„Ja, eines Tages!“, sagte sie und wollte so gerne daran glauben, dass es so sein würde. Allerdings gab es etwas in ihr, was sie zweifeln ließ. Wie tief war denn Avianus´ Liebe, die er für sie empfand? War sie so stark, dass sie selbst die größten Hürden überwinden konnte, die zwischen ihnen lagen. Beroe war sich da nicht so sicher, behielt aber ihre Gedanken für sich, denn sie wollte nichts zerstören, was sich an diesem Abend zwischen ihnen entwickelt hatte. Es war doch besser, einfach nur den Augenblick zu genießen, als sich Sorgen um die Zukunft zu machen. Niemand wusste, was morgen war.
Und im Augenblick sah es so aus, als wolle er sich nicht von ihr trennen, was letztlich auch daran lag, da sie es ihm schwer machte, zu gegen. „Ja, ich weiß. Aber sieh mal, es ist schon ganz dunkel. Wie willst du da zurückfinden. Bleib doch lieber noch ein bisschen. Wenigstens bis es anfängt zu dämmern. Außerdem friert es mich. Du musst mich warm halten… sonst erfriere ich noch.“ Sie schmiegte sich noch dichter an ihn, nicht nur weil sie wollte, dass er blieb. Nein, es war inzwischen auch frisch geworden. Dummerweise hatte die keine Decke mitgenommen.
„Weißt du was, begann sie auf einmal, nachdem sie eine Zeitlang die Sterne beobachtet hatte. „Es gibt noch so vieles, was ich gerne lernen möchte. Zum Beispiel schreiben… wenn ich schreiben könnte, dann wäre alles viel einfacher. Dann könnte ich dir auch meine Gedanken mitteilen, wenn ich nicht bei dir sein kann.“ Das hatte Beroe schon lange beschäftigt, lesen und schreiben zu lernen. Warum sie es grade jetzt zur Sprache brachte? Wenn nicht jetzt, wann dann?!
Beiträge von Iunia Sibel
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Sie hatte sich also doch nicht verhört. Er hatte genau DEN Salinator gemeint, den einstigen Kaiser Roms, der das Imperium in einen Bürgerkrieg gestürzt hatte und wegen dem sie eigentlich nun auch frei sein sollte, wäre sie Silanus nicht über den Weg gelaufen. Im Grunde war ihr egal, dass der Fette nun tot war und irgendein anderer jetzt Kaiser geworden war. Für sie gab es wichtigere Dinge im Leben, als Politik.
„Aha“, kommentierte sie das Ganze vorerst. Sie brachte erst mal Zeit, um die ganze Tragweite dieses Auftrags erfassen zu können. „Ja und? Hast du sonst noch ein paar brauchbare Informationen? Wie heißt sie und was noch viel wichtiger ist, wie sieht sie aus?“ Beroe hatte inzwischen ihre verängstigte Haltung aufgegeben und war wieder etwas näher gerückt. Die Sache begann sie zu interessieren. Außerdem wusste sie nun, dass er sie noch eine Weile gebrauchen konnte. Dann würde er ihr auch nichts mehr antun… vorläufig jedenfalls.
Plötzlich kam ihr plötzlich die Idee, vielleicht Avianus bei nächster Gelegenheit darauf anzusprechen. Vielleicht wusste er ja etwas, über diese mysteriöse Frau zu sagen. Schließlich war er ja Prätorianer und die hatten sogar für Salinator im Bürgerkrieg gekämpft.
„Na ja, also ich kann mich bestimmt mal umhören,“ meinte sie dann. „Und… du bist mir dann gar nicht mehr…. böse… wegen deinem… Anteil?“, fragte sie vorsichtig. -
Scheinbar gab er sich mit dieser Antwort zufrieden. Natürlich konnte Beroe nur vermuten, dass er ihr auch glaubte. Doch sie beide waren an diesem Abend so sehr aus sich herausgegangen, wie sie es vielleicht noch nie zuvor getan hatten und hatten deshalb auch einander so viel Vertrauen geschenkt. Nein, sie vermutete nicht, sie war sich ganz sicher! Er hatte es verstanden, was sie ihm sagen wollte. Ihre Arbeit war wie jede andere auch. Man verkaufte etwas und gab etwas von sich her. Im Prinzip tat ein Händler der Obst, Gemüse oder was auch immer verkaufte, nichts anderes. Wenn er wollte, dass seine Kunden wiederkamen, war er freundlich zu ihnen und ging auf deren Wünsche ein. Nichts anderes tat sie. Allerdings verschloss auch sie sich nicht vor dem fahlen Beigeschmack den ihr Beruf hervorrief. Jeder andere, der sie nicht kannte, sah in ihr nur die Straßenlupa. Nur er nicht, so glaubte sie, er sah in ihr die Frau, die er liebte. Und nichts hätte sie an diesem Abend daran zweifeln lassen, dass dem so war.
„Ja, natürlich. Ich bin froh, dass du so denkst,“ meinte sie erleichtert. „Schließlich muss ich ja irgendwie meinen Lebensunterhalt verdienen. Aber glaube mir, wenn es etwas Besseres gäbe, was ich tun könnte, würde ich es sofort machen.“ Dann wäre auch diese Kluft, die sie trennte, überwunden. Beroe hatte immer davon geträumt, eines Tages ein gutes Leben leben zu können. Vielleicht war dies ja auch eines Tages möglich. Zumindest, so dachte sie, hatte sie heute Abend den Grundstein dafür gelegt. Die wahre Liebe erleben, war ein wichtiger Baustein zu dem, was sie für sich erträumt hatte.
Irgendwann, es war inzwischen schon ganz dunkel geworden, geschah das, wovor sie sich so sehr gefürchtet hatte, es waren genau diese Worte gewesen. Sie konnte es nicht ertragen, darüber nachzudenken, wie sie sich fühlen würde, wenn er sie hier alleine zurückließ. Beroe seufzte nur leise, doch in ihrem Inneren hätte sie laut aufschreien können. Sie wusste ja, dass er gehen musste. Aber hatte heute Abend nicht schon so viele Konventionen gebrochen, warum nicht auch noch diese?
Noch blieb er bei ihr liegen und machte auch gar keine Anstalten, zu gehen. „Bitte bleib noch ein bisschen!“, flüsterte sie und legte ihren Arm um ihn, als ob sie ihm so klarmachen wollte, wie ungern sie ihn gehen lassen wollte. -
Auch Beroe würde diesen Abend sicher niemals vergessen. An diesem Abend hatte sie begonnen, wirklich zu leben. Wie hatte sie nur all diese Jahr ohne Liebe überstehen können? Sie hatte endlich erleben dürfen, dass es auch für sie ein bisschen Glück auf der Welt gab, jedenfalls für den Augenblick. Es war schon ewig her, seit sie wirklich glücklich gewesen war. Er war es, der ihr das Glück zurückgebracht hatte!
Nun lag sie ganz friedlich in seinen Armen. Die Stille dieses idyllischen Ortes vervollkommnete diesen intensiven Moment. Nichts in der Welt, weder Worte noch Taten, hätte das übertreffen können. Hätte dieser Augenblick doch nur für alle Ewigkeit Bestand haben können. Eines war ihr an diesem Abend bewusst geworden, nichts und niemand würde ihr diese wunderbare Erfahrung nehmen können und ebenso würde sie niemand mehr trennen können. Diese Liebe, die in ihr und auch in ihm entbrannt war, würde sie zusammenschweißen. Und Beroe war bereit, für diese Liebe zu kämpfen. Niemals wieder würde sie ihn einfach so gehen lassen. Und auch wenn er am Tage nicht bei ihr sein konnte, würde er doch in ihrem Herzen wohnen. Allein das zählte!
Irgendwann durchdrang seine Stimme die Stille. Beroe antwortete nicht sofort auf seine Frage. Natürlich hatte er nicht gänzlich ausblenden können, was sie war. Dafür hatte sie auch Verständnis. Denn sie glaubte, dass es von großer Wichtigkeit war, darüber zu sprechen. Nichts, auch dieses Thema nicht, sollte zwischen ihnen stehen. „Ich habe schon sehr viel erlebt. Die meisten Männer, die zu mir kommen, benutzen einfach nur meinen Körper. Ich empfinde nichts, wenn sie das tun. Das habe ich gelernt, als ich noch Sklavin war. Manche sehen in mir die Frau, die sie begehren, die aber unerreichbar für sie ist. Natürlich kann es passieren, dass ich ab und an so etwas wie Lust dabei empfinde… aber das ist nicht das Gleiche, was ich in deiner Nähe fühle,“ erklärte sie lächelnd. Und im gleichen Moment fragte sie sich, wie es dabei mit ihm stand. Viele der römischen jungen Männer suchten ihre ersten Erfahrungen im Lupanar.
„Und was ist mit dir? Gab es da schon mal eine Frau?“ -
Warum verdammt nochmal klärte er sein Problem nicht einfach mit Silanus (am besten nur unter vier Augen), statt sie hier dermaßen in Todesangst zu versetzten? Wenn er endlich seinen Dolch wegstecken würde! Beroe konnte nicht mehr. Er fügte ihr Schmerzen zu und quälte sie.
„Bitte töte mich nicht! Ich befolge doch nur, was Slanus mir sagt.“ jammerte sie. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sich in seinem Kopf wohl endlich eine Maschinerie in Gang gesetzt hatte, die ihm nun sagte, dass es wohl besser war, die Sache mit Silanus selbst zu klären. Na bestens! Das bedeutete allerdings noch lange nicht, dass er jetzt von ihren Haaren abließ.
„Ja, ich weiß, wo das ist!“ Wenn er sie gehen gelassen hätte, wäre sie auch ohne Umschweife dort hingegangen. So musste er sie eben dorthin schleiften. -
Ohne zu zögern nahm er ihre Gabe an, indem seine Hände sie zärtlich liebkosten. Sibels Atem ging noch schneller. Ihr Verlangen wuchs in unermessliche. Sie konnte es kaum erwarten, bis auch er sich ihr zum Geschenk machte und mit ihr zu einem verschmolz. Mit ihren Schenkeln hatte sie seinen starken Körper umschlossen. Keuchend hatten ihre Lippen die seinen gesucht. Voller Leidenschaft forderte er nun ein, was sie ihm mit Freuden gab und führte sie so zu zur vollen Hingabe, zu einem Feuerwerk der Lust. Niemals zuvor hatte sie es so intensiv genossen und sie hätte sich gerne gewünscht, dass es niemals enden würde, selbst als sie es als süßen Schmerz empfand.
Ihre verschwitzten Leiber lagen nun nebeneinander im Gras. Nur langsam beruhigte sich ihr Atem wieder. Sie war noch immer so erfüllt von dem, was soeben geschehen war. Als er ihr sagte, dass er sie liebte, umschlang er sie mit seinem Arm und zog sie zu sich. Lächelnd beugte sie sich über ihn. „Ich liebe dich auch. Mehr als alles andere!“ Dann küsste sie ihn und schmiegte sich wieder in seinen Arm. Ja, so sah vollkommenes Glück aus! Sie dankte den Göttern, dass sie ihn zu ihr geführt hatten. Endlich hatte auch sie erfahren dürfen, wie schön das Leben sein konnte. Niemals hatte sie sich lebendiger gefühlt, wie in diesem Augenblick. Und auch er musste wohl ähnlich fühlen. So ungezwungen wie in diesem Moment hatte sie ihn selten erlebt. Endlich hatte er all den Ballast abgeworfen, der ihn so bedrückt hatte. Carpe diem… oder sollte es besser carpe noctem lauten?
Inzwischen hatte es bereits zu dunkeln begonnen, die ersten Sterne standen am Himmel und blickten zu ihnen herab. „Du hast mir heute Abend ein wertvolles Geschenk gemacht. Du hast mir gezeigt, was wirklich Liebe ist,“ flüsterte sie ihm ins Ohr . -
Ein Schauer durchzuckte ihren Körper, als seine Lippen begann, ihre Brust zu liebkosen. Ihr Atem ging schneller und mit jeder seiner Liebkosungen begann sie lustvoll zu seufzen. Ihre Hände ermunterten ihn dabei, fortzufahren indem sie sich immer fordernder in sein Haar gruben und schließlich weiter nach unten über seinen Rücken strichen.
Sanft begann sie nun mit ihren Händen auch seine Tunika nach oben zu schieben, um ihn auch von diesem Stoff zu befreien, damit sie nichts mehr trennen sollte. Nachdem sie ihn von seinem Kleidungsstück entledigt hatte, landete es auch kurzerhand neben ihnen im Gras, so wie es vorher auch der Gürtel getan hatte. Endlich konnten nun auch ihre Lippen sich mühelos den Weg zu seinem befreiten Oberkörper bahnen, um sie voller Leidenschaft zu liebkosen. Dabei wanderten ihre Hände nun noch etwas tiefer, bis sie endlich ihr vorläufiges Ziel erreicht hatten.
Es fühlte sich so gut an, ihn so nah bei sich zu spüren. Aber Sibel wollte noch mehr. Sie wollte sich ihm an diesem Abend zum Geschenk machen. Sie sollte ihm ganz allein gehören, jetzt und für alle Zeit. So ließ sie kurz von ihm ab, um sich nun auch endgültig ihre eigene Tunika abzustreifen. Nun gab es nur noch ihn und sie. Lächelnd forderte sie ihn auf, ihre Gabe anzunehmen. Dabei führte sie seine Hand über ihren Körper hinunter bis zu den unentdeckten Gefilden ihres Körpers. Sie wollte es, wie sie noch nie etwas gewollt hatte und sie wusste, dass er ihr geben würde, wonach sie sich sehnte. Dabei geschah dies nicht nur aus reiner Lust, nein dies war viel mehr! Es war zweifellos Liebe, was sie für ihn empfand. Unbändige Liebe, ein Gefühl welches sie in dieser Weise noch niemals vorher für einen Menschen empfunden hatte. Vielleicht war dies nun auch der Grund, weshalb sie so trunken davon war. -
Etwas in Sianus' Blick hatte sich geändert. Sie war sich ganz sicher. Entweder war dies eine neue Variante seines beliebten aber kranken „Quäle Beroe bis aufs Blut“-Spiels oder aber er war sich dessen bewusst geworden, dass er sie beinahe getötet hatte. Er hätte nur noch etwas fester zudrücken müssen, dann wäre das Leben aus ihrem Körper gewichen. Hätte Avianus keinen wichtigen Platz in ihrem Leben eingenommen, dann hätte sie sich gewünscht, dass er fester zudrückte.
Ganz gleich, was Silanus nun vorhatte, Beroe verharrte weiter zusammengekauert in sicherem Abstand zu ihm. Doch er überraschte sie nun wirklich! Sie glaubt schon, falsch zu hören oder gar zu träumen. Es war nicht nötig? Hatte er das wirklich gesagt? Beroe traute ihm keinen Deut über den Weg. Lass uns etwas anderes probieren… Uns? In diesem Spiel gab es doch gar kein „Uns“! Es gab nur ihn. Er hatte sie sich einfach genommen und hatte sie zu seiner Sklavin gemacht. Nein, es gab kein uns und es würde auch nie eines geben!
Statt dem Geld sollte sie Informationen beschaffen… über wen? „Die Konkubine von Salinator?“, wiederholte sie fragend. „DEM Salinator?“ Das war doch ein schlechter Scherz! Wie sollte sie jemanden finden, den sie gar nicht kannte? -
Wie hatte sie nur einen Augenblick denken können, er wolle sie verlassen? Endlich offenbarte er seine wahren Gefühle und ließ ihnen freien Lauf. Es zählte nur das Jetzt und hier! Sonst gar nichts. Aus ihm schien nun endlich das ausbrechen zu können, was er wohl schon so lange zurückgehalten hatte. Und Sibel zögerte keinen Moment lang, ihn aufzufangen. Auch in ihr hatte sich vieles aufgestaut. Dinge, die sie ihm zu gerne gesagt hätte, Gefühle, die sie die ganze Zeit unterdrückt hatte, weil sie geglaubt hatte, er würde sie nicht erwidern oder ihn verschrecken. Schließlich war sie eine Lupa, die mit jedem ging, der ihr Geld bot. Doch bei Avianus sollte dies anders sein. Für ihn allein wollte sie da sein. Für ihn sollte sie eine Frau wie jede andere sein, die einfach nur dem, den sie liebte zeigte, wie tief ihre wahre Liebe war. Bei keinem, dem sie ihren Körper verkauft hatte, hätte sie solcherlei Gefühle haben können. Denn nur ihn liebte sie und ja, er würde alles für sie sein, was sie sich wünschte.
Sie umschlang ihn mit ihren Armen und suchte sich einen Weg unter seine Tunika. Seine Haut wollte sie spüren. Seine auf ihrer Haut. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wollte sie ihn nie wieder loslassen. So sehr hatte sie diese Nähe, die er ihr nun schenkte, herbeigesehnt. Es war das größte Geschenk, das er ihr machen konnte.
Sanft liebkoste er wiederum ihren Hals und die Schultern mit seinen Lippen. Seine Hand wanderte an ihr herab. Mit Freuden würde sie ihn empfangen. Sie konnte es kaum erwarten ihn so nah bei sich zu haben. Mit einer Hand öffnete sie ihre Tunika, damit auch er sie weiter erkunden konnte. Mit der anderen hielt sie ihn fest. -
Ja, dass hatte sie gewusst, oder zumindest hatte sie es geahnt, dass er so dachte. Wahrscheinlich war dies auch der Grund, weshalb sich ihre Gefühle so in diese Richtung entwickelt hatten. Nicht nur weil er für sie eine Stütze war, als sie ihn am dringendsten gebraucht hatte. Wenn er nicht gewesen wäre, dann wäre sie vielleicht schon längst tot, oder was noch schlimmer gewesen wäre, sie wäre so, wie Silanus geworden.
„Weißt du, wenn man als Sklave leben muss, dann stellt sich für dich nicht die Frage, was Morgen oder nächste Woche oder nächstes Jahr ist. Weil du selbst keinen Einfluss darauf, was mit dir geschieht. und genauso war es mit Silanus. Ich nehme den Tag, so wie er kommt und versuche das Beste daraus zu machen. Auch wenn dein Leben unerträglich ist... Und weißt du was? Du bist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist. Wenn du nicht gewesen wärst…“ dann wäre ich wahrscheinlich schon längst tot! Doch diesen Satz sprach sie nicht aus, denn eigentlich wollte sie doch heute Abend nicht solchen negativen Gedanken nachgehen. Eigentlich hatte sie doch vorgehabt, mit ihm zu feiern. Allerdings Gespräch zum Anlass nehmen, um sie für immer zu verlassen.
Dann geschah jedoch etwas, womit sie in dieser Situation niemals gerechnet hätte. Avianus beugte sich zu ihr hin und küsste sie. Einfach so. Sie war so perplex, sie konnte diesen Kuss gar nicht erwidern. Zu schnell hatt er sich wieder von ihr zurückgezogen. War das der Abschiedskuss? Ihre fragenden Augen sahen zu ihm hinüber. Nein, es war kein Kuss zum Abschied. Es war der Kuss eines Neubeginns. Ein Kuss mit dem er ihr seine wahren Gefühle offenbarte. Und damit sie sich auch sicher sein konnte, küsste er sie noch einmal. Diesmal viel länger und intensiver. Sibel umarmte ihr und erwiderte seinen Kuss. Sanft gruben sich ihre Finger in sein Haar. „Du bist alles für mich. Ich brauche dich, wie die Luft zum atmen!“, hauchte sie ihm in sein Ohr. -
Avianus hatte nun ein Thema angeschnitten, mit dem sie sich einfach noch nicht ausgiebig beschäftigt hatte. Beroe hatte andere Sorgen gehabt. Das tägliche Überleben auf der Straße und natürlich die Furcht vor Silanus hatten ihre Gedanken geprägt. Und wenn sie sich tatsächlich einmal gefragt hatte, was mit Avianus und ihr war und was eines Tages sein könnte, hatte sie diesen Gedanken nicht weiter verfolgt. Denn sie lebte nur im Jetzt. Es gab für sie nur gut und böse, schwarz oder weiß. Das Böse war eindeutig Silanus. Sie wusste nur, eine Zukunft mit Avianus wäre wie das sanfte goldene Licht am Morgen, das sie fast immer erlebte, wenn sie hierherkam und das sie so sehr liebte.
Aber was Avianus nun ansprach, war diese Kluft, die ihnen von anderen auferlegt worden war und die schier unüberwindbar schien. Natürlich, sie war nichts weiter als eine geflohene Sklavin und eine Lupa noch dazu. Und er? Garantiert niemand, der sich mit ihr, länger als nötig, abgeben sollte.
„Was die anderen wollen? Wenn es darum ginge, was die anderen wollen, dann wärest du sicher nicht hier,“ antwortete sie und in ihrer Stimme mischte sich nun etwas Verzeiflung mit ein. „Ich kann nicht ändern, was ich bin. Nun ja, ich kann aufhören, als Lupa zu arbeiten. Ehrlich gesagt, täte ich nichts lieber. Aber ich weiß, dass ich dir alles geben würde, was ich habe. Und bei den Göttern, äußerlich gesehen, ist das leider nicht besonders viel. Aber das, was in mir ist, ist so groß, dass du bereits darin einen Platz zum Wohnen gefunden hast. Ich würde selbst meine Freiheit aufgeben, nur um ab und zu bei dir sein zu können.“ Ja, selbst die Freiheit, die ihr immer so wichtig gewesen war und weswegen sie ja eigentlich nach Rom gekommen war, wollte sie für ihn wieder aufgeben.
„Mir ist klar, dass niemals mehr zwischen uns sein kann, wie das, was wir jetzt haben. Ich weiß, dass ich nicht die geeignete Frau an deiner Seite bin. Aber glaube mir, insgeheim gibt es genug Männer, die ihr Glück abseits von Ehe und Familie suchen. Und sie fühlen sich richtig gut dabei!“ Sie sprach da aus Erfahrung. Der alte Aurius hatte sich ganz ungeniert seine Gespielinnen neben seiner Frau gehalten. -
Ja, die Kekse waren ihr diesmal wirklich sehr gut gelungen! Und der Wein passte ganz vorzüglich dazu. Auch Avianus nahm sich einen und aß ihn. „Ja, am frühen Morgen ist es hier wunderschön. Dann sind hier noch keine Leute unterwegs und über allem liegt diese erhabene Ruhe. Man hört nur das Singen der Vögel und den sanften Wind in den Bäumen.“ Eine ähnliche Ruhe empfand nur noch, wenn sie bei ihm war, so wie jetzt. Gab es ein größeres Glück auf der Welt?
Ob er auch so empfand? Er war so still geworden, als ob ihn etwas nachdenklich stimmte. Gab es irgendein Problem. Konnte er in Zukunft nicht mehr zu ihren Treffen kommen? Ader waren die Gründe dafür noch tiefgreifender? Doch dann stellte er ihr diese Fragen.
„Ich weiß es nicht, wohin uns das führen wird,“ antwortete sie ganz ruhig nach einer Weile. „So etwas habe ich noch nie erlebt.... Aber eins musst du wissen, Aulus! Ich will nichts, was du nicht bereit bist, zu geben. Wenn du mich jetzt fortschickst, dann werde ich gehen… Ganz gleich, ob dabei mein Herz zerbricht… oder nicht. Aber ich werde dankbar für jede Minute sein, die ich bei dir sein durfte.“ Ihre Fröhlichkeit war gewichen. Ihre Stimme war ruhig und fest geblieben und ihr Gesicht hatte ernste Züge angenommen. Doch sie lächelte mild, als ihr der letzte Satz über die Lippen gekommen war. -
Endlich ließ er sie los, worauf sie erst einmal heftig nach Luft schnappte und zu husten begann. Außerdem wich sie verängstigt zurück, denn sie wusste ja, wie schnell er sie wieder packen konnte. Einem verängstigten Tier gleich, schaute sie ihn an. Wimmernd saß sie auf dem Boden einem Häufchen Elend gleich.
„Ja, ich habe verstanden, Dominus,“ antwortete sie schluchzend. „Ich zahle dir alles zurück, Dominus. Ich verspreche es.“ Das schöne Leben war in jederlei Hinsicht vorbei! Und wenn er ihr nun damit drohte, ihre Freiheiten noch weiter zu beschneiden, dann würde alles nur noch schlimmer werden.
Einen Moment lang dachte sie an Avianus´ Brief, den sie gut versteckt hatte. Wahrscheinlich würde sie ihn bald brauchen. Wenn der Iunier ihr nur irgendwie helfen konnte! Dabei hatten sie kürzlich noch einen ausgelassenen Abend zusammen erlebt, an dem sie ihre neugewonnene Freiheit gefeiert hatten. Ob Silanus sie gehen lassen würde, wenn Avianus sie freikaufte? Aber nein, darum wollte sie ihn nicht bitten. Niemals im Leben! Vielleicht sollte sie doch zu ihrem Plan zurückkehren, ihn irgendwie aus dem Weg zu schaffen. -
Zufrieden lächelnd setzte sie sich ins Gras. Genau so hatte sie es sich vorgestellt, als sie vor einigen Tagen dieses hübsche Plätzchen entdeckt hatte. Und nun war sie hier mit ihm. Sie hätte ihre Freude, die sie nun empfand nicht in Worte fassen können. Gab es etwas Schöneres?
„Du hast wirklich Glück!“, begann sie schließlich. „Gestern Abend habe ich Honigkekse gebacken. Ich habe uns einige eingepackt.“ Sie kramte in ihrer Stofftasche, die sie dabei hatte und zog ein kleines Päckchen heraus, in dem sich einige duftende Kekse befanden. „Und weil Honigkekse am besten zu Würzwein schmecken, habe ich auch noch etwas Conditum Paradoxum mitgebracht.“ Noch einmal griff sie zu ihrer Tasche und zog einen Schlauch mit dem Getränk heraus. Natürlich hatte sie auch an zwei Becher gedacht, die sie nun füllte. Lächelnd reichte sie ihm einen Becher. „Lass es dir schmecken!“ Dann nahm sie einen kleinen Schluck des würzig-süßen Getränks.
„Diesen schönen Platz habe ich vor einigen Tagen entdeckt. Morgens, als ich hier war, um nach dem Amulett zu suchen,“ fügte sie noch hinzu. nicht dass er am Ende noch glaubte, sie käme mit ihren Kunden hierher. Zu diesem Platz würde sie nur zusammen mit Avianus kommen, denn dieser Platzstrahlte eine besondere Ruhe aus. Das Leben hätte so einfach sein können, wenn es überall so wie hier gewesen wäre. „Es macht mich unheimlich glücklich, zusammen mit dir hier zu sein,“ sagte sie nach einer Weile. „Du machst mich glücklich.“ -
Wer in aller Welt hatte ihr den Floh ins Ohr gesetzt, Silanus könnte auch nur einen Atemzug Mitleid mit ihr haben? Kaum hatte sie die letzten Worte ihres Geständnisses ausgesprochen, da umschloss auch schon seine Hand ihren Hals und drückte ohne Erbarmen zu. Sie war sich sicher, er würde sie nun endlich töten. Sie spürte bereits, wie das Leben aus ihr zu weichen begann. Noch leistete sie zappelnd Widerstand, um wenigstens noch ein bisschen Luft zu bekommen.
Er begann in seinem ruhig eisigen Ton auf sie einzureden, doch die Worte waren ihr einerlei, da sie sie schon so oft gehört hatte. Ihr Ungehorsam ihm gegenüber erwuchs doch einfach nur aus ihrer unstillbaren Sehnsucht nach Freiheit.
Als er offenbar merkte, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde, lockerte er etwas seinen Griff, so dass es ihr möglich war, vorübergehend wieder atmen zu können. Doch wer geglaubt hatte, er würde nun von ihr ablassen, der hatte sich getäuscht. Es schien, als wäre er einem Rausch verfallen – dem Rausch der Gewalt. Zu sehr war er verroht, als dass er hätte ahnen können, wie er sich Beroes Loyalität hätte sichern können. Stattdessen unterdrückte er sie, indem er ihr Gewalt androhte oder ihr Gewalt antat.
Als nun die abgeschnittenen Leichenteile über ihr ausgestreut wurden, versuchte sie zu schreien und zu würgen, doch es ging nicht. Stattdessen glaubte sie nun, gleich ersticken zu müssen. Doch diesen Gefallen tat er ihr nicht. Ein raues kratziges „Ja,“ kam ihr über die Lippen. Auch wenn sie nicht dem ganzen Wortlaut seiner Schimpftiraden gefolgt war. Wenn er sie nur endlich gehen ließ! -
Er fragte, warum! Man merkte es ihm direkt an, dass er in seinem Alltag wenig bis gar nichts mit Frauen zu tun hatte. Dabei lag es doch in der Natur der Frauen, sich für den, den sie liebten… äh mochten, schön zu machen. Und genau da stellte sich doch die Frage, wie viel sie für ihn empfand. War es nicht mehr als nur Sympathie. Oder hatte sich daraus schon mehr entwickelt? Ganz gleich, was es war, sie genoss die gemeinsamen Stunden. Denn hier konnte sie ganz sie sein und war keine Lupa.
„Ja, ich weiß, aber ich wollte eben einfach schön sein für dich. Und mach dir darüber keine Sorgen, was es gekostet hat. Ich habe es mit meinem eigenen Geld bezahlt.“ Für dass sie schließlich gearbeitet hatte!Beroes Freude wuchs noch mehr, als sie in sein erstauntes Gesicht blickte. “Ja, es ist, als wäre ein böser Traum endlich zu Ende.“ Es war so schön auch ihn so fröhlich zu sehen. Von nun ab würde alles nur noch besser werden. Wenn sie an ihre Zukunft dachte, dann sah sie kein hässliches dunkles Bild vor sich, nein, dann war alles in ein leuchtend goldenes Licht getaucht, so wie die Stadt am frühen Morgen, wenn sie sich zu den Gärten aufmachte.
„Ich kenne da einen sehr schönen Platz, den ich kürzlich entdeckt habe… Komm einfach mit!“ Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sich. Ein Stück mussten sie gehen. Vor ihnen tauchte schließlich ein künstlich angelegter Teich auf, dessen Uferbereich von einigen Pinienbäumen gesäumt war. Dort fand sie ein schließlich ein nettes einladendes Plätzchen, auf das sie zusteuerte. „Na, gefällt es dir hier?“ Hier konnten sie sich im Gras niederlassen und auf den Teich hinausschauen. -
Angewidert beobachtete Beroe, wie er ohne mit der Wimper zu zucken die wunde zu nähen begann. Es schien ihm gar nichts auszumachen, als die Nadel in seine Haut eintauchte, vielmehr starrte er sie sogar dabei an. Beroe war dies mehr als unangenehm. Sie wünschte nur, sie wäre nicht so schwach gewesen. Ach, wenn doch nur Avianus hier gewesen wäre. Einer wie er wäre sicher mit Sianus fertig geworden! Aber ihr Prätorianer war nicht hier. Er ahnte nicht mal, wie sehre er von Nöten gewesen wäre.
Und als die Situation nicht schon schlimm genug war, brachte er wieder seinen Anteil zu Sprache. Genau das war das Stichwort, um in Tränen auszubrechen. Ja, Beroe begann jämmerlich zu weinen. sie musste sich nur in Erinnerung bringen, was dort verborgen in dem Säckchen auf den Tisch lag. Und sie wusste, wie unerbittlich er sein konnte. Sie konnte nicht mehr! Sie konnte ihm keine weitere Lüge auftischen. Es ging einfach nicht mehr.
„Ich hab das Geld nicht mehr, Dominus! Es ist alles weg… Ich habe damit die Wachtel und den Würzwein davon gekauft…. Bitte Dominus… sei n nicht so streng mit mir! Ich tue auch alles, was du willst, nur tu mir nicht weh!“ -
Silanus hatte sich auf der Kline ausgestreckt und war damit beschäftigt, die restliche Wachtel aufzuessen. Offenbar störte es ihn kein bisschen, dass der Beutel mit den abgeschnittenen Körperteilen direkt neben dem Teller lag. Beinahe hätte Beroe schon wieder würgen müssen, hätte sie nicht so viel Angst gehabt.
Wieder einmal ließ er sie schmoren und ging zuerst nicht auf Ihre Frage ein. Vielmehr überraschte er sie wieder mit einer Gegenfrage. Natürlich hatte sie Angst. Und wie! Am widerlichsten waren aber die scheinbar tröstlichen Worte, die dann aus seinem Mund folgten. Sie waren so verlogen, so zynisch. Silanus widerte sie einfach nur an. Nur würde es ihm diesmal nicht gelingen, sie dermaßen zu manipulieren, dass sie ihren Hass auf ihn überwinden und sich ihm wieder freiwillig hingeben würde. Wahrscheinlich war ihm sowieso nicht danach, er war ja verletzt!
Schließlich erschien wieder dieses widerwärtige Lächeln auf seinem Gesicht, welches sich zu einer wahren Fratze verzog.Irgendwann jedoch forderte er sie schließlich auf, sich der Wunde zu widmen. Ohne zu zögern kniete sie sich vor ihn hin und begann das getrocknete Blut wegzuwischen. In ihrer Zeit als Sklavin hatte sie mehr als einmal die Wunden ihrer Mitsklaven versorgen müssen. Allerdings handelte es sich dabei meist um Hautverletzungen, wie sie beim auspeitschen entstehen. Diese Wunde hier war tiefer, viel tiefer. Und ihr war klar, dass sie genäht werden musste. Innerlich sträubte sie sich vor dem Gedanken, dass diese Aufgabe ihr zufallen sollte. So war es nicht verwunderlich, als sie seine Frage zuerst mit einem energischen Kopfschütteln beantwortete. „Bitte nicht…Dominus... ich… ich kann das nicht!“, flehte sie ihn an.
Soviel zum Thema erdolchen! Dieser Punkt wurde sofort wieder von ihrer Liste gestrichen. -
Nun war er ihr auf einmal ganz nah, als er ihr ins Ohr flüsterte. Sie konnte seinen Atem auf ihrer Haut spüren. Offenbar hatte er Gefallen an ihr gefunden, auch wenn für sie die Rolle der Patrizierin mehr als exotisch war. Ob diese Prisca ihn tatsächlich so sehr ignoriert hatte, dass er diese Kränkung von einer Lupa auskurieren lassen musste? Offensichtlich, ja! Spätesten als der nächste Schlag ihre Oberschenkel traf und sie sich tatsächlich überwinden musste, nicht vor Schmerzen aufzuschreien, wusste sie, dass es so war.
Wieder wisperte er ihr ins Ohr. Sie sollte ihren Wünschen nachgehen und sollte sich fallen lassen. Dabei spürte sie, wie die Hand, die sie soeben geschlagen hatte, sich nun daran machte, bis dahin unentdecktes Gebiet zu erforschen.
„Nein, niemand muss es wissen!“ raunte sie. Sie ließ sich gehen und genoss es, was für sie gänzlich unüblich im Umgang mit ihren Kunden war. Schließlich war dies ja nun mal ihre Arbeit, bei der sie normalerweise keinerlei Gefühle zuließ. Doch diesmal war es anders. Er war so anders. „Mach weiter!“, hauchte sie, was sicher auch im Interesse ihres Kunden war -
Dieses Wechselbad aus anfänglicher Zärtlichkeit und überraschendem Schmerz hatte sie zu Beginn etwas irritiert, da sie nicht sehen konnte, was er hinter ihrem Rücken vor hatte. Nun aber schien sie Gefallen daran zu finden und wählte ihre Antworten mit Bedacht, so dass das zu erwartende Ergebnis eine wahre Herausforderung für sie und ihn darstellte.
„Nun ja, ein Plebejer und ich, eine Patrizierin… du weißt doch sicher… das kann nicht gut ausgehen! Was sollen die Leute von mir denken!“ Beroe hatte sich zwar kurz gefragt, was in aller Welt denn wohl ein Serg war, hatte dies aber schnell wieder beiseitegeschoben, als sie der nächste Schlag traf, der um einiges härte war, wie der davor.