Beiträge von Susina Alpina

    Auch wenn Leonides nur Alpinas Sklave gewesen war, betrachtete sie ihn doch als Familienmitglied. Selbstverständlich wollte sie für ihn alle üblichen Begräbnisriten einhalten. So kleidete sie sich in die übliche weiße Trauerkleidung, wusch und salbte sie Leonides und wachte eine Nacht lang an seiner Seite. Er lag aufgebahrt, in seine beste Tunika gekleidet auf einer schnell zusammengezimmerten Bahre. Zu seinen Füßen eine Räucherschale, über dem Kopf eine Öllampe.
    Alpina hatte die Haare gelöst, sang und rezitierte Gebete an die Manen. Mit einem Segenswunsch legte sie ihm die obligatorische Münze an den Fährmann Charon unter die Zunge.


    Am kommenden Tag würden sie ihm das letzte Geleit geben, zur Ustrina, wo er auf einem Scheiterhaufen verbrannt werden würde.

    Während Alpina sich dem Fisch und dem Gemüse auf ihrem Teller widmete und sich dabei vornahm, der Köchin bei Gelegenheit ein großes Lob auszusprechen, hörte sie wie Runa ihren Vater bat, mit Curio in den heiligen Hain gehen zu dürfen. Wie erwartet sprang er darauf an, freudig darüber eine Gelegenheit zu bekommen, mit Runa alleine zu sein.
    Am liebsten hätte Alpina nun davon Gebrauch gemacht, Curio dezent vors Schienbein zu treten, denn so sehr sie ihm diese Zweisamkeit gönnte, so sehr fürchtete sie, dass die beiden womöglich entdeckt werden könnten, wenn sie sich einander widmeten. Doch da antwortete Runas Vater bereits und gab dem Wunsch seiner Tochter nach. Was er danach jedoch sagte, ließen bei Alpina die Alarmglocken schrillen. Duccius Verus wollte ein paar Worte mit Curio wechseln. Ahnte er bereits etwas? Dabei wirkte der Pontifex eigentlich nicht so, als beunruhigte ihn etwas. Im Gegenteil - er widmete sich mit einer Seelenruhe seinem Festschmaus.
    Alpina beruhigte sich wieder und als Runa dann bat, das Gespräch zwischen Curio und ihrem Vater zu verschieben, war sie auf die Antwort des Pontifex gespannt. Auf jeden Fall nahm sie sich vor, die Gäste zu beobachten, während sich Curio und Runa ihre gemeinsame Auszeit gönnten. Sollte jemand den Versuch wagen, die beiden zu verfolgen würde sie das zu verhindern wissen.

    Sanft und vorsichtig untersuchte Corvinus Alpina. Dabei versicherte er ihr, dass sie in den Cabanae sicherer wäre als im Vicus Apollinensis. Sie atmete tief durch.
    "Zum Glück warst du rechtzeitig, um mich vor dem Schlimmsten zu bewahren. Ich hoffe, es war auch rechtzeitig für unser Kind..."
    Als er sie warmherzig ansah und ganz lapidar versprach, dass es auch ein Familienleben für sie geben würde, wenn dem Kind etwas passiert sei... beruhigte sie sich. Wie erwartet, war er sofort Feuer und Flamme, den Angreifer in den Hades zu schicken, als ihre Angst in Wut umschlug. Und so entließ sie Corvinus aus ihrer Umklammerung.


    In diesem Augenblick kam Marcellus herein. Er umarmte die weinende Frau, die um Hilfe gerufen hatte. Es war offensichtlich, dass die beiden sich kannten. Was folgte, geschah so schnell, dass Alpina es kaum wahrnehmen konnte. Der am Boden liegende Kerl, drehte sich und plötzlich sah sie ein blitzendes Etwas auf sich zurasen. Im selben Moment warf sich der gute Leonides, der sich von seinem Sturz aufgerappelt hatte, zwischen sie und das blitzende Ding, das sich als Dolch entpuppte. Das Lächeln, das der sterbende Sklave auf den Lippen trug, verursachte Alpina einen tiefen Schmerz im Herzen. Alles hatte er für sie gegeben, der gute alte Freund, am Ende sogar sein Leben.


    Nun kam Leben in Marcelllus. Er ging auf den Angreifer zu, überwältigte ihn und übergab ihn seinen Leibwächtern. Wie auf ein unhörbares Kommando stand plötzlich auch Curio in der Tür. Sicher war er in der Nähe gewesen und von den Hilferufen angelockt worden. Er versuchte sich einen Überblick zu verschaffen und verlangte eine Erklärung, was nur zu verständlich war. Das Durcheinander ließ keinen klaren Schluss zu, was sich zugetragen hatte.


    Marcellus war der erste, der das Wort erhob. Er berichtete Curio von den Geschehnissen, wie er sie gesehen hatte. Calvina kam und wollte Alpina an einen anderen Ort bringen. Doch Alpina schüttelte energisch den Kopf.
    "Nein danke, Calvina. Ich will hier und jetzt erklären, was passiert ist." Sie zupfte ihre Tunika zurecht, um sich einigermaßen zu bedecken und stand auf.
    "Dieser Mann dort hat zuerst versucht mich zu erpressen und dann mich zu vergewaltigen. Dass ihm das nicht gelungen ist, ist einzig dem Glücksfall zu verdanken, dass Corvinus vorbei kam. Er scheint ein Handlanger einer Bande zu sein, die den Handel mit Medikamenten kontrolliet. Mir wollte er den vierfachen Preis für wichtige Heilmittel abpressen. Dann hat der Widerling mit ein unmoralisches Angebot unterbreitet und als ich darauf nicht sofort eingegangen bin, wollte er sich mit Gewalt holen, was ich ihm verwehrte... "
    Sie holte tief Luft. "Und nun seht ihr, wozu er fähig ist. Meinen Sklaven Leonides hat er getötet. Die liebe, treue Seele."


    Alpina kniete sich neben die Leiche ihres liebgewonnenen Helfers. Sanft strich sie über die weißen Haare, die sich im Blut, das sich auf dem Boden ausbreitete, langsam rot färbten. Sie schloss dem alten Mann die Augen.

    Corvinus´ hingebungsvolle Anteilnahme und die Tatsache, dass er sie zunächst vom Tatort wegtrug, führten dazu, dass sich Alpina etwas entspannte. Er vermittelte ihr das Gefühl in diesem Augenblick nur für sie da zu sein und die SIcherheit, dass ihr in seiner Nähe nichts passieren konnte. Er war ihr Bär. Er beschützte sie vor allen Gefahren.


    Als er sie fragte, ob sie Schmerzen habe und "wie weit er gekommen sei", antwortete sie zunächst nicht darauf. Es waren nicht die physischen Schmerzen, die sie marterten, sondern die Erinnerungen an die Angst, die sie ausgestanden hatte, an die Hilflosigkeit. Das Bewusstsein, der physischen Überlegenheit eines anderen ausgeliefert zu sein. Und dazu kam die Erkenntnis, dass es nicht das erste Mal war. Damit stieg die Sorge, dass ihr so etwas jederzeit wieder passieren konnte. Corvinus Versicherungen, dass er so etwas nie wieder zulassen würde, waren lieb gemeint und halfen ihr auch für den Augenblick, sich zu beruhigen, doch was würde die Zukunft bringen? Er war die meiste Zeit im Dienst. Sie würde auch in Zukunft alleine im Laden stehen, dann zwar in den Cabanae, aber übergriffige Kerle gab es überall.


    Während er versuchte, sie mit ihrer Kleidung notdürftig wieder zu bedecken und sie liebevoll streichelte und küsste, sortierte Alpina ihre Gedanken. Dieser Kerl, wer auch immer er war, hatte den Tod verdient. Er sollte nie wieder einer Frau Gewalt antun.
    "Er hat... ich...weiß nicht...natürlich hat er..." sie stockte wieder, konnte es nicht aussprechen. Wusste sie doch, dass gerade römische Männer oft nicht gut damit umgehen konnten, wenn man ihre Frauen geschändigt hatte. Sie kannte einige Beispiele, wo sich Frauen selbst getötet hatten, weil ihre Männer den von einem anderen geschändeten Leib ihrer Gattin nicht mehr anfassen wollten oder die Frauen die Schande nicht ertrugen. Gerade weil ihre Beziehung noch auf so unsicheren Füßen stand wollte Alpina die Wahrheit nicht aussprechen.
    "Das Kind, Corvinus... was ist, wenn dem Kind etwas passiert ist?"


    Sie sah zu Corvinus hoch. Ihre Sorge und Angst schwang in Wut und Zorn um.
    "Wer auch immer dieser Kerl war, er hat den Tod verdient!"
    Alpina spuckte diese Worte förmlich aus. Sie klammerte sich an Corvinus als sei er der einzige Garant dafür, dass ihre Worte Wirklichkeit würden.

    Alpinas Peiniger versetzte dem armen Leonides, der ihr zu Hilfe eilte, einen so heftigen Schlag mit dem Handrücken, dass er taumelte und heftig stürzte.
    "Leonides!", schrie Alpina verzweifelt, unfähig, sich aus der Umklammerung des Angreifers zu befreien.


    In diesem Augenblick hörte sie Corvinus brüllen. Er war im richtigen Augenblick erschienen. Die Götter mussten ihn geschickt haben. Nur Augenblicke später spürte Alpina wie das Gewicht des Angreifers von ihr genommen wurde. Mit enormer Wucht schleuderte Corvinus den Kerl an den Türpfosten. Was er dann mit ihm anstellte, konnte Alpina nicht sehen, doch sie ahnte, dass es keine sanfte Behandlung war. Als sie sich mit schmerzenden Gliedern auf die Ellbogen hochdrückte, war Corvinus schon bei ihr und nahm sie in den Arm. "Keine Angst ich bin ja da. Dein Bär passt auf dich auf. Keiner tut dir was!"


    Wie herrlich diese Worte aus seinem Mund klangen. Sie wusste, dass er die Wahrheit sagte. Jetzt, wo ihr Bär da war, konnte ihr nichts mehr passieren. Sie presste sich zitternd an ihn. Die ganze Anspannung und Angst, die sie ausgestanden hatte, fielen auf einmal von ihr ab. Sie weinte nicht, atmete nur stoßweise, noch immer kaum realisierend, welcher Folter sie entkommen war. Als sich ihr Atem beruhigt hatte, fühlte Alpina in sich hinein, versuchte wahrzunehmen, ob es ihrem Kind gut ging. Ihre größte Sorge war, dass die rüde Behandlung eine Fehlgeburt auslösen würde. Körperlicher und psychischer Stress waren durchaus nicht selten Auslöser eines Aborts. Ob alles gut gegangen war, würde sie wohl erst in ein paar Stunden wissen.


    "Die Götter müssen dich geschickt haben, mein Bär. Ich bin so dankbar, dass du da bist. Es war furchtbar. Bitte halt mich noch ein wenig fest, lass mich jetzt nicht allein."

    Corvinus geflüsterte Worte beruhigten Alpina nur mäßig. Natürlich wusste sie, dass er recht hatte, aber wer wusste schon wie Marcellus genau darüber dachte und wie gekränkt seine Männlichkeit nach dieser erniedrigenden Attacke war. Sie wartete also nach wie vor gebannt auf Runas Antwort.

    Alpina musste lächeln. Camelia fand er also nicht gut. Sie notierte es im Hinterstübchen, auch wenn der Name sowieso nicht für sie in die engere Wahl gekommen wäre, vorausgesetzt ihr gemeinsames Kind würde ein Mädchen werden.


    Als Corvinus dann hörte, dass die Frau des Hausherrn eine Petronierin war und er damit sofort auf Marcellus zu sprechen kam, zuckte Alpina die Achseln.
    "Ich weiß es nicht, aber ich hoffe nicht. Allerdings ist Duccius Marsus der Patron von Marcellus. Möglich wäre es.... bei Eris...das wäre furchtbar!"
    Und leise flüsterte sie ihm ins Ohr: "Er könnte dich wiedererkennen! Dann würde er sicher Anklage gegen dich erheben. Bei allen Göttern Corvinus!"


    Sie entschied in die Offensive zu gehen und Runa zu fragen.
    "Runa, darf ich fragen, ob Petronius Marcellus zu den geladenen Gästen gehört?"


    Wenn Runa ihre Frage mit ja beantworten würde, müssten sie sofort gehen. Die Gefahr für Corvinus wäre zu groß.


    Aufgeschreckt durch die Schreie Alpinas und der jungen Kundin, die den Laden betreten hatte, erschien der alte Sklave Leonides in der Taberna Medica.
    Entsetzt sah er seine Herrin und einen fremden Mann, der ihr offensichtlich Gewalt antat, auf dem Tresen liegen. Eine andere junge Frau in edler Kleidung schrie um Hilfe. Sie schien eben dazugekommen zu sein. Ohne groß nachzudenken beeilte sich der Alte, den brutalen Kerl von seiner Herrin herunterzuziehen. Er griff den Grobian an der Schulter, zog an und brüllte wie es seine betagten Stimmbänder hergaben.


    "Hör auf, du Mistkerl. Hör sofort auf damit!"


    Dann rief er der jungen Frau zu. "Und du lauf nach draußen und hol Hilfe, aber schnell!"

    Einen kurzen Augenblick hoffte Alpina, dass sich der Mann mit den markanten Zornesfalten auf ihren Vorschlag einlassen würde. Doch dann wurde ihr klar, dass er nicht vorhatte sich vertrösten zu lassen. Es kam ihm offenbar ohnehin nicht wirklich auf das Geld an, das er vorgab für diese ominöse Bande eintreiben zu wollen, denn er würdigte ihre Geldschatulle keines Blickes. Stattdessen kam er mit einem bösartigen Grinsen erneut auf sie zu. Der irre Blick ihres Gegenübers ließ Alpina den kalten Schweiß ausbrechen. Diese Augen sagten ihr, dass sie noch Glück haben würde, wenn er sie nur vergewaltigte, aber am Leben ließ. Noch immer schmeckte sie das Blut ihrer aufgeplatzten Lippe. Sie konnte nicht mehr zurückweichen, stand bereits mit dem Rücken zum Tresen. Als er sie packte und auf den Tresen zerrte, war sie überrascht von seiner Kraft. Er wirkte nicht so übermächtig, doch alle Versuche ihrerseits, ihn sich vom Leib zu halten, schlugen fehl.


    Alpina hatte ein Deja vu-Erlebnis. Schon wieder fand sie sich nackt auf einem harten Holztisch, dieses Mal war es ihr eigener Verkaufstresen und wieder einmal schlug man sie und verging sich an ihr. Irgendetwas an ihr schien die Männer zu Gewaltphantasien anzuregen. Was machte sie zum leichten Opfer? Sie war klein und zart... war das der Grund?
    Sie schrie auf, halb wütend, halb verängstigt, versuchte ihn zu kratzen. Doch er drückte ihren Körper mit seinem Körpergewicht auf die harte Unterlage.


    "So du kleines Hühnchen jetzt werde ich erst einmal probieren wie du schmeckst und ob du so schön flattern kannst wie ein richtiges Huhn."


    Seltsame Worte sprach er und der Wahnsinn, den sie in seinen Augen las, lähmten Alpina. Mit diesem irren Blick strich er über ihren schwangeren Leib. Kurz hoffte, sie die offensichtliche Schwangerschaft würde ihn abhalten sie zu vergewaltigen. Doch es schien ihn eher anzustacheln. Als er sie mit seinem Körper bedeckte, versuchte sie ihre Seele wieder aus dem Körper zurückzuziehen, wie damals in Novaesium, doch es gelang ihr nicht. Sie war wie gefesselt von dem irren Blick des Mannes. Verzweifelt versuchte sie sich ihm zu entziehen, doch vergeblich. Sie bemühte sich, die Schmerzen auszublenden.


    In diesem Moment klingelten die Glöckchen über der Tür. Jemand betrat den Laden! Alpina hörte eine zarte Frauenstimme, die um Hilfe rief. War das ihre Rettung?

    Alpina nahm also zwischen Curio und Corvinus Platz. Die Tafel war reich gedeckt. Sie hatte bisher nur selten an einem so üppig gedeckten Tisch gesessen. Das schöne Wetter und das tolle Ambiente taten ihr übriges dazu, dass Alpina zunächst einmal staunend die Szenerie betrachtete.


    Corvinus neigte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr. "War das ein Kind welches du zur Welt gebracht hast? Auch eine Duccia die Frau?".


    Doch noch bevor sie antworten konnte, hielt der Hausherr seine kurze Ansprache, brachte ein kurzes Trankopfer an die Götter und eröffnete geräuschvoll das Festessen. Alpina musste grinsen als er die Rede mit einem kräftigen Rülpser abschloss. Dann nickte sie auf Corvinus Frage hin.
    "Sie ist eine angeheiratete Duccierin. Also eigentlich eine Petronierin. Ihr Name ist Petronia Octavena und dem kleinen Mädchen habe ich auf die Welt geholfen. Sie heißt Camelia. Ein süßer Knopf, nicht wahr?"


    Als sie dann begannen sich an der Tafel zu bedienen und die Teller vollzuladen, strich ihr Corvinus sanft das Haar hinters Ohr. Was er ihr dann ins Ohr flüsterte, ließ sie schmunzeln.
    "Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, wenn ich dich trete und dir vor Schmerz womöglich der Braten aus dem Gesicht fällt, aber ich werde schon eine Möglichkeit finden, dich dezent darauf hinzuweisen, dass du dich übernimmst, mein Bär."


    Sie warf ihm einen liebevollen Blick zu und zwinkerte. Dann beobachtete sie erstaunt, was er alles auf seinem Teller unterbrachte. Er hatte nicht übertrieben. Aber bei seiner Körpergröße und seiner Statur verwunderte sie nicht, dass er auch einiges vertragen konnte. Bei Alpina lag das anders. Sie aß grundsätzlich eher wie ein Spatz und seit der Schwangerschaft war sie zudem etwas wählerischer geworden. Fleisch ließ sie fürs erst ganz weg, bediente sich dafür bei Fisch und Gemüse. Ab und an warf sie Curio und Runa einen Blick zu und lauschte mit einem Ohr wie sich Curio in der Unterhaltung mit Calventia Fusa schlug, die ihm gegenüber saß.

    Alpina freute sich aufrichtig über Petronia Octavenas freundliches Interesse und ihren Glückwunsch zu ihrer Schwangerschaft.
    "Ich danke dir für die Glückwünsche. Inzwischen kann ich mich auch darüber freuen. Das war nicht von Anfang an so. Meine Lebenssituation ist bei weitem nicht so gefestigt wie die deine und ein Kind ist in jedem Fall ein bedeutsamer Einschnitt im Leben, wie du mir sicher zustimmen wirst."


    Die Hebamme beobachtete die kleine Camelia, die neugierig durch ihre Haarsträhnen hindurchspitzte. Sie legte den Kopf schief und grinste der Kleinen auffordernd zu, während ihre Augenbrauen nach oben zuckten. Camelia kicherte und versteckte sich wieder an der Schulter ihrer Mutter. Ein reizendes Alter, fand Alpina, und sie freute sich schon darauf, selbst eines Tages ein so reizendes Kind zu haben, sei es Mädchen oder Junge. Damit kam sie auf eine Frage, die sie brennend interessierte.
    "Und bei dir, Petronia Octavena? Du siehst hervorragend aus... wie steht es mit einem Brüderchen oder einer jüngeren Schwester für Camelia?"


    Sie hoffte nicht taktlos oder ungebührlich neugierig zu sein. Schließlich hatte sie ja ein berufliches Interesse daran, dass es bei den Ducciern noch weiteren Nachwuchs gab.

    Zitat

    Original von Duccia Silvana: Nun endlich fand sie auch einen Moment Zeit um sich ihrer Freundin Alpina und deren Geschenk entsprechen zu widmen. Sie betrachtete die Kräuter in dem Körbchen. Hielt mal dies und mal jenes hoch. Sagte was sie dachte das es it, manches mal wurde sie bestätigt, manches mal von Alpina verbessert. Runa lächelte schließlich Alpina an. „Ich bin so froh, dass du mir schon bald zeigst, was ich mit diesen Schätzen der Natur anfangen kann. Du weißt ja, dass ich doch dafür bewundere, dass du diese Gabe der Götter zu nutzen weißt und ich dir so unendlich dankbar bin, dass du dein Wissen an mich weiter geben willst.“ Sie nahm ihre Freundin in den Arm und drückte sie an sich. „Danke das du mir einen so gute Freundin bist.“


    Mit großer Freude erlebte Alpina, dass sich Runa sehr über ihr Geschenk freute und erwiderte die Umarmung. "Ich habe zu danken für deine Freundschaft, Runa. Du weißt wieviel sie mir wert ist."


    Sie nutzte die Gelegenheit, um Runa gleich einzuladen. "Wir sollten unbedingt in den nächsten Tagen gemeinsam Holunderblüten pflücken gehen. Die Zeit dafür ist kurz und man kann sie nicht nur als Heilmittel benutzen, sondern auch leckere Dinge daraus zaubern. Komm doch nach deinem Dienst im Tempel zu mir, dann können wir bei dieser Gelegenheit noch ein paar andere Dinge bequatschen..."
    Alpina zwinkerte der Freundin zu. Ja, es gab einigen Diskussionsbedarf, sicher auf beiden Seiten.


    Bald nahm man an der Tafel Platz. Alpina war unsicher wohin sie sich setzen sollte und wartete ab, was die Duccische Familie machte. Ihr Blick suchte Corvinus.

    Ehe sie sich versah, hatte der Kunde mit den markanten Zornesfalten den Tresen umrundet. Alpina hob noch abwehrend die Hände, doch zwecklos. Er packte sie am Hals und drückte sie gegen den Tresen. Um Luft ringend krallten sich ihre Hände in seine Hand an ihrer Kehle. Sie versuchte verzweifelt seinen Griff zu lösen als sein Gesicht auf sie zukam. Entsetzt riss sie die Augen auf. Seine Zunge fuhr aus seinem Mund und leckte ihr über das Gesicht. Ekel überkam Alpina, sie würgte, rang weiter nach Luft und musste in ihrer Not hinnehmen, dass seine freie Hand ihren Busen berührte.


    Nur mühsam drangen die Worte in ihr Ohr, die dieser brutale Kerl ihr mit einem fiesen Lachen garniert, entgegenschleuderte. Er machte ihr klar, dass der Einkauf wichtiger Kräuter und Medikamente anscheinend von einer Gruppe kontrolliert wurde, deren Mitglied er zu sein schien. Denn er sagte "wir" als er ihr erklärte, dass die Märkte von "ihnen" kontrolliert würden und sie den vierfachen Preis würde zahlen müssen, wenn sie überhaupt an diese Kräuter kommen wollte. Den vierfachen Preis! Wie sollte das gehen?
    Doch das Schlimmste kam noch. Er bot ihr einen "Rabatt" an und wie sie sich diesen "verdienen" sollte machte er unmissverständlich klar in dem er ihr unterstellte sich jedem hinzugeben. Es folgte ein Schlag ins Gesicht. Alpinas Lippe platze auf, sie schmeckte Blut. Er fasste ihr erneut an die Brust, wie um zu unterstreichen, dass er sich mit Gewalt holen würde, was er wollte. Dann zog er sich zurück.


    Alpina sog gierig die Luft ein, die nun wieder ungehindert durch ihre Kehle strömen konnte. Sie fasste sich an den malträtierten Hals. In ihrem Kopf rasten die Gedanken. Sie war allein in der Taberna Medica, wie immer. Corvinus war im Castellum, Curio unterwegs bei seinen Terminen im Vicus oder im Tempel. Der alte Leonides würde dem jungen kräftigen Mann nichts entgegenzusetzen haben. Sie saß in der Falle. Ihr Peiniger stand geschickt genug, um ihr den Weg zu versperren, wenn sie versuchen wollte in die Casa Atia zu gelangen oder die Tür zu erreichen, um ins Freie zu gelangen. Sie würde versuchen müssen zu verhandeln. Ja, sie wollte dafür sorgen, dass er glaubte, sie würde auf seine Vorderungen eingehen und dann hoffentlich einen Weg finden, ihm zu entkommen oder Hilfe zu holen.


    "Nun was ist los du kleines Miststück? Zahlst du und machst deine Beine breit oder soll es noch teuerer für dich werden?" forderte er.


    Alpina bückte sich unter den Tresen und hob ihre Kasse hoch. Sie öffnete sie.
    "Ich kann dir einen Vorschuss geben, aber der vierfache Preis ist sehr hoch, das werde ich jetzt nicht hier haben, zumal ich diese Woche ohnehin noch nicht viel eingenommen habe."
    Sie ließ ihn in die geöffnete Holzschatulle mit dem Bronzeschloss sehen. Dann kam sie auf seine zweite Forderung zurück.
    "Und was das andere angeht... nun, du wirst wohl kaum hier mit mir... äh... denke ich, oder? Es könnte jederzeit jemand hereinkommen oder mein Untermieter oder mein Sklave herüberkommen und uns überraschen... wollen wir nicht einen passenderen Treffpunkt ausmachen, wo wir es gemütlicher haben? Dann kann ich dir auch die fehlende Summe übergeben... "
    Sie unterstrich ihr Angebot mit einem gekünstelten Lächeln, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Wenn er darauf einging, dann konnte sie Curio und vielleicht sogar Corvinus einweihen und um Hilfe bitten. Dann könnten sie den Mistkerl auf frischer Tat ertappen und festnehmen lassen.

    Runa schien ganz in ihrem Element. Sie stellte alle einander vor. Alpina lernte so Nela kennen und nach all dem, was sie zwischen den Zeilen heraushörte, nahm sie sich vor, die schüchterne junge Frau bei Gelegenheit auf die Mutter anzusprechen. Vielleicht konnte sie ein gutes Heilmittel empfehlen, das ihr helfen konnte.


    Einen Teil der Duccier kannte Alpina noch aus der Zeit, als sie einigen MItgliedern der Familie nach dem Brand des Stadthauses eine Unterkunft in der Casa Atia gewährt hatte. Beeindruckt sah Alpina die vielen schönen Geschenke, die Runa von den Familienmitgliedern bekam. Im Vergleich mit den tollen Geschenken, war Alpinas Kräuterkorb ärmlich und sie schämte sich fast dafür. Um so mehr freute sie, als Albin Runa ein selbstgeschnitzes Tier - einen Wolf - schenkte. Auch sein Geschenk war einfach aber sehr persönlich.


    Als Petronia Octavena mit der kleinen Camelia auf dem Arm erschien, strahlte Alpina. Es war immer schön, wenn man die Kinder, denen man ins Leben geholfen hatte, auch später wiedersah. Die Kleine barg ihren Kopf schüchtern an der Schulter der Mutter.
    "Salve, Petronia Octavena. Ich freue mich, dich und die kleine Camelia endlich einmal wiedersehen zu können. Groß ist sie geworden! Und ein hübscher kleiner Lockenkopf!"
    Sie neckte die Kleine indem sie mit dem Zeigefinger eine Maus imitierte, die über den kleinen Körper huschte und sich unter der Achsel Camelias verstecken wollte. Ein kleines, kurzes Lächeln erschien auf dem hübschen Kindergesicht, dann barg Camelia erneut schüchtern das Gesicht am Hals der Mama.


    Corvinus ließ nun Alpina in der Obhut seines Bruders und begab sich zu Duccius Marsus. Dankbar nahm sie seine Zuwendung auf. Die war wohl auch Duccius Verus nicht entgangen, der ihnen postwendend den Segen Iunos wünschte. Alpina wurde rot. Erst kürzlich hatte sie ihm den Namen des Vaters ihres Kindes nicht verraten können, weil Corvinus noch im Barbaricum gewesen war und nichts von ihrer Schwangerschaft gewußt hatte. Nun hatte Verus wohl seine eigenen Schlüsse gezogen.


    Was nun folgte war die Überraschung des Abends. Runas Mutter erschien und die Freude war allseits groß. Alpina hielt sich im Hintergrund, beobachtete das Geschehen und vor allem Curio, der sofort von Runa in ein Gespräch mit ihrer Mutter verwickelt wurde. Schon ein paar Mal hatte sie Curio einen ernsten Blick zugeworfen, wenn er mal wieder zu lang und verträumt Runa angestarrt hatte. Wer wollte es ihm verdenken. Mit dem strahlenden Lächeln, das sie an ihrem Ehrentag schmückte, war sie wirklich eine Augenweide.
    Wie sich schnell herausstellte, meisterte Curio die Aufgabe hervorragend. Er manövrierte sich mit seiner liebenswürdigen, ruhigen und taktvollen Art direkt ins Herz von Calventia Fusa. Es war offensichtlich, dass sie einen Narren an ihm gefressen hatte. Alpina musste grinsen. Besser konnte es doch nicht laufen.

    Alpina stellte gerade ihren Geschenkkorb ab, als Corvinus den Garten betrat. Bei Mars sah er gut aus! Sie hielt einen Augenblick die Luft an, wie er in seiner polierten Ausgehuniform vor ihr stand. Bislang waren sie noch nicht öffentlich als Paar aufgetreten, weshalb sich Alpina schwer tat, wie sie ihn begrüßen sollte. Schließlich aber pfiff sie auf den Antstand und lange vorbereitende Reden und umarmte ihn.
    Die weiteren Erklärungen überließ sie ihm, während sie Runa den Inhalt ihres Geschenkkorbes erläuterte.

    Ich bitte um die Entfernung meines Betriebes, der "Taberna Medica Alpina" und um die Löschung meines WiSim-Kontos.


    Besten Dank,
    Susina Alpina

    An alle Mitbürger des IR, die an der WiSim teilnehmen! Noch eine letzte Gelegenheit einen Dankestee oder eine Wundersalbe der Taberna Medica Alpina zu einem Sonderpreis zu erwerben, bevor die WiSim Taberna Medica Alpina schließt.


    Ich gebe mein Geschäft auf, da mich, wie schon öfter angeklungen, die WiSim wie sie momentan läuft so viel Nerven gekostet hat, dass ich keine Lust mehr habe daran teilzunehmen.


    SimOn wird es auch in Zukunft eine Taberna Medica Alpina geben, in der auch weiterhin mit Rat, Tat, Tees, Salben, Bädern und medizinischem Wissen den Bürgern Mogontiacums geholfen wird. Doch an der WiSim nehme ich nicht mehr teil. Noch einmal Dank an alle, die mich über die vergangenen 1,5 Jahr unterstützt haben und die Produkte meiner Taberna Medica zu schätzen wussten. Valete bene!


    Susina Alpina

    Alpina entdeckte Runa im Wildgarten der Familie. Sie war umringt von Gratulanten. Curio hatte Alpina bereits auf dem Weg zur Duccischen Villa von dem erfolgreichen Opfer erzählt. Sie hatte auch gar nichts anderes erwartet. Runa war berufen worden für ihren Dienst bei den Göttern. Dass sich dann tatsächlich als Zeichen der besonderen göttlichen Gunst im Anschluss an das Opfer ein Adler am Himmel über dem Tempel gezeigt hatte, war natürlich ein besonders glückliches Omen.


    Geduldig warten die beiden Freunde darauf, dass Runa Zeit dafür haben würde, sie zu begrüßen und ihre Geschenke und Glückwünsche entgegenzunehmen.

    Curio holte Alpina nach Runas Opfer ab, damit sie gemeinsam zu ihrer Feier gehen konnten. Mit einem kleinen Päckchen unter dem Arm wartete er auf sie. Alpina nahm den Korb mit den Heilmitteln, die sie für Runa gepackt hatte. Dann verließen sie die Casa Atia.


    Alpina war noch immer beeindruckt, wenn sie das Duccische Anwesen betrat. Sie beobachtete Curio von der Seite, er schien sich hier bereits wie Zuhause zu fühlen. Innerlich musste Alpina darüber lächeln. Der zukünftige Schwiegersohn bewegte sich schon sehr gelassen in der Villa Duccia. Doch dass er nicht so gelassen war, wie es nach außen schien, wurde Alpina bewusst, als er sich zu ihr umwandte und sie bat, ein Auge auf sein Verhalten zu haben.


    "Den Gefallen kann ich dir gerne tun. Ich weiß nur nicht, wie ich dir zu verstehen geben soll, wenn dein Verhalten auffällig über das übliche Lehrer-Schüler-Verhältnis hinausgeht. Es wird wohl kaum unauffällig sein, wenn ich dich kräftig vors Schienbein trete, oder?"


    Sie versuchte zu lächeln, um ihn aus seiner Starre zu holen. Denn er wirkte schon jetzt wieder so steif wie früher, bevor er sich Runa offenbart hatte. Dann kehrte auch sie zur Ernsthaftigkeit zurück.
    "Ich werde dir einen strengen Blick schicken, falls es notwendig sein sollte. Doch eigentlich habe ich keine Sorgen, dass du über die Stränge schlägst. Eher im Gegenteil..."


    Alpina zwinkerte ihm zu und trat dann an seiner Seite in den Wildgarten.