Ich melde mich dann mal ab morgen für eine Woche zum Urlaub ab. Ab dem 7. oder 8.6. schreibe ich dann wieder mit.
Beiträge von Susina Alpina
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Als Alpina am kommenden Tag kam um nach Gisela und ihrem Sohn zu sehen, bemerkte sie gleich die gedrückte Stimmung. Die Kinder spielten zwar vor der Tür, doch als sie die Hebamme sahen, verstummten sie. Die Gesichter spiegelten ihr Unverständnis über die Grausamkeit der Götter. Das älteste Mädchen kam zu Alpina gelaufen und nahm die Hebamme bei der Hand.
"Du kommst zu spät, Alpina", sagte sie. "Proserpina hat meinen kleinen Bruder schon zu sich genommen."
Dann zog sie die traurige Raeterin hinter sich her ins Haus. Aus der Kammer, in der Gisela entbunden hatte, waberte der Qualm von Räucherwerk. Alpina roch Beifuß und Salbei, aber auch den einheimischen Dost und Quendel. Leises Jammern und Weinen drang nach außen. Tief durchatmend machte sich Alpina Mut, den Raum zu betreten. Gisela hatte den kleinen Jungen in saubere Decken gehüllt aufgebahrt. Eine Öllampe über seinem Kopf, die Schale für das Räucherwerk zu Füßen. Mit gelöstem, wirrem Haar und blutig gekratztem Gesicht saß Gisela neben ihrem Kind und wiegte ihren Körper zu einer lautlosen Melodie. Als sie Alpina sah, hielt sie kurz inne, um dann gleich erneut in den weinerlichen Singsang zu verfallen, den Alpina schon zuvor gehört hatte.
Schweigend setzte sich die erschütterte Hebamme zu der trauernden Mutter. Sie legte ihr den Arm um die Schulter, ließ zu, dass Gisela ihr von Blut und Tränen verschmiertes Gesicht an ihre Tunika drückte. So hielt sie die Trauernde, wiegte sich mit ihr im stillen Reigen aus Trauer und Verlust. Sie weinte mit ihr über das verlorene Kind und die Grausamkeit der Schicksalsschwestern - immer eingedenk, dass in wenigen Monaten sie diejenige sein könnte, die den Tod ihres Kindes beweinen musste.
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Das Glöckchen über der Tür bimmelte. Der Kunde, der den Laden betrat, schien energisch die Tür geöffnet zu haben. Alpina sah von ihrem Kassenbuch hoch. Sie hatte Einnahmen und Ausgaben kalkuliert. In der vergangen Woche hatte sie kaum Einnahmen gehabt. Wenn sie auch freute, dass die Bevölkerung der Stadt offenbar sehr gesund war, so wirkte sich das natürlich negativ auf ihre Finanzlage aus.
Der Mann der die Taberna Medica betrat war noch jung. Seine Erscheinung war nicht unattraktiv, auch wenn Alpina die ausgeprägten Zornesfalten zwischen den Augenbrauen als beachtenswert ins Auge sprangen.
Alpina stand auf und lächelte den Kunden offen an."Salve. Ich grüße dich. Womit kann ich dir helfen?"
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Alpina nickte demütig. Sie hatte seine Kompetenzen überschätzt. Nun denn. Es war einen Versuch wert gewesen.
"Ich danke dir, Aedil", antwortete sie. "Dann bleibt mir nichts, als abzuwarten. Danke für deine Zeit und dein offenes Ohr, Titus Petronius Marcellus. Vale bene."
Sie nickte ihm dankbar zu und wandte sich zur Tür. Ob dieser Besuch den Erfolg brachte, den sie erhofft hatte, würde sich zeigen müssen.
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Alpina merkte, dass Marcellus ihr durchaus helfen wollte. Sie versuchte ihr Problem zu spezifizieren.
"Es ist so, dass ich vor allem momentan einen Mangel an Heilmitteln aus den transalpinen Regionen feststelle. Ganz explizit geht es um Myrrhe, Granatäpfel und Mandragora. Aber auch andere Pflanzen wie das Bilsenkraut sind momentan nicht über die Fernhändler zu beziehen. Ich habe meinen Sklaven dorthin geschickt, aber er sagte mir, dass die Fernhändler so eigenartig reagiert hätten, als er sich auf den Lieferengpass angesprochen hat. Im Prinzip sind nach dem Winter die Alpenpässe wieder frei und auch über die Flüsse sollte eine Versorgung möglich sein. Ich verstehe nicht, woran es liegt, dass diese für mich so essentiell wichtigen Heilmittel nicht importiert oder weiterverhandelt werden. Könntest du nicht mal bei den Händlern nachhaken, wo das Problem liegt? Du als Aedil hast doch sicher ganz anderen Einfluss als eine einfache Kräuterfrau und Hebamme."
Sie schenkte ihm einen bettelnden Blick und hoffte, dass er nicht ganz vergessen hatte, was sie einst verbunden hatte. Der Gedanke, dass das erste Kind, das sie unter dem Herzen getragen hatte, seines gewesen war, verursachte ihr einen Stich in die Magengrube. Dieses unausgesprochene Geheimnis würde immer zwischen ihnen stehen, daran konnte auch die neuerliche Schwangerschaft nichts ändern.
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Alpinas Magen krampfte sich zusammen als sie die so vertraute Stimme hörte, die ein energisches "Herein!" rief. Er klang ungehalten. Auch das noch. Sie kam mit einer Lappalie und störte den offenbar schwer beschäftigten Aedil. Fast war Alpina versucht wieder umzudrehen. Dann jedoch holte sie tief Luft und öffnete die Tür.
Marcellus saß an seinem Schreibtisch, der übervoll mit Codices und Schriftstücken war. Als er von seiner Arbeit aufblickte, schlug sie sofort die Augen nieder und fixierte eine Holzbohle des Officiums, als gäbe es nichts Spannenderes auf der Welt."Salve, Aedil Titus Petronius Marcellus. Es tut mir leid, wenn ich deine kostbare Zeit stehle.. Ich komme aber leider in einer Angelegenheit, die wohl in deinen Zuständigkeitsbereich fällt. Seit einiger Zeit bekomme ich einige wichtige Heilpflanzen und die Harze von Weihrauch und Myhrre nicht mehr über die lokalen Händler. Auf Nachfrage schütteln die jedoch nur die Köpfe und können mir nicht erklären, wieso es zu diesem Versorgungsengpass gekommen ist. Nun gehen mir die wirksamsten Schmerzmittel aus, die ich für meine Schwangeren bei der Entbindung dringend benötige. Kannst du mir helfen?"
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Schweren Herzens und mit unsicheren Schritten machte sich Alpina auf den Weg zum Aedil der Stadt, zu Marcus Petronius Marcellus. Sie musste alle persönlichen Angelegenheiten, die zwischen ihnen beiden bestanden hatten , beiseite schieben und sich auf das Geschäftliche konzentrieren. So hatte sie es sich fest vorgenommen. Schließlich ging es um ihre berufliche Zukunft, ihren Lebensunterhalt. Dennoch klopfte ihr Herz heftiger als sonst, als sie vor der Tür des Officiums stand und die Hand zum Klopfen ausstreckte.
Klopf, Klopf
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Als Alpina von der entmutigenden Entbindung bei Gisela zurückkam, wollte sie die Heilmittel, die sie immer in ihrem Notfallkorb mit zu Entbindungen nahm wieder auffüllen. Dabei fiel ihr auf, dass einige der wichtigen Heilmittel, vor allem solche, die aus den Ländern südlich der Alpes stammten, nicht vorrätig waren. Sie rief Leonides zu sich.
"Leonides. Hast du nicht den Auftrag gehabt, mir auf dem Forum und in der Basilika einige wichtige Heilmittel und Grundsubstanzen für meine Arzneiherstellung zu besorgen? Wo sind denn die Sachen?"Der Sklave rang die Hände. "Aber das wollte ich doch, Dominella. Aber es gab weder Granatäpfel noch Mandragora oder Myrrhe auf den Märkten. Die Fernhändler haben die Achseln gezuckt und irgendetwas von einem Versorgungsengpass erzählt. Es tut mir leid, Dominella Alpina."
Verduzt sah Alpina den Sklaven an. Seit sie in Mogontiacum war hatte sie nur selten erlebt, dass es einen solchen Versorgungsengpass erlebt. Manchmal wurden gegen Ende des Winters die Vorräte knapp. Aber sobald die Pässe wieder passierbar waren wurden auch die Lager der Fernhändler wieder gefüllt. Inzwischen war es Mitte Mai. Also eigentlich eine Zeit in der dieser Engpass längst überwunden sein sollte. Sie runzelte die Stirn. Da blieb wohl nichts. Schon morgen würde sie mit dem zuständigen Magistrat, dem Aedil, sprechen müssen. Und das war kein anderer als Marcellus....
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Alpina blieb lange bei Gisela. Mehrfach versuchte Gisela den kleinen Jungen zu stillen. Vergeblich. Er war so kraftlos, dass er die Mutterbrust nicht fassen konnte. Schließlich versuchte die versierte Mutter die Milch aus ihrer Brust in den Mund des Säuglings zu streichen. Das gelang auch nur mäßig, zumal der Kleine sich immer wieder verschluckte.
Schlussendlich packte Alpina ihre Sachen zusammen. Sie versprach am kommenden Morgen wiederzukommen. In tiefer Niedergeschlagenheit verließ sie die Wöchnerin um sich zu ihrer Taberna Medica und dann in die Casa Atia zu gehen. -
Am kommenden Morgen waren immer noch keine Wehen in Sicht. Bevor Alpina weitere Maßnahmen einleitete, brachte sie Giselas Kinder zu einer Nachbarin. Sie würden nur im Weg umgehen.
Dann kochte Alpina erneut Wasser für einen besonderen Tee aus kretischem DIptam. Das seltene und teure Heilkraut zeigte wie Alpina aus Erfrahrung wusste, gute Wirkung. In die Glut warf sie Harzkörner der Myrrhe. Auch sie wirkten wehenfördernd. Den Bauch der Schwangeren rieb die Hebamme mit einem Ölgemisch aus Olivenöl mit dem ätherischen Öl der Poleiminze ein.Die Wirkung setzte nach etwa einer Stunde ein. Die Wehen kamen, zunächst noch in großen Abständen. Nach einem weiteren Becher Tee heftiger und in kürzern Abständen. Gisela kniete auf dem Boden und stützte den Oberkörper nach vorne gebeugt auf einem Hocker ab. Da das Kind klein und zart war, erwartete Alpina eine schnelle und leichte Geburt. Und tatsächlich, bereits mit der zweiten Presswehe flutschte der kleine Körper in ihre Hände. Die Haut des kleinen Jungen war dunkelmarmoriert, das Gesichtchen bläulich. Der Brustkorb des Kleinen bewegte sich schnell und ruckartig auf und ab, der Atem ging stoßweise, röchelnd.
"Was ist es Alpina? Ist es gesund?"
In Giselas Stimme schwang Angst mit. Alpina hätte sie gerne beruhigt, etwas Tröstendes gesagt, doch es stand nicht gut um das schwache Kind in ihrem Arm."Es ist ein kleine Junge, Gisela. Er braucht jetzt schnell viel Wärme. Ich werde ihn gleich abnabeln, dann packen wir ihn warm ein."
"Hat er eine Chance, Alpina? Wird er leben?" Giselas Stimme zitterte.
"Wir werden sehen..."
Alpina hauchte die Antwort mehr als sie laut auszusprechen. Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit, nahm Wolle, band die Nabelschnur ab und durchtrennte sie mit dem Messerchen mit Silberklinge, das sie sich eigens hatte anfertigen lassen. Zügig aber nicht hektisch geschah das alles, dann wickelte sie den kleinen Jungen, dessen Glieder schlaff herunterhingen eng in die bereitliegenden Tücher. Mit dem Finger versuchte sie Schleim aus Nase und Mund zu entfernen, um ihm das Atmen zu erleichtern, doch das rasselnde Geräusch blieb.
Dann legte sie das winzige Kind auf dem Hocker vor Gisela ab. Noch konnte sie ihn nicht auf den Arm nehmen. Die Nachgeburt war noch nicht geboren.Zum Glück ließ die Plazenta nicht lange auf sich warten. Alpina überprüfte sie auf Vollständigkeit, dann trug sie die Schüssel mit dem dunkelroten Mutterkuchen zur Seite. Sie wusch Gisela und half ihr, sich hinzusetzen. Zuletzt drückte sie ihr das Bündel mit dem winzigen Säugling in den Arm. Sie selbst setzte sich neben Gisela. Gemeinsam betrachteten sie den kleinen Jungen, dessen zerknitterte Haut dunkelmarmoriert war. Die kurzen stoßweisen Atemzüge schienen die Luft nicht tief genug in die Lungen zu pumpen.
Alpina hatte schon vielen Kindern ins Leben geholfen. Zunächst gemeinsam mit ihrer Mutter, aber nun auch schon seit ein paar Jahren alleine. Doch noch immer konnte sie schwer ertragen, wenn eine Entbindung tragisch endete. Der Tod des Kindes war dabei zwar hart, aber meist noch verschmerzbar. Der Tod der Mutter und nicht selten dann auch des Kindes war jedoch für die Zurückgebliebenen ungleich härter. Nicht selten blieb der Witwer mit mehreren Kindern zurück, die er dann alleine, oder in einem glücklichen Fall, gemeinsam mit den Eltern der Verstorbenen oder seinen Eltern aufziehen musste.Üblicherweise wäre gemäß der traditionellen Zeremonie nun das "statuere" gefolgt. Dabei stellte die Hebamme das Neugeborene kurz, den Streckreflex ausnützend, auf die Beine. Es war ein Test, der Kraft und Überlebensfähigkeit des Säuglings prognostizierte. Erst danach entschied in der Regel der Vater, ob das Kind im Vorgang des "tollere" aufgehoben wurde, er also die Vaterschaft anerkannte und das Kind unter seine "patria potestas" nahm. In diesem Fall war das unnötig. Zum einen war klar, dass dieser kleine Junge den Test nicht bestehen würde, zum zweiten war er der Sohn einer Peregrina mit einem Soldaten. Das Kind würde also frühestens nach dem Austritt aus der Legion unter die väterliche "patria potestas" gestellt werden.
Alpina betrachtete Gisela, die sanft über die Wangen des Winzlings stich und ihm gut zuredete. Schmerzhaft krampfte sich ihr Magen zusammen. Wie würde es ihr ergehen, wenn sie in wenigen Monaten entband? Wer würde ihr bei der Entbindung helfen? Was würde sie erwarten? Die Vorstellung, dass auch ihr Kind so wenig Überlebenschancen haben könnte, wie dieses Würmchen verursachte bei Alpina Übelkeit. Sie hatte plötzlich eine unbeschreibliche Angst davor, ihr eigenes Kind auf die Welt zu bringen. Wer wenn nicht sie wusste doch, wieviel schief gehen konnte...
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Die Untersuchung bestätigte Alpinas Befürchtungen. Das Kind war erwartungsgemäß klein und zart, aber bereits kopfüber ins Becken gerutscht. Der Muttermund war drei Finger breit geöffnet. Die Herztöne waren nur leise zu vernehmen. Doch die gesamte Zeit der Untersuchung kam nicht eine Wehe. Alpina verzog das Gesicht.
Sie bereitete aus Verbenenblättern einen Tee, der die Wehen in Gang bringen sollte. Inzwischen waren die Kinder enttäuscht zurückgekehrt. Alpina musste nun damit leben, dass sie in ihr eine Lügnerin sahen. Gisela stand wieder auf und bereitete mit Alpinas Hilfe für alle ein einfaches Abendessen. Ihr Mann, der Legionär Gaius, kam vorbei. Er sorgte sich um seine GIsela und auch wenn Alpina versuchte, zuversichtlich zu klingen, so war ihm doch die unterschwellige Angst anzusehen.
Selbst die zweite Kanne Verbenentee brachte keine Wehen hervor. Alpina und Gisela entschieden gemeinsam, die Nacht abzuwarten und erst gegen Morgen mit stärkeren Mitteln einzugreifen. Die Germanin richtete der Hebamme ein Lager in ihrer Nähe ein, dann legten sie sich schlafen.
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Neben den Klassikern und historischer oder archäologischer Fachliteratur liebe ich es Ausstellungskataloge nicht nur zu kaufen, um die hübschen Bilder anzusehen, sondern auch die Texte zu lesen. Sie gehören zu meinen besten Informationsquellen. Hier eine Auswahl der für mich interessantesten der letzten Jahre (kein Anspruch auf Vollständigkeit)
Imperium Romanum - Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau (2006)
Die Römer zwischen Alpen und Nordmeer (2000)
Gefährliches Pflaster - Kriminalität im Römischen Reich (2011)
Römer unterwegs (2013)
Ein Traum von Rom - Stadtleben im Römischen Reich (2014/15)
Imperium der Götter - Isis, Mithras, Christus, Kulte und Religionen im Römischen Reich (2013)Grundsätzlich bin ich ein Fan der Bücher aus dem Philipp von Zabern Verlag oder von Theiss. Da findet man immer was.
Dazu noch ein Lesetipp für alle die im IR schreiben, denn es betrifft ja doch einige:
Römer im Schatten der Gesellschaft - Gladiatoren, Prostituierte, Soldaten, Männer und Frauen im Römischen Reich von Robert Knapp und Ute Spengler.Eines meiner Lieblingsbücher (passend zu meiner ID): Angelika Dierichs: Von der Götter Geburt und der Frauen Niederkunft
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Alpina hörte Curios Opfergebet. Er war so selbstsicher, so ganz anders als noch vor einem Jahr. Wie sehr hatte er an Selbstbewusstsein gewonnen. Sie bewunderte ihn für sein Auftreten. Er konnte zurecht stolz sein auf das was er in so kurzer Zeit erreicht hatte.
Um zu sehen, wie alle anderen Zuschauer den Auftritt des neuen Magister Vici fanden, sah sich Alpina um. Sie entdeckte die Sklavin Phrynes, die sich flüsternd mit einer Frau unterhielt. Die Blicke dieser Frau und auch die einiger anderer, die in der Umgebung standen, waren eindeutig. Mal wieder machte die geflügelte Fama ihre Runde durch den Vicus. Alpina senkte ihren Blick, zog die Palla tiefer ins Gesicht und huschte davon. Wenn es so weiterging, würden die Leute sie bald meiden und ihre Taberna Medica auch. Irgendetwas musste sie gegen diese gemeine Schlange unternehmen, irgendetwas musste ihr einfallen.....
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So schnell sie mit dem Korb laufen konnte, folgte Alpina dem Jungen in die Cabanae. Sie kannte ja den Weg. Die Tür zu dem einfachen Streifenhaus stand sperrangelweit offen. Alpina rief schon beim Eintreten den Namen der schwangeren Frau.
"Gisela, Gisela! Ich bin´s, Alpina!! Wo bist du?"Aus einem der kleinen Zimmer des Wohntraktes kam die Antwort.
"Hier, Alpina! Hier!"Alpina ging der Stimme nach und fand Gisela in ihrem Cubiculum. Kaum hatte Alpina die Kammer betreten, als eine lärmende Kinderschar das Cubiculum stürmte. Gisela schimpfte und versuchte zunächst mit Drohungen und dann mit Versprechungen ihre Kinder hinauszuschicken. Doch ohne Erfolg. Der Besuch der Hebamme versprach eine gewisse Abwechslung im Alltag der Kleinen. Alpina musste lächeln. Es war eben alles nicht mehr so einfach, wenn noch ein paar kleine DIckköpfe mitbestimmen wollten. Sie versuchte es mit einer List.
"Ich glaube, Kinder, ich habe die Puppenspieler vor dem Haus des Schusters gesehen. Sie geben bestimmt bald eine Vorstellung. Wollt ihr die nicht sehen?"Mit freudigem Jauchzen stürmten die lieben Kleinen hinaus und Alpina hatte Gisela für sich. Die blonde, dralle Frau wirkte sehr ungelücklich.
"Alpina, es ist soweit. Vorhin ist das Fruchtwasser abgegangen. Gleich in einem Schwall. Ich weiß, dass das bedeutet, dass wir nicht warten können. Dieses Kind will ans Licht der Welt und dabei ist es noch zu früh. EIgentlich wären es noch mindestens fünf Wochen, wenn ich richtig gezählt habe..."Alpina nickte traurig. Sie war alles andere als glücklich über diesen unerwarteten Beginn der Geburt. Das Kind war noch unreif, womöglich würde es die Geburt nicht überleben.
"Hast du bereits Wehen?"Gisela schüttelte den Kopf. "Nicht wirklich. Es zieht nur ab und an im Rücken, aber nicht stark und Kontraktionen der Gebärmutter sind noch keine zu merken. Was machen wir, Alpina? Ich habe Angst um mein Kind!"
Der Hebamme ging es ebenso, sie wollte die Germanin das aber nicht spüren lassen. Dazu kam, dass sie sich emotional nicht so gefestigt fühlte, wie bei den anderen Entbindungen zuvor. Diesmal war sie selbst schwanger. Alles was Gisela passierte, würde in wenigen Monaten womöglich ihr Schicksal sein. Sie atmete tief durch und versuchte möglichst zuversichtlich zu klingen.
"Nun mache ich erst einmal die übliche Untersuchung und dann werde ich dir einen Tee kochen, der die Wehen in Gang bringen soll. Beruhige dich. Ich habe schon ein paar Mal Achtmonatskinder auf die Welt geholt."Was sie nicht dazu sagte, war, dass nur die wenigsten überlebt hatten.
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Ich bin ab kommendem Mittwoch bis zum Dienstag drauf auf einer Fortbildung in Castra Regina. Also vom 13. bis 19.5.
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Wie versprochen erschien Alpina nur eine Woche nach ihrem ersten Besuch erneut bei der schwangeren Gisela. Die Übelkeit hatte sich gebessert, auch wenn die Germanin nach wie vor bestimmte Gerüche überhaupt nicht vertragen konnte.
Alpina führte ihre übliche Untersuchung durch. Es gab wenig Veränderungen im Vergleich zu ihrem letzten Besuch. Erneut ermahte die Hebamme Gisela nicht zu schwer zu heben und sich nicht zu sehr anzustrengen. Auf die Frage nach Senkwehen, nickte die Schwangere.
"Ja, heute das erste Mal. Ich kenne das ja schon, Alpina. Ich weiß, dass es nicht mehr lange dauert. Also bin ich schon vorsichtiger geworden."Alpina hoffte, dass das nicht nur so dahingesagt war, denn eigentlich war es noch zu früh für die Geburt und Gisela hatte bereits zwei Kinder vorzeitig verloren. Das Risiko für eine Frühgeburt war bei ihr durchaus gegeben.
Mit einem ernten Blick und dem erhobenen Zeigefinger, sie jederzeit rufen zu lassen, wenn die Wehen einsetzten, verabschiedete sich die Hebamme. -
Alpina erkannte sehr wohl, dass Othmar nicht so glücklich mit ihrer Einladung war. Doch als Hildrun ihm zusetzte, damit der doch zusagte und auch Hrothgar und Wolfhart sich über die Einladung zu freuen schienen, stimmte er zu.
"Das freut mich. Dann kommt doch zur gemeinsamen Cena und wer weiß, vielleicht können wir euch ja auch ein wenig helfen, jetzt wo ihr sozusagen in Mogontiacum gestrandet seid."Sie sah sich fragend nach Curio um und hoffte, dass er ihr Angebot bestätigen würde.
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Hatte Alpina aufgrund ihrer Reise ins freie Germanien die letzten Aktionen Curios an den Schreinen der Lares Compitales nicht begleiten können, so war sie doch dieses Mal zugegen. Sie erkannte viele bekannte Gesichter in der Menschentraube, die sich um die schmuck hergerichtete Aedicula versammelt hatten. Schmunzelnd betrachtete sie den kleinen Widderkopf, der sich ins Bild geschmuggelt hatte. Curio wusste, wie er sich dezent aber geschickt ins rechte Licht setzen konnte. Wenn da die blöden Gerüchte nicht wären...
Gerade aus diesem Grund hielt Alpina sich im Hintergrund, versuchte nicht aufzufallen. Das ungemütliche Wetter brachte es mit sich, dass sie die Palla gänzlich um ihren Leib schlingen konnte. -
Zitat
Ein Thema über das ich mich stundenlang echauffieren könnte. Wer liest den diese ganzen Werke? Was ist denn der Punkt von diesen ganzen Erbinnen, Herrinen und Seifensiederinnen? Held(innen)quote fürs Mittelalter? Gibt doch so viele starke Frauen in der Geschichte, aber nein, man stellt die Regale voll mit unglaubwürdigen "mittelalterlichen" oder "renaissance-zeitlichen" Frühfeminisitinnen verwirrtNaja, Geschmacksache smile
Ein Tipp dazu. Wirklich hervorragend geschriebenes Werk über eine starke historische Frauenfigur:
Hypatia von Fritz Mauthner.
Das Buch ist uralt aber immernoch lesenswert. Spannend und informativ. Dazu als Ebook unschlagbar günstig: 0 €!
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Für die Fans der leichteren Kost:
Wer Ebooks mag oder vor der Wartezeit auf ein Book-on-Demand nicht zurückschreckt, der kann es auch mit der Roman-Trilogie Raetia von Melissa Jäger versuchen. Die drei Bände heißen: „Raetia – das Wunder der Geburt“, „Raetia – Die Macht der Venus“ und „Raetia – Invidia – Eifersucht und Missgunst“. Es könnte sein, dass dem ein oder anderen, der hier mitliest, eine Figur bekannt vorkommt…Die Ebooks kosten: 2,99 € über Amazon, neobooks oder weltbild
als Book-on-Demand: 8,50 € bzw. der 3.Teil 10,50 € über http://www.epubli.de