Beiträge von Susina Alpina

    Sichtlich erleichtert über die insgesamt wenig aufgeregte Reaktion des Pontifex, beruhigte sich Alpina wieder. Es war ihr mehr als unangenehm im Zentrum bösartiger und unwahrer Gerüchte zu stehen. Irgendwie hatte diese Phryne sich besonders auf sie eingeschossen. Bot sie soviel Angriffsfläche? Das Schlimmste aber war, dass sie in diesen Strudel auch ihre Freunde Curio und indirekt auch Runa zog. Was Duccius Verus noch nicht wusste und wohl auch nicht ahnte, war ja, dass gerade Curios Ruf als frommer Lehrer Runas für das junge Liebespaar von enormer Bedeutung war. Irgendwann würde er sich auf diesen tadellosen Leumund berufen wollen, wenn er vor dem Pontifex um die Hand Runas anhalten wollte.
    "Es ist ungemein erleichternd für mich, zu wissen, dass du den Unwahrheiten, die diese Schlange verbreitet, keinen Glauben schenkst, Pontifex. Ich kann dir nur noch einmal versichern, dass den Aedituus des Apollo Grannus Mogon und mich nicht mehr als eine Freundschaft verbindet. Spätestens mit seinem Umzug in die geplante Casa Helvetia wird sich die Situation sicher auch entspannen. Leider lässt der Umbau wohl noch ein wenig auf sich warten."


    Wo sie aber nun schon vor ihm standen und Klartext sprachen, wollte Alpina auch den letzten Schritt gehen und für Runa fragen, ob ihr Vater einverstanden war, wenn seine Tochter mehr Zeit mit Alpina verbrachte. Sie machte eine kurze Pause, sortierte ihre Gedanken und setzte dann erneut an.
    "Eine Frage, respektive eher eine BItte, hätte ich noch, Pontifex. Wie du sicher schon weißt, verbindet Deine Tochter und mich schon lange eine tief empfundene Freundschaft. Runa bekundet großes Interesse an Heilkräutern. Schon bei einigen Gelegenheiten hatte ich die Freude, ihr das ein oder andere aus meinem Erfahrungsschatz näherzubringen. Nun, da sich das Ende ihrer Ausbildung zur Aeditua nähert und sie hoffentlich bald nicht mehr so viel Unterricht hat, wollte ich dich fragen, ob sie mir öfter zur Hand gehen kann?"


    Mit einem entschuldigenden Blick auf den zwar erst sanft gewölbten Leib, fügte sie hinzu. "Es ist abzusehen, dass ich in einigen Wochen auf die Hilfe anderer angewiesen sein werde. Zumindest in den letzten Wochen der Schwangerschaft und in der Phase des Wochenbettes, wäre ich über Runas feinsinnigen Umgang mit den Schätzen der Natur sehr dankbar. Würdest du das erlauben?"


    Mit der Bitte am Ende ihres Vortrages verband Alpina einen sehnsuchtsvoll flehenden Blick, von dem sie hoffte, dass er den Pontifex nicht unbeeindruckt lassen würde.

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    Original Decima Messalina: Hast du schon mal probiert mit jemanden ein Handelsabkommen zu vereinbaren? Oder über die diversen Handesvereinigungen Geschäfte abzuwickeln?


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    Original Marcus Iulius Dives: mir trägt deshalb jedes meiner Marktangebote den Zusatz 'auch mit SimOn-Rabatt erhältlich'. Dennoch hat sich wenigstens bei mir bisher noch niemand SimOn gemeldet -


    Ich habe vorhin mal geguckt, es gibt wirklich genug Gemüsebauern und trotzdem sind nie genug Kräuter am Markt. Natürlich kann ich jetzt an jeden dieser Bauern herantreten, PN schreiben, warten, hoffen... aber ehrlich gesagt, ist es mir den Aufwand wert? Wozu? Dafür, dass ich mit meinem Kleinbetrieb 30 Sesterzen oder so pro Woche erwirtschaften kann?


    Und lieber Marcus Iulius Dives: SimOn auf dich zukommen? Du sitzt in Rom ich in Mogontiacum. Sorry aber..???? SimOff o.k. aber SimOn?? Soll ich nach Rom reisen?


    Ich sehe aber, dass es auf Dauer keinen Sinn mehr für mich macht. Klar habe ich halt mal eine Woche Verluste... weil Produktionskosten anfallen, aber ich nichts einnehme, wenn ich nicht produzieren kann. Im RL ist es vielleicht ähnlich oder vielleich auch ganz anders... ich bin im Dienstleistungssektor, habe also mit Produktionskosten nichts am Hut, wohl aber laufende Kosten und als Selbständige auch kein Einkommen, wenn ich nicht arbeite.... also auch ein Risiko. Wie hier. Ich verstehe das Prinzip schon.


    Die Frage ist, will ich es mir antun, wenn ich es nicht muss? Ich kann ja spielen ohne die WiSim. Also welchen Grund sollte es für mich geben, jeden Wochenanfang den Stress zu haben, nicht zu wissen, ob ich meine Rohstoffe bekomme, aber zurvor entscheiden zu müssen, ob ich produzieren will, Denn das muss ich zurvor festlegen ohne Wissen, wie die Marktlage in der kommenden Woche ist.

    Ich sehe mir das seit 1,5 Jahren an. Aber es nervt mich von Anfang an. Ich dachte, es wäre nett, den Beruf meiner ID auch in der WiSim auszuleben, aber ich glaube, ich werde es aufgeben. Ihr seht ja auch wie die Abstimmung läuft.... ich bin wohl nicht die einzige, die es so sieht.

    Gibt es niemanden, der Kräuter produzieren kann? Oder will?


    Wenn es so weiter geht, werde ich mich von der WiSim abmelden. Wochenlang habe ich versucht Vorräte zurückzulegen, aber es ist einfach nie genug auf dem Markt, um regelmäßig produzieren zu können. Selbst mit einer gewissen Bevorratung (im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten) ist es nicht möglich, dauerhaft zu produzieren, obwohl die Nachfrage da wäre und der Absatz stimmt.


    Wenn wir schon bei der WiSim-Diskussion sind, könnten wir das gleich mitdiskutieren. Über Sinn und Unsinn läßt sich eigentlich nur diskutieren, wenn man wirtschaften kann...

    Ganz plötzlich tauchte Runa auf. Alpina war sich sicher, dass sie schon im Hintergrund gewartet hatte Jetzt nutzte sie die Gunst der Stunde, um ihren Vater vor der Niedertracht der intriganten Phryne zu warnen. Das einzige Problem dabei war, dass sie in Aussicht stellte, dass Alpina den wirklichen Vater nannte. Doch das wollte sie auf keinen Fall. Nicht, solange der Vater keine Ahnung hatte, dass er Vater wurde. Also atmete Alpina tief durch und setzte zu einer Antwort an.
    "Pontifex Duccius Verus. Deine Tocher hat recht. Dein Klient Iullus Helvetius Curio ist nicht der Vater meines Kindes. Natürlich muss es seltsam aussehen, wenn man bedenkt, dass wir beide im selben Haus leben und beide ledig sind. Doch ich versichere dir, hoch und heilig, bei allen Göttern, dass dieses Kind nicht das von Runas Lehrer ist. Bitte, du musst mir glauben! Ich kann dir den Namen des Vaters nicht nennen, weil er selbst noch nichts davon weiß. Es wäre nicht recht ihm gegenüber, wenn ich es dir sagen würde, bevor er es erfährt..."


    Alpina rang die Hände. Warum musste nur alles so schwierig sein? Warum hatte diese vermaledeite Phryne nur schon wieder ihre Giftpfeile verschießen müssen? Alpina hatte geahnt, dass die Tatsache, dass Curio mit ihr, einer ledigen Frau, in einem Haus wohnte, ihm zum Verhängnis werden würde. Sie hatte es an dem Abend verstanden, als sie bei Phrynes Einweihungsfest gewesen waren. Da war ihr klar geworden, welche Gefahr sie für den aufstrebenden jungen Mann darstellte. Nun war es zu spät. Nun würde er damit leben müssen, dass Phryne eine Gerüchtewelle in Gang gesetzt hatte. Curio tat ihr leid. Er hatte es wirklich nicht verdient.

    Auch Alpina senkte die Stimme, als sie Runa antwortete.
    "Ja, ich habe ihn auch gesehen. Er schien unverletzt Ich danke dir für die Gewissheit, Runa. Du weißt wie sehr ich ihn vermisse, nicht wahr? Ich wäre zwar manchmal froh, wenn es anders wäre, denn ich fürchte, dass es nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Dennoch war es schön zu sehen, dass er lebt."


    Alpina drückte Runas Hand und versprach auch Curio von der Vision zu erzählen. Natürlich machte auch er sich Sorgen und vermisste Corvinus.


    Sie bleben noch einige Zeit an diesem wunderschönen Ort und genossen die Magie des Augenblicks, das Gefühl der Anwesenheit der Götter. Dann half Alpina Runa dabei, den Platz aufzuräumen und zu reinigen.

    Beeindruckt und gebannt verfolgte Alpina das Ritual. Es hatte eine unglaubliche Kraft. Alpina assistierte Runa still und so zurückhaltend wie möglich.
    Runa begann mit der Anrufung und bald schon hatte Alpina alles um sich herum vergessen. Sie lauschte den fremden Götternamen, hörte die Schönheit der Worte und ließ den Trank der germanischen Götter die Kehle hinabrinnen.


    Als Runa den Hasen opferte war Alpina schon so tief in Trance, dass sie das blutige Ritual nicht mehr erschreckte. Nun beschwor Runa die Götter, Corvinus zu beschützen und zu ihr und dem Kind unter ihrem Herzen zurückzubringen. Ganz fest dachte sie an ihn, ließ sein Bild vor ihrem inneren Auge erscheinen Ja, tatsächlich, sie sah ihn. Hoch zu Ross in seiner Uniform an der Spitze seiner Turma. Kraftvoll, von beeindruckender Erscheinung, blutbesudelt, aber scheinbar unverletzt. Mit grimmiger Miene, wild entschlossen und zu allem bereit, gönnte er seinem Pferd keine Verschnaufpause.


    Genauso schnell wie sie gekommen war, verflüchtigte sich die Vision wieder. Alpina sank neben Runa nieder. Die Freundin hatte eine ungeahnte Kraft, wenn sie fähig war, solche Bilder in ihr zu erzeugen. Ehrfurchtsvoll und doch voll tief empfundener Dankbarkeit, legte Alpina ihre Hand auf Runas Arm. Lange Zeit sprachen sie nicht. Alpina war viel zu beeindruckt von den Geschehnissen. Sie konnte keine Worte finden.
    Erst als sich Runa erholt hatte, sprach Alpina ihren Dank aus.
    "Ich danke dir aus tiefstem Herzen, Runa. Du hast große Macht über die Götter! Es war unglaublich! Runa, du bist wahrhaft eine große Magierin, eine Tochter der Götter... danke für dieses Erlebnis."

    Alpina vernahm Runas Gebet. Es übte in seiner Fremdartigkeit eine unglaubliche Macht auf sie aus. Sie kannte nur wenige germanische Gottheiten, doch die magischen Orte von denen die Rede war, lösten eine besondere Ergriffenheit in ihr aus. Sie war schon mittendrin im Strudel des magischen Wirkens. Also nickte sie nur kurz, als Runa sie fragte, ob sie bereit sei zu beginnen.

    Alpina winkte ab, als Duccius Verus sich entschuldigen wollte. Es war eine Entscheidung aus freien Stücken gewesen, die gefahrvolle Reise zu unternehmen. Niemand trug die Schuld daran, nur sie alleine. Hätte sie ihr Kind nicht abgetrieben, hätte sie den Weg zu Osrun nicht antreten müssen.
    Auf die Frage des Pontifex nach Osrun lächelte Alpina.
    „Nun, sie ist uralt und alterslos zugleich. Wenn du mich fragst, werden noch meine Kinder sie in diesem alterslosen Zustand antreffen, wenn der alte Glaube und die alten Mythen dann noch von Bedeutung für die Menschen sind..."


    Alpina war nachdenklich geworden. Und als dann die gefürchtete Frage danach kam, ob sie die Chatten und die Marser umgehen konnte, atmete sie erst einmal tief durch. Sie wusste nicht, welchem germanischen Volksstamm Duccius Verus entstammte, also musste sie vorsichtig damit sein, was sie sagte.
    "Niemand kann momentan die Chatten umgehen, wenn er sich jenseits des Limes aufhält. Sie haben ein feines Netz aus Stützpunkten gebildet, überfallen mit ihrer Anführerin Norwiga die friedlichen Dörfer, fordern Tributzahlungen und die Stellung von Kriegern von den Siedlern. Wer sich widersetzt oder im Verdacht steht, ein römischer Spion zu sein, erfährt grausamste Folter bis hin zum Tod. Als Frau ist man dort Freiwild, es gibt ja niemanden, der ihnen Einhalt gebietet..."


    Sie hielt noch einmal inne, dann fügte sie hinzu. "Ich kann dich nur beschwören, rate niemandem und schon gar keiner Frau, in der nächsten Zeit ins freie Germanien zu reisen. Ich habe diese Entscheidung selbst gefällt und bin mir sicher, dass sich mein Weg trotz alledem, was ich erlebt habe, gelohnt hat. Wer aber an seinem Leben hängt, der sollte den Limes besser nicht überschreiten."

    Der Pontifex erhob sich und kam auf Alpina zu. Mehr noch, er schien kaum glauben zu können, sie wiederzusehen und wie um sich selbst zu überzeugen, dass sie keine Geistererscheinung war, nestelte er an ihrer Kleidung herum.
    Überrascht und ein wenig irritiert ob der ungebührlichen Annäherung hielt sie den Atem an. Doch Duccius Verus war ein freundlicher Mann, der offenbar nur sicher sein wollte, dass dieses arg veränderte Wesen die Frau war, die ihn vor Monaten um Rat gefragt hatte.
    Sein Kommentar, dass die Chatten und Marser ihr nur die Haare geschnitten hatten, kombiniert mit der Bemerkung über ihren Zustand, verursachte bei Alpina einen stechenden Schmerz in der Magengrube. Einige der grausamen Erinnerungen kamen hoch, die Alpina so gut verdrängt geglaubt hatte. Nein, sie war sicher, dass dieses Kind keine Folge des Übergriffs in Novaesium war. Doch als er betonte, dass er jedes Detail wissen wollte, wurden ihre Knie weich. Dankbar nahm sie den angebotenen Stuhl und ließ sich nieder.


    Sie stellte die Flasche mit dem Kräuteröl vor Duccius Verus auf den Tisch.
    "Ich möchte mich noch enmal in aller Form und mit tief empfundenem Dank für deinen Rat bedanken. Nimm dafür dieses Bärlauchöl von mir an. Es schmeckt hervorragend über Salat, Gemüse und Fleisch und besitzte entschlackende und entgiftende Eigenschaften. Aus diesem Grund wird es besonders im Frühjahr sehr geschätzt."
    Alpina machte eine Pause und lächelte.
    "Ich habe tatsächlich die von dir empfohlene Seherin Osrun gefunden und einige Zeit bei ihr verbracht. Es waren mit Sicherheit die wichtigsten und wertvollsten Tage meines Lebens, ich habe unendlich viel gelernt. Die Weisheit dieser Frau ist unermesslich und wir Sterbliche können sie ohnehin nur andeutungsweise verstehen. Doch was ich verstanden habe und für mich annehmen konnte, hat mein Leben verändert. Ich danke dir, Ponifex. Ohne deinen Rat wäre ich jetzt nicht mehr am Leben. Die Fluten des Rhenus hätten mich längst davongespült. Ganz zu schweigen davon, dass ich es nun erleben werde, wie es ist, Mutter zu werden."


    Da sie nicht wusste auf welche Details er versessen war, hielt sie inne und schenkte ihm einen aufrichtig dankbaren Blick.

    Runa hatte nicht zuviel versprochen, der Platz war atemberaubend schön. Gebannt ließ Alpina die Magie des Ortes auf sich wirken. Ein Teppich aus Buschwindröschen überzog den krautig duftenden Boden. Das durch die frischen Frühlingsblätter zartgrün gefärbte Licht, das durch das Blätterdach auf den Waldboden fiel, brach sich in unzähligen Tautropfen und verzauberte die jungen Frauen.


    Runa forderte Alpina auf, mitzukommen. Der erste Schritt aus dem Wald auf die magische Lichtung, war wie ein Schritt in eine andere Welt. Ein Gefühl nahm von Alpina Besitz, wie sie es zuletzt am Teich der Holle gespürte hatte. Dieses Bewusstsein, Teil des göttlichen Geschehens zu sein... ein kleiner, unbedeutender Teil wohl, aber dennoch eins zu sein mit den numinösen Kräften des Kosmos.


    Den bemoosten Altarstein erkannte Alpina tatsächlich erst, als Runa sie darauf hinwies.
    Nun drehte sich Runa im Kreis, selbst tief in der Gewissheit, ein Teil dieses Mysteriums zu sein. Alpina breitete die Arme aus, schloss die Augen, sog die würzige Luft des Waldes ein und nahm mit allen Sinnen, die ihr zur Verfügung standen, Kontakt zu den Naturgeistern und Wesenheiten des Ortes auf. Auch wenn sie die germanischen Namen dieser Mächte nicht kannte, nahm sie doch die Kräfte der naturmagischen Wesen wahr.
    "Ja, ich kann sie spüren!", hauchte sie zurück.

    Alpina staunte über die Beobachtungsgabe ihrer Freundin. Nun, solche Kleinigkeiten würde ein Raubein wie Corvinus sicher nicht feststellen. Also würde sich Alpina wohl doch noch Gedanken über die passende Formulierung ihres Zustandes machen müssen....


    Runas Feststellung, dass Phryne wohl über einschlägige Erfahrung mit Abtreibungen verfügte, ließ Alpina erschaudern. Wie hart und grausam musste diese Frau sein, wenn das stimmte, was Runa vermutete?Alpina hatte die eine Kindstötung an den Rand des Wahnsinns getrieben, nie wieder würde sie einen solchen Frevel begehen. Wie kalt und abgebrüht musste man sein, wenn man ohne zu zögern abtrieb um seinem lasterhaften Lebenswandel zu frönen?


    In einer Umarmung flüsterte Runa ihrer Freundin schließlich lauter gute Wünsche ins Ohr. Und als immer mehr wunderschöne Wünsche kamen, spürte Alpina wie sich Tränen in ihren Augen sammelten und leise die Wange hinabtropften. Sie war seit einiger Zeit ohnehin viel emotionaler als früher. Das musste mit der Schwangerschaft in Verbindung stehen. Alles, auch kleine Belanglosigkeiten, bezog sie auf sich, ihr Kind und die unsichere Zukunft. Jedesmal musste sie mit den Tränen kämpfen, wenn jemand von einem gestorbenen Kind sprach oder den Verlust des Partners beklagte.


    Passend dazu bot Runa ihr nun an, gemeinsam den Göttern der Germanen für Corvinus´ Rückkehr zu opfern. Neugierg stimmte Alpina zu. Sie selbst wollte auch ein Opfer anbieten und holte die Haarnadel hervor, die sie in Novaesium erstanden hatte. Mit ihren kurzen Haaren hatte sie ohnehin keine Verwendung mehr dafür und durch ihre Herkunft aus dem freien Germanien stellte sie eine Verbindung zu Corvinus vermutliichen Aufenthaltsort her.
    "Das ist lieb von dir", sagte sie. "Ich bin sehr gespannt auf diesen Ort. Bei meiner Reise habe ich einige sehr magische Orte kennengelernt, an denen man die Anwesenheit der Götter deutlich spüren konnte. Lass uns gehen!"

    Idyllisch wirkte der Garten der Villa Duccia. Vögel zwitscherten und Runas Vater, der Pontifex, saß in der Frühlingssonne und widmete sich irgendwelchen Schriften. Es war Alpina unangenehm ihn in seiner beschaulichen Ruhe zu stören.
    Sie stellte den Korb ab, nahm das Kräuteröl heraus, das sie als Gastgeschenk mitgebracht hatte, und näherte sich vorsichtig. Was er wohl denken würde, wenn er sie sah? Die kurzen Haare, der gebräunte Teint... würde er den sich sanft wölbenden Bauch erkennen?
    Leise, sehr leise begrüßte sie ihn.
    "Salve, Pontifex Duccius Verus", sie hielt inne und setzte dann ein "Heilsa!" hinterher, wie sie es auf ihrer Reise ins freie Germanien als Gruß der Germanen kennengelernt hatte.

    Die Schwangerschaft machte sie noch schöner? Seit den hemmungslosen Schmeicheleien von Marcellus, die ja ohnehin nur aus einem Grund ausgesprochen worden waren, hatte niemand mehr Alpina zu verstehen gegeben, dass sie schön war. Aus dem Mund Runas hörte es Alpina jedoch besonders gerne, denn sie wusste, dass die Freundin es ehrlich meinte und nicht nur höflich war. Alpina wusste selbst, dass sie keine Schönheit war, wie Phryne, gesegnet mit allem, was Venus einer Frau schenken konnte. Aber es war trotzdem schön, ein ehrlich gemeintes Kompliment zu erhalten.
    "Sag´, Runa. Sieht man mir die Schwangerschaft schon so sehr an? Phryne hat es gleich gemerkt. Was wird sein, wenn Corvinus zurückkommt? Ich werde ihm womöglich gar nicht mehr sagen müssen, dass er Vater wird. Er wird es sehen können, oder?"


    Alpina wusste nicht, ob sie sich darüber freuen sollte. Es vereinfachte die Sache, weil sie sich keine Gedanken über die richtige Formulierung machen musste, änderte aber nichts daran, dass sie ihn vor vollendete Tatsachen stellte. Aber vielleicht bemerkte er es doch nicht? Männer waren manchmal blind, was äußerliche Veränderungen bei Frauen anging. Alpinas Vater war ein gutes Beipiel gewesen. Wann immer ihre Mutter eine neue Tunika oder neue Frisur gehabt hatte, war ihr Vater rätselnd vor der Mutter gestanden und hatte nicht sagen können, was anders an ihr war.


    Nun, Alpina würde es erleben, wenn Corvinus zurückkam... wenn! Je länger die Mission im freien Germanien dauerte, desto unsicherer wurde Alpina, desto mehr Sorge hatte sie, dass er nie erfahren würde, dass er Vater wurde.


    Alpina war gedanklich abgeschweift. Sie musste noch auf Runas Frage antworten.
    "Natürlich darst du es deinem Vater sagen. Ich stehe zu diesem Kind. Ich liebe es und werde es großziehen. Mit oder ohne Vater. Also nur zu, Runa."

    Alpina lächelte, als ihr der sonst oft so mürrische Albin mit einem angedeuteten Lächeln öffnete.
    "Salve, Albin. Es freut mich, dich so munter zu sehen. Ich war tatsächlich eine Weile fort. Nun bin ich zurück und möchte mich bei Decimus Duccius Verus für seinen guten Rat bedanken und anschließend mit Duccia Silvana eine Kräuterexkursion unternehmen. Ist der Pontifex da? Und würdest du Silvana gleich noch mit dazubitten, wenn ich mit ihm spreche?"

    Ja, Alpina wusste sehr wohl, was hinter dem Limes los war. Sie konnte auch Othmars schlechte Laune verstehen. Alpina jedoch schöpfte ein wenig Hoffnung. Würde es doch bedeuten, dass auch Hildrun in Mogontiacum blieb. Eine gute Nachricht, denn Alpina wünschte sich eine erfahrene Frau an ihrer Seite, wenn in knapp fünf Monaten die Geburt ihres Kindes bevorstand.
    "Ich würde euch gerne zum Dank für die weitreichende Hilfe bei meiner gefährlichen Reise zum Essen in die Casa Atia einladen. Kommt doch, wenn ihr es einrichten könnt in drei Tagen zu uns, dann wollen wir uns zusammen setzen und Erinnerungen austauschen. Es wäre mir eine große Freude, wenn ich mich erkenntlich zeigen könnte, für alles, was ihr für mich getan habt."


    Ihr dankbarer Blick machte die Runde. Nun hoffte sie auf eine positive Antwort.

    Amüsiert beobachtete Alpina die Wiedersehensfreude der Pelzhändler mit dem jungen Helvetier. War es wirklich erst ein Jahr her? Alpina kam es viel länger vor. Stolz konnte Curio von seiner Karriere berichten, wobei er die letzte Stufe auf der Karrierleiter bescheiden aussparte.


    Hildrun lächelte Alpina an und bot ihr den Platz neben ihr. Ihre Hand suchte Alpinas und drückte sie fest. Leise flüsterte sie in das Ohr der Raeterin.
    "Du hast gar nicht erzählt, dass du schwanger bist, Alpina. Warum hast du in diesem Zustand eine so gefährliche Reise gemacht?"
    Alpina beugte sich ebenfalls nah an das Ohr Hildruns.
    "Ich wusste es nicht, als ich losgegangen bin. Ich habe es erst bei Osrun erfahren. Aber jetzt bin ich froh hier zu sein. Bleibt ihr in Mogontiacum?"


    Hildrun warf einen fragenden Blick auf Othmar. Und so wiederholte Alpina die Frage noch einmal laut für alle.
    "Bleibt ihr jetzt hier in Mogontiacum?"

    Curios Lächeln offenbarte Alpina, dass sie tatsächlich den selben Othmar kannten. Sie strahlte den jungen Helvetier an. Sogleich bahnte er sich einen Weg durch den Schankraum, immer darauf bedacht, dass Alpina dicht hinter ihm blieb. Das war Alpina nur recht, einen Ellbogenrempler in ihren Bauch wollte sie in jedem Fall vermeiden.
    Am Tisch der Händler angekommen wurde Alpina von Hrothgar sofort mit einem Kopfnicken und einem freundlichen Lächeln erkannt. Es dauerte allerdings eine Weile, bis er den Pelzhändler mit Gesten darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie nicht mehr allein waren. Hildrun lächelte bereits zur Begrüßung als Ohtmar endlich den Blick hob.
    "Heilsa, Othmar. Heilsa Hildrun, Hrothgar und Wolfhart. Ich freue mich, euch wiederzusehen. Und seht mal, wen ich mitgebracht habe. Erkennt ihr ihn wieder?"


    Neugierig wartete Alpina die Reaktion der Pelzhändler ab.

    Alpina atmete durch. Phryne war weg. Mit sichtbarer Erleichterung lächelte sie Runa an.
    "Die wären wir los. Es ist einfach unglaublich. Sie nutzt jede Gelegenheit sich unbeliebt zu machen. Nur gut, dass du weißt, wer der Vater des Kindes ist, sonst hätte Phryne mit ihrer Äußerung womöglich Zwietracht zwischen uns gesät. Stell dir vor, ich hätte dich nicht eingeweiht...dann würdest du Curio und mich vielleicht wirklich verdächtigen."


    Sie kam hinter dem Tresen hervor und umarmte die Freundin erst einmal herzlich.
    "Ich bin so froh, dass ich es dir sagen konnte... durfte... und das so nichts mehr zwischen uns steht. Schön, dass du da bist."