Ad Decria Timarcha
Vinus Vosegus Helveti
Liebe Timarcha,
mit unsäglicher Trauer erfüllt mich dein Brief. Die bange Angst, die sich schon seit langem in meine Seele geschlichen hat, wird zur Gewissheit. Mit großer Anteilnahme teile ich Euren Verlust, der ja auch meiner und Uricinas ist. Wie bitter muss der Verlust seines ältesten Sohnes für deinen Gatten sein. Er hatte sicher große Hoffnung in die weitere Karriere seines Erstgeborenen gesetzt. Wie es für dich als Mutter ist, kann ich ungefähr nachempfinden, wo ich doch selbst Mutter bin. Ein furchtbarer Schicksalsschlag.
Etwa zeitgleich mit deiner Nachricht hatte ich ein eigenartiges Erlebnis. Ein verlumpter Mann, vermutlich ein Germane, der nur radebrechend Latein sprach, überbrachte mir eine sehr persönliche Nachricht von Corvinus. Vermutlich schrieb es sie sehr kurz vor seinem Tod auf ein Bärenfell, begleitet von einer Zeichnung, die eine Familie und eine Bärenfamilie zeigt - eine Anspielung auf unsere kleine Familie. Dazu folgende Worte: "Ich werde dich immer lieben Alpina Ich habe versucht zurück zu kommen doch es war mir nicht möglich zu stark waren die Kräfte die dies nicht wollten. Gestorben bin ich wohl schon am Danuvius Ich hoffe ich sehe dich auf der anderen Seite irgenwann wieder In Liebe dein Bär!"
Es ist natürlich kein Zeugnis seines Todes, zumal der Bote nicht mehr befragt werden konnte. Er starb, wie ich gestern bei der Nachfrage in der Castra der Legio erfuhr, an seinen Verletzungen. Dennoch sagte der Mann desöfteren Corvinus Namen und hatte auch den Schlüssel von Corvinus Geheimversteck im Wald. So viele Zufälle kann es nicht geben. Ich nehme an der arme Mann hatte den Auftrag mir direkt von Corvinus Tod zu berichten, was ihm dann nicht mehr möglich war. Vielleicht hilft dir diese Anekdote dennoch, deine Zweifel zu beseitigen und um den verstorbenen Corvinus trauern zu können.
Wie du dir denken kannst, beschäftigt mich auch die Frage nach den sterblichen Überresten meines Geliebten und wie die Manes besänftigt werden können. Auch möchte ich, dass es einen Ort gibt, an dem die Nachwelt seiner gedenkt und auch Ursicina und der Rest der Familie den Manes Opfergaben bringen kann, so wie es die Tradition will. Aus diesem Grund möchte ich einen Grabstein setzen, der sein Gedenken in Bild umsetzt.
Von Herzen möchte ich, vor allem auch im Namen Ursicinas dafür danken, dass ihr mir und ihr die Hälfte der Casa Helvetia schenkt. Es ist sehr beruhigend zu wissen, dass Corvinus Tochter auf diese Weise auch in Zukunft versorgt sein wird.
In einigen Wochen, wenn wir alle ein wenig gelernt haben mit der neuen Situation umzugehen, werde ich gerne auf dein Angebot zurückommen und Euch mit Ursicina gemeinsam besuchen. Die Grüße an Duccia Silvana richte ich selbstverständlich gerne aus.
Ich bin in Gedanken bei Euch und fühle mich Euch durch die Trauer noch mehr vereint.
Vale bene, Timarcha
Susina Alpina mit Ursicina