Sanft und vorsichtig untersuchte Corvinus Alpina. Dabei versicherte er ihr, dass sie in den Cabanae sicherer wäre als im Vicus Apollinensis. Sie atmete tief durch.
"Zum Glück warst du rechtzeitig, um mich vor dem Schlimmsten zu bewahren. Ich hoffe, es war auch rechtzeitig für unser Kind..."
Als er sie warmherzig ansah und ganz lapidar versprach, dass es auch ein Familienleben für sie geben würde, wenn dem Kind etwas passiert sei... beruhigte sie sich. Wie erwartet, war er sofort Feuer und Flamme, den Angreifer in den Hades zu schicken, als ihre Angst in Wut umschlug. Und so entließ sie Corvinus aus ihrer Umklammerung.
In diesem Augenblick kam Marcellus herein. Er umarmte die weinende Frau, die um Hilfe gerufen hatte. Es war offensichtlich, dass die beiden sich kannten. Was folgte, geschah so schnell, dass Alpina es kaum wahrnehmen konnte. Der am Boden liegende Kerl, drehte sich und plötzlich sah sie ein blitzendes Etwas auf sich zurasen. Im selben Moment warf sich der gute Leonides, der sich von seinem Sturz aufgerappelt hatte, zwischen sie und das blitzende Ding, das sich als Dolch entpuppte. Das Lächeln, das der sterbende Sklave auf den Lippen trug, verursachte Alpina einen tiefen Schmerz im Herzen. Alles hatte er für sie gegeben, der gute alte Freund, am Ende sogar sein Leben.
Nun kam Leben in Marcelllus. Er ging auf den Angreifer zu, überwältigte ihn und übergab ihn seinen Leibwächtern. Wie auf ein unhörbares Kommando stand plötzlich auch Curio in der Tür. Sicher war er in der Nähe gewesen und von den Hilferufen angelockt worden. Er versuchte sich einen Überblick zu verschaffen und verlangte eine Erklärung, was nur zu verständlich war. Das Durcheinander ließ keinen klaren Schluss zu, was sich zugetragen hatte.
Marcellus war der erste, der das Wort erhob. Er berichtete Curio von den Geschehnissen, wie er sie gesehen hatte. Calvina kam und wollte Alpina an einen anderen Ort bringen. Doch Alpina schüttelte energisch den Kopf.
"Nein danke, Calvina. Ich will hier und jetzt erklären, was passiert ist." Sie zupfte ihre Tunika zurecht, um sich einigermaßen zu bedecken und stand auf.
"Dieser Mann dort hat zuerst versucht mich zu erpressen und dann mich zu vergewaltigen. Dass ihm das nicht gelungen ist, ist einzig dem Glücksfall zu verdanken, dass Corvinus vorbei kam. Er scheint ein Handlanger einer Bande zu sein, die den Handel mit Medikamenten kontrolliet. Mir wollte er den vierfachen Preis für wichtige Heilmittel abpressen. Dann hat der Widerling mit ein unmoralisches Angebot unterbreitet und als ich darauf nicht sofort eingegangen bin, wollte er sich mit Gewalt holen, was ich ihm verwehrte... "
Sie holte tief Luft. "Und nun seht ihr, wozu er fähig ist. Meinen Sklaven Leonides hat er getötet. Die liebe, treue Seele."
Alpina kniete sich neben die Leiche ihres liebgewonnenen Helfers. Sanft strich sie über die weißen Haare, die sich im Blut, das sich auf dem Boden ausbreitete, langsam rot färbten. Sie schloss dem alten Mann die Augen.