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An Deck eines der ersten Schiffe sitzend, die nach dem Bürgerkrieg von Alexandria aus nach Ostia fuhren, und an dessen Reling gelehnt träumte ich gerade einmal mehr von meinem neuen Leben in Rom, als mich meine treue Dienerin Callisto unsanft aus dem Schlaf riss. "Herrin! Herrin! Domina Fausta!" Mit diesen Worten rüttelte sie an mir, als wäre ich ein Apfelbaum, dessen Äpfel sie herunterzuschütteln versuchte! Kurz bevor ich im Traume die Casa Sergia, mein hoffentlich bald neues Zuhause erblicken konnte, erwachte ich und zog sofort meinen Arm aus den Krallen meiner Leibsklavin, die mir mein Vater kurz vor seinem Tod geschenkt hatte. "Ich bin keine Puppe, Serva!", giftete ich sie sogleich scharf an, denn sie hatte mich nicht nur in diesem Moment beim Träumen gestört, sondern sie störte mich beinahe permanent. Das begann schon damit, dass mein geliebter Vater sie Callisto nach der "schönsten" Nymphe Callisto aus der römischen Mythologie benannt hatte. Ich war feslsenfest davon überzeugt, dass sie ihm diesen Affront gegen meine Mutter irgendwie eingeimpft hatte. Dafür hasste ich sie! Wenn sie doch nur nicht gleichzeitig eine der wenigen Sachen wäre, die mir mein Vater hinterlassen hatte.
"Domina Sergi...", begann Callisto dann, bevor ich ihr nach Kräften eine scheuerte. "Fausta! Domina Fausta! Ist das so schwer zu verstehen?!", fauchte ich wütend. Wie oft hatte ich ihr vor unserer Abreise eingetrichtert, dass wir anonym reisen würden? Ich hatte irgendwann aufgehört zu zählen. Sie hatte mich auf der Reise gefälligst bei meinem Cognomen zu nennen und nicht beim Nomen gentile, das verriet, dass ich aus der Gens Sergia stammte. Dieser Tage war der Einfluss meiner Gens zwar nicht mehr so groß, wie noch zu Zeiten des patrizischen Catilina, aber ich hatte trotzdem kein Interesse daran als Geisel für einige Talente Gold zu enden! "Hmpf. Wir - hmpf - sind da.", erklärte mir das dumme Dinge schluchzend und versuchte Tränen zu unterdrücken. Aber was soll ich sagen? Sie war nur eine Sklavin und als solche natürlich zu römischen Verhalten nicht in der Lage.
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Der Kapitän des Schiffes persönlich stieß anschließend zu uns und lächelte mich mit seiner peregrinen Aegypter-Fratze blöd an."Darf ic' dir auf'elfen, sc'one Madc'en? Wir 'aben unser Ziel erreic't. Wir sind in Ostia.", sprach er in hörbarem Dialekt. Es kostete mich einige Überwindung, seine Hand zu nehmen und mir von ihm aufhelfen zu lassen. "Vielen Dank, kräftiger Mann.", flirtete ich ein kleines bisschen mit ihm, der er allem Anschein nach ein verweichlichter Eunuch war, der sich die Reise über eher als Vater, denn als echter Mann aufgespielt hatte. "Komm, meine liebe Callisto, jetzt müssen wir noch unser schweres, schweres Gepäck aus dem Laderaum holen.", wandte ich mich dann übertrieben freundlich an meine noch immer mit glasigen Augen schluchzende Leibsklavin. Wahrscheinlich müsste ich einfach ganz allgemein härter mit ihr umspringen. Dann würde sie den Tränen bei einem kleinen Klapps auf die Wange auch nicht gleich so nah sein. "Nein, 'alt. Warte. Ic' werde mic' fur sc'one Gaste kummer lassen.", versprach der Kapitän zuvorkommend. Nach einem nahezu begeisterten "Willkommen in Ostia!" ließ er seinen Worten dann auch Taten folgen und verschwand, um den Wunsch seiner Gäste weiterzugeben.
"Stell dich nicht so an und steh auf! Ich will von dem Schiff runter sein, bevor es wieder ablegt!", raunte ich mit bösem Blick zu der noch immer knienden Callisto und wenig später setzte ich meinen ersten Schirtt auf italischen Boden. Dass sich der Boden dabei nicht groß von dem im Hafen Alexandrias unterschied und die Welt nicht wenigstens einen Wimpernschlag lang anhielt, trug dabei nicht gerade zur Besserung meiner Laune bei. Jeden Tag kamen Leute hier an und legten hier ab. Das war nichts Besonderes. Ich war nichts Besonderes - noch nicht. Es würde der Tag kommen, da würde man mir als angesehene Ehefrau (oder vielleicht auch Witwe) die Füße küssen, stellte ich mir übertrieben vor. Zwei Schiffsjungen mit unserem, das hieß natürlich vor allem meinem Gepäck holten mich in die Realität zurück. Sie stellten die große Kleidertruhe mit dem tief darin verborgenen Schmuckkästchen - meinem Allerheiligsten - stumm neben mir und meiner Sklavin ab und machten sich wieder auf den Weg, um auch den Rest der Ladung, die wirkliche Handelsfracht, abzuladen. Mir blieb keine Gelegenheit, um auch nur zu versuchen meinen Charme spielen zu lassen. Diese Witzfiguren von Seemännern verschwanden einfach wieder!
"Auf, auf! Wir müssen heute noch eine vorübergehende Bleibe finden, bevor wir morgen nach Rom weiterreisen.", meinte ich selbstbewusst zu Callisto und deutete auf meine einst weinrote Kleidertruhe. Mittlerweile war diese von der Seite, von der in Alexandria immer die heiße Sonne in mein Zimmer schien, etwas ausgeblichen. Aber da auch sie ein Geschenk meines Vaters war, konnte ich mich auch von ihr einfach nicht trennen. "Na mach schon!", zickte ich nach einigen Schritten, als ich merkte, dass mir meine Sklavin nicht folgte. Ich vergas natürlich, dass dieses Ding nicht nur meinte die Schönste zu sein meinte, sondern auch noch faul wie sonstwas war. Dass meine schönen, leichten Kleider aus den geschmeidigsten Stoffen, die die Märkte Alexandrias zu bieten hatten, so viel wogen, konnte ich mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen. "Nun, komm! Das sind doch nur ein paar Kleider!", zeigte ich sehr deutlich mein Unverständnis und meine Ungeduld.
Da kam der Kapitän auf dem Weg zur Hafenverwaltung vorbei und gekonnt hielt ich ihn einen Augenblick lang auf, indem ich mich ihm "ganz zufällig" mitten in den Weg stellte. "Entschuldigung. Ich habe dich nicht gesehen. Aber meine Dienerin schafft die Truhe einfach nicht allein zu tragen. Ich bin so verzweifelt und weiß einfach nicht, was ich nun tun soll.", seufzte ich ihm Mitleid erregend vor und ließ meinen verzweifelten Blick gekonnt zwischen ihm und meiner Sklavin wechseln. "Dann fass doc' einfac' selbst mal mit an.", zwinkerte der Kerl mir nach einem kurzen Blick zu Callisto zu und ließ mich dann einfach so stehen, um seine Waren anzumelden."Blöder, eingebildeter, peregriner... grr... Eunuch!", fluchte ich ihm leise hinterher und blickte anschließend zurück auf die etwa zehn Schirtte entfernt noch immer hilflos an der Kleidertruhe ziehend und zerrend stehende Callisto. Ein bisschen Hilfe könnte ich jetzt gut gebrauchen und hätte ich überdurchschnittlich an Götter geglaubt, hätte ich nun wahrscheinlich angefangen zu beten...