Beiträge von Sergia Fausta

    Nachdem ich hinter meinen Mann aus der Sänfte geklettert war, ließ ich mir meinen weinroten Dress nochmal etwas richten. Dabei überhörte ich geflissentlich, wie unpersönlich und ohne enien Namen mich mein werter Ehemann den Wachen vorstellte. Nein, ich war jetzt nicht in der Stimmung, um mich hier aufzuregen.


    Dass Rittern das Durchsuchungsprozedere erspart bleiben sollte, wäre mir persönlich sehr neu gewesen. Wurde das bei anderen so gemacht (oder besser: nicht gemacht)? Keine Ahnung. Aber weil ich mich von vornherein auf eine Durchsuchung eingestellt hatte, obwohl ich eine Ritterin aus eigenem Recht war, konnte ich mich über sowas jetzt natürlich nicht ärgern. Stattdessen ließ ich das Unabwendbare gelangweilt über mich ergehen und achtete nur mit Argusaugen darauf, dass keiner der Soldaten das Abtasten für irgendeine unsittliche Berührung nutzte.


    Anschließend ließ ich den Sitz menes Outfits ein weiteres Mal durch eine Sklavin kontrollieren. Dann stolzierte ich hinter den Kanzlei-Lakaien hinterher in die Domus Augustana....

    Ja, wie sah Prisca aus? "Naja." Oh man. "Patrizisch.. nobel.. schön.. elegant.. .. ..eben ziemlich makellos." Natürlich war sie nicht ganz makellos, schon aus Prinzip nicht! Aber ich wollte meine neue Freundin auch nicht schlechter machen als sie war. Und sie war nunmal fast genauso hübsch wie ich, nicht ganz eine Venus, aber als Diana konnte sie sich sehr wohl sehen lassen.


    Nachdem ich dem Caesar mit voller Absicht erstmal nur solche Brotkrumen hingeworfen hatte, mit denen er wahrscheinlich eh nicht viel anfangen konnte, kam mir ganz "spontan" eine tolle Idee: "Vielleicht sollte ich einfach meine Suchstrategie ändern. Nicht länger laufe ich von Raum zu Raum, um meine Freundin zu suchen und doch nicht zu finden. Sondern ich bleibe einfach mal stehen und hoffe, dass sie mir so früher oder später über den Weg läuft." Ich lächelte den Caesar charmant an. "Hälst du das für eine gute Idee?", fragte ich und spitzte daraufhin kurz nachdenklich meine Lippen. "Und.. würdest du mir vielleicht den Gefallen tun, und mir beim Warten etwas Gesellschaft leisten?" Denn wer wollte schon so aussehen wie abgestellt und vergessen abzuholen? "Mein Name ist übrigens Sergia.. Sergia Fausta.", streckte ich ihm meine rechte Hand entgegen und lächelte. Dabei sah ich ihn so ein bisschen von unter an, weil das angeblich den Beschützerinstinkt der Männer irgendwie ansprach. (Ob es so war? Keine Ahnung. Aber es lag in der Natur der Sache, dass ich als Frau zu tricksen probierte, wo ich nur konnte.)

    Auch in den niederen Tiefen der Kriminalität war eine straffe Organisation und eine gut Verwaltung das Alpha und Omega. Deshalb führte ich auch genaue Listen darüber, wer wieviel wovon zum Beispiel durch Diebstahl im letzten Monat eingenommen hatte. Zeichnete sich dabei ab, dass in einem Straßenzug die Gewinne zurückgingen, konnte ich dann gezielt kontrollieren, ob da nun plötzlich die Stadtkohorten stärker patroullierten, ob da andere Kriminelle verstärkt aktiv wurden, oder ob einfach nicht mehr so viel Bargeld dort durch die Straßen lief. Kurz gesagt: Es hatte einfach sehr viele Vorteile, wenn man gut organisiert war und auf Fakten bauen konnte, nicht auf Vermutungen bauen musste.


    Es war kurz nach meiner kleinen Reise nach Misenum, dass mich der Nebeltiger (er war "im Namen meines Bruders Faustus Ultor" damit beauftragt gewesen, mich während meiner Abwesenheit hier zu vertreten) mit einer dringenden Botschaft kontaktierte. "TOT?!? Wie kann der tot sein?!!", fuhr ich ihn nach seiner Hiobsbotschaft an. "Verdammt nochmal!" Mit einer zur Faust geballten rechten Hand schlug ich auf meinen Schreibtisch in meinem kleinen Büro hier. Dann verzog ich das Gesicht, weil ich mich nicht nur ärgerte. Jetzt tat mir auch meine Hand noch weh. "Das hättest du mir, verflucht nochmal, früher sagen müssen!" Jetzt war durch meine Reise nach Misenum so viel Zeit ins Land gegangen, dass sich wahrscheinlich kaum noch herausfinden ließ, wer hinter dem Tod des Cleonymus steckte. War es ein Unfall? War es Mord? Hatten ihn die Leute erwischt, mit denen er noch eine alte Rechnung offen hatte? (So war ich ja überhaupt erst dort gelandet, wo ich jetzt saß.) Oder hatten hier ganz andere Kräfte ihre Hand mit im Spiel? Dieser Dumnorix vielleicht, wegen dem ich einen Brief ins kalten Obergermanien geschickt hatte? Möglich. Aber wissen tat ich es nicht. Und herausfinden würde ich es nach der inzwischen vergangenen Zeit wahrscheinlich auch nicht mehr. Verfluchter Mist!


    Ich hielt mir die Hände an die Schläfen. Jetzt kamen auch noch Kopfschmerzen hinzu! Der Tag wurde und wurde nicht besser. "Ich fürchte, ich brauche einen neuen Meister des Nebels für Rom und Umland." Diese Position war mit dem Tod dieses Ägypters ja nun frei geworden. Ich überlegte kurz, dann nickte ich. "Ich möchte, dass du dir einen Nachfolger suchst. Eines der Kinder des Nebels wird deinen Platz als Jünger einnehmen.", entschied ich. Denn Kolchas war ja vor Cleonymus schon einmal der Magister hier gewesen. Außerdem hatte er während meiner Zeit in Misenum bewiesen, dass ich mich auf ihn verlassen und ihm vertrauen konnte. "Wähle den fähigsten deiner Untergebenen aus. Morgen abend zur zehnten Stunde sehe ich euch beide hier in meinem Büro. Bis dahin habe ich auch mit meinem Bruder alles Nötige geklärt." Mit einem unwirschen Wink scheuchte ich den Nebeltiger aus dem Raum. Dann nahm ich meinen Weinbecher und hielt ihn mir gegen die Stirn. Die Kühlung war minimal und linderte meine Kopfschmerzen nicht im geringsten. Ich könnte den Wein natürlich auch trinken.. wenn dieses Gesöff nicht so ekelhaft alt und abgestanden schmecken würde. "Nein, ich gehe jetzt nach Hause.", sprach ich zu mir selbst und tat dann auch ganz genau das: Nach Hause gehen. Hier hielt ich es keinen Moment länger aus!



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    REX NEBULAE - DIE NIMBATI

    Zitat

    Original von Kaeso Annaeus Modestus


    Lucius Annaeus Florus. Der zweite von zwei Senatoren in meiner näheren Verwandtschaft der letzten Generationen. Sein Name war mir deshalb natürlich vertraut, auch wenn er nicht ganz den Stellenwert bei mir einnahm wie mein Onkel Kaeso. Denn nicht nur, dass Florus nie unter die Prätorier aufgestiegen war. Florus hatte auch keine Flaminia geheiratet, sondern nur eine irgendeine niedere Peregrine. Und ja, die war zwar vor ihrer Ehe noch schnell adoptiert worden (ausgerechnet von der Familie meines Mannes). Aber deshalb war sie noch lange keine vollwertige Römerin gewesen in meinen Augen. Denn immer warf die Vergangenheit ihre Schatten auf die Gegenwart. Und dabei warf die eigene Herkunft und Abstammung so mit den längsten und kräftigsten Schatten.
    Eine Sache war mir zum Schluss aber auch über Florus sehr positiv zu Ohren gekommen: Er hatte es irgendwie geschafft, das Erbe so eines peregrinen "Königs von Tylus" an Land zu ziehen. Wie? Das hatte ich leider auf keiner Familienfeier irgendwie herausfinden können. Angeblich gab es kein gefälschtes (oder echtes) Testament dieses Königs. Und weil dieser König ein Peregriner und darum kein Annaeer und kein agnatischer Verwandter von Florus sein konnte, schied auch das als Erklärung aus. Was blieb, war höchstwahrscheinlich irgendeine Küngelei, mit der sich Florus diese Erbschaft gesichert hatte. Und das zeigte Charakter und Durchsetzungskraft. Und das fand ich gut, auch wenn ich leider nach all der Zeit kaum noch herausfinden könnte, welchen Prätor oder Vigintivir Florus da vor etlichen Jahren mal geschmiert hatte....


    Naja. "Totenspiele fünfzehn, sechszehn Jahre nach seinem Tod?" Ich sah meinen Onkel erstaunt an. Denn diese Idee hatte ich wirklich nicht kommen sehen. Wer richtete so lange nach dem Tod eines bekannten Verwandten noch teure Totenspiele aus? "Das.. ist.." Ich wusste nicht genau, was ich sagen sollte. "überraschend. Also, gut überraschend natürlich. Aber überraschend." Direkt im Anschluss kündigte er zwischen den Zeilen an, dass er sich begann auf das Konsulat vorzubereiten. Ich lächelte verstehend. Denn das machte die Sache nun wieder ein bisschen klarer für mich. "Du planst die Spiele im Vorfeld einer Kandidatur zum Konsulat stattfinden zu lassen?" Das war keine schlechte Idee. Es betonte die Taten der Annaeer für Rom. Es zeigte seine Verbundenheit mit der römischen Religion, den Göttern, Geistern, Riten und Traditionen. Dazu konnte er sich großzügig und spendabel dem Volk gegenüber zeigen. Und wenn er dann noch auf seine Erfolg als Feldherr verwies, dann hatte er alle Bereiche von der Religion bis zum Militär, vom Brot bis zu den Spielen abgedeckt. "Falls", nein, "wenn du meine Unterstützung brauchst, werde ich natürlich ganz hinter dir stehen, Onkel."

    Ich zog meine Augenbrauen etwas zusammen. Denn darüber musste ich erstmal kurz nachdenken. Wollte mich der Ädil doch glatt an die Zahlenfetischisten des Palatin abschieben. Und gegen die hatte ich kein Druckmittel in der Hand. Bei denen hätte ich nur das Wort eines Ädils in meinem Rücken. "Nein, ich wollte als erstes an die Spendenbereitschaft der Ädilen appellieren, bevor ich mich an den Palatin wende und dort zuerst gefragt werde, ob ich schon mit den Ädilen über diese Situation gesprochen hätte." Ich lächelte schief. Dann kam ich zu dem Schluss, dass ich eine vielleicht ja schon längst leere Geldtruhe auch mit größter Macht nicht mehr plündern könnte. Da nahm ich also besser den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach. Oder so. "Also: Einverstanden. Du unterstützt die Cura Annonae mit deinem Wort bei der Finanzabteilung des Palatin.. und ich mach dich ganz unverbindlich darauf aufmerksam, dass...." Ich lächelte selbstzufrieden, während ich dem Mann etwas näher kam.


    Kurz hielt ich die Luft an, um die Spannung zu erhöhen. Dann sprach ich in etwas gedämpfterer Lautstärke: "Du erinnerst dich vielleicht noch an diesen Fall, in dem es eine Anzeige gegen die beiden germanicischen Senatoren und eine ihrer Gattinnen gab." Sowas war ja schon eine andere Nummer als nur eine Denunziation irgendeines Gaius oder Lucius. "Damals besaß zuletztgenannte Senatorengattin einen ihrem Stand absolut unangemessenen Fernhandel und dein Officium veröffentlichte deshalb ein Edikt gegen diese Frau. Umso erstaunter", gab ich mich ganz überrascht, "war ich natürlich, als ich neulich von einem Bekannten, er betreibt selbst einen Fernhandel, hören musste, dass der Fernhandel namens "Merulas Importe" noch immer dieser Dame gehören soll. Sofort habe ich mir eine alte Acta-Ausgabe aus den Archiven besorgen lassen." Nach Paragraph 9 Absatz 4 der Lex Mercatus wurden die Strafen bei Verstößen gegen die Lex Mercatus ja auch dort veröffentlich, sodass ich nicht auf die sicher längst abgenommenen Edikt-Aushänge angewiesen war. "Und ob du es glaubst oder nicht, stand da doch wirklich kein Wort darüber, dass die Frau ihren Betrieb aufgeben oder abgeben müsste. Nur zu einer Strafzahlung wurde sie nach dem, was ich da nachgelesen habe, aufgefordert.... ganz so, als wartete man nur darauf, dass der nächste Ädil im nächsten Jahr dann das nächste Edikt gegen sie ausstellen kann.."


    Wirklich stören tat mich das natürlich nicht. Sollte man die germanicische Sippe ruhig ausnehmen.. zum Wohle des Staates. Aber ich wollte hier Geld für die Cura Annonae rausschlagen. Und das hatte gerade eine höhere Priorität für mich. "Ich würde dir also nahelegen, bevor du dein Amt übergibst und dein Nachfolger auf dieses kleine.. Versäumnis aufmerksam wird, dass du der Dame in deinem eigenen Interesse vielleicht selbst nochmal schreibst und sie darauf aufmerksam machst, dass natürlich aus deinem Strafedikt auch hervorgehen sollte, dass sie ihren Fernhandel aufzu- oder abzugeben hat." Dass er besser nur eine Art Mahnung schrieb und kein erneutes Edikt, sollte dem Ädil sicher selbst klar sein. Denn bei einem neuen Edikt stellten sich die Germanicer mit Sicherheit auf die Barrikaden und am Ende kam dann vor den Consuln ganz öffentlich raus, dass das Versäumnis beim Ädil selbst gelegen hatte. Gegen nur eine Mahnung konnte allerdings niemand etwas sagen.
    Ich trat wieder einen Schritt zurück von dem Magistrat und signalisierte, dass es das war. Das war mein kleiner Tipp, der den Mann einmal mehr davor bewahren könnte, vor den anderen Senatoren in Sachen Amtsführung schlecht dazustehen....

    Die obligate Begrüßung des Hochzeitspaares war geschafft. Ich hatte das Brautkleid der Flavia bewundert. Ich hatte des Tiberius Hinrichtungen des Vettianus und Duccianus gelobt. Und ich hatte meiner patrizischen Freundin (sie hatte ja gefragt) erklärt, dass mein Sohn noch zu jung war, um sich dem Anlass entsprechend zu benehmen. Deshalb war er heute zu Hause geblieben. Nach dieser kleinen Begrüßungsrunde grübelte ich noch kurz darüber nach, ob Chanelix - dieser Namen von Flavias Brautkleidschneider war mir natürlich nicht fremd - wegen dem "-ix" eigentlich ein Mann war oder doch eine Frau. Und hatte nicht auch Carolus Campus, der Lieblingsmodemacher meiner neuen Freundin Prisca (und eine der wenigen Sachen, die ich mir von unserem göttlichen Abend trotz Wein und Opium gemerkt hatte), auch irgendwie näher mit diesem/dieser Chanelix zu schaffen? - Ich spülte meine Fragen mit einem kleinen Schlückchen Wein hinunter und trennte mich dann von meinem Mann, um mich auf die Suche nach meiner neuen Freundin Prisca zu begeben.. erzählte ich ihm.


    Eh ich meine neue Freundin aber wirklich suchte, hatte ich noch eine bessere Idee: Ich versuchte mir noch jemanden anzulachen, der mir bei der Suche nach meiner Freundin half. Denn in diesem gooßen Anwesen hätte ich so allein ja nur ganz kleeiine Chancen, Prisca auch zu finden. Und wer könnte mir da wohl nun besser helfen, als jemand, der sich auch im größten Palast Roms ganz einfach zurechtfand? - Den Caesar zu finden, war nicht schwer. Die ganze kaiserliche Familie wurde ja heute von Schwarzröcken (in weißer Kleidung) begleitet. Nochmal tief durchgeatmet, das Goldarmband mit Perlenbesatz (ein geschmackvolles Hochzeitsgeschenk des Consulars Vinicius Hungaricus und seiner Frau) nochmal etwas zurechtgerückt, und noch einen Schluck Mut angetrunken; den Weinkelch aus der Hand gestellt, den perfekten Sitz meiner Frisur kontrolliert, und ein besorgtes Undschuldslächeln aufgesetzt; dann steuerte ich direkt auf den Caesar zu.... und lief erstmal dezent (mein Hüftschwung war vielleicht auch etwas weniger dezent) an ihm vorbei.
    Einige Schritte später blieb ich stehen, schüttelte kurz den Kopf und seufzte. Dann sah ich mich um und drehte mich um. "Verzeih mir bitte, wenn ich dich einfach so anspreche und störe" bei was auch immer er da gerade tat "aber ich fühle mich gerade ein bisschen verloren." Hoffentlich hatte der Mann einen gut ausgeprägten Beschützerinstinkt. "Ich wollte eigentlich meine gute Freundin Prisca heute hier treffen, aber ich kann sie einfach nicht finden." Rechte Hand aufs Dekolleté und nochmal ganz sacht (fast gesäuselt) ein niedergeschlagenes Seufzen. "Du siehst wichtig aus." Ich bestätigte mich selbst mit einem anerkennenden Nicken. "Du weißt mir nicht zufällig zu helfen?" Meine Lippen umspielte ein scheinbar verlegenes Lächeln, während ich hoffte, dass der Caesar auf meine Scharade (egal ob er sie gleich durchschaute oder nicht) ansprang.

    Es gab immer wieder Gelegenheiten und Anlässe, aus denen alte Listen erneuert und aktualisiert werden mussten.

    Lex Flavia de frumentationibus


    § 3 de plebe frumentaria


    Jeder Freigeborene mit römischem Bürgerrecht hat ein Anrecht auf eine Getreidespende pro Woche. Angehörige der Ordines Decurionum, Equester und Senatorius haben keinen Anspruch auf Getreidespenden.


    § 2 de frumentationibus


    Eine Getreidespende besteht aus zehn Einheiten Brot und wird wöchentlich entrichtet.


    § 4 de comparatione frumentationum


    Der Anspruch jedes Empfangsberechtigten wird nur geltend gemacht, wenn dieser sich in die Liste für Empfangsberechtigte eintragen lässt und seine Getreidemarke, die tessera frumentaria, erhalten hat.



    Folgende Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch:
    Stand: ANTE DIEM XIII KAL AUG DCCCLXV A.U.C. (20.7.2015/112 n.Chr.); alle Angaben ohne Gewähr


    Aemilii:
    - Gaius Aemilius Felix
    Artoria:
    - Marcus Artorius Rufinus
    Atii:
    - Paullus Atius Scarpus
    Claudii:
    - Claudia Agrippina
    Decimi:
    - Appius Decimus Massa
    - Cnaeus Decimus Casca
    - Decima Calena
    - Decima Camelia
    - Decima Flaminina
    - Decima Messalina
    - Decima Milonia
    - Decima Sevilla
    Duccii:
    - Lucius Duccius Ferox
    Fabii:
    - Gaius Fabius Valens
    Ferrii:
    - Caius Ferrius Chrysogonus
    Flavii:
    - [strike]Flavia Domitilla[/strike] (Ehe ~> Ordo Senatorius) S.F.
    Furii:
    - Furia Stella
    - Gnaeus Furius Philus
    Germanici:
    - Germanica Laevina
    - Nero Germanicus Ferox
    Helvetii:
    - Appius Helvetius Tacitus
    - Aulus Helvetius Agrippa
    - Iullus Helvetius Curio
    - Lucius Helvetius Corvinus
    - Tiberius Helvetius Varus
    Iulii:
    - Lucius Iulius Antoninus
    Iunii:
    - Aulus Iunius Avianus
    Livii:
    - Marcus Livius Drusus
    Marcii:
    - Gnaeus Marcius Coriolanus
    Marii:
    - Marcus Marius Madarus
    Matinii:
    - Marcus Matinius Cicero
    - Publius Matinius Avianus
    - Servius Matinius Ocella
    Octavii:
    - Caius Octavius Rufus
    - Marcus Octavius Maro
    - Titus Octavius Frugi
    Quintilii:
    - Quintilia Pina
    - Quintilia Sila
    - Quintilia Valentina
    - Tiberius Quintilius Romanus
    Sergii:
    - Galeo Sergius Plautus
    - Sergia Severa
    Tallii:
    - Gaius Tallius Priscus
    Terentii:
    - Caius Terentius Geminus
    Tiberii:
    - Spurius Tiberius Dolabella
    Verginii:
    - Quintus Verginius Mamercus
    Vibii:
    - Titus Vibius Vespa




    Der Vertrag über den Brotkauf war in trockenen Tüchern, sodass die Vestalin Decima nun auf die Lex Flavia de frumentationibus zu sprechen kam. Ich ignorierte ihren Nebensatz über ihren Vater und ging nur auf den Rest ein: "Gerne. Den Grund dafür kann ich dir erklären." Ich nickte und holte einmal tief Luft. "Aus meiner Sicht stellt sich die Lage nämlich folgendermaßen dar: Dein Name steht auf der Liste derer, die empfangsberechtigt sind für eine kostenlose Brotspende der Cura Annonae. Es ist dabei deine freie Entscheidung, ob du diese Berechtigung in Anspruch nimmst und nutzt. Denn jede Bürgerin und jeder Bürger, dessen Name auf dieser Liste steht, kann frei darüber entscheiden, ob er von seinem Recht Gebrauch macht und sich eine Getreidemarke geben lässt oder nicht." Das war der Part, wo jeder selbst entscheiden konnte.


    Allerdings gab es auch noch einen zweiten Part: "Nur weil du dein gesetzlich verankertes Recht nicht gebrauchen möchtest, darf ich dir aber das Recht selbst nicht einfach aberkennen. Denn wenn die Lex Flavia de frumentationibus dir dieses Recht gibt, egal ob du es nutzt oder nicht, dann hast du dieses Recht. Das kann weder ich dir wegnehmen oder aberkennen, noch kann der Praefectus Annonae dir dieses Recht wegnehmen oder aberkennen. Niemand kann dir dieses Recht einfach so nehmen." Maximal konnte das der Kaiser vielleicht. Aber der war ja sowieso in vielen Dingen eine Ausnahme. "Du hast, das will ich nochmal betonen, natürlich nicht die Pflicht, dein Recht auch in Anspruch zu nehmen und zu nutzen. Das ist deine eigene Entscheidung. Wenn du dein Recht nicht nutzen willst, dann musst du das auch nicht. Aber deshalb darf ich dir trotzdem nicht einfach dein gesetzlich verankertes Recht wegnehmen und deinen Namen einfach so von dieser Liste streichen." Ich lächelte ernst und hoffte, dass die Vestalin meinen Standpunkt nachvollziehen konnte.


    Ich ließ einen kleine Kunstpause, dann fuhr ich fort: "Der einzige Weg, auf dem dein Name von dieser Liste verschwinden kann, ist eine Gesetzesänderung. Denn nur wenn die Lex Flavia de frumentationibus dir nicht länger das Recht gibt, dich für eine Getreidemarke zu melden, nur dann hast du dieses Recht auch nicht mehr und dein Name verschwindet von dieser Liste der Menschen, die berechtigt sind, sich für eine Getreidemarke bei der Cura Annonae zu melden." Und da hatte die Vestalin jetzt die Qual der Wahl: "Deshalb hatte ich deiner Libertina gesagt, dass du am besten auch mit deinen Schwestern hier einmal darüber sprechen solltest. Denn wenn nur du willst, dass dein Name von dieser Liste gestrichen wird, dann werde ich da vermutlich nicht viel ausrichten können." Denn die Senatoren würden bestimmt nicht ins Gesetz schreiben: Alle Menschen, die die nötigen Voraussetzungen erfüllen, haben das Recht auf eine Getreidemarke; nur die Vestalin Decima nicht. "Seid ihr aber alle der Auffassung, dass ihr Vestalinnen kein Recht auf eine Getreidemarke haben dürftet, dann besteht die Möglichkeit, dass ich mich dafür einsetze und dafür sorge, dass diese allgemeine Einschränkung in das Gesetz aufgenommen wird." Und sobald das Gesetz in dieser Weise geändert wäre, stünde auch keine einzige Vestalin mehr auf der Liste. Ich sah die Decimerin erwartungsvoll an. Hatte sie alles verstanden oder hatte sie noch Nachfragen? Und vor allem: Wie würde sie sich am Ende entscheiden?

    Die Ädilen hätten vermutlich ihre Gründe. Ja, das war vermutlich richtig. Aber: Ich hatte nicht in der Curia Iulia gesessen und eine Stimme gehabt, als es darum ging, ob die Amtzeit aller Magistrate verlängert wurde oder nicht. Meine Schuld war es also nicht, dass die Ädilen jetzt fast doppelt so lange wie all ihre Amtsvorgänger für das Ausrichten teurer Spiele verantwortlich gewesen waren und deshalb vermutlich nicht ganz so viel spendeten an die Cura Annonae. Jeder musste selbst dafür sorgen, dass sein Wille durchgesetzt wurde. Wenigstens in Form eines Kompromisses. Wer das versäumte, der war selbst schuld daran, wenn er sich nun in dieser Lage wiederfand. Meine Meinung.


    Deshalb ging ich auch nicht weiter auf die Befindlichkeiten der Ädilen ein, sondern konzentrierte mich vor allem auf mein eigenes Ziel. Kurz überlegte ich, dann lächelte ich. "Gründe sind ein sehr gutes Stichwort, Ädil. Deshalb lass mich dir doch kurz darlegen, warum ich dich.. warum es so ein glücklicher Zufall ist, dass ich dich hier gerade treffe." Kurz die Worte sortiert, dann ging es weiter im Text: "Sieh, ich bin gerade mal wieder an ein Wissen gelangt, das für jede Menge Unmut und Ärger sorgen könnte. Dabei habe ich ja eigentlich gar kein Interesse daran, dir oder irgendwem anders irgendwelchen Ärger zu bereiten.", bekundete ich unschuldiger als ich war. "Das einzige, was ich möchte, das ist ein Kassenstand der Cura Annonae, über den sich der Praefectus Annonae freuen und mit dem er gut arbeiten kann." Alles ganz unschuldig. "Und genau darum laufen wir uns.. so glücklich zufällig auch nicht in deinem Amtssitz über den Weg, sondern nur hier und nach Amtsschluss. Denn ich möchte keinen Staub aufwirbeln und anderen ins Gesicht pusten. Ich möchte dir einen Gefallen tun.", indem ich ihm einen kleinen Tipp gab, wie er ein kleines Problemchen (ein kleines Versäumnis, um genauer zu sein) ohne großes Aufsehen lösen könnte. "Und wie unsere ganze Welt doch immer aus einem Geben und Nehmen besteht, hoffe ich natürlich, dass auch du anschließend mir ein bisschen unter die Arme greifst, damit ich dem Praefectus Annonae bald von einer etwas besser gefüllten Kasse der Cura Annonae berichten kann." Mit forschendem Blick sah ich den Magistraten an. Hatte er Interesse an meinem kleinen Angebot?

    Weil ich keine Gedanken lesen konnte, konnte ich den jungen Flavier auch nicht darauf aufmerksam machen, dass eine Getreidespende nach Lex Flavia de frumentationibus nicht aus einem sondern auch zehn Broten pro Woche bestand. (Immer diese kleinen Details.) Stattdessen bemerkte ich nur einmal mehr, wie wortkarg der Patrizier sich gab: Kein Zeichen der Zustimmung oder Ablehnung, was die Menge des Getreides betraf. Kein ja, kein nein. Kein Nicken, kein Kopfschütteln. Nicht ein kleines Brummen. Stattdessen kam er gleich auf den Preis zu sprechen. Doch auch dort machte er nicht etwa ein kurz begründetes Angebot, sondern fragte nur, was die Cura Annonae sich denn vorstellte. War es ihm am Ende also vielleicht sogar vollkommen egal, wieviel und zu welchem Preis er an die Cura Annonae verkaufen konnte? Die Flavier hatte ja auch so genug Reichtum, sodass das Führen eigener Betriebe sicherlich mehr eine nette Nebenbeschäftigung war und kein notwendiges Mittel familiären Einkommens. "Was hälst du von zwanzig Denarii?", setzt ich also absichtlich erstmal bei einem Sackpreis von 0,45 Sesterzen an. Dann schaute ich ihn erwartungsvoll stumm an und sagte nichts weiter. Ich kam mir nämlich etwas dämlich vor dabei, wenn ich hier mehr als doppelt so viel erzählte wie der junge Flavius.

    Mein Onkel schien nicht abgeneigt, mir hier zu helfen. "Um ehrlich zu sein, habe ich mir um einen genauen Wortlaut noch keine Gedanken gemacht. Aber die beiden Aspekte, die an mich herangetragen wurden, sollten sich eigentlich einfach regeln lassen, indem man einfach an einer Stelle der Lex einen kleinen Satz hinzufügt.", erklärte ich ihm ehrlich. Denn ich wollte ja nicht die ganze Lex über den Haufen werfen und auf den Kopf stellen. Ich wollte auf Vorschlag eines Marinesoldaten und einer Vestalin nur die Soldaten und die Vestalinnen ausnehmen davon, ein Recht auf den Erhalt einer Getreidemarke zu haben. Und bisher regelte der Paragraph 3 Absatz 2, wer vom Recht auf eine Getreidemarke ausgenommen war. Das hatte ich mir eingeprägt. Dieser Absatz musste jetzt also eigentlich nur auf die Mitglieder des Exercitus Romanus und die Vestalinnen ausgeweitet werden. Und das wäre dann auch schon die ganze Änderung, die ich anstreben wollte.


    Der plötzliche, laute Pfauenschrei riss mich aus dem Gespräch. Erschrocken suchten meine Augen sofort den rufenden Pfau. Der sah aber von meinem Standpunkt aus jetzt nicht sehr agil und bedrohlich aus. (Ich fand ihn eher ein bisschen fett. Der gäbe bestimmt ein gutes Festtagsessen ab!) Das Tier war also keine echte Gefahr. Dann sah ich zu meinem Sohn. Und ich hoffte, dass der Kleine jetzt nicht anfing zu weinen.. wie ein kleines Mädchen.

    Ich konnte einen skeptischen Blick nicht unterdrücken, als Marcus meinem Onkel hier vorjammerte, wie sehr er doch diese Sache mit den Septemvirn versucht hätte und wie sich dann trotzdem die ganze Welt gegen ihn verschworen hatte. Tze. Ich hatte da eine ganz klare Meinung zu: Vom Jammern bekam niemand irgendein Amt. Man musste handeln, wenn man etwas wollte. Und wenn ein einziger Brief da eben nicht reichte, dann musste man eben mehr handeln und nicht jammernd klein beigeben! Ich verkniff mir aber einen offenen Kommentar dazu, um hier niemanden in Verlegenheit zu bringen.


    Stattdessen guckte ich genauso skeptisch, als mein Onkel jetzt den Posten des Procurator a memoria so negativ darstellte. "Also wenn du mich fragst, dann ist das Amt des Procurator a memoria nicht besser oder schlechter als die anderen Ämter der zweiten Stufe des ritterlichen Cursus Honorum." So ganz generell gesprochen. "Ich könnte natürlich auch anstreben, als nächstes Procuratrix a cognitionibus zu werden", gerade wo ich mich ja auch in der Vergangenheit nicht gescheut hatte, auch mal Klage zu erheben, "aber a memoria.. bevorzuge ich eben einfach." Um nicht zu sagen, dass ich auch nicht glaubte, dass mir irgendein Kaiser je den Posten des a cognitionibus anbieten würde. Denn ohne meinen Hausadvokaten war ich juristisch nämlich nur durchschnittlich bewandert. "Und es kann ja auch nicht jeder einfach eine ganze Stufe im ritterlichen Cursus Honorum überspringen, so wie Onkel Varus einst." Der hatte die zweite Stufe ja komplett ausgelassen.. damals unter der schwachen Führung des Kaisers Valerianus. Sowas war heute ja nicht mehr denkbar. "Leider." Ich hatte es ja selbst versucht, als die Lage für mich nicht besser hätte sein können.. erfolglos.


    Kurz schaute ich zu dem Haustier meines Onkels. So extravagant! Sowas musste ich mir auch irgendwann noch unbedingt mal zulegen. Aber keinen Vogel. Nein, lieber irgendeine große Katze oder so. (Merkte man, dass ich in Alexandria in Ägypten aufgewachsen war?) "Übrigens wollte ich dir beim Essen später auch noch davon erzählen, wie ich von einem Marinesoldaten und einer Vestalin gehört habe, wie unzufrieden sie mit der Lex Flavia de frumentationibus sind.", kündigte ich meinem Onkel dann einfach schonmal an. "Ich habe mir dazu auch schon ein paar Gedanken gemacht, wie die Soldaten und Vestalinnen vielleicht zufriedenzustellen wären." Ich lächelte berechnend. "Natürlich bräuchte ich noch einen Senator, der eine Gesetzesänderung im Senat dann auch zur Debatte stellt.. und der es versteht, meinen Namen dabei so einfließen zu lassen, dass man vielleicht auch in der Kanzlei davon hört.." Denn ganz klar: Ich wollte die Initiative einer Gesetzesänderug natürlich auch nutzen, um mich für einen späteren Posten an der Kanzlei zu empfehlen.
    "Meinem Patron werde ich natürlich gerne schreiben und deinen Besuch ankündigen. Aber so schwer beschäftigt wie er als Stadtpräfekt zur Zeit oft ist, kann ich dir trotzdem nicht versprechen, dass er sofort Zeit für dich hat.", ließ ich hier auch ein bisschen durchscheinen, dass ich lieber meinem zurückgekehrten Onkel die Sache mit der Gesetzesänderung in die Hand geben würde als meinem Patron.

    "..Mit großen dem Unterschied, dass für Wein niemals ein römisches Gericht festgestellt hat, dass dieser aus einem weiterverarbeiteten Produkt hergestellt wird.", wollte ich meinem Onkel am liebsten noch antworten. Denn genau das war ja der Punkt. Zu Mehl und Brot existierte ein gültiges Urteil, zu Traubensaft und Wein nicht. (Und ich bezweifelte irgendwie auch, dass es da so ein Urteil je geben würde. Aber das wussten andere, die sich auch ein bisschen mehr mit der Weinproduktion auskannten, bestimmt besser.)
    Am Ende widersprach ich meinem Onkel jedoch nicht. Denn ich wollte mich mit ihm nicht streiten. (Und ich wusste ja auch nichts von seinem Gedanken, dass sich ein Konsul gegen ein seit Jahrzehnte gültiges Gerichtsurteil stellen sollte - sowas stank in meinen Augen gewaltig nach Amtsmissbrauch. Ein gerichtliches Urteil hob man sauber nur durch ein anderes Gerichtsurteil auf; nicht durch eine Anweisung, das Urteil künftig einfach zu ignorieren.) "Ich denke, jedes Projekt, bei dem es direkt um das Geld und Vermögen der Bürger geht, ist sehr herausfordernd.", kommentierte ich stattdessen. Denn für mich lag auf der Hand: Man sagte nicht umsonst, dass bei Geld die Freundschaft aufhörte. Solche Themen waren also prädestiniert dafür, dass man sich darüber stritt und dass 300 Senatoren mindestens 200 verschiedene Meinungen dazu hatten. Da fand man bestimmt nicht leicht einen mehrheitsfähigen Konsens.


    "Ach was." Mehr sagte ich nicht dazu, dass der Kläger mit dem duccischen Konsul verwandt war. Das erklärte natürlich sofort, warum die Rede des Germanen so begonnen hatte, wie sie begonnen hatte.. ohne Einleitung, ohne Vorstellung, gleich brachial mit dem Hauptteil. "Wusstest du, dass die letzte Änderung der Lex Mercatus auch aus dieser Richtung kam?", bemerkte ich stattdessen spitz. "Da gab es noch kurz vor den Wahlen ein öffentliches Edikt der Ädilen, weil jemand gegen die Lex Mercatus verstieß. Und dreimal darfst du raten, welche Gesetzesänderung als eine der ersten im neuen Amtsjahr auf Initiative genau dieser Person durch den Senat ging." Ich war nicht ungespannt auf den Tag, an dem der Duccier vor dem Senat Bericht ablegte über seine Amtszeit als Konsul.

    Die Flavia? Prisca kannte ihre Schwägerin garantiert besser als ich. Sie kannte also auch die Charakterzüge der Flavierin bestimmt besser. Mein bisheriger Eindruck von ihr war allerdings, dass sie nicht sehr verschlagen war. Sie war eher lieb.. und sie war eine gute Freundin (die meinem Sohn ein Schaukelpferd geschenkt hatte). Aber reichte das, um uns wirklich gegen diesen "Faustus" zu helfen?
    Von der Iunierin auf der anderen Seite, auch wenn sie jetzt wahrscheinlich nicht mehr in Frage kam, hatte ich da ein ganz anderes Bild. Die konnte wirklich auch gefährlich sein! Denn nicht etwa ihr Mann, sondern sie hatte das Testament Valerianus zu Cornelius gebracht. Und nicht etwa ihr Mann, sondern sie hatte das Testament später dann auf dem Forum Romanum verlesen. Auch ohne sie näher zu kennen traute ich ihr deshalb auch zu, dass sie sich im Zweifelsfall auch selbst verteidigen und zum Gegenschlag ausholen könnte. Selbst ohne einen unterstützenden Ehemann. Wenn dieser "Faustus" auch gegen sie vorging, dann würde sie sich mit Sicherheit an ihm rächen. Davon war ich trotz meines wenigen Wissens über diese Frau überzeugt.


    Aber was genau hatte es mit dem Testament auf sich: "Das cornelische Testament..", begann ich und bemerkte jetzt erst, was für einen Blödsinn ich da eigentlich redete. (Das musste der Wein sein, der mir so langsam zu Kopf stieg.) "Entschuldige, ich meine natürlich das Testament Valerianus, das den Cornelius begünstigte. Das Testament hat die Iunia damals vor unzähligen Leuten auf dem Forum Romanum verlesen. Und damit war sie an der Thronbesteigung des Corneliers ohne Zweifel mit beteiligt. Genauso wie mein Onkel Annaeus Modestus und sein Schwager Flaminius Cilo, die als Feldherren die germanischen Legionen angeführt haben. Genauso wie mein Onkel Annaeus Varus, der als Praefectus Aegypti das ägyptische Getreide damals zurückgehalten hat. Und genauso wie dein Verwandter Aurelius, der als Legionslegat im Kampf für den Cornelier so schwer verwundet wurde." Mit diesen ganzen Männern stand die Iunierin in einer Linie. Und dabei stand sie nicht irgendwo in der Mitte, sondern ganz am Ende dieser Reihe. An einer exponierten Stelle also. "Und wenn sich dieses Wiesel jetzt über uns indirekt an meinen Onkeln und deinem Verwandten zu rächen versucht.. wie fern liegt da der Gedanke, dass er auch die Iunierin auf seinem Racheplan hat?" Sie war ja noch dazu in Rom, sodass er sie sogar direkt ins Visier nehmen konnte.
    "Aber du hast natürlich recht, dass wir beide nicht sicher wissen, ob dieser Mistkerl auch gegen sie schon irgendetwas unternommen hat. Und wir wissen auch nicht, ob und wie sie gegebenenfalls darauf reagiert hat." Und: "Und es hilft uns natürlich auch nichts, wenn wir uns mit Personen verbünden, denen wir nicht beide vertrauen." Denn Rivalitäten innerhalb einer Koalition brachten am Ende meist die ganze Sache komplett zum scheitern. Hieß: Ohne Priscas Zustimmung würde ich ganz sicher niemanden weiter hierüber einweihen. Das gefährdete nur unnötig unseren gemeinsamen Plan.

    Meine Argumentation sei des Senats würdig? Hm. Wie lange hatte mir mein Onkel schon zugehört? Sprach er nur von meiner Erwähnung der Patrizier? Oder hatte er auch mein Gespräch mit dem Poppaeus mitgehört? Apropos: "Das hier ist übrigens der Eques Faustus Poppaeus Sabinus, mein Hausadvokat und Vater meiner Freundin Poppaea Sabinilla. Poppaeus, das ist mein Onkel Kaeso Annaeus Modestus, Prätorier, ehemaliger Statthalter, Feldherr und Sieger über den Usurpator Vescularius." Der Poppaeer begrüßte meinen Onkel respektvoll, bevor ich fortfuhr: "Wir haben uns gerade darüber unterhalten, was es hier überhaupt für einen Unterschied macht, wo das Getreide zu Mehl verarbeitet wird.", klärte ich meinen Onkel dann auf. "Denn das Urteil, das der Kläger anführt, sagt ja ganz klar: Mehl ist ein weiterverarbeitetes Produkt, "da seine Form durch specificatio verändert wurde und niemals mehr in seine ursprüngliche Form zurückverwandelt werden könne." Wo das Mehl nun hergestellt und produziert wird, hat dabei keine Rolle gespielt. Fakt war: Eine Bäckerei braucht zur Herstellung von Broten Mehl, und Mehl ist ein weiterverarbeitetes Produkt." Ich zuckte mit den Schultern. "Weder das eine noch das andere hat sich seither geändert. Geändert hat sich maximal, wo das Mehl produziert wird.", was ja aber keine Rolle spielte in der Urteilsbegründung damals. Also wiedo sollte es heute eine Rolle spielen? "Deshalb sehe ich eigentlich auch keinen Grund, weshalb der Kläger auf die Idee kommt, Backstuben plötzlich auch für Patrizier" und Senatoren und auch mich (ich war ja durch meinen Mann im Ordo Senatorius) "zu öffnen." Erwartungsvoll blickte ich meinen Onkel an. Vielleicht konnte er mir ja sagen, wo ich hier einen Fehler in meiner Argumentation machte. Denn ich sah da keinen.


    Nach einer kurzen Pause fügte ich meinen Worten noch hinzu: "Du hast gesagt, du bist hier, um dir den Kläger anzusehen. Heißt das, du kennst diesen Duccius?" Da war ich natürlich neugierig. "Wer ist er?", fragte ich. "Er hat sich nämlich mit keinem Wort vorgestellt." Selbst seinen Namen hatte man zu Verhandlungsbeginn nur durch den Iudex Purgitius erfahren....

    Der Türöffner nickte und bat die Gäste mit einer einladenden Geste herein. "So seid willkommen und tretet ein.. und fühlt euch ganz wie zu Hause." Nach dieser Begrüßung veranlasste der Ianitor, dass die Hausherrin über den eingetroffenen Besuch informiert wurde, während der Helvetier ins Atrium geführt und kurz darauf mit einem Becher verdünnten Wein (es handelte sich um einen guten Landwein aus der näheren Umgebung) versorgt wurde. Dem nicht benötigten Personal des Helvetiers wurde außerdem im Vestibulum ein Sitzplatz angeboten. Und auch dort gab es natürlich verdünnten Wein (allerdings nur eine etwas billigere Marke).




    IANITOR - SERGIA FAUSTA

    Sim-Off:

    Tut mir Leid. Das ist bei mir völlig untergegangen. :(


    Er war nicht der schnellste. Dafür war er nicht dumm und sah gut aus. Der deutlich aus dem ägyptischen Raum stammende Ianitor mit frisch kahlgeschorenem Kopf öffnete die Tür. "Den Göttern zum Gruße." Mit einem Nicken des Kopfes begrüßte er die Leute. "Wie kann ich euch zur Hilfe sein?"




    IANITOR - SERGIA FAUSTA

    Die Legionäre in Germania? Ich lächelte und lachte auch ein bisschen, um meinen Onkel nicht zu verärgern. Trotzdem hinkte sein Vergleich natürlich. Denn mein Sohn war ja niemals nur irgendein einfacher Legionär. Mein Sohn war zu Größerem bestimmt! Vielleicht nicht gleich zur Kaiserwürde (mein Vetter Commodus hatte mich ja schon als Kaiserinmutter gesehen). Aber definitiv zu Höherem als nur einem gesichtslosen Fußsoldaten inmitten einer unübersichtlich großen Legion. - Aber dass mein Onkel sagte, dass er stolz auf mich war, das ließ alles andere erstmal in den Schatten treten. Ich sonnte mich in diesem Kompliment, gerade weil es dazu auch noch von ihm kam! "Danke." Es war ja auch wirklich nicht einfach gewesen, sich als Frau zu behaupten und eine eigene Karriere auf die Beine zu stellen. Als ich nach Rom gekommen war, ich hatte hier ja nichts gehabt und niemanden groß gekannt. Da war kein namhafter Senator, der mich unterstützt hatte. Da war kein einflussreicher Ritter. Ich hatte alles selber machen müssen: Die Bewerbung als Stationaria, das Verloben, das Bemühen um meine Beförderung zur Postpräfektin. Ich musste mir alleine einen Patron suchen müssen, um in den Ritterstand zu kommen und jetzt mein erstes Ritteramt zu erhalten. Und es tat einfach nur gut, dass mein Onkel das sah und nun stolz auf mich war!


    "Ja, die habe ich. Ich möchte als Prokuratorin an die kaiserliche Kanzlei." Wieder ein eigenes Büro, wieder eigenes Personal, das man rumscheuen konnte, wieder mehr eigenständige Entscheidungen. Das alles kannte (und vermisste) ich bereits aus meiner Tätigkeit als Postpräfektin. Aber als Procuratrix Annonae, die dem Praefectus Annonae unterstellt war, sah meine momentane Lage leider anders aus. "Kurz nachdem der Kaiser Cornelius gestorben war, hatte ich deswegen auch ein Gespräch mit dem Procurator a libellis Iunius Silanus. Genau wie ich ist nämlich auch der ein Klient des Stadtpräfekten Decimus. Und ich hatte gehofft, dass der Stellvertreter des Kaisers in einer Zeit ohne Kaiser seine Klientin auch gleich als Procuratrix a memoria in der kaiserlichen Kanzlei unterbringen könnte." Diesen "Faustus", dieses.. Wiesel, hatte er ja auch ganz rasch und unkompliziert zum Prätorianertribun gemacht (nachdem es noch der Cornelius war, unter dem der Typ in Ungnade gefallen und seinen Posten bei den Schwarzröcken verloren hatte). "Aber mehr als dieses Amt als Procuratrix Annonae und eine Auszeichnung für meine zuverlässige Arbeit als Postpräfektin hatte ich damals leider nicht für mich herausschlagen können." Aber so war das eben, wenn wenn man sich als Einzelkämpferin behaupten musste.


    Und plötzlich kam mir die Idee: Erst hatte ich ja vorgehabt, damit zu meinem Patron zu gehen. Aber vielleicht könnte ich die gesammelten Vorschläge zur Änderung der Lex Flavia de frumentationibus ja auch einfach meinem Onkel später beim Essen einfach mal vorstellen. Dann könnte er die Sache in den Senat einbringen und damit gleich auch den anderen Senatoren zeigen, dass er, mein Onkel, jetzt wieder da war! (Und der Decimus hatte als Stadtpräfekt sicher eh so viel um die Ohren, dass dem auch ein kleines Briefchen als Vorankündigung dieser Sache genügte..)



    Als mein Sohn leicht zu quengeln begann, warf ich der brünetten Sklavin einen eindeutigen Blick zu. Denn mein Onkel sollte seinen Großneffen natürlich mögen. Und das setzte voraus, dass sich die beiden Sklavinnen so um den Kleinen kümmerten, dass der keinen Rabatz machte und meinem Onkel damit auf den Nerv fiel. So stellte die Sklavin den Jungen also auf seine eigenen zwei kleinen Beinchen.. gerade als auch der Pfau meines Onkels aus einem Nebenzimer kam und das Atrium betrat....

    Ich registrierte: Sehr gesprächig war der Flavius ja nicht gerade. Dabei hatte ich mich extra erst über die vorteilhafte Verlobung seines Vaters mit meiner Freundin Prisca gefreut, bevor ich auf das Geschäftliche zu sprechen gekommen war. Wieso der junge Patrizier da nun also so kurz angebunden war, konnte ich mir beim besten Willen nicht erklären. Und weil ich mir keines Fehlers bewusst war, beschloss ich einfach, dass es wahrscheinlich das beste wäre, seine Einsilbigkeit einfach zu ignorieren. "Schön.", stellte ich also nur fest. "Dann sprechen wir gleich über die vretraglichen Konditionen?" Ich erwartete keine Antwort darauf von dem wortkargen Flavier. "Die Cura Annonae benötigt wöchentlich etwa 300.000 zusätzliche Brote. Damit diese von einer dazu ausgewählten Bäckerei produziert werden können, braucht die Cura Annonae wöchentlich ungefähr 356 zusätzliche Säcke voll Getreide." Das war der Gesamtbedarf. "Um weniger anfällig zu sein für unvorhergesehene Ereignisse" Ein Frachtschiff sank oder irgendein Pilz machte das ganze Getreide unbrauchbar. "kann dieser Gesamtbedarf allerdings nicht komplett von einem Lieferanten bezogen werden, sodass wir hier also nur von einer wöchtlichen Liefermenge von 178 Säcken Getreide sprechen." Das konnte ich dem Flavius als Abnahmemenge anbieten. Anschließend sah ich ihn erwartungsvoll an und hoffte, dass er mir neben einem Ja oder Nein zur Menge auch einen schönen Preis dazu nennen konnte..