr ganz in seinen düsteren und bösen Sinnen - folgte dem Weg, der ihm durch dieses Ritual bereitet war. Die Stimmen verschallten, ein dumpfer Musikton legte sich einem Chor gleich über sein Gehör, welches nur noch gedämpft aber intensiver jeden einzelnen Ton der Umgebung wahrnahm. Es schien fast so, als ob Verus die Stimme der Götter oder eines Gottes hören würde. Ein elegantes, nicht menschlich bekanntes und nicht ohne diesen Zustand zu imitierendes Geräusch war in die Umgebung geraten, durchfuhr den Körper und ließ den Menschen entblößt seiner Sorgen zurück. In Trance, umschlungen vom Licht, welches strahlte, in eine selige Ruhe bettete, ließ Verus die Waffe sinken. Dieser Nebel, so segensreich er war, kostete seinen Verstand, der nicht mehr fassen konnte, was geschah. Verus glaubte nicht an Götter oder göttliche Mächte und doch konnte er diese Erfahrung nicht leugnen.


    Etwas war anders, während der Ton seine Gedanken erfasste und ihn um Sorgen erleichterte. Es war nicht mehr wichtig, was er war und was er getan hatte. An diesem Ort war alles zugleich verloren. Verus hörte seinen Herzschlag, lebensstark und pulsierend, dem widernatürlichen Ton folgend. Er spürte diese Macht. Diese eine Macht, die ihm stets verschlossen blieb. Erlösung war greifbar, zu nah und doch zu fern. Die Musik setzte ein, umzog den Ton aus der Ferne, der ihn durchfuhr. Eine Musik, die seinen Verstand an die Welt band und doch daran erinnerte, was mit ihm geschah. Er war zufrieden mit diesem Rausch. Keinerlei Verantwortung mehr, keinerlei Knechtschaft, sondern allein dieser Weg, der vor ihm lag. Er vergaß seinen Namen, sein Haus, und ließ sich erfüllen von diesem Nebel, den er lebensfroh einsaugte und dann ausstieß. Die Weihrauchschwenker zogen vorbei, immer wieder, ließen den Nebel immer dichter werden, so dass nur das Licht vom Altar den Weg wieß. Helfer entkleideten den Trecenarius aus seiner Rüstung. Auch sie waren benommen, entsonnen dieser Welt, welche ihnen ebenso fremd war. Die kalte Wirklichkeit wollten sie nicht mehr. Und Verus hatte sich für diesen Augenblick angeschlossen, um für wenige Atemzüge zu vergessen. Die Worte des Vorstehers drangen nicht mehr durch, so laut war diese dumpfe Musik, die schallend durch seinen Leib fuhr. Etwas war anders. Eine Göttlichkeit zeigte sich, die er nie gekannt hatte und auch nicht beschreiben konnte. Das Licht zeigte ihm einen Weg, als er nackt und entblößt seiner weltlichen Macht, zum Altar wankte. Schritt für Schritt, mit der Waffe in seiner schlaffen Hand.


    Das Gewicht des Schwertes konnte er nicht mehr halten. Seine Sinne waren gefangen von diesem strahlenden Licht und dem Nebel, welcher sich inzwischen warm anfühlte. Schweiß rann über seinen Körper, während seine Augen sahen. Er sah, was er noch nie gesehen hatte und sein Wahnsinn verflüchtigte sich in einen Widersinn. Choräle setzten ein. Wunderschöne Gesänge, die durch den Tempel fielen, wie Schmetterlinge auf einer Wiese. Mit einer liebevollen Bewegung legte Verus das kunstvolle Gladius mit dem Elfenbeingriff auf den Altar. Eine Bewegung, die väterlich und fürsorglich war. Mit einem Finger strich er über die Klinge, bevor er vom Altar zurücktrat. Wieder zog der Weihrauchschwenker vorbei. Verus inhalierte behutsam. Die Sterne zeigten sich, während sich die Wände bogen und bebten. Es schien dem Tiberius fast so, als ob er auf Wasser lief, da der Boden aus Marmor nachzugeben schien. Das Gefühl von Wasser war etwas, was er wertschätzte. Verus war egal, was er sah, was er fühlte, denn dieser Moment war mehr Wahrheit, als er jemals in seiner Welt gespürt hatte. Nicht, dass er glauben wollte, etwas wissen wollte, sondern schlicht eine Erfahrung, die ihn veränderte, auch wenn ihn die kalte Welt, die alte Zeit, zurückgewinnen würde. Verus war ein Verdammter. Ein Fluch lastete auf ihm, den er sich auferlegt hatte. Gnade war ihm verwehrt und so konnte er nur diesen Moment kosten. Er spürte die dumpfen Schläge der Helfer mit ihren Ästen und dem Blattwerk, doch nahm es hin. Selbst diese Schläge, die seine Haut feuerrot werden ließen, fühlten sich erlösend an. Dieser segensreiche Nebel machte ihn taub aber empfänglich für andere Reize: Reize, die der eigentlichen Natur des Schmerzes widersprachen.


    Schließlich traten die Helfer vor Verus, der sich auf seine Knie senkte, um den Segen zu erhalten. Ein langer Pinselstrich und eine Hand verteilten jene rote Farbe, gewonnen aus Blut und Ocker, über seine Stirn, seinen Nasenrücken und seine Brust. Ein blutroter Strich zeigte sich, der sich gewichtig auf seiner Haut anfühlte. Verus spürte die Farbe, sah sie, wie Feuer auf seiner Haut brennen, und doch fürchtete er sich nicht. Die Musik zog ihn erneut zum Altar, wo er sich verstört umblickte, entrissen eines jeden Zeitgefühls. Durch den Nebel schreitend, erreichte er sein Wolfsfell, auf das er sich mit einer fallenden Bewegung niederließ. "Mars Ultor," rief Verus dabei und fühlte sich zufrieden, als der Boden ihn in seine Arme nahm. Das Fell bot Schutz und Geborgenheit, während der Nebel nun seinen Körper bedeckte.

    Ein obskures Delirium hatte Verus umfasst. Gedanken zerflossen in einem endlosen Fluss und die Taubheit mischte sich mit der Pein des Schmerzes zu einem seltsamen Gefühl des kalten Schwebens, während der Boden bebte. Sein Herz schlug stark aber brüchig. Der Trecenarius hatte sich verzockt. Nicht in seinen Aufgaben, sondern in deren Erfüllung. Die Lügen waren nicht mehr zu ertragen und doch gab es keinen Ausweg, da Lügen immer neue Lügen erzwangen, um den Rest des verborgenen Lebens zu bewahren. Verus war längst verloren, entrissen seiner Zeit und ein Glück konnte für diese unzufriedenen Geist nicht mehr existieren. Die Blutung, die ihm Leben genommen hatte, gab ihm vorallem aber auch Zeit. Er konnte nachdenken, während in diesem irrigen Delirium dämmerte und mit aufgerissenen Augen an die Decke starrte. Ein klares Bewusstsein konnte er nicht vorweisen aber gestammelte Worte der Vergebung. Er forderte Vergebung ein, die er nicht von Göttern oder der Welt erhalten konnte, sondern allein von sich selbst. Doch Verus verabscheute sich. All das, was er war, war unwert für eine bessere Welt, die er so sehr ersehnte. Eine Welt mit Luna und einer echten Hoffnung auf kurzfristige Beständigkeit. Die Finger suchten in schlanker Bewegung das Gefühl der Decke, welche ihn bedeckte. Er spürte diese reale Welt, obwohl ihn längst die Schatten des Pluto umfingen, die er gerufen hatte.


    Nicht durch sein Leben war Pluto, der Gott aller Meuchler, in sein Träume geraten, sondern durch seine Taten. Als Soldat war Verus stets Knecht eines Zeitgeistes, eines Unholdes, der stets umging und seinen Tribut in Blut forderte. Und wieder einmal hatte Verus gezahlt. Er zahlte auch für andere, die nicht zu zahlen bereit waren. Nein, dieser Mann war kein Held, sondern viel mehr ein stiller Teilhaber am Wahnsinn der Waffe und der gierigen Macht eines Staates. Die Bestrafung für seinen Lebensweg war eine permanente, die ihm, wie einst einem fernen Aufrührer in Iudea auferlegt worden war. Ein einfaches Leben, ein kleines Leben, hatte keinen Wert in einer Welt. Nicht einmal das eines Meuchlers, der so ungerne Leben nahm aber so gut darin war. Verus wusste, dass nichts in dieser Welt von Bedeutung war und doch war da diese Sehnsucht nach etwas, was Endlosigkeit war. In Luna hatte er einen Kuss Ewigkeit gefunden, der nicht entrissen werden konnte, da die Erinnerung blieb aber selbst diese drohte im Delirium seines Zustandes an Gewichtung zu verlieren. In seinem kranken Wahn, im Fieber, sah er jedes einzelne Gesicht der durch seine Hand Getöteten. Gefallene Feinde, Staatsfeinde und auch schlicht Gefangene und Aufständische; Bauern, Söhne, Töchter und Familien, zu Hunderten geschlachtet auf den Feldern der Ehre und des Befehls, ob gut oder schlecht. Es war niemals genug Blut für Pluto. Angst umnächtigte Verus. Reue wuchs, so sanft und schön, durchbrach den eisernen Frost, während die Nebel sich schlossen. Tränen durchbrachen die Augenlider, wollten die Augen in schützenden Glanz fallen lassen, während sie über sein Fleisch herabrannen. Verus lernte eine einfache Tatsache: Leben war wertvoll. Auch seines. Selbst, nach alldem, war eine Geburt und Existenz ein Wunder. In jedem Leben steckte ein Stück Ewigkeit, und umso schmerzte Verus seine eigene Gleichgültigkeit. Er wünschte sich seinen Tod, auch wenn er längst wusste, dass auch dieses Delirium enden würde und sein Körper nicht vergehen konnte; noch nicht. Als Kriegsmaschine war dieser Tiberius durch seine Umstände erzogen, gemacht worden und so würde er auch weiter arbeiten, bis seine Funktionen ihren Dienst versagten aber noch taten sie es nicht. Solange er fieberte und sein Herz spürte, war dort Leben. Der Mann wollte sich erklären, einen Satz finden, um zu beschreiben, was er sah aber brachte nur ein Wort heraus: "Gnade."


    Es war die umschriebene Fassung seiner Erfahrung. Er wollte und brauchte Gnade. Keine göttliche Gnade, keine Gnade und Vergebung seiner Mitmenschen, sondern schlicht Gnade einer vergangenen Zeit, die nie mehr wiederkommen würde. Die Erinnerungen peinigten den Soldaten, während er jede einzelnen Kampf seines Lebens sah, erneut durchlebte und erneut das fremde Blut und Schmerz in seinem Gesicht spürte. Er wollte schreien, doch blieb der Mann still und nur die Tränen aus seinen aufgerissenen Augen warnten über seinen Schmerz. Eine Chance zur Flucht gab es nicht. Verus strafte sich selbst; und das nur zu gerne, um leben zu können. Ein Leben, welches er Luna schenken wollte, da sie alles war, was er in dieser Lage erbeten wolte: Sie zu sehen und erneut ihre Wärme zu spüren.

    Nicht nur Morrigans Einwirken, sondern auch die vielen wundervollen Beiträge hier und natürlich die liebenswerten persönlichen Nachrichten, haben ein Umdenken bewirkt aber nicht ohne Preis. Meine Haltung ist immer noch die selbe. Und ich werde weiter scharf Kritik üben, nicht selten Morrigan damit behelligen und auch mal meine Position klarstellen. Ich habe ein wachsames Auge.


    Dennoch, trotz aller Kritik und Frustration, habe ich die letzten Tage gemerkt, dass ich noch Geschichten zu erzählen habe. Verus ist noch nicht aus-erzählt und soll zumindest ein würdiges Ende finden können, wie auch meine anderen Figuren. Bei Zeiten, wenn ich wirklich diesen Entschluss umsetze, soll es nicht aus Frust geschehen, sondern schlicht weil die Geschichte erzählt ist, die ich erzählen wollte. In diesem Sinne kehre ich zurück aber auch nicht ohne ein Wort an die Spieler, die mit mir gemeinschaftlich dieses Spiel besser gestalten wollen und können. Um erneuter Blockade vorzubeugen, werde ich mich vorerst weitgehend auf meine Plots beschränken und meine ID-Anzahl erheblich reduzieren. Verzögerungen, die durch meine Position bestehen, bitte ich zu entschuldigen. Ich werde - jetzt nach Interesse und Wunsch - auswählen, was zuerst bespielt wird. Ich werde versuchen diese Teufelsspirale aus Frust und Schweigen zu durchbrechen. An die Spieler, die beteiligt an dem Umstand sind, der mich zur Kritik ermutigte, seid gewarnt: ich schreibe ab jetzt auch diskussionsfreudige PN.


    Ich habe ein Einlenken gefunden und melde mich unter Vorbehalt zurück.


    Und noch einmal einen lieben Dank an die aufbauenden Kommentare, Rücksicht und Verständnis! Euer Einsatz und insbesondere Morrigan haben dazu beigetragen, dass ich auf meiner Flucht umkehren konnte.


    Liebe Grüße

    Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht, auch weil ich noch offene Baustellen habe und sicherlich einige etwas verdutzt zurückbleiben werden. Dennoch habe ich irgendwie die Verbindung zum IR verloren. Es fällt mir immer schwerer Beiträge in diesem Forum zu schreiben. Es mag an einigen Diskrepanzen liegen oder auch schlicht Geschmacksunterschieden.


    In letzter Zeit fallen mir insbesondere die erotischen Szenen oder die - in meinen Augen - geschmacklosen "Vergewaltigungsszenen" auf. In ihrer Menge scheinen sie in letzter Zeit gehäuft aufzutreten oder sie fallen mir nur gerade besonders auf. Sie sind einfach nicht mein Lesewunsch und in ihrer Menge für mich nicht tragbar, da sie mir immer wieder ins Auge springen. Auch wenn ich bereits in Länge mit zwei Personen aus diesem Forum diskutiert habe, kann ich mich nicht mehr wirklich aufraffen und die übliche Qualität aufrecht erhalten. Ich könnte mich jetzt in die Zwei-Zeiler-Menge einreihen und gelegentlich mal einen Beitrag schreiben aber ich bin nicht mehr mit dem Herzen dabei. Die Widersprüchlichkeit meiner Person ist zu entschuldigen und die betroffenen Personen wissen, was damit gemeint ist.


    Ich weiß, dass sich dieses Forum an den Jugenschutz hält und diese Beiträge nicht sittenwidrig sind aber sie widersprechen meinem persönlichen Geschmack so drastisch, dass ich nicht über sie hinwegsehen kann. Ich verlange keine Zensur in diesem Forum. (Außer die rechtlich geforderte Zensur und Selbstzensur.) Mein Mittel kann also nur eines sein: das Buch aus der Hand zu legen, wenn ich diese Metapher auf das IR übertragen kann. Sicherlich sind sogar wenige Personen froh, wenn die Prätorianer ohne Verus wieder zum alten Trott zurückkehren.


    In diesem Sinne kann ich mich nicht mehr aufraffen, mich wirklich zu beteiligen.


    Trotzdessen, dass diese Entscheidung für einige überraschend erscheinen mag, habe ich sie mir gut überlegt und auch mit Hinblick auf meine persönliche Zukunft, habe ich nicht mehr die Zeit für meine bisherigen IDs und Rollenspiel im Übrigen. Ich scheine diesem Medium entwachsen und möchte dies preisgeben, damit nicht der falsche Eindruck entsteht. Meine verlangsamte Aktivität ist sicherlich schon ein paar Leuten aufgefallen.


    Insbesondere den Teilnehmern meiner Plots mag ich eine ehrliche Entschuldigung zukommen lassen. Ihr könnt die Plots sauber auch ohne Verus beenden. Die Ermittlungen laufen bei Silanus zusammen und das große Opfer (die Vereidigung) kann schlicht anhand der Hinweise zu Ende gebracht werden. Und auch der Gens Tiberia soll eine dicke Entschuldigung gelten, die eigentlich einen Neustart geplant hatte. Ich denke, dass Nero Tiberius Caudex einen guten simOff-Verwalter abgeben könnte und die Familie wieder in den Senat führen wird.


    Auch möchte ich mich bei Morrigan für die Unterstützung und Motivation bedanken. Und auch beim Kaiser, den anderen Prätorianern, darunter Licinus und Silanus, welche stets ein offenes Ohr hatten. Darüber hinaus möchte ich mich bei Claudius Menecrates bedanken, der mich immer wieder motivieren konnte und wir haben gemeinsam diese schwierige Kommission geschafft. Und an dieser Stelle auch ein dickes Danke an Flavius Gracchus Minor. Sehr wichtig ist mir auch, dass jede/r Spieler/in weiß, dass ich dankbar für die gemeinsamen Geschichten bin. Doch in letzter Zeit verliert sich diese Freude und der Spielspaß ist zur Arbeit verkommen. Das IR sollte keine Pflicht oder Arbeit sein.


    Bitte meine IDs (auch die anderen) ins Exil stellen und den Zugang sperren.


    Alles Gute,


    Verus


    Being like you are, well, this is something else
    Who would comprehend?
    But some that do lay claim
    Divine purpose blesses them, that's not what I believe
    And it doesn't matter anyway


    A part of your soul ties you to the next world
    Or maybe to the last but I'm still not sure
    But what I do know is to us the world is different
    As we are to the world, I guess you would know that

    Verus wartete in der Vorhalle, ließ den Weihrauch auf sich einwirken, der ausgiebig aus einem Bronzeschwenker verteilt wurde und gleichsam die gesamte Atmosphäre bildete, indem dichter Weihrauchnebel den Boden bedeckte. Verus mochte den Geruch von Weihrauch nicht, denn er machte leicht benommen und vernebelte ab einer gewissen Menge erheblich das Urteilsvermögen. Nicht selten schrieb er diesem Substrat die göttlichen Erscheinungen zu, die einige Römer in den Tempeln erlebten. Als Prätorianer war er zu abgeklärt, um Aberglauben anzuhängen, dass Götter wirklich sprachen und sich klar mitteilen würden. Der Tempelvorsteher fertigte die letzten Soldaten ab, um dann ebenso in die Vorhalle zu treten. "Ihr seid Soldaten Roms," bekräftige der Vorsteher und ließ mit einer Geste Diener herantreten, die begannen ein spezielles Essig-Öl-Gemisch über die Rüstungen zu gießen, welches furchtbar nach Büffel (noch unbekannt in dieser Zeit) oder Stier stank. Das Gemisch lief über die Rüstungsbestandteile und durchsetzte die Tunika sowie subarmalis mit diesem edlen Gestank. Die Diener schenkten dieses heilige Öl aus speziell dafür gearbeiteten Bronzekannen aus, welche das Zeichen des Mars trugen. Auch der Helm erhielt einen satte Lösung aus den Karaffen, obwohl man darauf achtete, dass die Mischung nicht ins Gesicht lief. "Ihr seid in Ehre zu diesem Ort gekommen, um den heiligen Segen des Mars zu erbitten, damit er euch als seine Evocati in die Schlachten unserer Zeit führen möge. Mars ist ein Gott des Opfers. Er verlangt viel aber schenkt den Sieg," weihte der Tempelvorsteher in seiner satten Robe die Angetretenen, die inzwischen erheblich nach diesem edlen Geruch rochen, welcher beißend in die Nase stieg. Verus fühte sich schon leicht benebelt und ein dezenter Schwummer legte sich über sein Gemut. Die Weihrauchschwenker hielten mit ihrer Arbeit nicht inne und der Nebel im Tempel schien eher einem Verdichtungsprozess, denn Auflösung, zu unterliegen. "Ich sehe Soldaten in mächtiger Rüstung. Ich sehe Soldaten mit geschmiedeten Waffen, bereit Rom gegen alle Feinde zu verteidigen. Ich sehe Brüder unter Waffen, die bereit sind, einander beizustehen und sich nicht zu verraten," folgte die weitere rituelle Erklärung des Vorstehers, der auf jeden einzelnen Anwesenden mit dem Finger zeigte. "Brecht die haltenden Siegel und zeigt Mars eure Waffen, damit er sehen kann, was für stolze Soldaten ihr seid, die mutig diese Prüfung annehmen," forderte der Mann ein und Verus leistete als erster Folge, indem er die Wachssiegel von seinem Gladius brach und im Anschluss von seinem Pugio. Die Wachsreste fielen achtlos zu Boden. Mit einer ruckartigen Bewegung zog der Trecenarius seine polierte Waffe aber streckte sie nicht gerade aus, sondern senkte sie gegen den Boden, so dass er ein starker Lichtreflex unter dem Kerzenschein des Tempels entstandt. "Ich weihe mein Leben, meinen Dienst, und meine Waffe Mars und Rom," rief Verus lautsrtark und erwartete dies auch von seiner Prozession. Der Tempelvorsteher nickte achtsam und zwei Diener gossen erneut Öl über die Rüstung und zum Schluss ausgiebig über die Waffe, welches munter abtropfte. Im Hintergrund begann ein seltsamer Singsang: Evocati, Evocati, Evocati. Schöne Stimmen wiederholten dieses eine Wort mehrfach, um Mars anzurufen, dass zukünftige Auserwählte diese Prüfung erbaten.

    Verus, nicht selten getrieben durch eine wahnhafte Idee von Sicherheit durch Kontrolle, machte mit dieser Aufgabe nicht einmal vor dem Kaiser halt. Denn auch der Kaiser war nur eine Funktion im System, welches die Prätorianer nicht nur durchsetzt hatten. "Uns überraschte dies ebenso," log Verus geübt und tat betrübt. "Schrecklich," kommentierte er gespielt und unpassend, was nicht ganz zu seiner sonst kühlen Art passen wollte. Doch gab er sich alle Mühe, eine betroffene Emotion zu heucheln. "Wir würden niemals gegen deine Interessen handeln," umschiffte der Trecenarius eine klare Antwort, um nicht erneut eine Lüge konstruieren zu müssen. "Du brauchst dir keine Sorgen zu machen," versuchte Verus einen Ausspruch der Beruhigung, der - sofern man ihm glaubte - ausreichend sein konnte. Es kam immer darauf an, was man glauben wollte."Auch wir sind von den Vorfällen überfahren," lenkte der Prätorianer geschickt ab und versuchte wieder zum eigentlichen Thema zurückzufinden. Ihm war diese Sache unangenehm, da die Prätorianer ein gefährliches Spiel spielten, um die Kontrolle in Rom zu behalten. Immerhin waren sie Kaisermacher und Schatten dieser Stadt. Doch dieser (Alb)Traum konnte schnell enden, wenn es zum Machtkampf kam. Nur würde dieser Machtkampf im Herzen Roms eventuell einen neuen Bürgerkrieg auslösen. Es war historisch bekannt, dass die Prätorianer nicht wenige Kaiser bei unliebsamen Entscheidungen beseitigten, um einem übergeordneten Interesse zu dienen. Vorallem ihrem eigenen Machterhalt als elitäre Garde mit erheblichen Privilegien zu sichern.

    Dieses Ritual war ein Spiegel der Prätorianer. Nicht, weil es besonders religiös geraten war, sondern weil dieses Ritual vollständige Unterwerfung verlangte. Eine echte Unterwerfung unter eine gestellte Aufgabe. Verus wusste dies, denn durch seinen unverstellten Blick in die Abgründe dieser Stadt, war ihm längst klar, dass die Religion schlicht eine bedürftige Funktion war. Dennoch war es ihm wichtig, da die Wirkung dieser drei Tage unersetzlich war. Einige böse Zungen würden behaupten, dass es sich um Gehirnwäsche handelte aber Verus würde es eher als Korrektur mangelnder Persönlichkeitselemente bezeichnen. Menschen waren von Geburt an stets fehlerhaft. Sie waren versehen mit in einem unauslöschen Makel, der nur durch Korrektur und Kontrolle gebändigt werden konnte. Menschen mussten korrigiert, abgerichtet und neu definiert werden, damit sie nützlich in einem nicht natürlichen System waren. Die Götter waren brauchbare Abbilder, gute Geschichten, die verbunden mit einem kalten Interesse aus Menschen etwas Neues formen konnten. Der Trecenarius in dieser Sache als magister in seine Funktion gestellt, blickte mitleidig in die Reihen der Männer, die die Evocation erleiden mussten. Es würde sie auf die eine oder andere Art verändern. Niemand ging als der Mann aus der Evocatio, als der er gekommen war. Verus war erst in dieser brutalen Unterwerfung von gewissen Makeln befreit worden, wie schleppendes Mitgefühl oder zu viel Herzenswärme. Es hatte ihn erleichtert aber konnte nicht sein Gewissen bereinigen. Diese Erleichterung machte die Aufgabe erträglich, die nicht selten teuflisch war. Die Bösartigkeit des Geschäftes lag nicht in der Brutalität, sondern in der stetigen Wiederholung. Immer wieder musste man sich selbst zerbrechen, um zu genügen. Immer wieder wollte man genügen, damit die Aufgabe nicht siegte. Trümmer waren besser, als alles zu verlieren. Die Trümmer konnte man behalten, neu sortieren und reparieren aber wenn man sich gegen die Welt stellte, verlor man auch diese Trümmer, die durch seltsame Schwere in Form gehalten worden. Dieses Ritual war eine gute Warnung für die Prätorianer. Rom war alles. Dieses System war stets alles. Außerhalb dessen dürfte man nicht denken. Vielleicht für einen Moment, um die anderen wieder ins System zu führen und daran zu ketten. Der Wahnsinn lag im Pfad der stetigen Rechtfertigung. Es war immer richtig, auch sofern man sich einsam verspielt hatte. Die Prätorianer waren anders als andere Einheiten: grausamer, geschloßener und auch fokussierter. Ihr Fokus lag auf Rom und ihren eigenen Geheimnissen. Verus erlebte in dieser grundlegend neuen aber ähnlichen Struktur ein neues Leben als gelenktes Monster; ein Leben, welches ihm Aufgabe und Funktion zuweisen konnte. Was wäre dieser Mann, dem der Krieg alles geraubt hatte, nur ohne Aufgabe und Funktion? Er müsste sich seiner Vergangenheit stellen, vor der er stets davon lief in Angst und Furcht. Lieber war diese Hölle zu ertragen als ein Universum des Gewissens, welches mit kosmischer Macht alle Welten niederriss, die er sich erträumte. Träume zu erlauben war schwer für Verus, der sich lieber auf falsche Götterbilder stützte, die leichter zu kontrollieren waren, wie Lügen. Lügen machte vieles leichter. Und vorallem war der Selbstbetrug die beste Lüge, da sie diese Überlebensweise erst möglich machte. Dennoch hatte Verus nie die Verhaftung in etwas Größeres verloren. Das Mitgefühl und die Menschlichkeit waren nicht ganz in ihm verstorben. Solange Luna atmete, etwas in dieser Welt mit Liebe gesegnet war, konnte dieser Mann eines Tages vielleicht diesen Abgrund hinter sich lassen und wieder Träume erlauben.


    "Kommt," befahl der magister und trat auf die Stufen, um den Tempel zu betreten. Der Tempelvorsteher, ein bärtiger Mann in aufgemachter Robe, trat vor die Prozession. Verus senkte sein Haupt und breitete seine Hände zur Seite aus, um diese weitmöglichst von seinem Gladius und anderen Waffen entfernt zu halten.


    "Milites, Romani et Cives," grüßte der Vorsteher und machte eine rituelle Geste, indem er mit seinem Zeigefinger auf seine Schulter tippte und dann auf den Boden zeigte, um dann mit einer ausschweifenden Bewegung zum Himmel zu zeigen.


    "Ich komme, um diese Männer unter den Segen und Schutz des Mars zu stellen," begann der magister mit der rituellen Einleitung und drehte die Hände an seinen ausgestreckten Armen flach um. "Ich komme als Soldat, der Blut vergossen hat, um Rom zu dienen. Sie sollen Evocati Martis sein, deren Leben Rom und Mars gilt. Mars möge sie als Evocati erwählen. Mars möge sie alle schützen und leiten, damit ihre Feinde fallen und Rom ewig siegreich ist," setzte er die Einführung fort.


    Der Vorsteher ließ zwei Diener herantreten, die bereits Weihrauch schwenkten und der furchtbare Duft stieg in die Nase. Verus erhielt eine volle Dosis aus dem Schwenker, so dass er sich beherrschen musste, nicht zu tief einzuatmen.


    "Ich spreche als Gesandter der Cohortes Praetoriae. Diese Einheit erbittet die Ehre und Segen durch die Annahme dieser Männer als Evocati durch Mars Ultor. Die Einheit hat Blut vergossen und dient tapfer," folgte und Verus erhob erst sein Haupt wieder, um die Arme wieder herabfallen zu lassen.


    Seine lorica hamata gab dabei einen metallsichen Ton von sich, der durch den Mantel erheblich gedämpft wurde. Der Vorsteher und damit auch "oberster Priester" dieser Veranstaltung machte erneut diese merkwürdige Geste und sagte mit betonter Stimme: "Nenne mir deinen Namen und Mars wird dich in seinem Tempel empfangen. Der Segen wird dir und deiner Einheit gewährt werden, wenn euer Anliegen mit Würde bekräftigt wird. Du bist bereits evocatus martis und deine Würde soll die Männer anleiten, wenn sie sich im Angesicht des siegreichen Mars beweisen. Sie haben Blut vergossen aber dieses Blut öffnet nur die Pforte."


    Verus atmete aus und folgte der ritualisierten Sprechweise und den ausgewählten Worten. "Ich bin Aulus Tiberius Verus, Trecenarius der Cohortes Praetoriae," sagte Verus zum Vorsteher, der darauf hin zur Seite trat, und eine einladende Geste machte. Verus konnte die Vorhalle betreten und sein Helmträger schloss sich an, um Verus seinen Helm aufzusetzen, der gerade seine Kapuze zurückwarf. Der Vorsteher trat nun vor Iunius Silanus und machte erneut diese außergewöhnliche Geste.


    "Dein Name und dein Begehren," fragte der Priester und Tempelvorsteher. Es wurde nun erwartet, dass Silanus und weitere in der Reihe sich gleichsam mit Namen vorstellten und den Wunsch bekräftigten, einer der Evocati zu werden. Ein Tempeldiener flüsterte dem Vorsprechenden die Worte sanft ins Ohr, damit das Ritual nicht gestört wurde. Er würde dies unterlassen, sobald allen Anwesenden diese Handlung klar war: "Ich bin... Name ... und erbitte den Segen eines Evocati Martis."

    Sim-Off:

    Könntest du die wörtliche Rede vielleicht etwas absetzen? So ist es etwas schwer zu lesen! :D


    Plato schlug freundlich - onkelhaft - auf den Tisch unweit. "Dann willkommen zurück," meinte der verdeckte Prätorianer. "Ich gebe dir einen aus, damit du dich gleich wieder heimisch fühlst," erhob der Römer seine Stimme und hob die Hand, so dass bereits die Wirtin herbei eilte, um eine Karaffe mit verdünntem Wein auf den Tisch zu stellen. Gleichsam folgten von einem Sklaven auf einem Tablett getragen, zwei markierte Tonbecher und ein paar Schnacks, wie Oliven in Öl und zerschnittenes Brot, welches mit einer käsehaltigen Paste bestrichen war. "Setz dich," verlangte Plato, während er auf den Tisch deutete, der direkt am Eingang stand und nun vollens mit Wein und Snacks bestückt war. Eine schwache Kerze brannte in der Mitte des Tisch. Er selbst nahm schon einmal platz und blickte aufmerksam zu Sisenna.

    Plato wollte sich eigentlich bald zur Ruhe setzen. Aber scheinbar brauchte man immer noch seine Erfahrung als veteranus in diesem Geschäft, so dass Plato Alb genügsam musterte. "Man hat immer eine Form der Wahl, auch trotz der Umstände aber wir Menschen wählen meistens den bequemen Weg," meinte Plato mit warmer Stimme. Er veurteilte niemanden für seinen Lebensweg. Immerhin hatte auch er selbst einige Verfehlungen auf seinem Kerbholz. - Und in der Welt der Prätorianer war vieles deutlich anders als für andere außerhalb dieser Strukturen. Gewalt und Brutalität waren für Soldaten in dieser Einheit nichts Ungewöhnliches. Auch kannten sie fast alle Umstände im Imperium und fast alle Gegebenheiten, wie die subura oder den Krieg, wie auch das normale Leben eines Handwerkers. Die Bandbreite war groß, die auch Plato an Erfahrung vorweisen konnte. "Mit einer Tätigkeit oder einem Geheimnis, welche zeitweilig Gegenfragen wären, ja," war die Antwort des Mittelsmannes.

    Verus war benommen, konnte nicht ganz erfassen, was um seine Person geschah. Der Blutverlust war erheblich aber eine seidene Schnur hielt ihn im Leben, wie einst in Germanien. Es war nicht nur die Hoffnung auf ein besseres Leben, sondern ein unbeugsamer Wille, der sich diesem tragischen Schicksal versagte. Seine Verteidigung war zerbrochen, als sich seine Augen ins Weiße drehten und er seine Finger zuckten. Das Eis, welches überaus teuer war und eigentlich in der Villa nur vorhanden war, um eine große Festivität vorzubereiten, erfüllte nun in der Not einen anderen Zweck. Verus navigierte durch seine Erinnerungen, wie ein Steuermann eines Schiffes. Unruhige Wellen und erstaunliches Fahrwasser prägten seine Eindrücke, die sein Selbstbild prüften. "Navigatio," stammelte er, als sich seine Lippen müde bewegten. Die beiden Prätorianer taten ihr Beiwerk. "Ich werde die castra informieren, wir brauchen zeitnah Unterstützung," sagte der erfahrene Leibwächter, der besorgt zu Verus herabblickte. Der andere Leibwächter stimmte dieser Handlung zu. Beide Männer wollten sich bei Luna rückversichern, blickten sie wortlos an, bis die Stille Antwort war und sich einer der beiden Männer mit eiligen Schritten entfernte, um weitere Hilfe zu holen. Der andere Leibwächter hielt sich bereit, erneut zu helfen oder seinen Herren gegen eine erneute Gefahr zu verteidigen. Auch wenn er sich selbst dafür schämte, nicht besser auf die Umgebung geachtet zu haben. Welcher Narr wagte es die Prätorianer so offen zu attackieren? Eine Frage für einen anderen Tag. Verus selbst dämmerte in einen kalten Rausch davon, als das Adrenalin durch Schmerzbotenstoffe ersetzt wurde, die jedoch versagten, weil der Geist längst entschwunden war, um sich selbst eine Zuflucht zu sein. Verus wollte nicht mehr hier sein aber kämpfte gegen die reißenden Hände der Nachwelt an, die nach ihm riefen. Lügen waren seine Welt und doch fand er in diesem Ruf eine neue Wahrheit. Alles, was er stets wollte, war ein Zuhause. Ein echtes Zuhause in Frieden und Würde. Seine Liebe zu Luna war das Band, was ihn hier hielt. An diesem Ort. Seine Planungen war vorerst zerschlagen. Es hätte anders enden oder vollzogen werden sollen. Doch nun war auch dies egal. Tiberius zuckte und begann ein altes Todeslied anzustimmen, welches viele Soldaten im Moment als letztes Gebet sangen: [URL=Firme nunc me spondeo, Fidelis tibi maneo, Bella priorum cara patria, Nunc et semper florens gloria, Pulchras terrae patriae!]"Firme nunc me spondeo..."[/URL] Der Gesang war gebrochen, keuchend leise und Luna sollte ihn kennen, denn er sang ihn einst, als sie ihn gefunden hatte. Das Lied des sterbenden Soldaten.

    Ein eiliger Prätorianer, der entsandt worden war, nachdem man die Lage in der Villa Tiberia klären konnte, öffnete ohne Klopfen die Tür des Tribuns. Er war ganz außer Atem und jappste. Der Schrecken stand in seinem Gesicht. "Der Trecenarius wurde mit einer vergifteten Klinge auf der Straße vor seinem Haus von einem noch unbekannten Angreifer attackiert. Es besteht die Möglichkeit, dass er bald stirbt, Tribun," war die nervöse Meldung, die er halblaut in das officium plärrte. Es war ein Angriff auf die Prätorianer selbst, die dadurch in ihrer dominanten Macht erheblich attackiert wurden.

    Nun wurde diese Sache spannend. Verus konnte tatsächlich noch einen politischen Gewinn aus diesem Fiasko ziehen. Erleichtert atmete Verus aus und ließ den Konsul spreche. Der Prätorianer hörte aufmerksam zu. Jedes Worte war nun wichtig. "Wir wollen also offen sprechen?" - fragte Verus nur zur Vorsicht, da ihm längst klar war, dass dies ein politisches Spiel werden würde. Der fatale Gefühlsausbruch, der den Kaiser zu Teilen diskredtiert hatte, war tatsächlich die wahre Emotion im Bezug zu dieser Frau gewesen, so dass Verus dankbar dafür war, dass der Konsul diese Emotion verstand und zu teilen schien. Immerhin lag beiden Männern etwas an Rom. Auch wenn Verus sicherlich ein anderes Rom im Sinne hatte, als dieser Claudius. Für Verus war sein Rom des umhergehen eines toten Mannes, einer fast toten Idee, welcher immer wieder reanimiert wurde, mit fremden oder eigenem Blut. Der Trecenarius nickte dem Konsul verstehend zu, bevor er schließlich antwortete. "Neben den Christen, diversen sozialen Problemen mit der Versorgung der Armen und der Plebs, sind es auch diese fehlgeleiteten Frauen, die Rom zersetzen. Es fehlt uns an Werten. An echten Werten, die Rom einst ausgemacht haben. Der Kaiser scheint diesen Werten nur auf dem Papyri zu folgen und sollte daran erinnert werden, was für Rom wichtig ist. Leider bin ich nicht in der Position dem Kaiser zu erklären, welche Werte wir verloren haben. Ich kann ihn nur in Ermittlungen und Meuchelmord beraten," sagte Verus offen. Er hoffte, dass diese Wahrheit ein neues Band zwischen dem Konsul und ihm selbst schlagen würde. Mit einem Konsul an seiner Seite wäre Rom vor einigen Entwicklungen zu retten. Zumindest vorerst.

    Dieser ungehobelte Bauernoffizier schien wirklich ungebremst zu sein, wenn es um gewisse Fragen ging. Verus rumorte innerlich, dass die elegante Strategie scheiterte und dieser Mann doch mit der brutalen Realität konfrontiert werden musste. "Sag' mir: Wo liegt in dieser Sache der Rubikon?" Verus schien den Mann tatsächlich verwirren zu wollen und drückte sich nicht klar aus, obwohl er den Tribun mit der wahren Realität versorgen wollte. Zumindest die Realität, die Verus kannte. Der Tribun verschränkte tatsächlich seine Arme und tatsächlich war auch sein Gesicht eingemauert, fast einer Mauer gleich, so dass Verus begreifen musste, dass dieser Mann wirklich Gemeinsamkeiten mit einem Stier hatte. Manchmal angriffslustig, wild und ungezügelt, dann wieder bockig und zurückweisend. "Ich verstehe deine Position, Petronius," sagte der Trecenarius und legte dem armen - nicht ganz unschuldigen - Petronius seine Hand, wie ein Politiker, auf den Oberarm; fast eine fürsorgliche Geste. Doch alsbald nahm er diese Hand zurück. "Du arbeitest nicht mit uns zusammen, weil dich dein Stolz blockiert. Ich wertschätze deine Person," erklärte der Prätorianer zum Teil gelogen. Verus wertschätzte nichts mehr wirklich, da alles verletztlich und unsicher war. Selbst seine eigene Person wertschätzte Verus nicht. Selbsthass war ein geneigter Kamerad, so dass nur eine kalte Hülle übrig blieb, die von einem Puppenspieler entfremdet bedient wurde. Nur kannte Verus seinen Puppenspieler. "Doch möchte ich dir einen Rat geben. Einen Rat, der eines Tages dein Leben retten kann," warnte der Prätorianer nicht bissig aber auch nicht einfach. "Versuche die Kreise dieser Stadt zu verstehen, blicke in den Spiegel und begreife deine Position in dieser Welt. Löse dich von deinem Ego und betrachte schlicht die Fakten," sagte Verus, bevor er sich vom Petronius entfernte, um wieder zum Konsul zu schreiten. Eine ehrliche Warnung, die nicht offen zeigte, was sich die Prätorianer wünschten, dass dieser Mann ihre Kreise nicht mehr störte. Die schöne Sklavin war wieder des Blickes freigegeben.

    Das Spiel nahm seinen nächsten Zug. Verus versuchte ein bedrücktes Gesicht aufzusetzen, um den Ernst der Lage zu unterstreichen. "Es gab das Zeichen eines Fisches neben dem Toten, welches aufgebracht worden war. Entweder der Senator war Christ und wurde deshalb ermordet, oder die Christen wollten ein Zeichen setzen, dass der Aufstand noch nicht beendet ist. Natürlich ist es auch möglich, dass jemand die Christen belasten möchte aber die Lage ist derzeit unklar und noch undurchschaubar. Es fehlt an Kenntnissen, weshalb dieses schändliche Verbrechen geschehen ist," erklärte der Trecenarius andächtig, um den Kaiser nicht mit einem Wortschwall zu ertränken. "Gegen die frühen Stunden, als der Senator auf dem Weg zur Curia war. Der Mörder ist vorerst entkommen. Ich habe meine besten Männer darauf angesetzt, Imperator."

    Verus nahm eine ungelenke Haltung ein, um nicht ganz auf seine militärischen Formen zu verzichten. "Es gab einen Mordanschlag auf einen Senator. Senator Ovidius Corvinus ist ermordet worden. Auf den Treppen der Curia Iulia," meldete Verus nüchtern. "Ich bitte darum zeitnah Ermittlungen in deinem Namen aufzunehmen. Es gibt Hinweise auf Zusammenhänge aber noch kein genaues Lagebild, Imperator."

    Verus war bereit seinen Tagesdienst anzutreten. Wie jeden Tag hatte er sich von Luna verabschiedet, wollte sich auf den Weg machen, um Rom mit falscher Hingabe zu dienen. Längst war Verus seinen eigenen Idealen entwachsen. Ihm war jenes widerfahren, was viele gute Menschen fürchteten. Er lebte bereits zu lange und sah bereits, wie aus seinen guten Ambitionen nur Schlechtigkeit erwuchs. Die Prätorianer waren nicht moralisch gut. Sie waren keine Helden. Keine wahre Elite, sondern eine Truppe der Terrormacht und Geheimnisse. Ausgesucht waren ihre Soldaten, ausgebildet und abgehärtet durch Krieg und Ausbildung, ständig gedrillt und abgerichtet für diese eine Aufgabe, die sie alle verband: Rom. Doch ihr Rom war ein anderes Rom. Ihr Rom war kalte Macht. Ein Regime über die Eroberten und Unterworfenen. Anders als es andere sahen, war die Welt der Prätorianer geprägt durch Dominanz. Und auch Verus trug seine vergiftenden Geheimnisse in sich. "Wir brechen heute oft der üblichen Route zur Castra auf," sagte Verus zu seinen beiden Leibwächtern, die ebenso in diesem Domus nächtigten. Sie lächelten, da sie äußerst gut gefrühstückt hatten. Auch Verus hatte ein gutes Frühstück genossen. "Trecenarius, aber heute bitte nicht wieder so schnell. Du weißt doch, dass wir mithalten müssen," scherzte der eine Kamerad und Verus lachte bitter auf. "Natürlich, Antonius," sagte Verus und nickte seinen beiden Personenschützern zu, bevor sie aus dem Haus traten. Verus öffnete selbst die Tür, bevor man in geeigneter Formation aus dem Haus trat. Vielleicht erhoffte sich Verus genau ein solches Ende, welches sich abzeichnen sollte.


    Ein Attentäter schlug zu, bevor seine Leibwächter reagieren konnten. Etwas traf seinen linken Arm, kratzte über den Knochen unter der Haut und traf in dieser Bewegung eine große Ader, zerfetzte die Tunika und hinterließ letzlich eine tiefe und blutende Wunde, die Verus grimmig sein Gesicht verziehen ließ. Adrenalin füllte seinen Körper, während seine Leibwächter ihn zurückrissen, um ihn abzuschirmen. Schnell zogen sie ihre versteckten Gladii, um eine Abwehrposition einzunehmen. Verus wankte zurück, blickte verstört auf dei Wunde und spürte beim Anblick einen stechenden Schmerz. "Arg," jappste er und hielt sich die Hand auf seinen Arm, um die Blutung abzupressen. Er war Soldat und konnte seinen Schmerzen bedingt für einen Moment kontrollieren. Der Prätorianer wusste, dass die Wunde schnell abgebunden werden musste, dennoch konnte er nicht, da seine Hand vorerst den groben Blutverlust verhinderte, indem er fest auf die Wunde presste. Der Attentäter flüchtete windelig, ließ eine Klinge klirrend auf den Stein fallen, während sich Verus an seine eigene Hauswand lehnte. War dies der Angriff? Der Angriff, den er erwartet hatte? Mit Sicherheit. Das Spiel verlangte seine Züge. "Bleibt," verlangte Verus zur Sicherheit, obwohl seine Personenschützer dem Angreifer nicht nachstellten, um ihren Befehlshaber zu schützen, dem sie nicht nur durch Eid verbunden waren, sondern auch durch Kameradschaft und gemeinsame Erlebnisse in Germanien. Erschöpft über die blutende Wunde sank Verus an dem Mauerwerk herab, wobei ein roter Streifen über das Mauerwerk lief und seine blutrote Farbe hinterließ. Einer der beiden Männer kehrte von seinem Posten ab, um mit dem Gladius ein Stück seiner Toga abzutrennen, welches er nutzen wollte, um den Trecenarius schnellstmöglich zu verbinden. Verus ließ seinen Blick sinken, da er sich an alte Zeiten erinnert fühlte. Dakien wurde wieder präsenter und auch seine Erfahrungen in Germanien. In dieser blutenden Wunde fand er seinen eigenen Epitaph.


    Gedanken verloren sich im Rausch des eigenes Unterganges, welcher zwar nicht eintreten sollte aber Verus war einerseits dankbar, dass er erneut körperlichen Schmerz spüren konnte. Schmerz, den er zu ungerne anderen zufügen musste. Der prätorianische Leibwächter zerschnitt den Togafetzen in zwei Teile, bevor er sein Gladius am versteckten Tragegurt verstaute. Den einen Teil rollte zu einer kleinen aber festen Rolle, während der andere ruhig in seiner Hand lag. Der Soldat kniete sich herab. Verus und er wussten genau, was zutun war. Beide hatten genug Schlachten gesehen und genug Männer verbunden oder sich selbst versorgt. Blut und Wunden waren Normalität, so dass beide ruhig mit dieser Sache umgehen konnten. Auch wenn Verus spürte, dass der Blutverlust durch den Anschnitt einer wichtigen Versorgungsaders nicht klein war. Er musste ruhig bleiben.


    "Das schaffen wir," vermerkte der Leibwächter, und hob vorsichtig die Hand seines Kommandeurs an, bevor er den nicht aufgerollten Stoff auf die Wunde legte, um diese dann mit eine ziehenden Bewegung am Ende der Stofflinie zu fixieren. Er schlug den Stoff einmal um, bevor er die kleine Rolle aus Stoff dazwischen presste und dann jenen Verband feste wickelte, damit dieser am Ende von einem guten Knoten gehalten wurde. Verus verzog sein Gesicht, viel mehr, weil der Soldat den Verband mit ordentlichen Druck ansetzte. "Geschafft," meldete der Soldat und schien erleichtert. Die Wunde war vorerst versorgt, auch wenn ein Medicus später noch Knochenresten und Verschmutzungen suchen würde, wie es üblich war. Die Wunde würde mit einer speziellen Mischung aus Honig, Kräutern und Essig ausgewaschen werden. Verus rechnete schon mit einem brennenden Schmerz, da er diese Behandlung nur zu gut kannte. "Danke," sagte der Trecenarius müde, während sich seine Augen immer weiter schlossen. "Schaffen wir ihn hinein," meinte der stehende Leibwächter, der sich unwohl im Angesicht dieses Anschlags fühlte. "Ja," antwortete der knieende Prätorianer und legte im Aufstehen noch einmal fürsorglich die Hand auf die Schulters des Offiziers, dem sie alle ihr Leben anvertrauten. In dieser Einheit gab es eine herausragende Loyalität und Kameradschaft, die als Treuebeispiel fungieren konnte. Auch Verus war stets loyal und treu zu seinen Soldaten.


    Der stehende Wächter hob die Klinge andächtig auf, blickte auf diese, während er sein Gladius in der anderen Hand hielt. "Eine parthische Giftklinge," schimpfte der Mann und spuckte auf den Boden, um den Träger dieser Waffe zu verfluchen. "Siehst du die Giftrinne in der Mitte," trat er zurück zu seinem Kameraden, der ähnlich schockiert blickte. "Sie ist leer. Entweder sie trug kein Gift oder das Gift ist bereits in die Wunde abgegeben. Ein hinterhältiger Angriff...," erklärte der erfahrene Soldat, der solche Klingen von dubiosen Attentätern im ganzen Reich kannte. Die Parther hatten diese Klinge entwickelt, um Attentate auf Prinzen und Könige auszuführen, damit diese auch garantiert grausam verstarben. Ein Angriff mit dieser Waffe war eine klare Nachricht und ein Zeichen. Man legte die Klinge neben dem Eingang ab, um Verus achtsam ins Atrium zu ziehen. Dort rief man lautstark um Hilfe, während man besorgt zum Trecenarius herab blickte. Im Anschluss daran nahm man die parthische Giftklinge auf, um diese ebenso ins Atrium neben den Getroffenen zu legen. Der Anschlag sollte deutlich werden. Mitunter - wenn diese Klinge Gift trug - würde der Trecenarius bald sterben; unaufhaltsam.