Beiträge von Sergia Fausta

    Ich sah, wie sich die Miene des Kaisers langsam versteinerte. Aber ich ließ mich davon nicht stören und redete trotzdem weiter. Denn ich war nicht irgendeine Bittstellerin. Ich war eine Prokuratorin seiner Kanzlei. Darum war meine Aufgabe also auch nicht, ihm hier nach dem Mund zu reden. Meine Aufgabe war, ihm offen und ehrlich zu sagen, wenn er davor war, etwas zu verzapfen. Und das hatte ich beim letzten Mal versucht. Da war ich damit gescheitert. Und darum setzte ich bei meinem zweiten Versuch jetzt also ein ganzes Stück weiter unten an. Try and error. Irgendwann musste es ja klappen.


    Nach meiner ausführlichen Erklärung antwortete er mir mit den Standeserhebungsurkunden. "Aber auch dort, mein Kaiser, steht nicht mehr drauf als ein einziges Privileg. Die Standesabzeichen." Das war alles. Nicht mehr. Nichts von den besonderen Plätzen für Ritter (oder denen für Senatoren) in den Theatern. Nichts von Einschränkungen in den Wahl der Ehepartner (bei Senatoren). Nichts von Besonderheiten im Erbschaftsrecht (zum Beispiel, dass ein Senator seinen Ordo auch automatisch an seine Kinder und Enkel weitergab). Nichts vom Recht eines Mannes aus dem Ordo Senatorius, für ein Amt des Cursus Honorum zu kandidieren. Nichts von den Einschränkungen durch die Lex Mercatus. Nichts. Gar nichts. Nur die Standesabzeichen. "Wenn du sowas willst" Warum sagte er das nicht gleich? "dann kann ich dir auch sowas liefern." Ich sah ihn bedauernd an. "Aber da würde dann natürlich auch nur maximal ein Privileg so ganz exemplarisch draufstehen. So ungefähr .. "verleihe ich .. mit Wirkung vom .. das Ius trium liberorum und entbinde sie fortan von der Tutela Mulierum." So ungefähr.", zeigte ich ihm auf. Und ich verschwieg ihm (erstmal), dass ich ihm ganz genau diesen Vorschlag schon beim ersten Gespräch über dieses Thema angeboten hatte. Denn: Genau so hatte es ja auch sein Vorgänger gemacht. Hatte ich ihm gesagt. Und ihm war es nicht gut genug gewesen. Er hatte mehr gefordert, wollte alles haben. Dass das problematisch war, hatte ich ihm auch schon beim ersten Gespräch gesagt. Jetzt wurde ich an den A cognitionibus verwiesen. "Natürlich.", antwortete ich knapp. Einen Kommentar zur Lex Iulia et Papia. Würde ich ihm sogar persönlich schreiben. In der gleichen Länge, wie der Kommentar zum Ordo Senatorius und der zum Ritterstand. (Beides Kommentare, die es nicht gab.)


    Das Arbeiten mit dem Kaiser. Es war immer eine Ehre. Und es war gleichzeitig manchmal echt eine Qual. Ich atmete tief. Dabei ließ ich mir die nächste Akte geben. Dicke Köpfe und sture Köpfe waren also erstmal wieder abgehakt. Jetzt kamen die rollenden Köpfe an die Reihe. "Als nächstes möchte ich über einen Statthalter mit dir sprechen.", leitete ich ein. Denn Ernennungen von Statthaltern und Kommandeuren, das gehörte ja zur Abteilung A memoria. "Marcus Cornelius Cethegus, dein Statthalter in Britannia." Pause. "Und nicht nur dein Statthalter dort, sondern auch schon vor dem Bürgerkrieg der Statthalter dort. Und sogar schon unter Iulianus der Statthalter dort." Pause. "Ich weiß nicht, was deine anderen Berater und was deine Sicherheitsleute dazu sagen, mein Kaiser. Aber ich denke, dass" er den Kerl mal für eine Weile von der Macht abschneiden sollte, gerade wo der ein Cornelier und sogar der Bruder seines Vorgängers war! "du dem Mann nach diesen vielen, vielen Jahren langsam seinen verdienten Ruhestand gönnen solltest. Denn er hat unter Iulianus die Statthalterschaft über die Provinz bekommen. Während der gesamten Herrschaft Valerianus hat er sie behalten. Der Vescularius hatte andere Probleme, als ihn, sodass er auch noch unter Cornelius als Statthalter von Britannia diente. Mit Cornelius starb dann schon der vierte Kaiser, während er der erste Mann dieser Provinz war." Dann lächelte ich schmal. "Am Ende glaubt er noch, es wäre seine Provinz mit seinen Legionen." Ich tat so, als meinte ich das nur als Scherz. Aber richtig drüber lachen sah mich der Kaiser nicht. Ein subtiler Hinweis, dass ich hier Handlungsbedarf sah.


    Und ich war natürlich vorbereitet: "Wenn du erlaubst, dann habe ich hier auch schon eine kleine Liste geeigneter Nachfolger vorbereitet." Ich gab sie ihm (falls er sie nicht wieder gleich an seinen Vorleser weiterreichte). "Von den fünf Namen möchte ich einen gerne etwas hervorheben. Caius Cassius Cavarinus." Der war nämlich mein Favorit für den Job. "Denn erinnere dich bitte an deine Wahl zum Kaiser. Die Hälfte der Kandidaten ist gleich im ersten Wahlgang ausgeschieden. Geblieben sind dann neben dir nur Vinicius Hungaricus. Er war schon damals Statthalter in Germania Superior, bevor sein direkter Klient Duccius Vala das Ruder da übernommen hat. Flavius Gracchus. Er hat jetzt das Konsulat erreicht. Daneben ist er dein Pontifex pro magistro. Der kann sich also auch nicht beschweren. Aber Cassius Cavarinus?" Ich zögerte. "Was hat er bislang bekommen?" Ich sah den Kaiser bedeutungsschwer an. "Und bitte bedenke, dass wir hier über die Männer reden, die alle so hoch gehandelt wurden, dass unter anderen Umständen heute auch einer von ihnen auf deinem Platz sitzen könnte." Klug, wer sich die also immer schön zufrieden und loyal hielt. "Außerdem besitzt er militärische Erfahrung, die man in Britannia sicher viel braucht." Zusammengefasst: "Deshalb denke ich, die anderen vier Männer wären auch gut. Aber er wäre optimal." Hier machte ich dann erstmal einen Punkt. Denn das Thema Britannia umfasste noch eine kleine Ecke mehr. Aber erstmal hören, was der Kaiser bis hierher dachte.

    Zitat

    Im Schnitt liegt das Verhältnis zwischen Käseverbrauch und Wollverbrauch im Moment bei 5:1 für Käse.


    Die Frage ist ja: Wie berechnest du hier den Wollverbrauch?
    Denn ich mach mal ein simples Beispiel: 100 Käse und 12 Wolle werden (pro Woche in der gesamten WiSim) produziert. Davon werden dann im Schnitt 60 Käse und 12 Wolle verbraucht. Verhältnis 5:1 für Käse. Kann ich nachvollziehen. Okay.


    ABER: Wo nur 12 Wolle da sind, können auch nur 12 Wolle verbraucht werden. Anders gesagt: Bei einem Käseverbrauch von 60% weißt du etwa, wie hoch der Bedarf ist. Bei einem Wollverbrauch von 100% weißt du es nicht. Er könnte gerade so gedeckt sein (was er nicht ist). Er könnte bei 13 liegen, bei 24, bei 36, irgendwo. ;)
    Will sagen: Hübsche Zahl, diese 5:1. Aber wie viel die aussagt, hängt davon ab, wo sie genau her kommt. 8)


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    120 Schafskäse, 25 Wolle und 2 Lämmer. Alternativ passt zu den Betriebskosten auch 120 Käse, 30 Wolle und 1 Lamm.


    Lämmerüberschuss, Wollmangel. Ich würde ja die 30 Wolle und 1 Lamm besser finden. :)


    Aber verrechne ich mich gerade oder sind 5 Wolle (5*8=40) weniger wert als 1 Lamm (50)? Da würde man bei der Variante mit mehr Wolle und weniger Lamm 10 Sesterzen weniger "produzieren". Dann könnten die Betriebskosten bei der Variante ja eigentlich auch wieder ein bisschen niedriger sein. ;)
    Und wenn der Schafskäseverbrauch schon jetzt gut gedeckt ist, dann kann man sich die Erhöhung von 100 auf 120 da ja eigentlich auch sparen und auch diese (20*0,75) 15 Sesterzen lieber noch positiv auf die Betriebskosten anrechnen. Dann lägen die vielleicht nur noch bei 260 statt den vorgeschlagenen 280 oder so. 8)

    Ich schüttelte nur den Kopf. "Das spielt doch keine Rolle, Aemilius." War mein Standpunkt denn so schwer zu verstehen? "Es spielt keine Rolle, was die anderen, die Prätorianer oder sonstwer, vielleicht gedacht haben." Darum war es mir schleierhaft, warum er die jetzt anführte. "Es spielt nur eine Rolle, was wir alle hier an diesem Tisch heute denken." Alle anderen waren hier gerade egal. Völlig egal. "Und da hast du einen einzelnen Römer ganz allgemein als einen Feind betitelt.", wiederholte ich die Fakten. "Und entschuldige, aber da musste ich dir widersprechen. Denn ganz egal, was die anderen denken oder gedacht haben. Ich stand nie auf so einem Schlachtfeld. Und deswegen lasse ich mir auch nicht unterstellen, dass ich diese Feindschaft teile." Ganz einfach. "Genau das hast du aber getan, mir und allen anderen hier das unterstellt. Denn du hast in dieser Runde, in der wir hier sitzen, von einem einzelnen Römer ganz allgemein als Feind gesprochen. Heißt: Du hast uns allen hier unterstellt, dass wir in dem Punkt allgemein einen Konsens haben; dass wir deinen Feind hier also teilen. War das jetzt verständlicher? "Aber genau das, Aemilius, tun wir eben nicht. Nicht alle hier teilen diese Feindschaft. Denn ich teile diese Feindschaft nicht." Für die anderen am Tisch konnte ich natürlich nicht sprechen. Vielleicht war die Feindschaft zu diesem Römer für alle anderen hier ja allgemeiner Konsens. Konnte gerne so sein. War kein Problem. Dann konnten sie, wenn sie nur unter sich waren, ihrem gemeinsamen Konsens auch nach Belieben durch solche allgemeinen Phrasen Ausdruck verleihen. Da hatte ich nichts dagegen. (Denn es ging mich auch einfach nichts an.) Aber wenn ich mit dabei war und so einen allgemeinen Konsens nicht teilte, dann war es eben in dem Moment auch kein allgemeiner Konsens mehr. Denn ich war nun mal eine Frau mit eigener Meinung. Und ich widersprach anderen, wenn mir etwas nicht passte.


    Tze. Und widersprechen musste ich hier wieder. Aber mit einem herrlich amüsierten Lächeln. "Fein. Für dich macht es einen Unterschied, ob man von einer Person spricht und dabei ihren Namen nennt, oder ob man von einer Person spricht und ihn nicht nennt?" (Denn auch beim Aemilius ging es ja um ganz konkret nur eine Person. Es ging um denjenigen, der seinen Sohn erschlagen hatte. Singular. Nicht Plural. Eine Person, die ganz eineindeutig definiert war. Nur eben nicht über einen Namen, sondern über eine begangene Tat. Das war der einzige Unterschied. Und der war hier in meinen Augen eindeutig zu vernachlässigen.) Ich zuckte leichtfertig mit den Schultern. "Kein Problem. Ich kann das gleiche Beispiel für dich gerne auch nochmal ohne einen Namen wiederholen." Nichts leichter als das. "Wenn ich jetzt also sagen würde .. ja .. damals, da hat "der Freund" .. dessen Namen ich leider gerade "vergessen" habe .. die Patrizier endlich von ihrer Steuerfreiheit befreit und fleißig in wenigen Wochen Dinge erledigt, die der Senat alleine wahrscheinlich in 10 Jahren nicht alle geschafft hätte." Ich nickte dem Aemilier lächelnd zu. "Da würdest du doch aber bestimmt jetzt auch eingreifen und würdest mit Nachdruck betonen, dass dieser maßlose Raffzahn, von dem ich spreche, mein Freund ja gerne gewesen sein kann, aber dein Freund ganz sicher niemals war. Oder?" Exakt das gleiche Beispiel. Nur ohne Namen. Und noch immer war ich mir sicher, dass der Aemilier natürlich auch in diesem Beispiel das Bedürfnis verspüren würde, sich davon zu distanzieren, wenn jemand so eine Aussage machte. "Siehst du jetzt, dass es genau das gleiche ist?" Egal ob namenlos oder nicht.


    Dann konnte ich mir ein kurzes Kichern nicht verkneifen. "Warum er sich .. ganz allein .." Och, der arme, kleine Junge. "gegen den Vescularier stellen sollte?" Herrlich amüsant! "Wie wäre es damit: Weil es erstens die einzig richtige Entscheidung gewesen wäre. Und weil er zweitens alles .. und ich sage alles .. andere als allein war." Reichte das? "Denn mein Lieber, du warst vielleicht allein, die Germanici waren vielleicht allein, der Konsular Purgitius war vielleicht allein." Das alles vielleicht, ja. "Aber Iulius Proximus? Der hatte das Kommando über die kompletten Stadtkohorten. Keine Ahnung, wie viele Männer das damals waren. Aber allein war er .. als einer der ganz wenigen .. bestimmt nicht.", widersprach ich entschieden dieser Fehldarstellung. Und die hinkte ja auch nicht nur an dieser einen Stelle gewaltig. "Überhaupt. Ich weiß ja nicht, was du unter einem "anerkannten Augustus" verstehst. Aber wenn mehrere Legionen aus den beiden Germaniae, aus Italia, aus Syria auf Rom marschieren, dann scheint der Mann an der Spitze dort so ganz "anerkannt" ja nicht gerade zu sein. Oder?" Äußerst zweifelhaft. Völlig egal also, welche Scheinbeweise für seine Rechtmäßigkeit auf den Thron er allen gezeigt hatte, ein anerkannter Augustus war er nie gewesen. Nicht überall. Nicht im ganzen Reich. Ja, nicht mal in der Hälfte. (Denn auch Ägypten und Britannien zum Beispiel hatten ihm zwar keine Legion entgegen geschickt. Unterstützt hatten sie ihn aber auch nicht.)


    Und Plünderungen verhindert? Dass ich nicht lachte! "Ach, hat er das?" Rhetorische Frage. "Also ist die Stadt nach ihrer Übergabe nicht im Chaos versunken, es gab keine Plünderungen und keinen Mord und Totschlag?" Noch so eine rhetorische Frage. "Wie würdest du das dann nennen, was mit diesem Haus, in dem wir hier gerad so gemütlich liegen, nach der Übergabe Roms passiert ist? Habt ihr die Leute damals etwa eingeladen, hier alles kurz und klein zu schlagen?" Das wagte ich ja aber wohl zu bezweifeln. "Iulius Proximus hatte als Kommandeur der Stadtkohorten die Aufgabe, für Sicherheit, Recht und Ordnung in dieser Stadt zu sorgen. Und anstatt das zu tun, hat er nur eine Fehlentscheidung nach der anderen getroffen." Für irgendetwas qualifiziert hatte er sich damit jedenfalls bestimmt nicht. Nicht für irgendeine Dankbarkeit. Nicht für sonst irgendwas. Nicht in meinen Augen.
    Ich zählte auf: "Der Vescularier war so weit am Ende, dass er schon die Prätorianer, seine eigene Leibwache" Das war sie ja. "nach Vicetia geschickt hat. Aber hat dein Verwandter das zum Anlass genommen, diesem Krieg ein schnelles Ende zu machen? Nein. Er war weiter ein treuer Gefolgsmann vom Vescularier." Nummer Eins. "Dann wurde selbst dieses letzte Aufgebot der Prätorianer bei Vicetia geschlagen. Aber hat dein Verwandter das zum Anlass genommen, die siegreichen Soldaten mit offenen Armen als Befreier in Rom zu empfangen? Nein. Er hat lieber weiter zum Vescularier gehalten und den Befreiern die Tore vor der Nase zu geschlagen." Nummer Zwei. "Meinst du, da waren die Befreier davon angetan, dass er ihnen ihren jubelhaften Empfang für diese Befreiung verwehrt hat? Oder meinst du, dass auf der anderen Seite der Stadtmauern die Menschen sich gefreut haben, von ihm eingeschlossen zu werden? Ich glaube das nämlich nicht. Und trotzdem hat Iulius Proximus weiter blind zum Vescularier gehalten." Denn wer die Realität nicht sah, der musste ja entweder blind sein oder Garum in den Augen haben. "Und erst als dann wahrscheinlich damit gedroht wurde, dass man Rom auch gewaltsam einnehmen würde, da hat er dann vielleicht einmal auch eine richtige Entscheidung getroffen und die Stadttore geöffnet." Selbst ein (und da war das Adjektiv wieder) blindes Huhn fand eben auch mal ein Korn. "Aber das ändert natürlich nichts daran, dass er hauptsächlich falsche .. ja, katastrophal falsche Entscheidungen getroffen hat. Denn meinst du, irgendwer hätte hier geplündert und gemordet, wenn alle Bewohner der Stadt groß ihre Befreiung und ihre Befreier gefeiert hätten? Oder glaubst du, die Befreier wären plötzlich selbst zu Plünderern geworden, statt sich darin zu baden, eben als Befreier hier von allen groß gefeiert zu werden?" Ich bezweifelte das.


    Klar, Iulius Proximus hätte den Siegern nach Vicetia einen Boten entgegen schicken müssen, damit die sich (und ihre Soldaten) auch darauf einstellen konnten, dass die Zeit von Krieg und Eroberungen, Plünderungen und Totschlag vorbei war; und dass stattdessen die Zeit des Jubelns und Feierns gekommen war. Sowas musste man natürlich machen, bevor man einfach die Stadttore für mehrere Legionen sperrangelweit öffnete. "Da Rom lieber belagern zu lassen und so auf beiden Seiten der Mauer den Unmut zu schüren, der am Ende nur zu den ganzen Plünderungen und Co. führen konnte .." Ich fand dafür keine Worte. "Von dem Punkt, wo er sich entschieden hat, das Kommando über die Stadtkohorten trotz des aufkeimenden Bürgerkriegs zu übernehmen .. bis zu dieser letzten Fehlentscheidung nach Vicetia .. hätte er zigfach die richtige Entscheidung treffen können. Selbst nach Vicetia wäre er noch der Mann gewesen, der dem Vescularier den Dolchstoß verpasst; der für einen ruhigen, geordneten und friedlichen Seitenwechsel der Stadt sorgt. Selbst da hätte er sich noch die Dankbarkeit, die du für ihn forderst, verdienen können." Ich schüttelte den Kopf. "Aber er hat nur immer wieder und wieder Fehlentscheidungen getroffen, bis es irgendwann dann halt einfach zu spät war." So einfach war das. "Und da hat er dann plötzlich auch mal .. aus der Not heraus", musste man ja schon sagen, "auch einmal eine richtige Entscheidung getroffen." Denn dass er umringt von mehreren Legionen nicht in der Position für irgendwelche Forderungen oder auch nur irgendwas war, war ja wohl klar. (Die Kutsche war abgefahren, als er nicht direkt auf die Nachrichten aus Vicetia mit einem freundlichen Boten an die Sieger reagiert hatte.) "Wenn du mich also fragst, bei aller Liebe und Verwandtschaft und so weiter. Aber ich halte seine Behandlung nur für die logische Konsequenz seines Versagens." Seines Versagens auf ganzer Linie. Er hätte (Konjunktiv!) der Mann sein können, der den Befreiern den goldenen Apfel überreicht. Aber durch seine zahllosen Fehlentscheidungen war (Indikativ!) er eben nur der Mann geworden, der den Befreiern die Tore vor der Nase zu geschlagen hatte und zum Schluss wahrscheinlich der Letzte in Rom gewesen war, der vom Vescularier abgefallen war. Und da, wo ich her kam, war es halt eben so: Die Ersten waren die Sieger; die Letzten mussten sehen, was übrig blieb (und das war meistens halt eben nicht viel).


    Selbst mit dem Teil, dass sein Verwandter hier jetzt die Verantwortung übernommen hatte, hatte Iulius Centho nur zur Hälfte recht. Denn gegenüber Rom war das richtig. Da konnte man sein Verlassen der Stadt so sehen. (Obwohl er wahrscheinlich sowieso hier auch nie wieder einen Fuß auf den Boden bekam.) Aber gegenüber seinen Verwandten (auch gegenüber dem, der ihn hier gerade so verzweifelt verteidigte) hatte er diese Verantwortung noch nicht übernommen. Denn hätte er das getan, dann hätte er dafür gesorgt, dass er mit seinem Namen keinen Schatten mehr auf alle anderen (meine Kinder, meinen Mann, Iulius Licinus und seinen Sohn, Iulius Centho samt Kindern) warf. Er hätte sich, wie ein ehrenvoller Römer, ein Schwert genommen und seinem Leben ein Ende gesetzt. Denn nur so konnte endgültig (Achtung Wortwitz) Gras über seinen Namen wachsen. (Aber bei aller offenen Kritik an Iulius Proximus breitete ich diesen Teil meiner Meinung natürlich nicht vor unseren Gästen aus. Stattdessen bemerkte ich nur, dass Iulius Centho seinen eigenen Fehler nicht weiter versuchte, zu rechtfertigen. Und auch im Fall des Iulius Proximus wähnte ich mich natürlich schon sicher auf der Via Triumphalis.)

    Bei den Anmerkungen des Kaisers verkniff ich mir ein Seufzen. Stattdessen klärte ich lieber auf: "Dass verheiratete Frauen eine Inkapazität beim Erben hätten, steht dort mit keinem einzigen Wort, mein Kaiser.", stellte ich klar. "Dort steht nur, dass Personen .. Männer, Frauen, Verheiratete oder Unverheiratete .. mit Ius trium liberorum diese Inkapazität nicht haben." Das war das, was dort stand. "Das spielt für alle verheirateten Leute natürlich keine Rolle. Das hast du richtig erkannt. Aber wenn du das Ius trium liberorum an jemand Unverheirateten verleihst, was du jederzeit kannst und darfst, dann spielt das eben doch eine Rolle. Und deshalb gehört es hier mit zu den Privilegien dazu.", erklärte ich. Die Lex Voconia überging ich einfach und machte lieber gleich mit dem nächsten Punkt weiter. "Ja, das Testierrecht ist nach der aktuellen Rechtslage beschränkt, sehr beschränkt sogar. Eine Freigelassene kann nicht ohne die Auctoritas ihres Patrons testieren. Und auch bei einer Freigeborenen gehört das Testieren zu den Rechtsgeschäften, die sie normal ohne die Auctoritas eines Tutors nicht abschließen kann." Vielleicht hätte ich den A cognitionibus heute hier mit dazu bitten sollen..?


    Weiter mit dem zweiten Punkt der Männer. Der erste war ja schon bei den Frauen mit abgedeckt. "Deine Verkürzung verändert aber den Inhalt, mein Kaiser. Das ist dir bewusst, oder?", hakte ich nach. "Denn Schauspieler und Tierkämpfer sind von dieser Befreiung bislang immer ausgenommen gewesen." Wieso, weshalb, warum? Das war nicht meine Aufgabe gewesen, das herauszufinden. Ich hatte nur herausgefunden, dass es so war. Bisher. Nächster Punkt. "Wenn du nicht jemandem, der gar nicht im Senat sitzt, dort einen Sitzplatz geben willst, dann ist es notwendig, dass du an der Stelle genau differenzierst, was für alle gilt und was nur für Senatoren mit Ius trium liberorum." Ganz einfach. "Und das ist bei den Konsuln genau das gleiche. Denn nicht jeder Mann mit Ius trium liberorum darf ja einfach so die Fasces führen. Und auch nicht jeder Senator mit Ius trium liberorum. Da ist eine klare Unterscheidung und Trennung deshalb sehr notwendig.", widersprach ich. Nix von wegen Kürzung.


    Dann lächelte ich. "Aber wenn du willst, dann können wir natürlich statt nur einer Urkunde für Männer und einer für Frauen auch einfach ein paar mehr machen. Also eine für freigelassene Frauen, eine für freigeborene Frauen, eine für freigelassene Männer, eine für freigeborene Nichtsenatoren und eine für freigeborene Senatoren. Dann könnte man überall ein paar Punkte einsparen und die Urkunden würden wieder kürzer.", schlug ich mit zart ironischem Unterton vor. "Oder man macht einfach eine Urkunde für alle. Für Männer, Frauen, Freigelassene, Freigeborene, Senatoren, Nichtsenatoren.", kam ich auf dem Weg dann wieder da hin, wo ich hin wollte. "Und das wäre dann auch kein seitenlanges Buch an Privilegien, sondern es würde überall nur draufstehen, dass hier das Ius trium liberorum .. meinetwegen noch mit dem Zusatz "mit allen sich daraus ergebenden Rechte und Privilegien" .. verliehen wird." Tief durchatmen. Ruhe bewahren. Diesmal würde sich der alte Sturkopf schon von meinen sinnvollen Argumenten überzeugen lassen.


    "Denn du hast ja eben selbst ein sehr schönes Beispiel geliefert. Das mit den Schauspielern und Tierkämpfern." Ich nickte und hoffte, dass er sich erinnerte. "Sagen wir also wir schreiben die Urkunden heute so. Ganz ausführlich mit jedem einzelnen Privileg darauf. Und eben auch der Aussage, dass alle Freigelassenen, ob Schauspieler oder nicht, von den Sachleistungen und Diensten gegenüber ihrem Patron befreit wären." Ich nickte nochmal und hoffte, dass er mir bis hierher folgen konnte. "Eine ganz einfache Frage: Hat ein Freigelassener mit solcher Urkunde dann das Ius liberorum bekommen?" Ich ließ dem Kaiser ein paar Momente (ja, gleich mehrere!). "Oder hast du das gesetzliche Ius liberorum mit so einer Urkunde irgendwie geändert?" Und wieder eine hübsche Pause. Dann die Antwort: "Nein." Ganz einfach. "So eine Urkunde verändert ja nicht die Lex Iulia et Papia. Deshalb verändert sie also auch nicht das Ius liberorum, das sich aus der Lex ergibt." Verständlich? "Wenn du dem Freigelassenen aber ein Recht verleihst, das nicht die vollkommen gleichen Privilegien umfasst wie das Ius liberorum, dann hast du ihm am Ende also auch nicht das Ius liberorum verliehen." So sahs aus. "Egal ob die Worte da nun als kleine Überschrift drüber stehen oder nicht." Okay soweit?
    "Und jetzt sagst du vielleicht, "ich will dem Freigelassenen aber nur das Ius liberorum verleihen; nicht mehr und nicht weniger". Das würde ich dir natürlich auch sofort glauben, mein Kaiser." Ich nickte treu. "Aber auch der Patron eines Schauspielers, der sich mit einer Beschwerde deswegen bei dir meldet, würde dir das dann glauben. Und dann glaubt der Patron dir und sein freigelassener Klient glaubt deiner Urkunde .. und die beiden befinden sich auf einmal mitten in einem Rechtsstreit." Und wer hatte den verursacht? Der Freigelassene, der nichts dafür konnte, dass seine Urkunde so aussah, wie sie aussah? Oder der Patron, der sich betrogen sah, weil sein Freigelassener ohne jede Grundlage eines Gesetzes von den Munera befreit wurde? Oder vielleicht doch .. "jemand" anders?


    Aber es ging ja noch weiter: "Jetzt hast du den Rechtsstreit zwischen dem Patron und seinem freigelassenen Klienten irgendwie gelöst und vom Tisch geschafft. Und du willst natürlich, dass sowas nicht mehr vorkommt.", unterstellte ich ihm. "Also ordnest du an, dass ab sofort andere Urkunden ausgestellt werden. Nämlich welche, die auch genau zu den Privilegien des Ius liberorum passen." Wieder klar soweit? "Dann frage ich aber wieder: Für wen gelten diese neuen Urkunden?" Kurzes Päuschen. "Auch die neuen Urkunden ändern ja kein Gesetz und gelten nur für denjenigen, dem damit das Ius liberorum verliehen wird." Logisch, oder? "Aber was ist dann mit all den vielen Urkunden, die noch mit den alten Privilegien ausgestattet sind? Den Urkunden, die zu dem Rechtsstreit zwischen dem Patron und seinem freigelassenen Klienten geführt haben?" Ich schüttelte den Kopf. "Denn die verlieren ja nicht einfach ihre Gültigkeit. Nein. Da muss dann jede einzelne Urkunde für ungültig oder nicht länger gültig erklärt werden und anschließend eine neue Urkunde ausgestellt werden." Bürokratie der Superlative.


    Ich nahm meine Hände an die Wangen und machte kurz ein erschrockenes Gesicht. "Und dann entschließt sich übermorgen der Senat, die Lex Iulia et Papia zu ändern. Er findet, dass der freie Eintritt in Theateraufführungen viel zu teuer ist und sorgt dafür, dass dieses Privileg nicht länger im Gesetz verankert ist.", malte ich gleich das nächste Szenario an die kaiserlichen Palastwände. "Aber verlieren damit die von dir ausgestellten Urkunden ihre Wirksamkeit und Gültigkeit?" Ich wollte eigentlich wieder eine Pause machen. Aber meine Kopf schüttelte sich schon von ganz alleine. "Nein, tun sie nicht. Das heißt, deine Kanzlei müsste also wieder alle Urkunden mit diesem ausrangierten Privileg erst für nicht länger gültig erklären. Und dann müsste sie in jedem einzelnen dieser Fälle wieder eine neue Urkunde ausstellen." Und das war dann keine Bürokratie der Superlative mehr. Das war schon die nächste Stufe. Bürokratie der Hyperlative. "Das ist eine Bürokratie der Megalative, weil jede einzelne Gesetzesänderung dazu führen kann, dass von heute auf morgen ein riesiger Verwaltungsaufwand auf deine Kanzlei zukommt. Und das heißt für dich vor allem: Personalkosten." Verschwendete (weil vermeidbare) Personalkosten.
    Und deswegen mein Schluss: "Darum will ich dir nochmal eindringlich dazu raten, nicht auf die Urkunden zu schreiben: Ich verleihe das Recht X. Und das Recht X definiere ich dabei durch die Privilegien A, B, C und D." Das höhlte den Begriff des (in diesem Fall) Dreikinderrechts nämlich komplett aus, wenn man es auf jeder Urkunde individuell neu definierte. "Stattdessen rate ich dir eindringlich dazu, einfach nur das Recht X .. in diesem Fall also das Dreikinderrecht zu verleihen. Ohne irgendeine starre Liste von Privilegien, die vielleicht heute zum Ius trium liberorum gehören, vielleicht aber schon morgen nicht mehr." Letztes Wort für den Moment: "Denn nur so gibt es hier auch für jeden jederzeit volle Rechtssicherheit." Anders nicht. Ich war gespannt, ob er das wenigstens heute verstand ..

    Die Vorbereitungen zur Einweihung vom Ulpianum waren angelaufen. (Ein Notarius besorgte mir einen Termin beim Procurator Familiarum Gladiatoriarum. Ein paar Briefe an wichtige Persönlichkeiten waren geschrieben und raus. Und ich war guter Dinge, dass da alles zeitgerecht voran ging.) Das Dossier zur Divinisierung des Valerianus hatte ich dem Kaiser schon beim letzten Mal übergeben. Der Pontfex Flavius hatte einen Audienztermin bekommen, wo (unter anderem auch) das besprochen werden konnte. Und wenn der Kaiser nicht selbst dem Pontifex vorschlagen wollte, dass der Pontifex dem Senat (nach erfolgreicher Apotheose Valerianus) vorschlagen sollte, dass der Aquilius den Ehrennamen Pius erhielt .. dann wusste er (hoffentlich), dass er mich nur darauf ansprechen musste. Dann würde ich versuchen, dem Flavius diesen Floh ins Ohr zu setzen, damit der Kaiser zu seinem Ehrennamen kam.


    Hieß also: Zur heutigen Besprechung hatte ich nur ein-zwei-drei andere Themen mitgebracht. "Ich grüße dich, mein Kaiser." Ja, heute startete ich wieder mit meiner üblichen Begrüßung (und setzte nicht da fort, wo ich beim letzten Mal aufgehört hatte). Denn auch wenn ich mich über den Verlauf der letzten Besprechung ein (großes, gewaltiges) bisschen geärgert hatte. Ich hatte den Dampf ja gleich danach in meinem halben Oval Office erstmal wieder abgelassen. Und dann hatte ich einen Plan gefasst, wie ich meinen eigenen Dickkopf gegen den des Kaisers durchsetzte. Diesen Plan musste ich jetzt nur noch umsetzen. (Und weil das besser ging, wenn ich nicht sofort wieder auf die Barrikaden ging, fuhr ich meine Krallen also erstmal ganz brav wieder ein.)
    Trotzdem brannte mir das Thema natürlich so sehr unter den Nägeln, dass es als allererstes auf meiner heutigen Tagesordnung stand: "Du hattest mich bei unserer letzten Besprechung darum gebeten, zwei Urkunden zu entwerfen. Eine Urkunde für Männer, denen das Ius trium liberorum verliehen wird. Eine Urkunde für Frauen, denen das Ius trium liberorum verliehen wird. Dabei sollte auf jeder Urkunde ganz explizit stehen, welche einzelnen Privilegien das verliehene Dreikinderrecht umfasst." und welche vielleicht zukünftigen Privilegien im Umkehrschluss eben generell nicht mit verliehen wurden. (Sodass man in vielleicht 10 Jahren dann zwar immernoch ein "Ius trium liberorum" hatte. Bloß halt eben keins, das dann noch zwangsläufig alle dann aktuellen Privilegien dieses Rechts umfasste.) "Ganz wie du es wolltest, habe ich hier jetzt also zwei handliche Entwürfe" Diese Spitze konnte ich mir einfach nicht verkneifen. "die dir hoffentlich gefallen." Ich lächelte bittersüß, als ich ihm die Entwürfe überreichte:


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    VERLEIHE ICH
    [NAME DER FRAU]


    MIT WIRKUNG VOM
    [DATUM]


    DAS
    IUS (TRIUM) LIBERORUM


    BESTEHEND AUS:
    I. BEFREIUNG VON DER TUTELA MULIERUM


    II. BEFREIUNG EINER FREIGELASSENEN VON DER TUTELA LEGITIMA DURCH IHREN PATRON


    III. BEFREIUNG VON DER STEUER DER LEX IULIA DE MARITANDIS ORDINIBUS FÜR UNVERHEIRATETE


    IV. BEFREIUNG VON DER INKAPAZITÄT DER UNVERMINDERTEN ANNAHME TESTAMENTARISCHER ERBSCHAFTEN UND LEGATE


    V. BEFREIUNG VON DEN ERBRECHTLICHEN BESCHRÄNKUNGEN DER LEX VOCONIA


    VI. RECHT ZUM FREIEN TESTIEREN


    VII. RECHT AUF FREIEN EINTRITT IN THEATERAUFFÜHRUNGEN


    VIII. RECHT AUF BESSERE SITZPLÄTZE IN THEATERN UND CIRCI ALS RANGGLEICHE PERSONEN OHNE IUS (TRIUM) LIBERORUM


    IX. RECHT EINER PATRONIN GEGENÜBER IHREN FREIGELASSENEN KLIENTEN AUF DIE PORTIO VIRILIS (DEN ERBTEIL EINES SOHNES)


    X. RECHT ALLER EIGENEN TÖCHTER, EINE WAHL ZUR VESTALIN ABZULEHNEN, WENN AUCH DEREN VATER DAS IUS (TRIUM) LIBERORUM BESITZT



    [SIEGEL PER PROCURA AUGUSTI]


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    VERLEIHE ICH
    [NAME DES MANNES]


    MIT WIRKUNG VOM
    [DATUM]


    DAS
    IUS (TRIUM) LIBERORUM


    BESTEHEND AUS:
    I. BEFREIUNG VON DER STEUER DER LEX IULIA DE MARITANDIS ORDINIBUS FÜR UNVERHEIRATETE


    II. BEFREIUNG VON DER INKAPAZITÄT DER UNVERMINDERTEN ANNAHME TESTAMENTARISCHER ERBSCHAFTEN UND LEGATE


    III. BEFREIUNG EINES FREIGELASSENEN, DER NICHT ALS SCHAUSPIELER ODER TIERKÄMPFER ARBEITET, VON DEN MUNERA, OPERAE UND DONA GEGENÜBER SEINEM PATRON ODER SEINER PATRONIN


    IV. RECHT AUF FREIEN EINTRITT IN THEATERAUFFÜHRUNGEN


    V. RECHT AUF BESSERE SITZPLÄTZE IN THEATERN UND CIRCI ALS RANGGLEICHE PERSONEN OHNE IUS (TRIUM) LIBERORUM


    VI. RECHT EINES SENATORS AUF BESSEREN SITZPLATZ IM SENAT ALS RANGGLEICHE SENATOREN OHNE IUS (TRIUM) LIBERORUM


    VII. RECHT AUF VORZUG GEGENÜBER EINER ÄHNLICH QUALIFIZIERTEN PERSON OHNE IUS (TRIUM) LIBERORUM BEI DER VERGABE VON ÄMTERN


    VIII. RECHT AUF ERLASS SO VIELER JAHRE EINES MINDESTALTERS FÜR EIN AMT, WIE MAN LEIBLICHE KINDER HAT


    IX. RECHT DES AMTIERENDEN CONSULS MIT MEHR KINDERN ALS SEIN KOLLEGE, IM ERSTEN MONAT DES AMTSJAHRES DIE FASCES ZU FÜHREN.


    X. RECHT ALLER EIGENEN TÖCHTER, EINE WAHL ZUR VESTALIN ABZULEHNEN, WENN AUCH DEREN MUTTER DAS IUS (TRIUM) LIBERORUM BESITZT



    [SIEGEL PER PROCURA AUGUSTI]

    Der Notarius Papirius Carbo stand unter Zeitdruck. Wie fast immer. Denn seine Chefin war nicht gerade dafür bekannt, eine besonders geduldige Frau zu sein. Vielleicht noch mit ihrem Chef, dem Kaiser. Aber ganz sicher nicht mit ihren Untergebenen. Von denen forderte sie immer maximale Arbeit in bester Qualität und minimaler Zeit. Und meistens verlangte sie dabei von jedem wenigstens so viel, dass sie am Ende gerade noch unzufrieden sein konnte und etwas zu meckern hatte. (So jedenfalls die gemeinsame Verschwörungstheorie vom Notarius Papirius Carbo und einem seiner Kollegen.)


    Aber zurück zum Thema: Zeitdruck. Der Kanzleibeamte räusperte sich. "Also? Kannst du mir helfen? Weißt du, wo ich den Procurator Familiarum Gladiatoriarum finden kann? Oder kennst du jemand anderen, der das weiß?" Der entschuldigende Blick machte deutlich, dass Carbo nicht drängeln wollte, aber drängeln musste. Denn die Procuratrix a memoria war eine Frau, die nicht gerne wartete.



    Zitat

    Dann mach ich halt mal den Wein. 8)


    Dann wünsch ich dir, dass du immer genug von der "massenhaften" Grobkeramik findest, um fleißig produzieren zu können. ;)


    Zitat

    Und eventuell sollte man sich mal dahintersetzten und schauen ob man da etwas mehr "balance" reinbekommt.


    Like. :dafuer:

    Zitat

    Nö, Keramik ist massenhaft da.


    Ja, jetzt wieder. (Beziehungsweise: Wieder nicht mehr. Da wird einer der beiden Aurelia Corvina und Flavius Gracchus Minor wieder zugegriffen haben. Oder beide. :D )


    Zitat

    Ich denk eher, dass es eventuell daran liegt, dass viele erst dann weiter produzieren, wenn sie ihre Waren restlos losgeworden sind, da sich nicht jedes Produkt eines Betriebs gleich gut verkauft.


    Also der Wein ist ja ausverkauft. (Und ich behaupte: Das geht beim Wein auch immer sehr fix.)
    Und das heißt: 20*10 Sesterzen für die Amphoren + 100*0,8 Sesterzen für die Kannen = 280 Sesterzen Erlös (pro Stufe).
    Dem stehen gegenüber: 20*3 Sesterzen für Keramik + 200 Sesterzen Erhaltungskosten = 260 Sesterzen Ausgaben (pro Stufe).


    Macht also einen rechnerischen Überschuss von 20 Sesterzen (pro Stufe). Oder anders gesagt: Landwein verkauft sich gut. Trauben nicht ganz so. In die Gewinnzone kommt man aber auch ohne Trauben schon. Heißt: Aus wirtschaftlicher Sicht macht das Weiterproduzieren auch dann Sinn, wenn nur der Wein ausverkauft ist, die Trauben aber nicht. ;) (Kann beim Altarbauer auch anders sein. Hier beim Weingut ists aber so.)


    Zitat

    Aber falls irgendetwas ganz dringend gebraucht wird


    Wein.
    Ohne Landwein läuft nämlich die Taberna nicht. (Keine Käsebrote, kein Honigwein, keine Hühner a la Fronto.)
    Und ohne Landwein läuft auch der Tempel nicht. (Keine kleinen unblutigen Opfer. Und damit auch keine anderen Opfer irgendeiner Art.)


    Wolle.
    Und Wolle ist ja klar: Ein Schäfer Stufe 4 produziert 48 Einheiten. Eine Weberei braucht hingegen 60 Einheiten. Für EINE Stufe.
    Dieses Nadelöhr bedeutet: Konstanter Mangel von Stoffen und gefärbten Stoffen. Damit auch konstanter Mangel von allen Schneider-Produkten. (Außer den ganz teuren von Borkan.) Und damit auch ein konstanter Überschuss an Seide. (Den sieht man auch: 2.240 Sesterzen von Decima Seiana, 4.676 Sesterzen von Helvetius Varus und 15.092 Sesterzen von Artorius Rufinus sind momentan rein als Seide auf dem Markt.)
    >> Gleichzeitig gibts einen großen Überschuss an Lämmern. (Querverweis auch nochmal zum Wein und der Opfer-Produktion.) Das ist hier halt irgendwie auch ein Strukturproblem, glaub ich .. :(


    Balsam. (Auch wenn ich den immer fleißig selbst produziere. 8) )
    Da gibts von Duccius Vala und mir zusammen maximal 120 Einheiten pro Runde.
    Ein Farbmischer Stufe 4 braucht 48 Einheiten. Eine Taberna medica Stufe 4 braucht 40 Einheiten.
    Dabei seh ich: Albins Farbmischer und die beiden Tabernae medicae können sich halbwegs gut mit Balsam versorgen. Wer sonst noch Balsam braucht, steht vor einem Problem.
    >> Gleichzeitig ist der Bedarf an Garum und Küchengewürzen aber nicht soo riesig. Wenn ich da für meinen Gewürzhändler die gleiche Rechnung wie oben beim Weingut aufmachen würde. Keine Ahnung, ob ich da in der Gewinnzone bin oder nicht. :D (Querverweis außerdem nochmal zum Wein und der Produktion der Taberna. Die verbraucht nämlich zum Beispiel auch Küchengewürze.)


    Zitat

    Aber vielleicht wird die Marktlage ja wieder besser, wenn eine neue Lex Mercatus bald jedem noch einen fünften Betrieb erlaubt.... =)


    Das sind jetzt die drei Waren, die mir bei "konstanter Mangel" zur Zeit als erstes einfallen. Ich behaupte natürlich nicht, dass es DIE Allheillösung ist, wenn eine neue Lex Mercatus bald 5 statt 4 Betriebe jedem erlauben würde. (Beim Gewürzhändler kann man vielleicht auch einfach Balsam und Produktionskosten erhöhen. Und das Lämmer/Wolle/Stoffe/Seide-Problem wird sich wahrscheinlich auch nur über eine Anpassung der Produktionsmengen etwas vermindern lassen.) Aber gut finden würd ichs trotzdem. 8) (Auch weil ich finde: Ein staatlicher Eingriff in die Privatwirtschaft sollte immer die Ausnahme sein und nicht, wie seit geraumer Zeit jetzt schon in Mogontiacum munter praktiziert, die Regel. -.^ )


    PS: Bei dem Stichwort fällt mir noch ein Produkt ein: Ton. Wenn den jemand mal wieder privat herstellen würde, das wär sicher auch nicht schlecht.

    Zitat

    Original von Aurelia Drusilla


    In den letzten 10 Wochen hat nur eine Person Wein produziert. (Und die kommt sogar aus deiner eigenen Gens. ;) )
    Ihr Weingut produziert zur Zeit aber nix. (Leider. Aber ich vermute, es mangelt wieder mal an genug Keramik auf dem Markt für beides, Öl- und Wein-Amphoren.)



    Aber vielleicht wird die Marktlage ja wieder besser, wenn eine neue Lex Mercatus bald jedem noch einen fünften Betrieb erlaubt.... =)

    Einfache Frage. Denn: "Du hast mein Argument offenbar nicht verstanden, Aemilius." Ich lächelte amüsiert. "Denn ich stand noch nie auf einem Schlachtfeld. Und deshalb hat mich auch noch nie ein Soldat versucht, mit seinem Schwert zu töten. Und deshalb kannst du hier gerne von einem Feind deines Sohnes sprechen. Aber wenn du allgemein "vom Feind" sprichst, dann verschließe ich mich dagegen. Denn mein Feind ist es eben nicht. Weil ich nicht auf dem Schlachtfeld stand oder irgendeine Beziehung zu deinem Sohn hatte.", versuchte ich dem Mann klar zu machen.
    Und auch meinen Vergleich konnte ich nur verteidigen: "Richtig, richtig. Du hast allgemein "vom Feind" gesprochen, wie ich allgemein "vom Freund" gesprochen habe. Und dabei hast du ganz speziell die eine Person gemeint, die deinen Sohn erschlagen hat, wie ich ganz speziell die eine Person gemein habe, die den Namen Vescularius Salinator trug." Da schüttelte ich entschieden mit dem Kopf. "Was da allgemein ist und was konkret, das kannst du nicht einfach so lustig durcheinander würfeln. Denn in beiden Fällen wird von genau einer Person gesprochen. Du verallgemeinerst und sprichst "vom Feind". Ich verallgemeinere und spreche "vom Freund". Das ist dasselbe in grün." Nur weil der Aemilier den Namen des einen Soldaten, auf den er sich da bezog, scheinbar nicht kannte, während ich den Vescularius sehr wohl beim Namen nennen konnte, waren die beiden Fälle noch lange nicht grundverschieden.


    Und der Iulius Proximus. Jaja. "Ich habe doch gar nichts anderes behauptet. Natürlich ist der Dienst bei den Stadtkohorten sehr ehrenhaft. Und natürlich war es sein gutes Recht, seinen Dienst dort zu verlängern und das Kommando über die Kohorten zu übernehmen." Das hatte ich mit keiner Silbe bestritten. "Aber in einem aufkeimenden Bürgerkrieg diese Entscheidung zu treffen.. da muss jedem klar sein, dass er für diese Entscheidung dann eben irgendwann auch Verantwortung übernehmen muss." Ganz einfach. "Denn wer sich falsch entscheidet, ist genauso für seine eigene Entscheidung verantwortlich wie der, der sich richtig entscheidet." Mehr gab es dazu eigentlich auch nicht zu sagen. Denn ich hatte ja auch schon festgestellt: Die Entscheidung, bei den Kohorten zu bleiben, hätte auch richtig sein können. Wenn der Iulius die Truppen unter seinem Kommando denn auch gegen den Vescularius eingesetzt hätte. (Gerade nachdem die Prätorianer nach Vicetia ausgeflogen waren, wäre das ja der perfekte Zeitpunkt gewesen.) Aber das hatte Iulius Proximus ja nicht gemacht. Iulius Proximus hatte als Kommandeur der Stadtkohorten das Regime des Vesculariers gestützt und nicht gestürzt.
    Da konnte ich auch den Versuch zur Ehrenrettung nur müde belächeln. "Und was meinst du, wie viele Leben hätte Iulius Proximus wohl noch retten können, wenn er nicht als braver Schoßhund das Regime des Vesculariers bis zur Belagerung Roms gestützt hätte? Wie viele Leben hätte er noch retten können, wenn er nach dem Auszug der Prätorianer nach Vicetia mit seinen Urbanern dem Vescularius einen Dolchstoß versetzt hätte?" In Vicetia hätten die Legionen vielleicht trotzdem gekämpft. Aber darum ging es mir auch gar nicht mal. "Meinst du, die Stadt wäre hier auch so im Chaos versunken mit Plünderungen, Mord und Totschlag, wenn die germanischen Legionen im friedlichen Triumph hier eingezogen wären und nicht erst Rom belagert worden wäre?" Aber ganz sicher nicht. "Als Kommandeur der Stadtkohorten war es seine Aufgabe, hier in Rom für Recht und Ordnung zu sorgen. Und anstatt zu handeln, als es Zeit dafür war, hat er bis zur Belagerung der Stadt treu an der Seite des Vescularius gestanden und damit dessen Regime gestützt." Und dafür sollte man ihm danken?!? "Wenn du mich fragst, dann trägt er einen großen Teil der Verantwortung für das Chaos und die Unruhen nach der Einnahme Roms. Und dass ihm dafür niemand voll Dankbarkeit um den Hals fällt, halte ich für sehr verständlich." Da konnte der Iulius zehnmal ein Verwandter meines Mannes und meiner Kinder sein! Wer solche krassen Fehl-entscheidungen traf, den konnte ich für diese Taten doch nicht auch noch loben.


    Dann versuchte der Aemilius selbst etwas zu sticheln. Aber damit wurde ich heute auch noch fertig. "Ach, weißt du, ich verteile meine Sympathien zwar auch nach dem Namen", also ganz normal, wie jeder andere, "aber nicht nur." Im Gegenteil. Was das anging, machte ich fast ständig irgendeinen Spagat: Bei den Sergiern gab es einen Familienzweig, den ich sehr hoch und einen den ich nur gering schätzte. Meinem Patron Decimus Livianus fühlte ich mich treu verbunden, gegen dessen Sohn allerdings verspürte ich jede Menge Hass. Und auch die Iulier waren für mich eben kein einheitlicher Haufen, zu dem ich nur eine Meinung (für alle) hatte. Die einzige Ausnahme bildeten da bislang die Aurelier (rings um die gute Prisca) und die Flavier (auch wenn der jüngere Flavius Gracchus mir ein bisschen suspekt war, seit er hier in meinem Büro gesessen hatte). Und auch gegen die Claudier, Cornelier und Ulpier hatte ich nichts. Bei den Aquiliern hielt ich den Kaiser manchmal für einen sturen Dickkopf, mochte seinen Sohn dafür aber umso mehr. Kurz: Ich hegte eben eine allgemeine Sympathie gegenüber den Patriziern. (Als Sergierin hatte ich halt eben auch irgendwo ein paar patrizische Wurzeln, auch wenn die schon einge Jahre in der Vergangenheit lagen.) Und selbst die Tiberier fand ich ganz soo schlimm heute eigentlich auch nicht mehr. Da musste ich nur an Tiberius Lepidus denken und die nette Hinrichtung der Freigelassenen Duccianus und Vettianus. (Und Tiberia Lucia war ja seit ihrer Hochzeit mit einem wilden Germanen keine echte Patrizierin mehr. Wenigstens ich zählte sie nicht mehr dazu.)


    Und zu Iulius Centho: "Und wie hätte es den Vescularius vor den Kopf gestoßen, wenn du deinem Rang nach den Konsularen und Prätoriern bei der Abstimmung den Vortritt gelassen hättest?" Simple Frage. "Wie hätte das jemanden vor den Kopf stoßen sollen, wenn du bei dieser Abstimmung eben ein bisschen mehr auf diese "Regel" geachtet hättest?" Gerade als Augur. "Gerade als Augur. Das Amt ist doch so uralt und tief mit jeder Menge Traditionen verbunden. Wer hätte dir das da anlasten sollen?" Ein Augur, der auf Sitte und Tradition bedacht war. Ich fand das ziemlich harmlos und ungefährlich. Und ich glaubte auch nicht, dass sich der maßlose Raffzahn da vor den Kopf gestoßen gefühlt hätte. (Natürlich kannte ich den Kerl auch nicht persönlich. Aber trotzdem glaubte ich das nicht.) Denn mit dieser Begründung? Und mit vielleicht noch einem üppigen Geschenk zur Inthronisierung?
    Anders gesagt: Was hatten alle maßlosen Raffzähne gemeinsam? Sie waren käuflich. Und das bedeutete? Dass man sich mit einer unschuldigen Begründung und einem großen Geschenk von fast allem freikaufen und entschuldigen konnte. (Und ich hatte ja noch nichtmal vorgeschlagen, dass Iulius Centho einen auf bettlägerig und krank hätte machen sollen. Denn das wäre vielleicht wirklich etwas kritisch geworden. Aber eine späte Pro-Stimme, weil man "seinen eigenen Rang und den Rang der anderen achten" wollte..?)

    Ein Bote aus der kaiserlichen Kanzlei brachte diesen Brief mit dem offiziellen Siegel der Administratio Imperatoris.

    Ad Senatorem
    Gaium Octavium Victorem

    Casa Octavia
    Rom - Italia



    Wer das Siegel brach, konnte das Schreiben lesen.

    SERGIA Procuratrix a memoria OCTAVIO Senatori s.d.


    Der Imperator Caesar Aquilius Severus Augustus hat mir die Aufgabe übertragen, mich um die Organisation der Einweihungsfeierlichkeiten des Ulpianums zu kümmern. Als Datum dafür wird der Geburtstag des letzten ulpischen Kaisers Ende Oktober anvisiert.


    An diesem Tag wird der Kaiser selbst natürlich die Hauptrede halten. Sein Sohn eröffnet später dann angemessene Gladiatorenspiele zur Feier des Tages. Weil voraussichtlich auch einer deiner Verwandten mit unter den Geehrten an diesem Tag sein wird, und weil du auch selbst eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens bist, würde ich mich freuen, wenn ich vielleicht auch dich dazu gewinnen könnte, ein paar Worte bei der Eröffnung des Ulpianums an das Volk zu richten.


    Bitte teile mir mit, was du von dieser Idee hälst und ob du zum Halten einer kleinen Rede (sie sollte auf keinen Fall länger sein als die des Kaisers) bereit bist. Falls du darüber hinaus noch zusätzliche Vorschläge zum Programm und der Ausgestaltung dieser Veranstaltung hast, freue ich mich, davon zu hören. Denn zu diesem frühen Zeitpunkt der Planungen ist erst wenig festgelegt und es gibt noch viele Freiräume für individuelle Wünsche und Anregungen.


    Sergia Fausta

    Ein Bote aus der kaiserlichen Kanzlei brachte diesen Brief mit dem offiziellen Siegel der Administratio Imperatoris.

    Ad Senatorem
    Lucium Tiberium Lepidum

    Villa Tiberia
    Rom - Italia



    Wer das Siegel brach, konnte das Schreiben lesen.

    SERGIA Procuratrix a memoria TIBERIO Senatori s.d.


    Der Imperator Caesar Aquilius Severus Augustus hat mir die Aufgabe übertragen, mich um die Organisation der Einweihungsfeierlichkeiten des Ulpianums zu kümmern. Als Datum dafür wird der Geburtstag des letzten ulpischen Kaisers Ende Oktober anvisiert.


    An diesem Tag wird der Kaiser selbst natürlich die Hauptrede halten. Sein Sohn eröffnet später dann angemessene Gladiatorenspiele zur Feier des Tages. Weil voraussichtlich auch eine oder zwei deiner Verwandten mit unter den Geehrten an diesem Tag sein werden, und weil du auch selbst eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens bist, würde ich mich freuen, wenn ich vielleicht auch dich dazu gewinnen könnte, ein paar Worte bei der Eröffnung des Ulpianums an das Volk zu richten.


    Bitte teile mir mit, was du von dieser Idee hälst und ob du zum Halten einer kleinen Rede (sie sollte auf keinen Fall länger sein als die des Kaisers) bereit bist. Falls du darüber hinaus noch zusätzliche Vorschläge zum Programm und der Ausgestaltung dieser Veranstaltung hast, freue ich mich, davon zu hören. Denn zu diesem frühen Zeitpunkt der Planungen ist erst wenig festgelegt und es gibt noch viele Freiräume für individuelle Wünsche und Anregungen.


    Sergia Fausta

    Ein Bote aus der kaiserlichen Kanzlei brachte diesen Brief mit dem offiziellen Siegel der Administratio Imperatoris.

    Ad Senatorem
    Kaesonem Aenneum Modestum

    Domus Annaea
    Rom - Italia



    Wer das Siegel brach, konnte das Schreiben lesen.

    SERGIA Procuratrix a memoria ANNAEO Senatori s.d.


    Der Imperator Caesar Aquilius Severus Augustus hat mir die Aufgabe übertragen, mich um die Organisation der Einweihungsfeierlichkeiten des Ulpianums zu kümmern. Als Datum dafür wird der Geburtstag des letzten ulpischen Kaisers Ende Oktober anvisiert.


    An diesem Tag wird der Kaiser selbst natürlich die Hauptrede halten. Sein Sohn eröffnet später dann angemessene Gladiatorenspiele zur Feier des Tages. Weil voraussichtlich auch einer deiner Verwandten mit unter den Geehrten an diesem Tag sein wird, und weil du auch selbst eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens bist, würde ich mich freuen, wenn ich vielleicht auch dich dazu gewinnen könnte, ein paar Worte bei der Eröffnung des Ulpianums an das Volk zu richten.


    Bitte teile mir mit, was du von dieser Idee hälst und ob du zum Halten einer kleinen Rede (sie sollte auf keinen Fall länger sein als die des Kaisers) bereit bist. Falls du darüber hinaus noch zusätzliche Vorschläge zum Programm und der Ausgestaltung dieser Veranstaltung hast, freue ich mich, davon zu hören. Denn zu diesem frühen Zeitpunkt der Planungen ist erst wenig festgelegt und es gibt noch viele Freiräume für individuelle Wünsche und Anregungen.


    Sergia Fausta

    Ein Bote aus der kaiserlichen Kanzlei brachte diesen Brief mit dem offiziellen Siegel der Administratio Imperatoris.

    Ad Consularem
    Marcum Decimum Livianum

    Casa Decima Mercator
    Rom - Italia



    Wer das Siegel brach, konnte das Schreiben lesen.

    SERGIA Procuratrix a memoria DECIMO Consulari s.d.


    Der Imperator Caesar Aquilius Severus Augustus hat mir die Aufgabe übertragen, mich um die Organisation der Einweihungsfeierlichkeiten des Ulpianums zu kümmern. Als Datum dafür wird der Geburtstag des letzten ulpischen Kaisers Ende Oktober anvisiert.


    An diesem Tag wird der Kaiser selbst natürlich die Hauptrede halten. Sein Sohn eröffnet später dann angemessene Gladiatorenspiele zur Feier des Tages. Als derjenige Konsul, in dessen Amtsjahr die Fertigstellung des Ulpianum-Baus fällt, würde ich mich freuen, wenn ich darüber hinaus auch dich dazu einplanen könnte, ein paar Worte bei der Eröffnung des Ulpianums an das Volk zu richten.


    Bitte teile mir mit, was du von dieser Idee hälst und ob du zum Halten einer kleinen Rede (sie sollte auf keinen Fall länger sein als die des Kaisers) bereit bist. Falls du darüber hinaus noch zusätzliche Vorschläge zum Programm und der Ausgestaltung dieser Veranstaltung hast, freue ich mich, davon zu hören. Denn zu diesem frühen Zeitpunkt der Planungen ist erst wenig festgelegt und es gibt noch viele Freiräume für individuelle Wünsche und Anregungen.


    Sergia Fausta

    Ach, hatte er das nicht? Gesagt, dass der Feind seines Sohnes auch mein Feind wäre? "Aber natürlich.", widersprach ich lächelnd. "Wenn du hier am Tisch sitzt und davon sprichst, dass dein Sohn nicht von seinem Feind oder deinem Feind oder eurem Feind, sondern nur allgemein "vom Feind" erschlagen wurde, dann unterstellst du jedem Anwesenden hier, dass er diesen Feind teilt." Ich zuckte mit der rechten Schulter. "Und dass du deine Gründe hast, die sicher auch berechtigt sind, um da einen Feind zu sehen.. geschenkt. Das will ich dir gar nicht in Abrede stellen. Aber für mich.. ich verschließe mich dagegen, einen Römer als Feind anzusehen, der mir nichts getan hat." Eigentlich ganz einfach.
    Und da fiel mir jetzt sogar noch eine ganz nette Parallele ein: "Oder versetz dich vielleicht einfach mal zurück in die Bürgerkriegszeit. Du warst ja offensichtlich ein Gegner des Vescularius." Kurze Kunstpause, damit sich der Aemilius in die Vergangenheit zurückversetzen konnte. "Und wenn ich jetzt sagen würde.. ja.. damals, da hat "der Freund" Vescularius Salinator die Patrizier endlich von ihrer Steuerfreiheit befreit und fleißig in wenigen Wochen Dinge erledigt, die der Senat alleine wahrscheinlich in 10 Jahren nicht alle geschafft hätte." Ich sah den Aemilier bedeutungsschwer an und ließ ihm etwas Zeit, damit er das auf sich wirken lassen konnte. "Da würdest du doch aber bestimmt jetzt auch eingreifen und würdest mit Nachdruck betonen, dass dieser maßlose Raffzahn mein Freund ja gerne gewesen sein kann, aber dein Freund ganz sicher niemals war. Oder?" Aber ganz bestimmt würde er das, wenn ich so allgemein und in seiner Gegenwart den Vescularier als einen Freund betiteln würde und er diese Freundschaft nicht teilte. "Das ist genau das gleiche.", fasste ich zusammen und kam damit auf den Ausgangspunkt zurück: Meine Kritik daran, dass er so allgemein "vom Feind" sprach bei einer Person, die ich absolut nicht als Feind betrachtete. (Natürlich auch nicht als Freund. Ich kannte den Soldaten ja nicht.)


    Tze. Ja. Und dieser Iulius Proximus. "Das ist doch nichts als Augenwischerei.", schüttelte ich meinen Kopf. "Als Procuratrix a memoria habe ich nicht nur Zugang zu den kaiserlichen Archiven. Ich bin die kaiserlichen Archive. Und deshalb kann ich dir auch sagen, dass dein guter Verwandter erst ein gewöhnlicher Stadtkohortentribun war und nach seiner verlorenen Quästorenwahl dann statt dem Amt im Cursus Honorum eben das Kommando über die kompletten Stadtkohorten bekommen hat." Wieso, weshalb, warum der Vescularier lieber einem Tribun das Kommando gegeben hatte, als einen regulären Stadtpräfekten einzustellen, darüber konnte man spekulieren. Das spielte aber keine Rolle. Fakt war: "Und das heißt nichts anderes, als dass er sich entschieden hat, nicht etwa sein Amt einfach niederzulegen. Das hätte er ja problemlos machen können. Denn wer zur Quästur kandidieren kann, der muss nicht mehr irgendwo Tribun sein. Mit anderen Worten: Er hätte nichtmal fliehen müssen und sich gegen den Vescularius stellen müssen, um ihn nicht mehr zu unterstützen. Aber: Nichts von beidem hat er getan. Er hat sich entschieden, auch weiter ein Rädchen in der vescularischen Maschinerie zu sein. Er hat sich entschieden, selbst nach dem Auszug der Prätorianer nach Vicetia noch treu zum Vescularius zu stehen und ihm nicht gestützt auf die Stadtkohorten in den Rücken zu fallen. Er hat sich entschieden, erst dann die Stadt an die Truppen vom Cornelius zu übergeben, als das schon keine große Entscheidung mehr war.", gab ich dem Vetter meines Mannes Kontra. Denn bitte.. Wer von einer Übermacht so hoffnungslos umzingelt war wie ein Vercingetorix in Alesia, der streckte die Waffen nicht aus Überzeugung, sondern aus Angst. Das hatte mit einer Entscheidung nicht mehr viel zu tun. (Maximal war sowas die Entscheidung zu leben; nicht im Kampf zu sterben.)
    Ich lehnte mich etwas zurück. "Also ja, hätte er sich entschieden, ein Tribunat bei den Stadtkohorten dankbar abzulehnen. Oder hätte er sich entschieden, sein Tribunat dort wenigstens nicht unnötig zu verlängern. Oder hätte er sich entschieden, nicht erst dann die Seiten zu wechseln, als rings um Rom cornelische Truppen standen. Dann gäbe es heute vielleicht wirklich nichts zu beanstanden." Ich sah den Iulius mit großen Augen ernst an. "Aber er hat sich nunmal anders entschieden. Eine Entscheidung, für die nur er allein verantwortlich ist. Eine Entscheidung, für die ihm diese Verantwortung deswegen auch keiner abnehmen kann. Weder ich, noch du, noch sonstwer." Denn so war das eben: Die Macht zu haben, Entscheidungen treffen zu können, hieß eben immer auch, die Pflicht zu haben, Verantwortung zu tragen. Das war so trivial, dass ich jedem unterstellte, das zu wissen. Selbst diesem Iulius Proximus.


    Oder auch Iulius Centho. Denn: "Hausgast hin oder her. Aber deine Kinder wären sicher nicht in größerer Gefahr gewesen, wenn du nicht als einer der ersten deinen Segen gegeben hättest, sondern erst irgendwann später. Als einer der ersten der zweiten Hälfte vielleicht." Denn darum ging es ja. Nicht um die Stimme selbst. "Du bist ja auch kein Konsular und kein Prätorier." Da hatte der Iulius also auch nicht die Pflicht, durch eine frühe Stimmabgabe das Abstimmungsergebnis in irgendeine Richtung zu beeinflussen. Da hätte er genauso gut auch erst kurz vor den Pedarii abstimmen können. Damit hätte er sich weniger Verantwortung aufgeladen.. und ich wäre jetzt auch nicht so schockiert.


    Während der ältere Iulius später dann den Horatier verabschiedete, zuckte ich auf den Kommentar des Aemilius nur mit den Schultern. "Ich nenne es Ironie, dass er zwar einsieht, dass es nicht jede Familie so glimpflich und gut erwischt wie die Flavier. Denn gerade als Sergierin ist mir das natürlich nicht fremd. Da hat er ganz richtig drauf angespielt." Von wegen sergischer Senatoren und so. "Aber dass vor so einem Fall auch die Volcatier nicht gefeit sind .. und dass er auch die Horatier selbst erwischen kann, wenn sie sich nicht an die Umstände anpassen, sondern erwarten, dass sie die Umstände ihnen anpassen .. davor verschließt er die Augen. Schon der Gedanke daran schien ihn ja zu beleidigen." Ich trank einen Schluck verdünnten Wein. "Das nenne ich einfach Ironie.", wiederholte ich mich dann. "Mehr kann ich dazu nicht sagen." Denn mehr fiel mir dazu auch nicht ein.

    Ich bemerkte positiv, dass sich nun auch der Decimus etwas in das Gespräch einmischte. Und ich bemerkte negativ, dass er mit dem Thema Anrede scheinbar ziemlich auf Kriegsfuß stand. Denn ich hatte zwar keinen Schimmer, wie vertraut oder eben auch weniger vertraut man seine Verwandten im Hause Decima gegenseitig ansprach (das war mir im Prinzip auch völlig egal). Aber dass der Decimus hier von mir nicht als Sergia und auch nicht als Sergia Fausta, sondern freundschaftlich vertraut nur als Fausta sprach, stieß mir sauer auf. Gerade weil er erstens meine Begrüßung mit keinem Wort und keiner Geste erwiderte hatte und zweitens (und viel wichtiger) von mir auch nicht im geringsten dazu eingeladen worden war, mich nur bei meinem Cognomen zu nennen.
    Deshalb blieb ich auch jetzt nur weiter bei meiner Linie und ignorierte ihn. Und ich ging auch nicht auf die "Argumente" des Aemilius ein, auch wenn mir da das eine oder andere doch sehr unter den Nägeln brannte. (Denn ich war weiterhin überzeugt, dass es völlig gleich war, was die einfachen Soldaten der Mannschaftsränge wollten und ob sie wegen irgendwelcher versprochener Donativa oder aber wegen irgendwelcher angedrohter Strafen für oder gegen einen Kampf gegen andere Römer waren. Die persönlichen Befindlichkeiten des Einzelnen spielten da nach meiner Auffassung nämlich maximalst eine untergeordnete Rolle. Und das auch nur, wenn sie von möglichst vielen Soldaten geteilt wurden. Entscheiden über Krieg und Frieden; über den Kampf gegen Cornelius oder Vescularius oder ein Bewahren von Neutralität; das tat am Ende ein anderer.)


    Stattdessen kommentierte ich nur "meinen" Teil der Diskussion. "Und trotzdem hast du weder von seinem Feind oder deinem Feind, sondern von einem Feind gesprochen.", gab ich dem Aemilier schlagfertig zurück. "Und bei aller Sympathie für dich und deine Söhne, Aemilius, sehe ich trotzdem nicht, warum hier euer Feind, den ich für nicht verantwortlich halte, weil er keinen Anteil an irgendeiner Entscheidung hatte, jetzt plötzlich auch mein Feind" und damit also für alle hier ganz allgemein ein Feind "sein sollte." Ich zuckte einmal mit den Schultern.
    Denn wandte ich mich Iulius Centho zu. "Es muss doch aber bitte jedem Mitglied eines Stabs klar sein, dass es immer ein Risiko ist, in irgendeinen Krieg" ob nun einen inneren Bürgerkrieg oder einen Krieg gegen äußere Feinde Roms "aktiv einzugreifen! Wer sich entscheidet, nicht neutral zu sein, und wer sich entscheidet, sich stattdessen einzumischen, der muss natürlich auch das Risiko kennen, dass man ihn während des Krieges oder danach für diese Entscheidung dann auch irgendwie zur Verantwortung zieht." Denn wer die Macht hatte, Entscheidungen zu treffen, der war am Ende dann eben auch verantwortlich für die getroffenen Entscheidungen. Ganz einfach.


    Dann ging es um das Verhältnis zum Vescularius. "Bei aller Abneigung gegen diesen Mann, was ist denn so verwerflich daran, freundschaftliche Bande zu einem vom Kaiser ernannten und legitimierten Stadtpräfekten zu knüpfen?", stimmte ich dem älteren Iulier zu. "Im Garten dieses Hauses steht zwar ein kleiner Apollo-Schrein, aber deswegen können die Iulier ja noch lange nicht alle hellsehen." Normalerweise war Religion ja nicht so mein Thema. Aber diese Spitze konnte ich einfach nicht auslassen. "Oder verurteilst du auch mich dafür, dass ich mich aus ganz egoistischen Gründen ins Klientel eines Stadtpräfekten begeben habe?", fragte ich unschuldig, aber trotzdem irgendwie auch provokativ. "Der einzige Unterschied: Mein Patron Decimus weiß, wie man sich in guter Gesellschaft verhält und hat, als er die Chance hatte, den Thron zu besetzen, nicht einfach alle Macht an sich gerissen und damit einen Bürgerkrieg ausgelöst." Zum Glück. Denn auch wenn ich liebend gerne eine Kaiserklientin wäre, gönnte ich es dem jüngeren Aquilius tausendfach mehr, den Titel Caesar zu tragen, als ich es einem gewissen anderen Jemand gönnte.
    Nur eine Anschuldigung ließ sich nicht ganz so einfach wegwischen: "Du warst der Erste im Senat, der der vescularischen Thronbesteigung seinen Segen gegeben hat?", fragte ich mit entsetztem Erstaunen Iulius Centho. Denn wie gesagt: Wer Entscheidungen traf (und das machten die Senatoren ja im Senat), der war eben auch verantwortlich für diese Entscheidungen. Ein Glück, dass der Cornelius mittlerweile tot war....


    Ja. Und dann war da ja noch der Horatier. Tze. Was für eine Mimose! "Ob der im Senat wohl auch so schnell eingeschnappt ist und aus der Curia Iulia flieht, sobald ihm die Meinung von irgendwem nicht passt?", fragte ich ohne Verständnis für dieses kindische Verhalten, nachdem der Vetter meines Mannes mit dem Gast zur Haustür verschwunden war. Dabei hatte ich doch gar nichts gegen ihn und seine Horatier gesagt! Und wenn ich das richtig verstanden hatte, dann war auch seine Tochter ja noch nichtmal verlobt mit diesem Volcatius. Da brauchte er deswegen doch nun kein so großes Fass aufzumachen! - Der Aemilius verstand die Reaktion des Horatiers offenbar auch nicht ganz. "Ja.", stimmte ich ihm zu. "Du kannst ihm ja bei eurem nächsten Treffen ausrichten, dass es mir furchtbar Leid tut, was ich gesagt habe. Und dass ich mich in Zukunft davor hüten werde, ihm nochmal die Wahrheit ins Gesicht zu sagen." Ich schüttelte mit dem Kopf. "Auch wenn ich es eigentlich nur gut gemeint habe mit ihm." Aber wenn er lieber die Augen vor der Wahrheit verschließen wollte... bitte.. dann sollte er das tun. Dann hatten die Volcatier wenigstens etwas Gesellschaft auf ihrem absteigenden Ast. Die Zukunft der Horatier war ja nicht mein Problem.

    Dem Mann mit dem Speer in der Brust .. "Oh, dem sicherlich. Dem ist das sicherlich egal.", stimmte ich zu. "Aber du warst es doch eben, der davon gesprochen hat, dass dein Sohn vom Feind" und nicht etwa nur von einem anderen Römer mit dem gleichen, beschissenen Schicksal, in einem Bürgerkrieg kämpfen zu müssen, "erschlagen wurde. Und entschuldige, aber du siehst nicht so aus, als würde dir gerade ein Speer in der Brust stecken." Klang vielleicht etwas hart für einen Vater, der seinen Sohn im Krieg verloren hatte. Aber trotzdem. Ich verwehrte mich dagegen, dass er einen anderen Römer, der vielleicht nicht besser oder schlechter war als sein Sohn, als einen Feind titulierte. Das fand ich nicht richtig. Auch und gerade wegen einiger Verwandter: Ein entfernter Onkel oder so, Sergius Lupus, hatte zum Beispiel in den Mannschaftsrängen bei den Stadtkohorten gedient. Und was konnte bitte der dafür, dass sich sein Kommandeur dazu entschieden hatte, dass die Stadtkohorten den Vescularius unterstützten? Antwort: Der konnte dafür genauso wenig wie ein Centurio der Prätorianer etwas dafür konnte, dass sich dessen Kommandeure (darunter auch einer, den ich überhaupt nicht leiden konnte) für die gleiche Seite entschieden hatte. Entschieden. Das war nämlich der runde Punkt. Und da spielte es auch erstmal keine Rolle, welche "Gründe", welches "Wissen" oder "Unwissen" ein Kommandeur gehabt hatte. Denn Kommandeure kommandierten. Und Kommandeure entschieden.


    Dann faselte der Aemilier etwas von Loyalitäten und der ältere Iulius fühlte sich offenbar davon angegriffen und versuchte sich zu verteidigen. "Aber natürlich hat ein Tribun auch andere Möglichkeiten.", musste ich zuerst dem Iulius widersprechen. "Wer sich nicht mit einem Eid für zwanzig-dreißig Jahre dem Heer verpflichtet und noch dazu im Kommandostab seiner Einheit sitzt, der muss ja Möglichkeiten haben." Das ging ja gar nicht anders."Etwas anderes ist es natürlich, wenn man, wie Marcus und du, keine Truppen befehligt oder wenn man nur ein kleiner Soldat in den Mannschaftsrängen einer Einheit ist." Die Spitze ging hier also nur gegen einen Iulier. "Aber wer im Kommandostab einer Einheit ist oder am Ende sogar selbst der Kommandeur ist, der hat immer Möglichkeiten. Und immer auch eine Wahl, sich zu entscheiden." Ich sah zurück zum Aemilier. "Aber entschuldige, ich habe das gerade nicht ganz mitgekriegt. Ich war ja auch seinerzeit noch in Alexandrien." Und damit fein raus. (Aber das nur am Rande.) "Unter dem Vescularius .. also nach dem Tod des letzten Ulpius .. was kreidest du dem Vetter meines Mannes da an?" Das wollte ich jetzt aber doch mal genauer wissen. Denn den missbilligenden Blick hatte ich natürlich mitbekommen. Und ich nahm mir natürlich das Recht heraus, die Familie meines Mannes auch mal etwas anzustacheln, wenn sie es (im Fall von Iulius Proximus) verdiente. Das hieß aber natürlich nicht, dass ich dieses Recht zur offenen Kritik in diesem Haus automatisch auch anderen zugestand. Denn das tat ich nämlich nicht.


    Und auch die Geschichte mit dem Horatius nahm etwas Fahrt auf. Der fühlte sich offenbar etwas auf den Togasaum getreten von mir. "Natürlich meinte ich das nicht so.", gab ich erstmal lächelnd dem älteren Iulier recht, nachdem ich dem jüngeren einen bösen Blick zugeworfen hatte. Denn wer ein Mann sein wollte, der sollte sich gefälligst auch so benehmen wie einer und nicht beim Essen .. nur ans Essen denken (so paradox sich das auch anhörte). Aber zurück zum Horatius: "Denn auch mein sergisches Geschlecht ist ja uralt und führt sich in direkter Linie zurück auf Sergestus, einen treuen Gefolgsmann des Äneas." Das musste ich natürlich besonders betonen in diesem Haus. Denn der Iulier hier hatten ja nicht ansatzweise eine so lange Ahnenreihe. (Die nichtmal 200 Jahre waren ja nichts verglichen mit den über 1200 Jahren sergischer Geschichte!) "Aber trotzdem .. oder genau deswegen." Ich sah den Horatius bedeutungsschwer an. "Die Zeiten haben sich geändert. Heute sitzen Kaiser auf ihrem Thron auf dem Palatin und lenken von dort aus uneingeschränkt die Geschicke eines ganzen Imperiums. Ganze Dynastien geschichtsträchtiger Familien sind da in den letzten 200 Jahren durch Bürgerkriege, Proskriptionen, und, und, und auf der Strecke geblieben." Ich nahm meinen Trinkbecher und schwenkte ihn beiläufig ein bisschen. "Was meinst du, wie lange der Aquilier tatenlos dabei zusehen würde, wenn ein Vocatier, der über zwei Ecken mit seinem cornelischen Vorgänger verbandelt war, wieder neu nach Macht und Einfluss strebt?" Ich zuckte unterkühlt mit der rechten Schulter. "Wenn du also mich fragst, dann sind die Vocatier seit dem Amsantritt des Aquilius auf jeden Fall auf einem absteigenden Ast. Und vielleicht überdauern sie die nächsten Jahrzehnte, kann gut sein. Aber setzen würde ich darauf nicht. Und mich darauf verlassen schon gar nicht." Ich benetzte leicht meine Lippen."Denn am Ende erwischt es eben nicht jede Familie so glimpflich und gut wie die Flavier." Und darauf trank ich.

    Och, darauf stieß ich doch gerne an! Ich erhob meinen Becher und nickte lächelnd und trank (ohne dieses lästige Opfern für die Götter) einen winzigen Schluck. Für viel mehr hatte ich ja auch gar keine Zeit. Denn ich musste mich ja um die beiden Auguren-Gäste.. "kümmern" und dafür sorgen, dass ihnen (und auch dem lieben Gastgeber hier) nicht langweilig wurde....


    Ich sah also zum Aemilius und stellte fest: Der war nicht nur höflich (und für mich aufgestanden), sondern auch noch schlagfertig. Ein anerkennendes Nicken meinerseits. Aber zu seinem Pech: Schlagfertig konnte ich auch sein, wenn ich wollte. "Natürlich. Wer mich angreift ist mein Feind." Imaginärer Trommelwirbel.... Tusch: "Aber er ist doch trotzdem nicht allgemein ein Feind. Schon gar nicht, wenn er auch selbst ein Römer ist.", zog ich eine klare Trennlinie zwischen einem allgemeinen Feind (und so hatte sich der Aemilier ja geäußert) und einem persönlichen Feind. Das war vielleicht etwas spitzfindig. Ja. Aber mit Feinden, da kannte ich mich halt aus. Das war so eine Art "Spezialgebiet" von mir. "Deswegen würde ich auch den armen Tropf, der sicher direkt nach deinem Sohn auch selbst ein ähnliches Schicksal erlitt, nicht als einen Feind sehen. Ganz anders als ein hochrangiges Stabsmitglied einer Einheit oder der Kommandeur selbst. Denn die entscheiden ja erst, auf welcher Seite sie stehen und gegen wen sie kämpfen." Einen kleinen Miles oder Legionarius (oder auch noch Centurio) konnte doch niemand dafür verantwortlich machen, dass er seinen Eid erfüllte und den Befehlen seines Kommandeurs folgte. Verantwortlich für das Kämpfen und Kriegen und gegenseitige Töten war für mich also nicht der kleine Soldat, sondern der Kommandeur, der gerade in so einem Bürgerkrieg ja sehr frei darin war, zu entscheiden, auf welche Seite er sich stellte und gegen wen er ins Feld zog. "Oder siehst du das etwa anders?", fragte ich unschuldiger als ich war.


    Und auch dem Horatius hatte ich natürlich noch ein bisschen was entgegen zu setzen: "Mit einem Volcatius?", tat ich überrascht. "Befinden sich die Volcatier nicht auf einem immer weiter absteigenden Ast? Gerade nachdem der Cornelius Augustus ja lieber dem Senat die Wahl seines Nachfolgers überlassen hat, als einfach den Mann seiner einzigen Tochter zu seinem Thronfolger zu erklären?" Und seither hatte zumindest ich nicht mehr viel gehört von diesen Volcatiern. Ich sah zum älteren Iulius. "Und sag mal, gab es da nicht auch mal diesen einen Volcatius, der sechs" Ich sah mit pikierter Miene zurück zum Horatier. "sechs Finger hatte? Sechs an jeder Hand." Nein, das Risiko wollte der Horatier doch nicht wirklich eingehen, oder? Am Ende hatte auch sein Enkel.. zwölf Finger und ein drittes Auge auf der Stirn. "Hier", sprach ich den jüngeren Iulier an, "zeig du mal unserem Gast deine Hände. Und erklär ihm, warum die Iulier nicht auf einem absteigenden, sondern einem aufsteigenden Ast sind." Erwartungsvoll sah ich den Jungen an. Denn allein an diesem Tisch lagen ja hier mindestens 3-4 gute Gründe, die er einfach nur erkennen und dem Horatius aufs Brot schmieren musste. Eigentlich keine große Kunst.



    Der neuste Auftrag seiner Chefin war am Ende an dem Notarius Papirius Carbo hängen geblieben. Seine Aufgabe: Einen Termin für die Procuratrix a memoria beim Procurator Familiarum Gladiatoriarum organisieren. Leichter gesagt als getan. Denn dafür musste Carbo natürlich erstmal wissen, wo dieser Prokurator denn überhaupt zu finden war. Es ergab sich also die erste Unteraufgabe: Den Amtssitz des Procurator Familiarum Gladiatoriarum ausfindig machen.


    Und genau dafür war Carbo nun erstmal hierher gekommen. Zum Ludus Magnus. Denn wenn jemand wusste, wo dieser Procurator Familiarum Gladiatoriarum zu finden war, dann doch sicher die Leute in der größten Gladiatorenschule von Rom! Also klopfte der Notarius einfach mal an die Tür, wartete, bis jemand ihm öffnete, und erklärte dann sein Anliegen: "Hallo. Ich bin im Auftrag meiner Chefin, der Procuratrix a memoria, unterwegs. Sie braucht einen schnellen Termin beim Procurator Familiarum Gladiatoriarum. Du weißt nicht zufällig, wo ich diesen Mann oder sein Officium finden kann, um da einen Termin für meine Prokuratorin auszumachen?" Ein hoffnungsvoller Blick rundete die letzte Frage ab.



    Der Kaiser hatte mir die Aufgabe übertragen, die Einweihung vom Ulpianum zu organisieren. Eine der wichtigsten Unteraufgaben: Ich musste die Budget-Frage mit dem A Rationibus klären. Denn ohne Geld ging gar nichts. Schon gar nicht in Rom. Also nahm ich mir eine leere Wachstafel und versuchte mich an einer ersten Kostenaufstellung.. und stieß schon gleich zu Anfang auf ein Problem: Ich hatte nicht den blassesten Dunst davon, wie viel Geld ich für Brotspenden brauchen würde. Oder für die Gladiatorenkämpfe. Oder für die Deko. Oder für die Ankündigung. Denn ein paar Aushänge konnte ich ja noch von meinen Notarii anfertigen lassen. Aber eine richtige Großveranstaltung wollte auch richtig angekündigt werden. Da brauchte man nicht nur Aushänge, sondern auch Ausrufer auf dem Forum. Und die kosteten bestimmt Geld. Hm....


    Da kam mir ein Gedankenblitz: Wenn ich selbst nicht wusste, wie viel zum Beispiel die Brotspenden kosteten, dann delegierte ich die Aufgabe eben einfach. "Die Abteilung des A Rationibus", redete ich zu mir selbst, während ich schrieb, "hat für eine angemessene kaiserliche Brotspende zu sorgen." Problem gelöst. Sollte sich der A Rationibus mit der Frage quälen, wie viel angemessen war und wie viel Zaster er dafür locker machen konnte. Ich überlegte weiter: "Kosten für die Dekorationen. Von den irgendwelchen Blumen bis hin zu.. allem, was man da eben sonst noch so an Deko braucht. Sowas hat der A Rationibus garantiert schon so oft aus der Staatskasse finanzieren müssen, dass er im Schlaf weiß, wie viel das kostet und wo und von wem man das Zeugs organisiert." Das delegierte ich also auch. Nächster Punkt: "Die Gladiatorenspiele." Die konnte ich nicht einfach delegieren. Denn am Ende sparte der alte Plennius noch an der falschen Stelle! Und dann saß halb Rom da, erwartungsvoll im großen Kolosseum, und es kämpften irgendwo unten im Arenasand nur zwei kleine, schmale Kampfgockel.. weil die am billigsten und im Sonderangebot waren. Tze. Das konnte ich mir schon lebhaft vorstellen. "Nein, das muss ich selbst machen." Und am besten tauschte ich dafür auch nochmal die Reihenfolge: Denn wenn ich erst zum Procurator Familiarum Gladiatoriarum ging und erst dann zum alten Plennius, dann war die Gefahr geringer, dass ich am Ende nur dumm und ahnungslos dastand. (Sowas wie: Ich beantragte 5.000 Sesterzen für die Spiele. Der Plennier genehmigte sie mir grinsend. Und dann kosteten die Spiele am Ende 50.000 Sesterzen und ich musste nochmal beim Plennius ankriechen und um eine satte Aufstockung bitten. - Nein danke!)


    Und damit.. "Ja, Problem gelöst." Denn so musste ich ja jetzt doch erstmal noch keinen Kostenplan erstellen. Stattdessen stand vorher nun erstmal der Gang zum Procurator Familiarum Gladiatoriarum an. Und ganz ehrlich? Ich hatte nicht den leisesten Schimmer, wo der überhaupt seinen Amtssitz hatte. "Aber ich muss mich ja eh erstmal ankündigen." Genau. Und das machte ich als Prokuratorin natürlich nicht persönlich, sondern da schickte ich einen Boten. "Ich brauche einen Cursor!", rief ich durch die geschlossene Tür und hoffte, dass ich auf der anderen Seite gehört wurde. Und tatsächlich: Cornelianus trat ein. "Ich brauche einen Termin beim Procurator Familiarum Gladiatoriarum. A-sap." Der Notarius guckte dumm. "As soon as possible. Das ist griechisch für: So schnell wie möglich." Der Kerl nickte und zwitscherte ab. Und ich machte in Gedanken gleich das nächste Häkchen. Suche nach dem Amtssitz dieses Prokurators mit dem scheußlich langen und unhandlichen Titel: Erfolgreich delegiert. Sollte doch der Cornelianus der Dumme sein, der erst ewig suchte! Hauptsache ich war es nicht.