Wie versprochen machte sich Alpina eine Woche nach ihrem ersten Besuch wieder auf den Weg zur Casa des Schusters. Diesmal war es Almudis, die der jungen Obstetrix öffnete.
"Oh wie schön, dass Du kommst, Alpina!", sie lächelte fröhlich und schien sich tatsächlich über den Besuch zu freuen. "Komm herein. Ich bin alleine. Meine Schwiegermutter und mein Mann sind auf dem Wochenmarkt bei den Cabanae - Schuhe verkaufen."
Sie ging voraus und ließ Alpina in den geräumigen Wohnbereich des Hauses. Erschöpft ließ sie sich auf einen Stuhl fallen.
"Das Gehen fällt mir schon so schwer, ich frage mich, wie lange ich noch warten muss?"
Alpina nahm neben Almudis Platz. Während sie den Puls kontrollierte stellte sie der jungen Germanin einige Fragen.
"Hast Du ab und an Schmerzen oder Bauchkrämpfe?"
Almudis schüttelte zunächst den Kopf, dann aber fiel ihr doch noch etwas ein.
"Gestern habe ich Wäsche gewaschen und als ich so über längere Zeit vornübergebeugt gestanden haben, ist der Bauch plötzlich ganz fest geworden. Dann hat es auch ein wenig in die Oberschenkel und den Rücken gezogen. Hat das was zu bedeuten?"
Alpina wog den Kopf hin und her. "Es könnte sein. Ich muss Dich untersuchen. Können wir zu Deinem Bett gehen?"
Almudis stöhnte als die junge Raeterin ihr aufhalf. Gemeinsam wechselten sie den Raum. Alpina wusch sich die Hände in der Waschschüssel auf dem Nachttisch, dann begann sie mit der körperlichen Untersuchung. Sie konnte erkennen, dass sich der Muttermund bereits spannte. Die Vorwehenphase hatte begonnen. Alpina tastete nach dem Kind. Es lag nach wie vor gut im Mutterleib, startberreit für die Geburt. Zuletzt hörte Alpina wieder die Herztönen des Kleinen ab. Alles in Ordnung.
"Almudis, die Geburt wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Mach Dich darauf gefasst, dass es innerhalb der nächsten Tag dazu kommen wird, dass Du Wehen bekommst oder das Fruchtwasser verlierst. Lass mich sofort rufen, wenn es soweit ist."
Die junge Germanin nickte.
"Ich habe Angst, Alpina. Ist es so schlimm, wie alle sagen? Sind die Schmerzen wirklich so arg?"
"Was soll ich Dir sagen, Almudis. Ich hatte diese Schmerzen noch nicht, aber ich habe schon viele Frauen gesehen, die sie ertragen mussten. Ich kann Dir aber versichern, dass die Freude über Dein Kind die Mühen tausendmal aufwiegt. Ganz sicher!"
Almudis lächelte tapfer. "Nun, wenn Du das sagst. Es bleibt mir ohnehin nichts, oder?"
"Nein", erwiderte Alpina. "Es bringt nichts, da musst Du durch! Und ich verspreche Dir, Du wirst es wunderbar hinbekommen! Wir beide schaffen das!"
Almudis letztes Lächeln wirkte schon wieder zuversichtlicher und so fiel es Alpina leichter, die junge Frau allein zu lassen.