Beiträge von Susina Alpina

    Die Zurückhaltung mit der Curio seine Schwägerin begrüßte führte - in ihrer Unkenntnis seiner Gedankengänge - eher dazu, dass sich Alpina in ihrer Befürchtung bestätigt sah, dass Curio eine "geschändete" Frau als Schandfleck in der helvetischen Familie ansah. Dutzende Gedanken schossen ihr durch den Kopf während sie mit gesenktem Blick auf ihn zutrat und ihn mit seinem Cognomen grüßte.


    "Salve, Curio..."


    Glaubte er, dass sie Gurox ein williges Opfer gewesen war? Womöglich fand er, dass sie nun entehrt war wie einst Lucretia? Was würde passieren wenn Corvinus davon erfuhr? Würde er sie verstoßen?
    Alpina trat also zögerlich näher. Ihre Stimme war sehr leise, als sie ihren Schwager um sein Gehör bat. Sie stammelte unsicher.
    "....Runa meint...ich sollte... ich muss.... und die Schreckensbilder, die mich schon wieder Nacht für Nacht heimsuchen... kurz... es muss etwas geschehen..."

    Nach dem Gespräch mit Runa über die Ereignisse in der Taberna Medica und im Vorfeld mit Kaeso wollte Alpina zunächst schlafen und sich darüber klar werden, ob und wie sie die Ratschläge der Freundin für sich annehmen konnte.
    Wieder war es eine Nacht mit Alpträumen. Wieder sah Alpina die schockierenden Bilder vor sich, hörte die schneidende Stimme, die Worte, die sich in ihr Gedächtnis eingebrannt hatten. Sie spürte den körperlichen Schmerz obwohl sie doch eigentlich sicher in ihrem Bett lag und sich gebadet und gepflegt hatte.


    Am Morgen entschied Alpina ihren Schwager aufzusuchen. Es war kein leichter Gang und sie hatte Angst davor, doch eines wusste die Raeterin mit Sicherheit. Nie wieder sollte dieser Gurox einer Frau oder einem Mann das antun, was er ihr und Kaeso angetan hatte. Nie wieder.


    Nach einigen tiefen Atemzügen klopfte Alpina an Curios Tür.

    "Das hört sich ja hervorragend an, Octavena!"


    Alpina nahm an der Seite der Schwangeren Platz. Es gab keine schönere Begrüßung als gute Nachrichten. Durch den Stoff von Octavenas Gewand zeichnete sich der mächtige Schwangerenbauch ab. Es war nicht mehr lang bis zum errechneten Termin. Vielleicht 2-3 Wochen, höchstens 4.
    Die Hebamme begann Octavena nach Vorwehen zu fragen und tastete nebenbei die Lage des Kindes im Bauch ab. Das Kleine lag bereits richtig, mit dem Kopf in Startposition. Der Rücken zeichnete sich auf der linken Seite ab. Alles perfekt.


    "Wir sollten dennoch unbedingt eine eingehende Untersuchung vornehmen. Möchtest du dass ich das hier mache?"

    Zitat

    Original Duccia Sivana: So betrat sie nun also das Zimmer und sie konnte sofort sehen, dass es ihrer Freundin überhaupt nicht gut ging. Sofort war sie bei ihr und nahm Alpina in den Arm. „Es .. es tut mir so leid... wir hätten hier bleiben sollen.“ Ja Runa gab sich zum Teil selber die Schuld. Sie hätten Alpina nicht hier zurücklassen sollen. Schließlich war sie ganz allein gewesen. Ihr Mann irgendwo im Nirgendwo. Und Runa hatte nun auch noch den Mann des Hauses aufs Land verschleppt. „Es tut mir so leid.“ Wiederholte sie und hielt Alpina dabei ganz fest. Nein sie stellte keine Fragen. Alpina würde wissen, dass sie mit Runa reden konnte – wenn es sie es denn wollte. Runa selbst würde Alpina nicht drängen über das Geschehene zu reden.


    Als Runa das Cubiculum betrat sah Alpina sie zunächst sehr erleichtert an. Doch schon einen Moment später war ihr bewusst, dass sie nun über das würde sprechen müssen, was sie am liebsten tief in sich verbergen wollte. Runa jedoch wusste, wie sie der Freundin helfen konnte. Sie nahm Alpina in den Arm. Die Hebamme hörte, wie sich die Freundin die Schuld an ihrem Unglück gab. Alpina wollte protestieren und erklären, dass sie ja nicht allein gewesen war, doch sie brachte zunächst keinen Ton über die Lippen. Sie schluchzte und weinte, denn alles Bilder zeigten sich erneut als sie nur daran dachte was passiert war.


    Nach einiger Zeit versiegte der Tränenstrom und Alpina berichtete Runa stockend von den Geschehnissen. Davon, wie Kaeso ihr seine Liebschaft mit Phryne gebeichtet hatte, dass er von Gurox Gewaltherrschaft in der Casa Acilia erzählt hatte und wie sie den Soldaten Babilus ins Vertrauen gezogen und gemeinsam mit ihm Kaeso vor dem Haus der Freigelassenen angetroffen hatte. Wie sie ihm misstraut hatte und auch wie Kaeso sein Verhalten später gerechtfertigt hatte. Dann kam sie zu dem Überfall. Sie setzte Runa in Kenntnis, dass dieser Verbrecher eigentlich Kaeso gesucht hatte und sich dann in seiner Wut, dass sie ihren Lehrling nicht an ihn ausliefern wollte, an ihr vergangen hatte. Sie sprach es nicht wörtlich aus sondern sagte Runa zunächst nur, dass er sie geschlagen und gewürgt hatte.


    "Er hat mir gedroht, hat sich gebärdet als hätte er alle Macht der Welt. Geschlagen und gewürgt hat er mich. Ich werde seine Worte nie vergessen, als er ... nun als er... er wollte sicher gehen, dass ich sie nie vergessen werde. Ich - habe - hier - das - Sagen!..."
    Alpina würgte es erneut. Sie begann zu zittern, krallte ihre Fingernägel in Runas Unterarm.

    Alpina verließ in diesen Tagen das Cubiculum kaum. An die Tür der Taberna Medica hatte sie ein Schild gehängt, dass die Taberna vorübergehend geschlossen war. Die Hebamme brauchte Zeit um zu sich zu finden. Zu gerne hätte sie sich mit Runa und Curio beraten. Doch beide waren ja auf ihrem Landgut.


    Als die Nachricht kam, dass beide zurückgekehrt waren, erhoffte Alpina sich ein wenig Zeit mit Runa zu haben, bevor sie ihrem Schwager Rede und Antwort stehen musste. Ihrer Freundin konnte sie eher erklären was ihr widerfahren war als ihrem Schwager. War es nicht eine Schande für eine Frau, vergewaltigt zu werden? Wie würde er das sehen? Alpina hatte Angst vor der Reaktion Curios. Aus diesem Grund schickte sie Neman zu Runa mit der Bitte, dass diese zunächst alleine in ihr Cubiculum kommen möge.

    Zitat

    Original von Kaeso: In der Nacht hörte ich einen Schrei und erkannte, es war Alpina. Dieser Schrei weckte mich aus meinem Zustand. Meine Gedanken begannen zu arbeiten und ich erlebte noch einmal, was seit meiner Ankunft, vom Hagebutten sammeln, in der Taberna geschehen war. Ein unendlicher Schmerz umklammerte mein Herz. Ich sah das Bild von Alpina in der Culina und da wusste ich es sicher, obwohl ich es nicht gesehen hatte, was er ihr angetan hatte. Ich hatte es selber erlebt und konnte mir denken wie brutal er vorgegangen war. Wie musste sie leiden, nicht nur an den körperlichen Schmerzen. Abermals hörte ich einen Schrei von ihr. Leise verließ ich mein Cubiculum und ging bis zur Alpinas Türe. Lauschend blieb ich stehen und hörte sie Schluchzen. Zögernd, mir dann aber einen Ruck gebend, öffnete ich zaghaft die Türe. Leise ging ich zu ihrem Bett. Streichelte ihr sanft über den Kopf, hielt es dann aber nicht mehr aus und setzte mich zu ihr, hob sanft ihren Oberkörper, drückte sie an mich und strich ihr immer wieder über ihren Rücken. Irgend wann wiegte ich sie wie ein Kind, spürte dabei nicht wie meine Tränen mir am Gesicht runter rannen und summte dabei leise vor mich hin. Eine Melodie, die ich von ihr gehört hatte, wenn sie ihre kleine Tochter damit tröstete und beruhigte.


    Als Kaeso das Cubiculum betrat, schrak Alpina aus ihrem Alptraum hoch. Wer kam in ihr Cubiculum? Was wollte dieser jemand von ihr. Alpina zitterte vor Angst und erstarrte. Sie wartete reglos ab, was passieren würde.
    Schließlich erkannte sie Kaeso und konnte nach einer Weile seine liebevolle Zuwendung zulassen. Hatte sie anfangs noch Angst, dass er ihr mehr als nur einen Freundschaftsdienst angedeihen lassen wollte, merkte sie doch irgendwann, dass die Furcht unberechtigt war. Sie konnte loslassen, ihren Tränen freien Lauf lassen und sich in seinem Arm wiegen lassen. Alpina hörte die leise Melodie und fühlte sich geborgen.

    Kaeso! Einen Augenblick lang schob sich ein Bild in Alpinas Bewusstsein. Sie sah wie er aus der Culina rannte, spürte den Wunsch ihm zu folgen, ihn zu trösten und ihm zu versichern, dass sie ihm keine Schuld gab. Es kam knüppeldick für den jungen Mann in letzter Zeit. Das Entdecken von Gefühlen, der eigenen Sexualität und dann die bittere Erfahrung von Gewalt und Grausamkeit sowie die Gewissheit manchmal machtlos zusehen zu müssen, wie Personen, die man liebte gedemütigt und verletzt wurden. Alpina konnte das alles nachvollziehen, doch im Augenblick war es ihr unmöglich, Kaeso Trost zu spenden. Sie musste sich um ihre Heilung kümmern.


    Der Weg zurück in die Normalität begann mit einem Kamillensitzbad. Neman gab sich alles Mühe Alpiina mit viel Zuwendung zu reinigen und zu pflegen. Alpina versuchte den Schmerz zu verdrängen, die Wärme und den Duft des Bades als angenehm zu empfinden. Doch was sie auch unternahm, Waschungen, Bäder, Salbungen. Das Gefühl blieb - ihr Unterleib war tot. Er gehörte nicht mehr ihr. Verletzt, beschmutzt, missbraucht. Ein Fremdkörper.


    Selbst frische Kleidung brachte keine Änderung. Alpina zog sich in ihr Cubiculum zurück. Ursicinas fröhliches Lachen und Unbeschwertheit tat gut. Die Raeterin konnte für eine Weile das Gedankenkarussell durchbrechen, sich ganz auf ihre Tochter konzentrieren.


    Die Nacht jedoch war eine Katastrophe. Die Bilder des Überfalls und der Vergewaltigung mit den Bildern aus früheren Gewalttaten mischten sich miteinander uns schufen eine düstere und furchteinflößende Alptraummischung. Ich - habe - hier - das - Sagen! Diese Worte hatten sich tief in Alpina eingebrannt, eingeschnitten, waren tief in ihren Körper versenkt worden. Dieses Trauma würde sie begleiten.
    Alpina schlief wenig. Kaum eingeschlafen, schreckte sie wieder hoch, schrie, weinte und schwitzte. Dann fiel sie erneut in einen unruhigen Schlaf, nur um bald darauf mit neuen Alptraumbildern wach zu werden.

    Alpina verfolgte die Ereignisse in ihrer Taberna Medica in völliger Agonie. Sie sah wie Liam und Acanthos in den Verkaufsraum stürmten und Kaeso zur Hilfe kamen. Dann erschien auch noch Roderiq. Alpina fühlte nichts. Sie fühlte weder ihren Körper, noch hatte sie gegenüber dem in Gewahrsam genommenen Peiniger irgendwelche Gefühle. Gleichgültig betrachtete sie den übel zugerichteten, schwarzhaarigen Mann.


    Willenlos ließ sie sich von Acanthos fortführen. Gwyn kam ihnen entgegen und übernahm Alpina. Sie führte sie in die Culina und schob ihr einen Hocker hin. Alpina blieb stehen. Sie blickte starr vor sich hin. Sie konnte sich nicht setzen. Der untere Teil ihres Körpers gehörte nicht mehr ihr. Es fühlte sich an als wäre sie unterhalb des Bauchnabels körperlos. Es war Alpina unmöglich über diesen Bereich ihres Körpers zu bestimmen, ihm zu befehlen sich zu setzen. Sie sah an sich herab. Blut tropfte auf den Boden der Culina. Alpina konnte die Knie zittern sehen. Die Knie, die zu einem Körper gehörten, der nicht der ihre war. Es sah aus als sei es ihr Körper, aber das konnte nicht sein. Sie spürte diesen Körper nicht. Sie fühlte ihr Herz schlagen, spürte wie die Luft in ihre Lungen strömte und wieder ausgestoßen wurde. Sie konnte ihre Hände wahrnehmen, die sich in den Stoff ihres Kleides krallten. Aber unterhalb ihres Bauchnabels war Alpina tot.

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    Original Gurox: Was machte die da? Suchte die etwas? Ich begriff, die Suchte das Messer. Nicht mit mir! In Hand um drehen hatte ich mein Bein vergessen und mich aufgerichtet. Ein Griff und ich hatte sie an ihrem Kleid vor der Brust ergriffen, zog sie so, dass sie passend vor mir stand. "Du willst mich abstechen?" Drohend blickte ich in ihre vor Furcht geweiteten Augen. Meine Faust, an der ein schöner Ring steckte landete in ihrem Gesicht. Gesicht. Mein Blick streifte über den Schwächling, lauschte ins Haus hinein. "Mir scheint du willst mich nicht verstehen, abe keine Sorge ich erkläre es dir noch einmal." Schon klemmte sie vor der Wand, "Ich – habe – hier - das - Sagen". Mit jedem Wort, das ich betont aussprach, stieß ich in sie ein. Zufrieden grinsend fragte ich, "begriffen oder brauchst du noch mehr?" Tätchelte ihre Wange um ihr dann gleich danach die Faust in den Magen zu rammen. Mit beiden Händen drückte ich sie runter, so dass sie auf ihren Knien landen musste. "Nun hast du noch die Ehre ihn auch noch zu kosten". Eine Hand auf ihren Schultern, die andere an ihren Haaren stieß ich auf äußerste erregt hervor. "Nun mach schon, den Mund auf oder es wird dein Alptraum."


    Gurox hatte erkannt, dass sie versuchte das Messer zu erreichen. Plötzlich schien ihn die Verletzung nicht mehr zu behindern. Der Gewalttäter packte sie und zog sie zu sich heran. Alpina schlug das Herz bis zum Hals. Das Rauschen ihres Blutes war so laut, dass sie seine Drohungen kaum hörte. Erst als seine Faust sie voll ins Gesicht traf, wurde Alpina wieder bewußt, dass es hier um Leben und Tod ging. Dieser Gurox war wahnsinnig. Er würde sie womöglich sogar töten. Ein heftiger Schmerz druchzuckte sie, Blut schoss aus ihrer Nase. Alpina schmeckte ihr Blut, sie stöhnte.


    Kaeso war bewußtlos. Von ihm war keine Hilfe zu erwarten. Gurox Drohungen hallten in ihren Ohren. Er drückte sie an die Wand und nun folgte was sie schon befürchtet hatte. Er wollte sie nicht nur verletzen sondern demütigen. Dieses Mal gelang es ihr nicht, ihren Geist aus dem Körper zurückzuziehen. Seine bewusste Verbindung aus Gewalt und Botschaft, indem er jedes seiner Worte mit einem brutalen Zustoßen verband, machte es Alpina unmöglich, sich in eine Traumwelt zu flüchten. Starr vor Angst und Ekel, ließ jeder Stoß sie aufschreien.


    Die Androhung von weiteren Misshandlungen begleitet von dem zunächst beruhigend wirkenden Tätscheln und gefolgt von einem Schwinger in den Magen ließen Alpina stöhnend in die Knie sinken. Der Hieb in den Magen und die Aussicht auf das was nun folgen sollte, führten dazu, dass die Raeterin würgte. Sie hörte wohl noch, wie Gurox sie aufforderte den Mund zu öffnen, doch konnte sie der körperlichen Reaktion nicht Widerstand leisten. Vornübergebeugt erbrach sich Alpina.


    Urplötzlich veränderte sich alles. Alpina hörte einen gellenden Schrei. Es war Gurox´ Stimme. Die drohende Gestalt vor ihr klappte zusammen. Kaeso war offenbar aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht und schien den Verbrecher zu überwältigen. Die gekeuchten Worte ihres Lehrlings hörte die Kräuterfrau, dann erkannte sie, dass Kaeso in seiner Rage dabei war, Gurox zu töten.
    "Kaeso! Nein! Bitte, tu das nicht! Mach dich nicht unglücklich! Er hat es nicht verdient!"
    Alpina rappelte sich auf. Sie musste Kaeso daran hindern den Verbrecher zu töten. Er sollte einen Prozess bekommen und vor den Augen aller Bürger sein Leben aushauchen. Nicht hier, nicht jetzt!

    "Kaeso?" mehr Ausruf als Frage aber mit dem deutlichen Tenor der Erleichterung brachte Alpina den Namen ihres Gehilfen hervor. Er war zunächst der Einzige, der ihr aus der Casa Helvetia zur Hilfe eilte.
    Die Erleichterung schwand schnell. Mit einem Krachen flog die Hebamme gegen den Ladentisch. Neben ihr schien sich ein Kampf anzubahnen. Doch so schnell er begann, so schnell endete er wieder. Kaeso ging zu Boden, von einem brutalen Tritt des Verbrechers niedergestoßen. Das Messer, mit welchem er Alpina zur Hilfe geeilt war, flog klirrend zu davon. Doch auch Gurox´ Kehle entkam ein Schmerzenslaut. Hatte Kaeso ihn getroffen? War das Alpinas Chance? In seiner Wut und seinem Schmerz war Gurox womöglich noch gefährlicher. Alpina musste weg!


    Sie versuchte sich seitlich an dem vor Schmerz gekrümmten Schwarzhaarigen vorbeizuschlängeln. Einen Blick immer auf Kaeso gerichtet. Was war mit dem Jungen? Brauchte er ihre Hilfe? Er schien bewußtlos zu sein. Wo war das Messer hingeflogen? Alpina suchte den Boden nach der Waffe ab. Wenn sie es fand, würde sie sich verteidigen können.

    Ein Déja Vu! Nicht erneut! Alpinas Glieder gefroren zu Eis.


    Die Tür zur Taberna Medica folg auf und dieser Kerl, der ihr unlängst schon so unheimlich vorgekommen war, ging wie ein Cerberus auf sie los. Mit einem Satz war er über den Tresen gesprungen und hatte sie gepackt. Er drückte ihr die Kehle zu. Starr vor Schreck blickte sie in Augen, die Wahnsinn widerspiegelten. Nicht noch einmal! durchfuhr es die Raeterin. Sie hörte die Frage und versuchte in ihrem vor Angst Funken sprühenden Gehirn eine Antwort zu formulieren. Er suchte Kaeso. Er war dieser Gurox, der grausame und brutale Kerl, von dem Kaeso erzählt hatte. Bei allen Göttern, was sollte sie jetzt sagen? Sie konnte doch Kaeso nicht ausliefern. Aber wenn sie schwieg, was würde ihr dann passieren?


    Gurox schob sie an die Wand. Alpina wurde die Luft knapp, sie röchelte. Er wurde anzüglich. Schob sein Knie zwischen ihre Beine. Nein, nicht das! Die Bilder der früheren Gewalttaten kamen ihr ins Gedächtnis.
    Dieser Dämon schien zu vermuten, dass sie eine Liebesbeziehung zu Kaeso hatte. Alpina versuchte zu schreien, sich zu artikulieren. Doch aus dem zugedrückten Hals entkam kein Ton. Erst als er den Griff ein wenig lockerte, war es ihr möglich, eine keuchende Antwort zu stammeln.
    "Er... er... ist.... nicht hier!" Wieder rang Alpina nach Luft. "Er holt Kräuter!" Einige kurze, tiefe Atemzüge später brachte sie sogar noch einen weiteren Satz hervor. "Kaeso ist nicht mein Stecher!..." Ihr Blick wechselte zwischen Wut und Verzweiflung. Sie holte noch einmal tief Luft "Er ist mein Schützling, mein Lehrjunge!"


    Trotz ihrer Angst versuchte sie diesem Gurox fest in die funkelnden Augen zu sehen. Was würde er jetzt tun? Sie holte erneut Luft. Jetzt oder nie.


    "Hilfe!"


    schrie Alpina aus Leibeskräften.

    Liebe Mitspieler, ich bin ab Montag mal wieder auf Fortbildung. Eine ganze Woche. Rechnet also nicht mit meiner Anwesenheit. Vorher will ich versuchen noch das ein oder andere zu schreiben.
    Gilt auch für Plinia Chrysogona

    Alpina hörte zu. Es klang durchaus einleuchtend. Phryne hatte sich mit dem letzten Abschaum eingelassen und jetzt musste sie dafür büßen. War das nicht irgendwie gerecht?
    "Wer könnte sie denn beobachten, diese Bande?", überlegte die Raeterin laut. Sie dachte an Babilus und verwarf es gleich wieder. Er war Soldat, musste in der Legio dienen.
    "Ich denke darüber nach, ob ich jemanden kenne, der uns helfen könnte."
    Dann bat sie Kaeso um eine Beschäftigung. Er wollte eine Aufgabe haben. Alpina lächelte.


    "Nun gut, Hagebutten kannst du sammeln. Hier ist eine Korb. Es freut mich, dass du mich unterstützen willst. Vielleicht hilft die Bewegung an der frischen Luft eine Lösung zu finden."

    Je mehr und je länger Kaeso sprach, desto mehr glättete sich die steile Falte zwischen Alpinas Augenbrauen. Ihr wurde bewusst, dass der junge Mann genau so ein lieber Kerl war, wie sie es immer vermutet hatte. Liebesbedürftig und nach Liebe suchend. Auf dem Pfad der Erkenntnis, dass es verschiedene Arten der Liebe gab. Eine davon verkörperte Alpina für ihn. Das war die mütterliche Seite, die besorgt um ihn war, ihn behütete und nur sein Bestes wollte. Und es verwunderte sie nicht, dass die Hinwendung auch andere Gefühle in Kaeso geweckt hatte. Jung und unerfahren wie er war. Die andere Seite wurde von Phryne bedient. Die leidenschaftliche, erotische Liebe. Bei ihr konnte er sein Mann-sein erproben. Und auch diese Seite bekam all seine Aufmerksamkeit und seine Fürsorge.
    Alpina lächelte zärtlich, als Kaeso offenbarte, dass er beide Frauen liebte. Sie ergriff seine Hand und hielt sie.
    "Das ist schon gut, Kaeso. Ich konkurriere nicht mir Phryne. Wir könnten unterschiedlicher nicht sein, wie du selbst festgestellt hast. Sie gibt dir etwas, das ich dir nicht geben kann. Genieß es! Aber sei vorsichtig. Frauen wie Phryne ziehen die Motten an wie das Licht. Und diese Motten sind beileibe nicht immer harmlos."


    Genau das, was Alpina befürchtet hatte, traf zu. Dieser Mann, mit dem Phryne sich eingelassen hatte, war ein Ungeheuer. Wie auch immer - wie genau, das wollte Alpina gar nicht wissen - er war der Freigelassenen offensichtlich entglitten. Er beherrschte sie mit Gewalt und alle in ihrem Umfeld. Kaeso war dazwischengeraten in seiner blinden Leidenschaft und Liebe zu "seiner Göttin". Wie herzzerreißend naiv von beiden, sich an die Mysteriengöttin Kybele zu wenden, anstatt sich den brutalen Kerl von bezahlten Leibwächtern vom Leib zu halten. Oder wollte es Phryne so? War sie am Ende eine Frau, die beherrscht werden wollte? So hatte Alpina sie nicht eingeschätzt. Doch man konnte sich täuschen.


    Alpina drückte Kaesos Hand fest. "Nein, du musst das Haus nicht verlassen. Wir müssen für dich eine Lösung finden und offenbar für Phryne auch. Ich hatte sie nicht so hilflos eingeschätzt. Sie wirkt so gerissen und hat ein derart loses Mundwerk, dass ich nie geglaubt hätte, dass sie sich von einem dahergelaufenen Verbrecher so demütigen lässt. Aber vermutlich liegt es daran, dass sie lange Zeit Sklavin war."
    Es sollte nicht herablassend klingen, doch Alpina ertappte sich dabei, dass sie Phryne nach all den Beleidigungen und Demütigungen, die diese der Raeterin zugefügt hatte, wenig Mitleid für die Freigelassene empfand. Alpina sah ihren Schützling ratlos an.
    "Die Casa Helvetia wird immer dein Zuhause sein, komme was wolle. Hier wird dir nicht die Tür gewiesen, wie töricht du dich auch in deinem jugendlichen Leichtsinn manchmal gebärdest. Du kannst jederzeit zu mir kommen."


    Nun machte sie einen Schritt auf ihn zu und nahm Kaeso in den Arm. Sie spürte sein Herz klopfen und wusste, dass es das Leben nicht immer nur gut mit ihm meinte. Deshalb wollte sie ihm die Sicherheit geben, die er brauchte.
    "Was sollen wir machen? Was schlägst du vor? Wie kann ich dir helfen?"

    Wie üblich war Alpina in der Taberna Medica vollauf beschäftig. Da gerade kein Kunde anwesend war, hatte sich die Kräuterfrau die Bestandslisten der Salben vorgenommen und machte Inventur.
    Da betrat Kaeso den Verkaufsraum. Alpina sah ihn fragend an. Die steile Falte zwischen ihren Augenbrauen verriet, dass sie seinen letzten Auftritt nicht vergessen hatte.
    "Salve Kaseo", antwortete sie schmallippig seinen Gruß.
    Sein verlegener Gesichtsausdruck ließ ihr Mutterherz schmelzen. Sie atmete tief durch.
    "Natürlich können wir sprechen. Was hast du auf dem Herzen?"

    Alpina mussterte den jungen Mann. Sie überlegte, ob sie Runa zunächst fragen sollte, doch dann entschied sie sich dagegen. Die Freundin war immer so hilfsbereit. Sie würde sicher nicht "Nein" sagen.


    Also nickte Alpina Carbo zu. "Wenn du dich stark genug fühlst, dann komm!"


    Gemeinsam verließen sie den Trakt von Corvinus und ihr und gingen durch das gemeinsame Atrium in den Trakt hinüber, in dem Curio und Runa lebten.

    Seufzend tätschelte Alpina die Hand des verletzten jungen Mannes. Er war nicht der erste, der einen Fiebertraum mit der Realität oder einer wichtigen Vision verwechselte. Sein Eifer, die richtige Deutung seines Traumes zu erhalten, ließ die Raeterin nachgrübeln. Schließlich kam ihr eine Idee.
    "Meine Freundin, die Frau des ehemaligen Aedils, Duccia Silvana, ist eine hervorragende Seherin. Ich selbst habe schon erlebt, wie sie eine Vision mit mir geteilt und sie gedeutet hat. Außerdem weiß sie immer ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen ist, wenn eine Frau schwanger ist. Sie ist Germanin und hat die Gabe ihrer Vorfahren. Möchtest du, dass ich sie frage?"

    Alpina hörte Carbos Schilderungen zu der Vision die er während des Fiebertraums gehabt hatte. Er hatte das Ende des Iulius Caesar mit sich selbst vermischt.
    "Carbo, das war ein Fiebertraum, nichts von Bedeutung. Oder siehst du selbst einen Sinn darin? Wenn es dich sehr beschäftigt, solltest du vielleicht einen Traumdeuter aufsuchen. In der Nähe des Apollo Grannus Tempels gibt es manchmal einen Traumdeuter. Vielleicht kann er dir helfen, klar zu sehen. Die Wunde sieht schon sehr gut aus. Sie heilt langsam. Natürlich wird eine lange Narbe übrig bleiben."


    Die Kräuterfrau ließ ihn den Arm heben und eine Faust machen. Die Kraft war noch nicht optimal aber dennoch war zu erkennen, dass keine dauerhaften Schäden übrig blieben.

    Einige Tage nach Octavenas Besuch in der Taberna Medica, bei dem die Hebamme eine leichte Öffnung des Muttermundes festgestellt hatte, besuchte sie die Schwangere in ihrem Haus. Sie traf Octavena auf einer Kline liegend vor.
    Alpina trat lächelnd auf die Petronierin zu.
    "Salve Octavena! Wie ich sehe hältst du dich an meine Ratschläge. Das finde ich sehr gut. Wie geht es dir? Irgendwelche Beschwerden? Veränderungen? Oder ist alles nach wie vor ruhig?"


    Wie selbstverständlich nahm die Hebamme das Handgelenk der Schwangeren und interpretierte den Puls.

    Zitat

    Wird ja aber auch Zeit.... Quatsch, nimm dir die Zeit. Schön das du wieder da bist


    Nu mal nicht so ungeduldig mit den jungen Pferden! Hier hast du was du haben wolltest... oder täusche ich mich? :D


    Weiter geht´s! :)