Aufgeregt stand Matinius Agrippa vor dem Tempel des Iuppiter. Es war das erste Opfer, das er alleine vollzog, und dementsprechend war er auch sichtlich nervös und angespannt. Alle Vorkehrungen für das heutige Tagesereignis hatte er gestern schon getroffen – so hoffte er nun, dass ihm nach der Planung nun auch die Ausführung des Rituals (erfolgreich) gelingen würde.
Am Waschbecken am Tempeleingang wusch sich Agrippa die Hände, und bedeckte seinen Kopf mit einer Falte seiner Toga. Dann schritt er auf das Kultbild des Göttervaters zu. Dann sprach er, mit nach oben gerichteteten Handflächen, zum obersten Gott:
„Iuppiter, höchster Gott und König aller anderen Götter! Ich, Aulus Matinius Agrippa, Sohn des Marcus Matinius Metellus, möchte dir für deinen bisherigen Wohlwollen mir gegenüber danken. Ich bitte dich darum, mich auch in Zukunft zu unterstützen.“
Mit einer Wende nach rechts beendete Agrippa die Ansprache; und streute etwas Weihrauch in die umherstehenden Feuerschalen. Wenig später erfüllte sich der Raum mit dem angenehmen Geruch. Jetzt war das eigentliche Opfer an der Reihe, und so stieg Agrippa die Treppe vor dem Tempel zum Altar hinab.
Vor dem Altar stand (bzw. zappelte) ein weißes, geschmücktes Lamm, welches mit einem Seil dort festgehalten wurde. Ein Flötenspieler sorgte mit seiner Musik nun für eine angemessene Atmosphäre.
Dem Lamm wurde der Schmuck abgenommen. Ein Opferdiener reichte Agrippa das culter, das Opfermesser, mit dem er dem Tier einmal von Kopf bis Schwanz über den Rücken strich. Es bewegte sich auf einmal nicht mehr, sondern stand ganz still da, doch der junge Matinier spürte die Anspannung des Lamms. Es war, als wüsste es bereits, dass das Unvermeidbare kurz bevorstand.
Daraufhin sprach Agrippa das Opfergebet:
„Iuppiter Optimus Maximus, oberster aller Götter und Herrscher des Himmels! Mit diesem Opfer möchte ich dir danken; dir danken für deine bisherige Unterstützung. Dank dir ist es mir gelungen, mich meinen Zielen zu nähern!
Ich habe dich immer geehrt, und heute opfere ich dir – zum ersten Mal in meinem Leben – ein Lamm. Ich hoffe, es sagt dir zu, auch wenn es sich um ein eher kleines Opfer handelt.
Ich bitte dich auch weiterhin um deine Unterstützung. Ich bitte dich vor allem um deine Unterstützung in Hinsicht auf meine politische Karriere, die ich bald zu beginnen gedenke.
Um mich bei dir für die Erfüllung meiner Bitte zu bedanken, werde ich dir natürlich auch in der Zukunft regelmäßig Opfer darbringen!“
Das würde eine teure Angelegenheit werden! Agrippa hatte ja jetzte schon einen großen Teil seiner Ersparnisse für dieses Opfer verbraucht… Aber er schweifte ab! Er durfte sich nicht ablenken lassen – das Opfer war noch nicht beendet:
Er wandte sich nach rechts und beendete so auch das zweite Gebet. Der cultrarius blickte ihn an und fragte: „Agone?“
„Age!“, rief Agrippa, und der Opferdiener durchschnitt dem Lamm die Kehle. Das Blut floss aus dem Tier heraus und wurde in Schalen gesammelt.
Nun stellte man sich die große Frage: Hatte Iuppiter das Opfer angenommen?
Dem geopferten Lamm wurden die Eingeweiden entnommen und Agrippa machte sich daran, diese zu untersuchen…