Ahh, endlich spürte ich Audatas sanfte Finger. Vorsichtig drückte sie ihre Finger auf meine Haut und schob sie in gleichmäßigen Rhythmus meine Schultern entlang. Gleichzeitig dazu drückte sie ihre Daumen fest, aber sanft, in kreisartigen Bewegungen gegen meine Schultern. Das tat wahrlich gut.
Und so nahm ich aus meinen gesamten Leib die Anspannung heraus und fügte mich vollkommen der Frau, die mich die nächsten Minuten verwöhnen sollte. Ein tolles Gefühl, was sich mir da bot.
Ein leiser Seufzer der Befriedigung entglitt mir und ich schloss für einen kurzen Augenblick meine Augen. Erst jetzt, wo ich vollkommen entspannt war, spürte ich die volle Wirkung, die Audata mit ihren Fingern ausübte. So könnte ich auch gut und gerne einschlafen. Nacht für Nacht. Eine schöne Frau neben sich liegend und davor eine beruhigende Massage abstaubend. Ein schönes Gefühl.
Doch so schön das Gefühl und meine Vorstellung doch waren, riss mich Tsuniro erneut zurück in mein Cubiculum zurück.
Sie hatte erneut angefangen loszureden und so durfte ich mich nicht vollends Audatas Handbewegungen hingeben, sondern auch für die zweite Frau im Raume in Ohr haben. Ich hatte meine Augen wieder geöffnet. Schade dass sie so viel erzählte. Nur zu gern hätte ich gewusst, ob sie auch noch andere Dinge so perfekt beherrscht, wie das Herunterrasseln von Worten und Sätzen.
Doch im Moment sollte ich nicht zu meinem Nachteil sein, so ließ ich sie gewähren.
Hätte ich sie nicht darum gebeten, nein, sie hatte es ja angeboten. Hätte ich ihrem Vorschlag nicht zugestimmt mir etwas über den Rest der Familie zu erzählen, so wäre ich nicht so schlau wie jetzt, aber dann hätte sie sich auch anderweitig hier zu schaffen machen können.
Und wie sie immer weiter vor sich her plauderte und erzählte, als sei es das Normalste von der Welt, versuchte ich ihr so gut wie möglich zu folgen. Also gab es hier doch noch eine Frau. Oder doch nicht?
Es hörte sich ganz danach an, als ob niemand so recht sagen konnte, ob sie in der Casa oder außerhalb Romas war. Musste wohl ein recht aufgewecktes Weiblein sein, vielleicht mit einem etwas eigenen Kopf. Aber wie konnte ich das schon beurteilen- ich kannte ja gerade mal ihren Namen. Wie war der noch gleich? Li...Liva...Livall...Livilla! Mensch, würde doch Tsuniro nicht die ganze Zeit dazwischenreden. Egal! Auf alle Fälle würde ich gern diese Frau mal kennen lernen, soviel stand fest. War sie überhaupt schon eine oder war Livilla doch der Name eines Mädchens? Da sie wohl ihren eigenen Kopf hatte und soweit ich das verstanden hatte- macht was sie will, muss sie schon in erwachsenden Alter sein.
Während die beiden Frauen mich mehr oder weniger "bearbeiteten" entschloss ich also, wenn ich ein wenig Zeit hatte, etwas über die Frau herauszufinden und vielleicht ein Treffen zu arrangieren.
Die Ämterverteilung der Familienmitglieder war anscheinend auch recht verteilt. Von der Militärkarriere, über Posten in der Diplomatie, hinzu Schreibern- zumindest so glaubte ich, dass Iulius Crassus dies war -bis hin zu, ja wie sollte man Potitus' Amt nennen?
Doch Audata riss mich aus meinen Gedanken. Eben hatte sie eine besonders harte Stelle an meiner rechten Schulter getroffen, die sie nun vorsichtig mit ihren Fingern bearbeitete. Ob sie es mitbekommen hatte, als ich bei der Berührung der Stelle kurz zusammen zuckte? Jedenfalls tat es unheimlich gut, was sie mit mir machte und ich wollte mehr.
"Ohjaa, das tut gut, Audata!", hauchte ich ihr leise zu. "Das machst du toll."
Nachdem ich sie gelobt hatte, ergab ich mich wieder der Entspannung, schloss die Augen und schwankte zurück zu meinen letzten Gedanken.
Es war also eine Familie, die sich nicht etwa auf ein Amt beschränkt hatte, sondern breit gefächert seinen Arbeiten nachging. Als wir in Misenum mal auf dem Markt waren, hatte er mal gemeint, dass es auch Familien geben würde, die nur ein-zwei verschiedene Ämter einschlagen würden und so diese mit dem Familienmitgliedern besetzten. Man würde praktisch Ämter zum Vorteil der Familien besetzen. Ob dies stimmte, wusste ich aber nicht.
Tsuniro hatte ihre Sache gut gemacht und nachdem nun Stille eingekehrt war- zumindest sprach sie nicht mehr, nachdem ich die Augen geschlossen hatte, musste sie wohl folglich zum Ende gekommen sein. Ich kannte nun die hier lebenden Familienmitglieder und die mal hier gelebt hatten. Zudem wusste ich über die Ämter der Verbliebenen Iulier bescheid. Gab es sonst noch etwas zu wissen? Glaub' nicht. Und ehrlich gesagt wollte ich die Ruhe nutzen und Audatas Handwerk genießen. Aber natürlich konnte ich Tsuniro nicht einfach sitzen lassen. Ich überlegte was ich sagen sollte.
Langsam öffnete ich die Augen.
"Ich glaube nicht, dass auf der Familie ein Fluch liegt.", entschied ich. "Es steckte vielleicht sehr viel Pech und Zufall im Ablauf der Wahlen der vergangenen Versuche von Iuliern, aber ich denke, dass Dives ein schlauer Bursche ist und diesen Zufällen und Pech entgegenzuwirken." Trotzdem ich Dives noch gar nicht kannte, so hatte er doch etwas an sich, was mich für seine Wahl positiv stimmen würde. zudem hatte er selbst gesagt, man sollte sich als Iulier nicht kleiner machen und so konnte ich für Dives nur positive Worte herausbringen.
Würde Dives jedoch wirklich bei den Wahlen scheitern, so würde es wahrlich etwas eigenartig erscheinen. Ein Fluch? Oder vielleicht doch Hilfe menschlicher Hand? Dann schossen mir ihre letzten Worte durch den Kopf. Mit wem sollte ich mich nicht anfreunden? Es verging einen Augenblick der Stille bis es mir wieder einfiel. Dieser Iulius Crassus! Das war doch dieser Schreiberling ... hm ...
"Lass uns kurz zu diesem Iulius Crassus zurück kommen. Du sagtest er sei gemein. Wieso? Hat er etwas Unrechtes getan?"
Mein Blick wanderte nun über Tsuniros Lippen. Schön waren sie. Einen richtigen- wie nannte man das noch gleich? -ah, Kussmund hatte sie. Ein schöner Moment der Ruhe, mit Audatas Händen an meinen Schultern. Hatte sie sich eigentlich breitbeinig auf mich gesetzt, oder wie führte sie ihre tolle Massage durch? Ich wusste es nicht und war auch nicht in der Lage um es herauszufinden. Vielleicht stand sie ja auch auf der anderen Seite neben dem Bett. Ich hob kurz meinen Kopf, durch beim Händedruck Audatas, legte ich ihn wider schnell auf meine vor mir verschränkten Arme.