Beiträge von Sergia Fausta

    Nicht so förmlich, ja? "Oh, bitte entschuldige, Iulius Centho.", wurde ich nur minimal persönlicher. Denn ein schlichtes "Centho" (so wie er mich einfach "Fausta" genannt hatte) war mir noch immer viel zu vertraulich für jemanden, den ich kaum kannte - egal, ob wir nun im selben Haus wohnten oder nicht. "Ich bin es wohl einfach in meiner guten Erziehung gewohnt, dass man sich den Gebrauch des einfachen Cognomen gegenseitig anbietet, sobald man sich etwas besser kennt. Und es muss mir wohl irgendwie entfallen sein, dir dieses Angebot bereits gemacht zu haben.", lächelte ich bittersüß bei diesem Seitenhieb. Denn dass er sich ungefragt einfach so das Recht herausnahm, mich so vertraut beim Cognomen zu nennen, das fand ich schon ziemlich dreist und frech und ungehobelt. In meinen Augen nämlich spiegelte sich in der gegenseitigen Anrede ja nicht wieder, ob man nun unter einem Dach wohnte oder nicht; es spiegelte sich wieder, in welchem Verhältnis man zueinander stand. Die wenigsten meiner Sklaven durften mich zum Beispiel Fausta nennen, obwohl sie mit mir unter einem Dach lebten. Warum? Weil es meine Entscheidung war, zu wem ich ein engeres Verhältnis haben wollte (und wem ich also meinen Cognomen vielleicht anbot) und zu wem nicht. Ich sprach ihn ja auch nicht einfach übervertraulich mit "Lucius" an, nur weil mir vielleicht mal danach war.


    Aber wenigstens verschwand der Sklave anschließend vom Tisch. Denn ich hatte ja kein Problem damit, wenn man sich einen Unfreien als Spielpartner wählte, wenn man keinen anderen fand. Womit ich aber ein Problem hatte, das war, wenn ein Sklave hier im Triclinium wie ein Gleicher unter Gleichen zusammen mit freien römischen Bürgern am Tisch lag! Denn er war nicht gleich. Und er würde auch nie gleich sein, selbst wenn man ihn vielleicht irgendwann freiließ. Und ganz egal, ob man mir das als Standesdünkel auslegte oder nicht (ich selbst nannte das übrigens einfach nur Standesbewusstsein), es war mir wichtig, dass niemand meinen Status einfach angriff (auch wenn das natürlich ein lächerlicher Angriff war), indem er einfach (und vor allem unberechtigt!) so tat, als hätte er den gleichen Status.
    Doch jetzt war er ja weg. "Was spielst du? Polis?" Ich hatte solange in Alexandria gelebt, dass ich mich noch immer nicht an den römischen Namen dieses Spiels gewöhnt hatte. Ich warf einen genaueren Blick auf das Brett und zählte in Gedanken die Ausmaße des Spielfelds. Dann schaute ich zurück zum Iulier und wartete darauf, dass er meine Frage bejahte und mir anschließend die Wahl ließ, ob ich lieber mit den weißen oder den schwasrzen Steinen spielen wollte. (Und wäre er ein Gentleman, dann verzichtete er auch auf das Losen am Anfang und überließ einfach mir als Dame den ersten Zug.)

    Ich hatte mir Zeit gelassen, nicht getrödelt, mich aber auch nicht besonders beeilt. Denn erstens wusste jede bessere Stylistin, dass Hektik nie gut war, wenn man am Ende gut aussehen wollte. Aber zweitens fand ich auch, dass mein Vetter es nach unserem Streitgespräch auf dem Forum ein bisschen auch verdient hatte, zu warten und zu hoffen und bangen, wann ich denn endlich eintreffen würde.. und ob ich überhaupt noch kommen würde. Vielleicht kam mir ja noch "ganz unerwartet" irgendein anderer Termin dazwischen und ich schickte nur einen Boten, der meinen Besuch einfach wieder absagte.... Aber so an die Nieren gegangen war mir unser Disput dann doch nicht. Ihn ein bisschen warten und schwitzen zu lassen, das war okay. Die Cena ganz ins Wasser fallen zu lassen, das würde Commodus brüskieren und uns am Ende beiden nicht gut tun. Und so traf meine Sänfte (die, die mir Commodus zur Hochzeit geschenkt hatte) ungefähr eine Stunde nach der vereinbarten Zeit an der Villa Urbana Helvetia ein.


    Auch beim Aussteigen ließ ich mir wieder ein bisschen Zeit. Ich trödelte nicht, beeilte mich aber auch nicht besonders. Außerdem musste danach ja auch noch der Faltenwurf meines Outfits kontrolliert werden: Ich trug heute einen etwas zugeknöpfteren Dress ohne erwähnenswerten Ausschnitt oder freien Blick auf meine Beine. Auch war meine Wahl bewusst auf einen kühleren Blauton gefallen, weil ich heute zeigen wollte, dass ich jetzt erstmal etwas distanzierter war. Meine Haare zum Schluss waren kunstvoll zu einer modischen Frisur hochgesteckt und erlaubten damit einen ungehinderten Blick auf meine beiden Perlohrringe, die wiederum wunderbar zu meinem Perlarmband passten (beides einmal mehr Geschenke von Commodus, die ihm zeigen sollten, dass unser Verhältnis trotz allem noch immer gut genug war, dass ich mich in seinen Schmuck hier präsentierte).
    Während ich ganz die Ruhe selbst war, eilte sich unterdessen sofort nach der Ankunft meiner Sänfte eine junge Sklavin zur Eingngspforte des Hauses, klopfte aufgeregt an die selbe und kündigte anschließend etwas nervös wegen meiner Verspätung an: "Salve. Meine Herrin, die Ritterin Sergia Fausta, ist hier, um auf Einladung ihres Vetters Helvetius Commodus mit diesem gemeinsam zu speisen." Das war der Pflichtteil. "Ich hoffe, wir sind noch nicht zu sehr zu spät?", fügte sie dann kleinlaut und nicht mit mir abgesprochen hinzu. Im Gegensatz zu mir hatte sie wohl ein schlechtes Gewissen....

    Stille. Ich wollte gerade fragen, ob er meine Frage überhaupt verstanden hatte, da setzte er dann doch von sich aus zu einer Antwort an. Was er mir dann aber antwortete, das ließ mich wiederum kurz sprachlos zurück: Ganz ruhig und sachlich klang seine Stimme in meinen Ohren. Dass er mir dabei aber zugleich so direkt und unumwunden unter die Nase hielt, was ihm alles nicht an mir passte, was ihn störte, was ihn ärgerte, welche Makel ich in seinen Augen alles hatte, was ich angeblich alles falsch gemacht hätte und wie ich alles nur immer kaputt machen würde und zerstörte.. das versetzte mir einen richtigen Stich. Denn wie konnte er mir das alles nur so offen einfach ins Gesicht sagen?! Zur Abwechslung war ich gerade eben mal nicht die berechnend kühle Furie, sondern interessierte mich dafür, was Marcus fühlte und dachte - und dann wurde ich mit dieser Antwort dafür belohnt! Der hatte doch nicht mehr alle Latten am Zaun! "Das.." ärgerte mich tierisch; aber noch nicht halb so sehr wie die zweite Hälfte seiner Offenbarung. "Was soll denn das heißen, du hast dich wieder mit diesem "alten Freund" getroffen?!" Das war ja wohl die Höhe! Und das nicht (nur), weil der auch solche komischen Neigungen hatte: "Hast du etwa vergessen, wie der dich fast zur Lachnummer gemacht hätte?! Auf unserer Hochzeit?! Vor all den Gästen?! Deinen Freunden?! Deinen Verwandten?! Den ganzen Senatoren?!" Das war nämlich der Punkt! "Ich weiß genau, was ich dir versprochen habe, Marcus. Und wenn du selbst mal ein bisschen nachdenkst, dann wirst du einsehen, dass ich mich immer, selbst in unserer Hochzeitsnacht, daran gehalten habe!" Ganz genau! "Ich kann weder etwas dafür, dass dein ach so Geliebter dir beinahe die Hosen heruntergelassen hätte und damit fast deine Karriere an die Wand gefahren und deine ganze Existenz vernichtet hätte! Noch kann ich irgendetwas dafür, dass er nicht klarkommt damit, dass du jetzt verheiratet bist!"


    Ich stützte mich auf und kniete mich aufs Bett. "Aber bin ich traurig darüber, dass es für euch nicht geklappt hat? Nein, ganz sicher nicht! Denn du bereust jeden einzelnen Atemzug mit mir?! Ich hoffe einfach, dass du endlich mal aufwachst und erwachsen wirst und merkst, was für ein Glück du eigentlich mit mir hast!", redete ich mich langsam aber sicher in Rage. "Nicht nur, dass ich gut aussehe und damit immer eine gute Figur an deiner Seite mache! Nicht nur, dass ich der Adoption deiner frechen Base zugestimmt habe, damit sie Vestalin werden kann! Nicht nur, dass ich dir einen Sohn und Stammhalter geschenkt habe! Nicht nur, dass ich meine Beziehungen und Kontakte für dich und dein Tribunat habe spielen lassen! Nicht nur.." Ähm. "..dass ich dich immer versucht habe zu unterstützen bei deiner Karriere. Nein, ich habe sebst akzeptiert, dass du dich etwas weniger zu Frauen hingezogen fühlst als zu Männern! Das musste ich nicht machen.. aber ich habe es gemacht! Ich habe mich darauf eingelassen, dich zu teilen und selbst dafür zurückzustecken! - Und jetzt machst du mir solche Vorhaltungen, unterstellst mir, das personifizierte Böse zu sein, und sagst, dass du jeden einzelnen Atemzug mit mir bereust und lieber mit deinem tollen Faustus, der mich.. der dich, der uns fast ruiniert und vor ganz Rom lächerlich gemacht hätte, schön ins Theater gehst?! Das kann doch nicht dein ernst sein!" Boah, wie mich das wütend machte! "Na los, sag was dazu!", stieß ich ihn mir meiner rechten Hand unsanft am Oberkörper an. "Triffst du dich jetzt wieder öfter mit diesem.... diesem.. diesem Typ??" Hoffentlich meldete sich Decimus Livianus bald wegen dem Mosaikenleger. Es war dringend an der Zeit, dass der seinen Sohn mal dafür sah, was der war, und ihm anschließend aber gehörig die Leviten las!

    Ich hatte gerade einen späten Gast aus meinem Officium verabschiedet. Mühsam hatte ich ihm in einem ellenlangen Gespräch einen kleinen Gefallen abgerungen. (Manche Leute hatten echt so viel Angst davor Entscheidungen zu treffen und zu handeln, dass sie ohne einen kräftigen Tritt in den Hintern und eine ordentliche Motivationshilfe wahrscheinlich in zehn Jahren noch über ein und dasselbe Problem haderten!) Als ich also das Triclinium betrat, hatte ich nicht nur Hunger, sondern war nervlich auch ein bisschen gereizt. Und dann sah ich diesen Senator Iulius da auf einer der Klinen liegen, wie er mit einem Sklaven irgendetwas spielte, bevor er mich - wir kannten uns ja praktisch kaum persönlich - so, als wäre es völlig normal, mit "Fausta" begrüßte! In meinen Augen flammte bereits das Feuer auf, an ihm meine Laune auszulassen.. da irritierte er mich im Nachsatz auf einmal völlig damit, dass er mir die Füße küssen würde und bot mir (als Frau!) an, mich zu den beiden zu legen. Ich war erstmal durcheinander.


    Und auf einmal war der Ärger dann erstmal wieder weg. Naja. "Hallo, Iulius.", blieb ich trotzdem zurückhaltend und lächelte schmal. Dann setzte ich mich auf eine der freien Klinen und schlug die Beine übereinander. (Ein Sklave lag hier mit einem römischen Senator zusammen an ein und demselben Tisch. Ich musste träumen.. und verrückt sein, dass ich dazu nicht gleich etwas sagte!) "Was hat die Küche heute vorbereitet?", erkundigte ich mich dann unschuldig, warf diesem Unfreien kurz einen abfälligen Seitenblick zu, bevor ich meine Aufmerksamkeit wieder ganz auf den Iulier richtete. Wie der nur so ein Verhalten dulden konnte, war mir ein Rätsel. Denn welchen Sinn hatte das Leben in einer Standesgesellschaft, wenn sich am Ende keiner dafür interessierte, wie man sich auf seiner Stufe der Gesellschaftspyramide richtig zu verhalten hatte? Wilde Grenzbarbaren aus Germanien wurden Konsuln und arbeiteten daran, alle Sitten und Traditionen Roms für die eigene Macht und das eigene Prestige (und den Niedergang Roms) über Bord zu werfen. Der Senat alterte zusehens und wurde offenbar allmählich blind, dass er sowas nicht schon viel früher bemerkte und dem einen Riegel vorschob. (Das betraf natürlich nicht alle Senatoren, aber mittlerweile offenbar mindestens eine 60%-Maiorität.) Und jetzt verschwammen also auch noch so langsam die Standesunterschiede zwischen den Senatoren Roms und den einfachsten unfreien Sklaven. - Ja, ich musste wirklich träumen.

    Es hatte ein bisschen gedauert, weil ich sowohl auf dem Palatin als auch im Sprechsaal der Ädile erst noch ein paar dringendere Dinge zu erledigen hatte. Aber dann erhielt natürlich auch mein Vetter Commodus eine Antwort auf seinen Brief:




    SERGIA FAUSTA



    Ad Marcum Helvetium Commodum
    Villa Urbana Helvetia
    Rom - Italia



    Fausta Marco suo s.d.


    Ich danke dir für deinen Brief und die darin enthaltene Einladung zu einem Essen. Und ich muss zugeben, dass auch ich nicht ganz glücklich war über die Art und Weise, wie wir neulich auseinander gegangen sind. Gerne möchte ich also deine Einladung annehmen und an den kommenden Iden die Villa Urbana Helvetia besuchen.


    Meinen Mann werde ich deinem Wunsch gemäß nicht mitbringen. Dafür hoffe ich, dass aber auch ich einen Wunsch äußern kann: Ich möchte nicht schon wieder über einen germanischen Konsul sprechen. Über das Vorankommen unserer Karrieren können wir hingegen sehr gerne reden.


    Und was zum Schluss meine Vorlieben betrifft, die kulinarischen wie auch alle anderen, solltest du eigentlich nur darüber wissen: Ich mag und schätze fast alles, was nicht durchschnittlich und gewöhnlich, sondern besonders und außergewöhnlich ist.. solange es nur nicht zu unrömisch ist.


    Grüß die Götter, wenn du sie siehst.
    Vale bene!


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    Sergia Fausta
    ANTE DIEM IV ID MAR DCCCLXV A.U.C.
    Casa Iulia | Rom | Italia

    Sim-Off:

    Aber natürlich ist der wertvoller als jeder Finderlohn.. genauso wie die fette Taube auf dem Dach nominell wertvoller ist als der kleine Spatz in der Hand.... you know? ;)


    Und wieder nur scheinbar ganz gelassen nahm dieser Ädil meine Worte so hin und schien nicht im Geringsten zu sehen, woher ich hier kam. Denn das mit dem Geltungsbedürfnis, das hatte ich mit der Anhörung des Germanicus Sedulus ja erst vor einer kleinen Weile durch. Wieviel Geltungsbedürfnis also war eine ursprünglich anonyme Denunziation?! Nada. Und eine private Konkurrenz hatte ich auf dem Ledermarkt bestimmt auch nicht. Denn keiner meiner Betriebe produzierte Leder und keine meiner Unternehmungen war auf den Rohstoff Leder angewiesen. Hier ging es mir nur darum, dass es ein gleiches Recht für alle geben musste! Die Lex Mercatus galt nämlich für alle Mitglieder des Ordo Senatorius gleich, egal ob sie nun Senatoren waren, Senatorengattinnen oder eine mit einem Quaestor verheiratete Ritterin wie ich. Jeder hatte sich daran zu halten, dass es bestimmte Beschränkungen für den Ordo Senatorius gab! Und nachdem ich schon so zuvorkommend gewesen war, den Germanicus Nummer eins bei seiner Anhörung vor wievielen Monaten (??) ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass eine Bäckerei nichts für einen Senator war und dass ich das natürlich im Auge behalten würde.... Tze.
    Ja, und gleiches Recht für alle, das galt nämlich auch und sogar ganz besonders hinsichtlich solcher Sonderangebote des Germanicus Nummer zwei, die den Mindestpreis unterschritten! Denn da galt der erst vor kurzem auf zwei Wochen verdoppelte Angebotszeitraum nämlich nicht nur für alle Mitglieder des Ordo Senatorius, sondern auch für alle Mitglieder des Ordo Equester, alle einfachen Bürgerinnen und Bürger und sogar die Peregrini und Libertini! Und da fand ich es natürlich ein starkes Stück, dass mein kleiner Tip hier so schändlich ohne jedes echte Argument einfach so ignoriert worden war! Ja, und sogar über die fehlenden Beweise ärgerte ich mich. Denn war das etwa mein Fehler, dass man nun hier ohne alles dastand?? Wohl kaum!


    Aber ich sollte nicht immer so böse sein mit den unfähigen Sklaven zu Hause, den unfähigen Untergebenen bei der Arbeit und den unfähigen Beamten, mit denen ich mich hier in meiner Freizeit herumschlagen musste. Zornfalten brannten sich nämlich genauso stark ins Gesicht ein wie Sorgenfalten, sagte mir neulich mein persönlicher Beautyberater. Für diesen frechen Kommentar hatte ich ihn natürlich erstmal großzügig von seinem Dienst freigestellt. Aber irgendeinen Grund musste es ja gehabt haben, dass er das erwähnte. (Ich hatte mir also vorgenommen, bei Gelegenheit ein bisschen darauf zu achten.) "Was aber nutzt die aufmerksamste Bürgerin oder der aufmerksamste Bürger, wenn an den entscheidenden Stellen ein ganzes Drittel der berechtigten Hinweise einfach so mit einem Schulterzucken und einem "naja, Fehler passieren halt" versickern?", ließ ich mich dennoch hinreißen zu einer schnippischen Reaktion. Dann winkte ich ab. "Lass nur, ich erwarte darauf jetzt keine Antwort. Du solltest vielleicht nur sehen, dass du am Tag deines Rechenschaftsberichtes vorbereitet bist auf eine solche Frage." Ich lächelte schmal, während ich mir aber noch nichtmal sicher war, ob ich mir diesen ganzen Aufwand am Ende überhaupt antun würde. (Die Frage war ja: Wofür? Was hatte ich davon?) Solange der Ädil nur damit rechnen musste, dass ich meine Drohung wahr machen könnte, reichte das für ein bisschen mehr Pflichtbewusstsein und Engagement im Amt ja vielleicht aus. "Ich wünsche noch eine angenehme Arbeit. Guten Tag." So drehte ich mich noch immer schmal lächelnd um, ließ den Ädil und seine Mitarbeiter einfach stehen und ging....

    Mamercus Gabinius Auruncus also. Da brauchte ich kaum sehr lange nachzudenken, um zu wissen, dass ich zu diesem Mann kein Verhältnis (weder ein gutes noch ein schlechtes) hatte. Denn aus der ganzen Gens Gabinia kannte ich bis heute niemanden und hatte selbst die eine, klitzekleine, unpersönliche Begegnung (die war ja auch schon Jahre her) mit diesem Namen natürlich auch schon lange wieder vergessen. "Nun gut." Ich nickte langsam und noch immer nicht sehr glücklich. Denn dieser Apfel hier war definitiv sauer, nicht süß. "Dann möchte ich mich diesem Mamercus Gabinius Auruncus.. vorübergehend wie du so schön sagst.. als Procuratrix Annonae unterstellen." Ich rang mich zu einem schmalen Lächeln durch, nachdem ich diese Entscheidung nun verkündet hatte.


    Ich hatte also nachgegeben. Das passierte mir auch nicht alle Tage. Aber, kam es mir in den Sinn, vielleicht konnte ich diese Situation wenigstens noch in einem anderen Punkt für mich nutzen: "Nachdem ich damit jetzt nun also bald aus den Diensten des Cursus Publicus ausscheiden werde, Iunius, kann ich wenigstens davon ausgehen.. wo mir ja schon der direkte Gang hierher in die Kanzlei vorerst verwehrt bleibt.. dass man meine langen und treuen Dienste und meine aufopferungsvolle Arbeit für den Cursus Publicus wenigstens zu schätzen.. und anzuerkennen weiß?" Um nicht zu sagen: zu honorieren und mit einem Diploma auszuzeichnen. "Denn nur wenige, ihre Zahl lässt sich an einer Hand abzählen, saßen länger als ich auf einem Postpräfektensessel. Und nur wenige haben sich länger im Cursus Publicus für den Cursus Publicus engagiert."

    Ich will nicht lang und breit eine Debatte lostreten, deshalb nur kurz:
    Die Magistrate des Cursus Honorum haben größtenteils ihre Archive: Die Prätoren haben ihre Kommentarsammlung samt dem Verhandlungsarchiv, die Ädilen haben ein nettes eigenes Archiv, die Quästoren kümmern sich um die Chronik (das ist ja im Prinzip auch nur ein Archiv, wennauch nicht 100%-ig sim-on) und selbst die Vigintiviri haben mittlerweile in der Regel ein kleines Archiv. Und ganz neutral gesagt wäre es mir neu, wenn diese Archive nicht mindestens für Römer (und Fausta ist sogar immerhin Eques) auch in gewissen Maßen zugänglich wären. (Nebenbei: Das Wort "Tabularium" kann sogar auch exakt als "Archiv" übersetzt werden.)


    Und wie Vinicius Hungaricus schon sagte: Für die Lex Mercatus ist nur der Besitz eines Betriebs entscheidend - egal, ob damit auch produziert wird oder nicht. (Ich habe dieses Gesetz nicht gemacht.. auch wenn es natürlich irgendwie logisch ist: Denn was willst du auch mit einem Betrieb, mit dem du eh nur nicht produzieren darfst?)

    Er verstand mich nicht! Er verstand mich einfach nicht! Denn wann hatte ich nach der Übergabe meiner Rechentafeln bitte noch darauf bestanden, dass der Germanicus seiner gerechten Strafe (ich war trotzdem der Meinung, dass er die sehr wohl verdient hatte!) zugeführt werden musste?! Das hatte ich nicht. Nein. Was mich hier gerade so ärgerte und störte war die Haltung des Ädils ganz allgemein: Er machte einen Fehler, aber kümmern tat es ihn offensichtlich nicht. Ganz zu schweigen davon, dass er genau aus dieser Unbekümmertheit dann natürlich auch nicht darauf kam, dass es ja vielleicht doch einen Weg gäbe, um ein für alle Seiten zufriedenstellendes Ergebnis zu erhalten.. Denn wenn der gerechte Weg, den ich mir gewünscht hätte, nicht mehr funktionierte, weil im Officium des Ädilen niemand mit der Peitsche in der Hand für Zucht und Ordnung sorgte (mit anderen Worten also: wenn der Germanicus aufgrund des ädilischen Fehlers nicht mehr belangbar war), dann hatte ich mich an keiner Stelle (nicht einer!) dem etwas weniger legalen Weg verschlossen. Natürlich hatte ich meinen Preis, Dinge zu vergessen, mit denen ein Ädil am Ende seiner Amtszeit lieber nicht konfrontiert werden wollte - sei es durch die Senatoren, die sicherlich kaum erfreut wären über einen Fehler machenden Ädil, der sich beim Fehlermachen auch noch von einer Frau, von mir, erwischen ließ; oder sei es, sollten die Fristen dies noch hergeben, sogar mit einem Gericht, vor dem man ihn der Rechtsbeugung bezichtigte.


    Aber.. ich atmete noch einmal tief durch, setzte ein oberflächliches Lächeln auf und sagte mir, dass aller guten Dinge drei waren. Und weil ich ihm erst zwei Chancen zum Erkennen gegeben hatte, folgte hier nun also noch die finale Chance Nummer drei: "Spielt das hier noch eine Rolle?", fragte ich ohne Vorwurf, aber ganz ernst. Denn ich glaubte mittlerweile wirklich, dass es hier keine Rolle mehr spielte. "Denn für mich sieht es hier eher so aus, als wenn der Senator Germanicus Avarus nicht mehr belangt werden könnte.. was wiederum nicht unwesentlich deinem Officium zu danken ist." Ich ließ dem Mann einen Moment, damit er mir diesmal hoffentlich auch gedanklich etwas folgen konnte. "Und wenn ich sage, dass ich sehr gerne mit meinem Patron und der ganzen langen Liste einflussreicher Personen über dich ins Gespräch komme, dann wird es auch weniger.. maximal am Rande vielleicht ein bisschen um diesen Germanicus gehen. Der Fokus wird allerdings klar darauf liegen, dass es durch dein Officium - du hast den Fehler eben gerade erst zugegeben - zu dieser Situation gekommen ist, die wir jetzt hier vor uns haben und die mich alles andere als glücklich macht.", erklärte ich ruhig und ernst weiter, während ich hoffte, dass er diesmal nachvollziehen konnte, wie ich dachte und wie ich dachte, dass eine Lösung dieses Problems aussehen könnte. "Unterm Strich zusammengefasst: Ich bin mit der Arbeit deines Officiums ziemlich unzufrieden und bin erschrocken und enttäuscht davon, wie nachlässig mancher Mitarbeiter deines Stabes mit nützlichen und gerechtfertigten Hinweisen aus der Bevölkerung umgeht.", stellte ich sachlich und ernst meine Meinung dar. "Und entweder du lässt mich jetzt so unzufrieden, wie ich bin, einfach wieder gehen" Ich hatte bereits gesagt, worüber ich dann mit welchen Leuten so ins Gespräch kommen würde. "oder du schickst mich nicht einfach so wieder weg." Denn ich war rational genug, um zu sehen, dass ich von einer Bestechung mehr hatte, als von einer zerstörten Karriere und/oder irgendeinem Prozess gegen meinen Gegenüber. (Denn dieser Ädil war mir im Grunde ja eigentlich egal. Es brächte mir also kaum irgendeine Genugtuung, ihn fallen zu sehen.) "Diese beiden Lösungen dieses Problems wollen mir hierzu einfallen." Und entweder der Ädil entschied sich für die erste oder für die zweite oder brachte eine dritte ins Spiel. Ja, und apropos Spiel: Der Ball lag nun bei ihm. Seine Sache, was er daraus machte....


    Sim-Off:

    Ich habe hier einen Skriptfehler.. nach wieviel Jahren der Existenz dieses Skriptes ausfindig gemacht. Ganz direkt gefragt: Gibt es dafür auch einen "Finderlohn"? :D


    Passt.. genau bis hierher. :D


    Zitat

    Original von Galeo Sergius Plautus
    Daraus wird der Anteil der Einzelerlöse am Gesamterlös bestimmt:
    LL: 300 / 600 = 0,500 (oder 50,0 %)
    LM: 250 / 600 = 0,417 (oder 41,7 %)
    LS: 25 / 600 = 0,083 (oder 8,3 %)


    Und hier passt es schon nicht mehr. Denn schaust du in meinen Link, dann siehst du, dass erst auf den MEHRWERT (= Richtpreis - Rohstoffkosten) die Gewichtung erfolgt. Und das ist ja auch nur logisch so, weil sonst eben genau der Effekt eintritt, den du hier beschrieben hast: Ein Gut ist extrem teuer, weil man dafür auch hohe Rohstoffkosten hat. Ein anderes Produkt ist deutlich billiger, weil man dafür nur sehr geringe Rohstoffkosten hat. Klar, dass dann ein Großteil der Erhaltungkosten (nach deiner Rechnung) auf das teure Gut abfallen. Und erst dann die Rohstffkosten zu berücksichtigen, führt dann eben zu den (falschen) Ergebnissen, die du hier hattest. Die ohnehin teuren Güter werden noch teurer, während man die ohnehin billigen Waren vermeintlich noch billiger an den Mann (oder die Frau) bringen kann.


    => Merke: ERST die Rohstoffkosten abziehen und DANN über den Mehrwert die Erhaltungkosten proportional aufteilen. Dann solltest du am Ende auch ankommen. ;)


    Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer


    Sollte das nicht ohnehin Ziel jedes Unternehmers sein? ?( Ich meine, selbst wenn es nicht verboten wäre, ist es doch völlig sinnlos, permanent Verlust zu machen, oder nicht?


    Es geht ja auch ein bisschen um das Prinzip und die Frage: WAS wäre ganz konkret möglich? (Also ich glaube, dass es ihm darum geht, oder @Sergius Plautus?)

    Ja, wahrscheinlich machte der Ädil einen Fehler damit, ganz egal wie er sich hier nun entschied. Aber das war ja so ganz direkt erstmal nicht mein Problem. "Da hast du natürlich recht. Fehler passieren." Wie gleichgültig er das gesagt hatte! Und dann auch noch dieses plumpe Schulterzucken! Das provozierte mich geradezu.. "Und solche Fehler machen sich auch bestimmt gut, wenn man diese in seinem Tätigkeitsbericht eingestehen muss. Und nein, sie empfehlen ja auch förmlich zu höheren Aufgaben, nicht wahr?" Denn es wählte ja jeder Senator einen Mann zum Prätor, der schon in seiner Ädilität bewiesen hatte, dass er mit dem römischen Recht scheinbar vollkommen überfordert war! "Wenn du nichts dagegen hast, dann löse ich also mit Vergnügen mein Versprechen ein und werde genau über diesen Punkt mit meinem Patron Decimus, meinem Onkel Kaeso Modestus von den Annaeern und dessen Patron Purgitius Macer ein wenig darüber plauschen. Ganz zu schweigen davon, dass ich natürlich auch vor meinem Mann ein so großes Geheimnis nicht lange hüten können werde. Und der ist Klient des Vinicius Hungaricus, kennt deshalb auch den Consul Duccius ein bisschen besser und ist mit dem Senator Tiberius so richtig gut befreundet." Das konnte man wohl objektiv annehmen, nachdem dieser Patrizier auf unserer Hochzeit mit dieser Sonderrolle geehrt worden war. "Ich bin mir sicher, die alle werden sich freuen, wenn sie später im Senat dann auch ihren Kommentar zu deinem Tätigkeitsbericht abgeben können." Ich lächelte übertrieben freundlich. "Oder etwa nicht?" Mit anderen Worten: War der Ädil hier nun bereit, seine Null-Bock-Haltung abzulegen? Oder war ihm auch weiterhin scheinbar alles so vollkommen egal?

    Wie kommst du denn zu diesen abstrusen Preisen? Wenn ich nach der verlinkten Weise rechne, dann lande ich nämlich beim Altarbauer zum Beispiel bei:


    1 Lararium ligneum für 80,00 Sesterzen (Richtpreis 100,00 Sesterzen)
    1 Lararium marmoreum für 231,43 Sesterzen (RP 250 Sz)
    1 Larlarium simplex für 19,29 Sesterzen (RP 25 Sz)


    Kontrolle:


    Erhaltungskosten: 225 Sz
    gesamte Rohstoffkosten: 285 Sz
    = 55 Sz ( für 3x3 + 2x1 x Edelholz)
    + 90 Sz (für 3x1 + 1x3 x Werkzeug)
    + 140 Sz ( für 1x1 x Marmor)


    In Summe also:
    3x 80,00 Sz + 231,43 Sz + 2x 19,29 Sz - 225 Sz - 285 Sz = +0,01 Sz. (Passt.)


    => Merke: Du hast wahrscheinlich die Rohstoffkosten auf ALLE Produkte gleichmäßig aufgeteilt. ABER: Rohstoffkosten gehören FIX zu den jeweiligen Produkten! NUR die Erhaltungskosten verteilen sich proportional. ;)


    => Merke2: Wie die Berechnung funktioniert steht nicht im Gesetz. Das ist richtig. Aber VIELES steht da nicht drin. Und sowas regelt sich dann eigentlich immer per USUS. => Und wenn es eben Usus ist, dass die Ädilen wie im Link rechnen, dann muss man sich als Betriebsbesitzer eben auch genau daran halten. Ganz einfach. Im Zweifelsfall geht man halt sim-on zum Ädil und fragt nach, ob ein Preis okay ist. :)


    => Merke3: Ich hörte, dass du schon an der Reparatur des Kontroll-Skriptes arbeitest, @Purgitius Macer. Dafür einfach mal der kleine Hinweis am Rande (falls du noch auf Fehlersuche bist): Leder und rohes Fleisch werden BEIDE von zwei verschiedenen Branchen produziert. Das gibt BEIDEN leider auch zwei VERSCHIEDENE Herstellungskosten. (Bei Leder zum Beispiel 3,40 und 3,77 laut meinem kleinen Exceltabellchen.) In dem Bereich könnte ich mir vorstellen, dass das Problem zu finden sein könnte.... 8)

    Er hatte einen Fehler gemacht und ich hatte recht.. ganz genau das hatte ich hören wollen! Selbstsicher lächelte ich dem Senator entgegen, als er das feststellte und einräumte. Meine Stimmung trübte sich allerdings, nachdem er nach kurzem Schweigen fortfuhr und nun scheinbar einfach so die untätig die Hände in den Schoß zu legen gedachte. "Und nun?", fragte ich also mit einer hörbaren Erwartungshaltung nach. "Ich meine, du gibst doch nicht so frei heraus erst zu, dass deinem Beamtenstab" und damit also ihm selbst, denn als Ädil war er hier ja nun mal verantwortlich "offensichtlich ein Fehler" unzwar ein grob fahrlässiger, auf den ihn sogar eine Frau wie ich hier hinweisen konnte "unterlaufen ist, wenn.. ich meine.." Was meinte ich? "..also wenn du dann nichts dagegen unternimmst, oder?" Denn das erschien mir wirklich ziemlich irrational, sich erst eine Zielscheibe auf die Brust zu malen und dann einfach passiv abzuwarten, was wohl als nächstes passieren würde. Nein. Wer selbst einen Fehler gemacht hatte, an dem war es eigentlich auch immer aktiv zu werden und zu handeln! Das wollte ich meinen. Entweder er versuchte jetzt seinen Fehler auszumerzen und auch den zweiten Germanicus noch für dessen Missetat zu belangen. Das wäre die.. gerechte.. Variante. Oder aber er versuchte seine Rechtsbeugung zu vertuschen, Beweise zu vernichten und Mitwisser und Zeugen (sowie Mitwisserinnern und Zeuginnen) ruhig zu stellen. Das wäre die.. nicht ganz so legale.. Variante. Aber gar nichts tun? Nur abwarten...? Forschend blickte ich ihn erwartungsvoll an.

    Ja, was regte ich mich eigentlich überhaupt noch auf? Marcus hatte diesen Vetter von den Prätorianern zu Besuch, rief nach seinem Sohn und dachte allem Anschein nach ja nichtmal daran, auch mich hier mit einzuladen und einzubeziehen! Und dann kam ich trotzdem, weil ich mir ja nicht nachsagen lassen wollte, dass ich immer eine Extraeinladung zu allem brauchte, und bekam dafür dann nur ein lausiges "Nun.. nicht direkt, Fausta." zu hören. Und als wäre das beides nicht schon genug, kam Marcus dann auf mich zu, seine Augen und Gedanken ausschließlich auf den Kleinen in meinen Armen gerichtet und mich dabei mal wieder völlig ignorierend und mir zu allem Überfluss auch noch halb unterstellend, dass man sich ja bei mir nicht so sicher sein könnte, ob oder ob nicht es unserem Sohn in meinen Armen auch gut ging!
    Aber ja, natürlich, was regte ich mich darüber so auf? Ich musste doch mittlerweile nun zur Genüge wissen, dass der Kerl einfach kein Interesse an mir hatte. Der ignorierte mich einfach, wo es ging und so gut es ging (und das nicht nur im Schlafzimmer). Der ließ mich links liegen, hätte unseren Sohn wahrscheinlich lieber allein und ohne mich seinem Vetter vorgestellt und würde die Geschichte hier am Ende vermutlich auch noch so verdrehen, dass ich noch an allem die Schuld hatte. - Und das alles wollte ich mir ganz sicher nicht länger so gefallen lassen! Ich wollte geachtet und respektiert werden, wollte seine Ehefrau sein auch hinter der geschlossenen Schlafzimmertür und wollte verdammt nochmal auch wahrgenommen und geliebt.. oder wenigstens gemocht werden! War das etwa schon zu viel verlangt?


    Ob ich hier nun als gute Mutter dastand oder nicht, das interessierte mich innerhalb dieses Hauses hingegen eher weniger. "Gegessen wird erst in einer Stunde.", ließ ich daher den Iulius auch frei heraus wissen. Denn auch der kleine Marc hatte seine festen Essenszeiten, an die er sich gefälligst zu halten hatte. Hatte er schon früher wieder Hunger, dann musste er eben lernen zu warten.. und musste lernen sich, wen es hieß essen, eben auch wirklich satt zu essen. So einfach war das. "Wir wollen schließlich nicht, dass er.." Ich blickte zu Marcus. "..zu sehr verweichlicht, nicht wahr?" Die Gefahr bestand bei soeinem Vater ja allemal. Man brauchte sich ja nur anzusehen, wie der Kleine auch jetzt schon weinte.. mädchenhaft. Und dass mein Sohn auch zu soeinem Galbinus wurde wie sein Vater, das konnte sich letzterer aber gehörig abschminken. Das.. nur über meine Leiche.
    Ich sah wieder zurück zum Centurio, zu dessen eigenem Glück ich gerade so sehr mit mit meinen beiden Möchtegern-Männern beschäftigt war, dass es mir irgendwie unterging, auch seine Worte etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Sein Glück, dass ich mich nun also nicht zu fragen begann, seit wann dieser Iulius meinen Sohn denn so viel besser zu kennen glaubte als ich? Sein Glück, dass ich deshalb dann auch nicht zu dem Schluss kam, dass er mir hier unterstellte, meinen eigenen Sohn nicht zu kennen. "Ist ja gut. Schschsch." Also: Wo waren wir gewesen? "Ein Empfehlungsschreiben? Ja, das hat er sicherlich gerne getan." Vor allem, weil es doch zeigte, dass er hier so langsam kein niemand mehr war. Ich lächelte. Denn genau dieses so ambitioniert zu sein, das hatte ich schon damals in Ostia an ihm gut gefunden (und genau deshalb hatte ich ihn mir am Ende ja auch zum Ehemann gemacht). "Ich hoffe, dass es dir weiterhelfen wird." Die Licinia ließ sich Zeit. "Sch. Mar-cus Iul-ius Di-ves Mi-nor.", sprach ich in abgehackten Silben (das sollte seine Aufmerksamkeit erregen und ihn neugierig machen) seinen vollen Namen (das hieß, dass die Situation hier ernst für ihn war). Und wirklich unterbrach er sein Weinen für einen kurzen Moment. "Du willst doch deinem Onkel von den Prätorianern nicht als kleiner Heulcaius in Erinnerung bleiben, oder?" Und prompt setzte er sein Geschrei fort.... Großartig!

    Der Ädil schickte einen seiner Schreiber zum Suchen, ein gutes Zeichen. Denn das legte nahe, dass er geneigt war auf meine Bitte einzugehen. Und das wieder hieß, dass ich fordernd und penetrant genug aufgetreten war, um hier ernsthaft angehört und nicht gleich wieder weggeschickt zu werden, während ich aber nicht so aufdringlich war, dass man mir deshalb schon ganz kategorisch keine Bitten erfüllte oder Gefallen tat. Zufrieden mit mir lächelte ich also, bis der Schreiberling seine Arbeit getan und die richtige Akte gefunden hatte. Erstaunt hörte ich dann die Worte des Ädilen.. "Aber werter Ädil", hakte ich in ruhigem Tonfall sofort ein. "2,50 Sesterzen für eine Einheit Leder.. das ist exakt die Hälfte des staatlich empfohlenen Lederpreises." Und die staatliche Preisempfehlung (auch speziell die für Leder) hatte sich in der Wirklichkeit ja bestimmt nicht deshalb bewährt, weil sie so enorm an der Realität vorbeiging. "Wenn du dir deshalb vielleicht im Gegenzug einmal meine kleine Rechnung dazu anschaust?" Ich war ja vorbereitet und überreichte dem Ädil zwei Wachstafeln (auf eine hatte es leider nicht ganz gepasst). "Das ist natürlich nur eine examplarische Rechnung, die bestimmt nicht aufs As genau den Betrieb des Germanicus Avarus wiederspiegelt. Aber diese Berechnung entspricht laut meinem Hausadvokaten genau dem üblichen Verfahren der staatlichen Mindestpreisberechnung.", führte ich aus und ließ den Ädil sich dann erstmal sein eigenes Bild von der Sache machen. Der würde nämlich schon feststellen, mein Ergebnis von so 3,70 bis 3,80 Sesterzen viel zu sehr von den 2,50 Sesterzen abwich, um noch in irgendeinem Toleranzbereich zu liegen. (Mein Wert betrug etwa 150% seines Wertes! Sein Wert betrug nur etwa 2/3 meines Wertes! Und dabei waren die 2,50 Sesterzen genaugenommen ja noch nichtmal sein Wert für den angeblich noch geringeren Leder-Mindestpreis!)

    Ich lächelte schmal, als Commodus davon sprach, mir nichts verbieten zu wollen. Denn ganz ehrlich: Ich hätte mir von meinem Vetter auch ganz bestimmt nichts verbieten lassen! Oder war er etwa mein Vater? War er mein Vormund? War er mein Ehemann? (Okay, das mit dem Ehemann war ein Witz, wenn ich nur daran dachte, wie ich meinen Mann nicht erst einmal erpresst hatte.. erfolgreich erpresst hatte.) Trotzdem, obwohl er hier so vom Verbieten sprach, kommentierete ich das erstmal nicht weiter. Denn was Commodus sicherlich meinte, war ja auch, dass er mich nicht noch einmal davon zu überzeugen versuchen würde, dass dieser duccische Germane ein toller Politiker, Senator, Konsul oder gar Römer wäre. Und genau das (dass er mir nicht nochmal mit sowas in den Ohren lag) hatte ich mit der Forderung mir meine Meinung über diesen Duccius zu lassen ja gemeint.


    Als er dann allerdings auch noch seine zweite Hand ins Spiel brachte, sank meine Zufriedenheit sehr schnell wieder ab. Solche Machtgesten (und dazu gehörte dieser Handschlag mit zwei Händen genauso wie der Handschlag mit Ergreifen des Unterarms - beides sicher leider noch in zweitausend Jahren typisch vor allem für Politiker) konnte ich nämlich gar nicht leiden.. vor allem, wenn ich die Person am anderen Ende war. "Commodus", sagte ich also übertrieben freundlich und legte ganz demonstrativ und provozierend auch meine zweite Hand oben auf die drei bereits im Spiel befindlichen. "Ich bin ganz deiner Meinung.", beendete ich dann erstmal diesen angefangenen Satz. "Unser Aufstieg", klopfte ich ihm dann ein erstes Mal mit meiner obersten Hand auf seine Hand. "und unsere Karriere" Das war noch so ein Wort, das ich mit genau der gleichen Geste betonte und unterstrich. (Denn ja, auch ich kannte ein paar Machtgesten und wusste sie einzusetzen!) "darauf sollten wir jetzt wirklich unser ganzes Augenmerk legen." Denn in Zeiten eines Machtvakuums gab es oft zwei Ströme: Einer sog ein paar Leute nach oben. Und einer sog ein paar andere Leute nach unten. Und wenn es für mich und Commodus schon nicht richtig nach oben gehen sollte, so müssten wir beide wenigstens schauen, dass wir auch nicht nach unten gesogen wurden! "Ich schlage deshalb vor, dass ich dir eine Nachricht zukommen lasse, bevor ich nach der hoffentlich baldigen Inthronisation eines neuen Kaisers einen kleinen Ausflug nach Misenum unternehmen werde." Dass er mich dann natürlich dorthin begleiten durfte, sprach ich nicht extra aus. "Bis dahin haben wir hier in Rom sicherlich beide genügend Aufgaben, die unsere ganze Aufmerksamkeit erfordern. Also, Commodus." Noch einmal klopfte ich ihm mit meiner oben liegenden Hand auf die seine. "Wir sehen uns.", verabschiedete ich mich dann, löste meine Hände aus seinem Griff und ging.


    Auf dem Weg vom Forum ignorierte ich dann auch den einen oder anderen Ruf des niederen Pöbels (als wenn der mehr Ahnung von Politik hätte!), der wahrscheinlich noch nichtmal gemerkt hatte, dass er hier der Rhetorik des purgitischen Consulars nicht das geringste entgegenzusetzen hatte. Und so wurde aus dem anfänglichen Gegenwind plötzlich ein Rückenwind für den Purgitius, ohne dass der dafür auch nur einen Digitus von seinem Standpunkt (seinem richtigen und vollkommen verständlichen, absolut logischen Standpunkt!) abgewichen war. Und weil ich diesen Standpunkt teilte und mir die Meinung des unbedeutenden Pöbels zu meiner Person so ziemlich egal war, sah ich auch keinen Grund, mich da nun noch weiter einzumischen. Oderint, dum metuant. Das sollte angeblich ein Motto des Caligula gewesen sein. Mehrfach hatte sich gezeigt, dass einem Kaiser dieses Motto eher weniger Glück und eine oftmals sogar etwas verkürzte Amtszeit bescherte. Aber als einfache Ritterin, die nicht abhängig war von diesem Pöbel, da gefiel mir dieses Motto eigentlich nicht schlecht, auch wenn ich dafür an meinem Ruf vielleicht noch ein bisschen mehr feilen müsste....

    Wie untypisch.. aber gleichzeitig auch irgendwie wieder typisch. Denn spätestens seit diesem dreist frechen Brief meines Vetters Helvetius Corvinus.. Centurio Helvetius Corvinus.. wusste ich, dass ich von den Soldaten der römischen Armee in der Regel nicht viel erwarten konnte. Das begann bei der Anrede, setzte sich in Tonfall und Wortwahl fort und ging bis.. ja, ich wollte eigentlich gar nicht wissen, bis wohin das ging! - Dieser Prätorianercenturio Iulius hingegen begrüßte mich anständig als Sergia und gratulierte (auch) mir angemessen zu meinem Sohn. Insofern also: Untypisch.
    Typisch wurde es erst dann wieder, wenn man sich vor Augen hielt, dass auch dieser ältere Lagerpräfekt Iulius Licinus, den ich damals in Mantua kennengelernt hatte, trotz seines Soldatendaseins über Anstand und gute Manieren verfügte und insgesamt doch eine sehr angenehme Gesellschaft abgab. Kurzum: Bei den Iuliern schienen es irgendwie die Soldaten zu sein, die über den Anstand verfügten, während die alle anderen zivilen Iulier auf dem Gebiet eher zu Wünsch übrig ließen. Und hier war meine Liste lang: Mein Marcus hatte diese abstruse Vorliebe für Männer im Bett, Iulius Proximus hatte eine höchst seltsame Sicht auf seinen Stand (politisch, privat und in diesem Haus), Iulius Servianus war einfach nur unsympathisch, Iulia Torquata war frech, verzogen und unfähig selbst ihre Affären geheim zu halten (nur wegen ihr hatte ich ja diesen syrisch Schwätzer ausschalten lassen müssen!) und dieser Iulius Centho zum Schluss.. den kannte ich einfach noch nicht gut genug, um zu wissen, weshalb garantiert auch der sicher niemals mein "Bestie" werden würde.


    Aber daraum ging es ja auch gerade nicht. "Es freut mich dich kennenzulernen, Iulius.", erwiederte ich höflich und rang mich zu einem kleinen Lächeln durch. "Ich hoffe doch, du bist aus privaten Gründen hier und nicht um irgendwen zu verhaften?" Ich schmunzelte über meinen eigenen Witz, während ich genau beobachtete, ob der Iulius diesen genauso spaßig fand.. oder ob er womöglich eben doch auch dienstlich ins Haus gekommen war. Da meldete sich nun der liebe Herr Papa väterlich fürsorglich zu Wort. "Wie soll es ihm gehen? Er ist bei seiner Mutter im Arm.. gut gehts ihm da!", antwortete ich Marcus dann etwas gedämpft und rollte innerlich die Augen. Denn es war ja wohl selbstverständlich, dass es meinem Sohn gut ging (und gut zu gehen hatte!), wenn er bei mir war. Und es kam, wie es kommen musste: Mein vorwurfsvoller Tonfall übertrug sich natürlich auch auf unseren kleinen Marc.. und er begann ausgerechnet jetzt zu weinen.
    Ich nahm ihn aus der waagerechten in eine senkrechte Position, sodass sein kleines Köpfchen an meiner rechten Schulter zu liegen kam. Dabei wippte und schaukelte ich ein bisschen mit den Armen. "Schsch. Ist ja gut. Der Papa hats nicht so gemeint. Denn in Wirklichkeit weiß er natürlich, dass es dir bei Mama immer gut geht.", reagierte ich gereizt und verbesserte die Situation damit jetzt nicht wirklich. Da half nur noch eins: "Du! Hol die Licinia! Sie soll sich darum kümmern." Mein letzter Satz war noch nicht ganz gesprochen, da setzte sich der angesprochene Sklave auch schon in Bewegung. "Schsch. Ist ja gut. Ist ja gut." Wirklich ganz klasse hatte mein Marcus das wieder hinbekommen! Ich schenkte ihm einen tadelnden Blick. Dann wandte ich mich zum Centurio Iulius und schaute ihn weiter mit meinen Armen wippend nachdenklich an. Wo war das Gespräch gerade stehengeblieben?

    Ja, die geliebte Nichte meines Onkels Kaeso, das war ich. Und ich fand sogar, dass diese Behauptung für meinen Onkel ein ziemlich geringer Preis war.. dafür, dass er noch immer nicht einen Finger für mich gerührt hatte, seit ich vor einigen Jahren den italischen Boden betreten hatte. (Ich nahm ihm das natürlich nicht übel, weil er ja wohl immernoch an seinen heroischen Kriegsverletzungen laborierte oder so. Aber ich sah eben auch nicht ein, weshalb ich hier deshalb nun unnötig tiefstapeln sollte.) "Nun, ich will meinen, dass im Grunde jeder aufmerksame Marktgänger das bezeugen können müsste, denn gerade bei irgendwelchen Sonderangeboten ist man ja fast schon genötigt, einmal etwas genauer hinzuschauen." Anders wäre ich selbst ja auch kaum darauf aufmerksam geworden.. wenn mich dieses SONDERANGEBOT nicht mit diesen durchweg kapitalen Lettern so förmlich angesprungen wäre. "So ziemlich genau an den Februarkalenden dürfte es gewesen sein, dass ich", personalisierte ich exemplarisch, "zum ersten Mal auf dieses Sonderangebot aufmerksam geworden bin. Wann der Hinweis hierzu bei deinem Beamtenstab eingegangen ist, das müsste ja sicherlich protokolliert sein." Falls nicht: "Etwa vier Tage nach den Iden sollte das ungefähr gewesen sein. Und zwei oder drei Tage danach habe ich dann zuletzt dieses Angebot von 1084 Ledereinheiten auf dem Markt gesehen.", so erklärte ich dem Ädil ruhig und sachlich. Denn erst im Anschluss an meine Worte kam mir auch die Frage in den Kopf, seit wann man als ehrenamtlich helfende Hinweisgeberin den Ädilen schon komplett fertige Fälle liefern musste.. War es nicht eigentlich eher umgekehrt, dass es die Amtspflicht der Ädilen war, etwaigen Verdachtsmomenten selbst aktiv nachzugehen, statt darauf zu warten, dass man immer nur ganz sonnenklare Fälle bekam? - Aber einmal mehr versuchte ich mein Temperament zu zügeln. Erst ein Germane an der Senatsspitze, dann der Tod des Kaisers und dann auch noch der jüngste Senatsentscheid.. da war die Situation für alle nicht einfach, redete ich mir irgendein Verständnis für diesen Ädil ein.

    Ich lächelte schmal aber zufrieden, als dieser Schreiberling mich hübsch doch ganz schön weit oben auf seiner kleinen Liste notierte. So musste das sein! "Nun denn." ..musste ich mich wohl einen Augenblick gedulden. Denn natürlich war auch mir klar, dass kein Ädil dieser Welt jetzt einfach so einen Antragsteller in die Wüste schickte, nur damit ich ein paar Momente früher an die Reihe kam. Ich nickte dem Schreiber zum Dank zu, bevor ich mich zu den Wartebänken begab.... die ich nach einem kritisch musternden Blick dann allerdings beschloss erstmal kategorisch zu ignorieren. - Ich hatte es ja auch gar nicht nötig, mich jetzt hier großartig breit zu machen, weil ich ja eh gleich dran war. Oder nicht?


    Doch! Denn schwupp, kaum hatte ich ein nettes Plätzchen (ohne irgendwelche Bauerntrampel und Dorfschönheiten in unmittelbarer Nähe) gefunden, da erklang auch schon mein Name. Und so folgte ich der Aufforderung dann auch und trat vor den Ädil: "Ich grüße dich, werter Aedilis Plebis. Mein Name ist Sergia Fausta, Ritterin aus eigenem Recht, amtierende Postpräfektin von und in Italia, geliebte Nichte des Prätoriers Kaeso Annaeus Modestus, treue Ehefrau des amtierenden Quaestor Urbanus Marcus Iulius Dives sowie nicht zuletzt geschätzte Klientin des Consulars und amtierenden Stadtpräfekten Marcus Decimus Livianus.." Soviel Zeit für diese kleine Vorstellung musste sein. "..und ich habe ein Problem." Ich nickte einmal bestätigend und versuchte mit einem kleinen Kunstpäuschen vor allem den letzten Teil noch etwas zu betonen.
    Und dann setzte ich an: "Du wirst dich vielleicht erinnern, dass du vor kurzer Zeit eine kleine Hilfe bei der Ausübung deiner Amtspflichten erhalten hast. Genauer gesagt hat dir jemand eine Nachricht zukommen lassen, mit der du auf drei Verstöße gegen die Lex Mercatus hingewiesen wurdest.. Verstöße des Senators Germanicus Avarus, des Senators Germanicus Sedulus sowie der Senatorengattin Iunia Serrana." Ich gab ihm einen kurzen Moment, um sich zu erinnern. (Und ausgehend davon, dass der Kerl hier nicht tagtäglich mit Angelegenheiten gegen gleich zwei doch bekanntere Persönlichkeiten auf einmal zu tun hatte, sollte sich dieser Magistrat eigentlich erinnern.) "Mittlerweile nun wurde mein.. also der freundliche Hinweis dieses jemanden offensichtlich bearbeitet, denn ich habe die veröffentlichten Edikte gegen den Senator Germanicus Sedulus und seine Frau Iunia Serrana bereits gesehen und zur Kenntnis genommen. Ein Edikt gegen den Senator Germanicus Avarus hingegen suchte ich vergeblich in der letzten Acta-Ausgabe. Und da beginnt nun der Grund meines Besuchs."


    "Denn ich habe gerechnet und addiert, kalkuliert und multipliziert.. und ich möchte betonen, dass ich als Ritterin aus eigenem Recht sowie amtierende Postpräfektin von und in Italia ganz grundsätzlich des Rechnens fähig bin." Das sagte ich lieber mal dazu. "Aber selbst mein Hausadvokat kam zu dem Ergebnis, dass ein Lederpreis von 2,50 Sesterzen je Einheit doch selbst mit der besten Rinderzucht nicht ohne Verluste hergestellt werden kann. Oder anders gesagt: Wer 1084 Einheiten Leder über die gesetzlich vorgeschriebene Höchstdauer von zwei Wochen zu 2,50 Sesterzen je Einheit und damit unter den Herstellungskosten anbietet, der sollte von den Ädilen wirklich ganz genau unter die Lupe genommen werden! Gerade wenn man als Ädil nämlich auch noch so direkt darauf gestoßen wird, dann will man sich ja später nicht irgendeine Rechtbeugung vorwerfen lassen müssen, nicht wahr?" Ich räusperte mich und lächelte dann kurz. Denn auch wenn die Verschiebung der Wahlen vielleicht eine juristische Ahndung solcheiner Rechtsbeugung unter Umständen verhinderte, wäre soeine fahrlässige Rechtsbeugung ja dennoch alles andere als gute PR und eine Empfehlung für die Prätur.
    Beschwichtigend hob ich meine Hände. "Aber, werter Ädil, der du meinen Informationen zufolge diese Sache bearbeitet" und also auch zu verantworten "hast, ich will dir hier natürlich nicht unterstellen, dass du nachlässig gewesen wärst. Nein, im Gegenteil möchte ich dir sogar helfen." Wieder mal. "Denn vielleicht erklärst du der Klientin des Stadtpräfekten Decimus Livianus" Den Teil mit der Vertretung des Kaisers sparte ich mal großzügig aus. "ganz einfach nochmal genau, wie diese Entscheidung kein Edikt gegen den Senator Germanicus Avarus auszustellen zu begründen ist." Darauf war ich aber mal gespannt! "Ich verspreche dir, sollte nach deiner Ädilität irgendjemand deine solide, aufopferungsvolle und pflichtbewusste Amtsführung infrage stellen, so werde ich mit Vergnügen meine Beziehungen und Kontakte zu deinem Vorteil und deiner Unterstützung nutzen." Allerdings: "Sollte sich hingegen andererseits herausstellen, dass hier vielleicht.. einer deiner Untergebenen" Denn wer wälzte seine Fehler nicht auf diese ab? "einen kleinen Fehler begangen hat, so gebe ich dir mein Wort, dass dies unter uns bleibt.. solange natürlich du den Fehler schleunigst korrigierst." Ich lächelte noch einmal oberflächlich, während ich hoffte, dass ich nicht wieder zu fordernd aufgetreten war. "Mit anderen Worten, werter Ädil, möchte ich dich ganz höflich um eine erneute Prüfung dieser Angelegenheit bitten."

    Wie die Fliegen hatte ich die Germanicer, also die beiden Senatoren und eine der Ehegattinnen, kürzlich geschlagen, indem ich sie bei den Ädilen denunziert hatte. Als pflichtbewusste Ritterin und Bürgerin Roms war es schließlich auch meine Aufgabe, darauf zu achten, dass auch jeder hier schön die Gesetze einhielt - und ganz besonders natürlich all jene, die ich nicht leiden konnte. (Bei allen anderen war mir das, wenn ich sonst nichts davon hatte, eigentlich ziemlich egal.) Dass es da nun also einmal mehr die Germanicer erwischte, die sich der breiten Öffentlichkeit (denn nach Lex Mercatus wurden die ädilischen Edikte ja durch die Acta Diurna auch veröffentlicht, sodass man überall im Reich wissen konnte, wer hier mal wieder im Zusammenhang mit der Lex Mercatus auffällig geworden war) damit einmal mehr nur eher zweifelhaft präsentierten, erfreute mich darum ungemein.... bis ich doch wirklich feststellen musste, dass Edikte nur in zwei der drei Fälle ausgestellt worden waren. Sapperlot! Das konnte doch nicht mit rechten Dingen zugehen, oder was?!
    Ich rechnete nach und prüfte und prüfte meine Anzeige bei den Ädilen. Aber ich kam nach allem Rechnen und Kontrollieren und Prüfen doch nur immerwieder zum gleichen Ergebnis: Der Senator Germanicus Avarus hatte gegen gültiges Recht verstoßen! Und der bearbeitende Ädil deckte diese ganze Schweinerei auch noch! Da war ich natürlich sofort auf den Barrikaden:


    Den bearbeitenden Aedilis Plebis beschloss ich anzuzeigen und öffentlich für seine Rechtsbeugung zur Rechenschaft zu ziehen! Und derweil würde ich meine Erkenntnisse über den Germanicus natürlich auch gleich noch an einen hoffentlich fähigeren Aedilis Curulis herantragen. Denn bei allem Ärger und Zorn durfte man schließlich nie seine ursprüngliche Intention aus den Augen verlieren. Und ursprünglich intendiert hatte ich ja einen großen Schlag gegen beide Senatoren Germanicus! Es war also wichtig, dass mir hier keiner der beiden am Ende durch die Lappen ging, nur weil die Causa irgendwann einfach verjährt war!
    .... Ja, so sah es eigentlich aus. Uneigentlich allerdings musste ich mir eingestehen, dass es zur Zeit ein paar Probleme gab, die sich nur schwer ignorieren ließen: Erstens. Nach diesem irrwitzigen Senatsentscheid, die Wahlen auf unbestimmte Zeit zu verschieben, war klar, dass natürlich auch die Ädilen erstmal bis auf Weiteres im Amt waren und blieben. Und weil ich einen amtierenden Magistraten des Cursus Honorum schlecht vor Gericht bringen konnte, drohte ein Verfahren gegen ihn schon von vornherein relativ aussichtslos zu werden. Der Fall verjährte einfach, eh man ihn überhaupt vor einen Richter bringen konnte. Ich müsste zu den Konsuln gehen (das hieß: zum Vettius, da mich zum Haus dieses Germanen bestimmt keine zehn Ochsen brachten!), musste formell Beschwerde einlegen und und und. Der Konsul, der hoffentlich (und wider erwarten) mit der Kaiserwahl alle Hände voll zu tun hatte, müsste den Ädil informieren, zur Rede stellen und und und. Das würde alles dauern und dauern, bis der Fall der Germanicers am Ende verjährt wäre und der des Ädilen gleich mit, sodass ich schlussendlich nur mit leeren Händen zurückblieb.


    Das durfte nicht passieren! Also gab ich notgedrungen (ich hätte es ja nun eh gemusst) meine Deckung auf und stattete dem Aedilis Plebis einen kleinen persönlichen Besuch ab. (Welchem Äedilis Plebis? Natürlich dem, der die beiden Edikte gegen Senator Germanicus Sedulus und dessen Frau ausgestellt hatte. Sowas ließ sich ja herausfinden.) "Einen schönen guten Tag. Mein Name ist Sergia Fausta, Ritterin aus eigenem Recht, amtierende Postpräfektin von und in Italia, geliebte Nichte des Prätoriers Kaeso Annaeus Modestus, treue Ehefrau des amtierenden Quaestor Urbanus Marcus Iulius Dives und nicht zuletzt geschätzte Klientin des Consulars und amtierenden Stadtpräfekten Marcus Decimus Livianus.", stellte ich mich dem Schreiberling an der Anmeldung vor. Dass ich mich gerne in meinen Titeln und den Titeln mir naher anderer sonnte, war ja nicht ungewöhnlich für mich, sodass es mir schon kaum mehr auffiel. "Ich bin hier, um dringend mit dem Aedilis Plebeis.." Ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, während ich den Namen des Mannes nannte. "..zu sprechen. Es geht um eine vor kurzem hier eingegangene Anzeige gegen die beiden Senatoren Germanicus Avarus und Germanicus Sedulus sowie die Ehefrau des Letzteren, Iunia Serrana." Kurze Pause, damit man mir weiter folgen konnte. "Ich habe wichtige Informationen dazu für den Ädil.. Informationen, die der Karriere des Ädils erheblich schaden könnten.. Informationen, die ihm aber natürlich nicht schaden sollen.. Informationen, die ihm nicht schaden werden, wenn er ein bisschen Zeit für mich findet, damit ich sie ihm geben kann." Ich schaute dem Schreiberling eindringlich in die Augen und hoffte, dass ich ihn hier genug beeindruckte, damit er mich ohne große Umwege zum Ädil vorließ. Ob er sich dabei von meinem Selbstbewusstsein einfangen ließ oder meinen weiblichen Reizen oder meinem Titel oder dem meines Patrons, der ja als Kaiservertreter derzeit ja quasi das Zepter in den Händen hielt, oder aber von meiner Argumentation am Ende, das war mir dabei völlig gleich....