Beiträge von Lucius Fabius Scato

    Auch Scato wusste nicht, auf welchen Gruß diese Frage abzielte. Doch als ihm auch noch der Satz 'Salve Optio! Die Totgeweihten grüßen dich!' in den Sinn kam, konnte sich der junge Fabier, so sehr er sich auch bemühte, ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. So schnell es gekommen war, verschwand es jedoch wieder aus seinen Gesicht, als er den Stab des Optios in seinem Kreuz spürte, der ihn recht unsanft weiter nach vorne drückte. Als der Centurio schließlich das kleine Rätsel auflöste, versuchte Scato es vielen seiner Kameraden gleich zu tun, schlug wie geheißen mit der Hand gegen seine Brust und rief einigermaßen laut aus "Salve Optio Ovidius! Die Tot....“


    Garde noch den Fehler bemerkend, dass der Gedanke von vorhin noch immer nicht ganz aus seinem Kopf verschwunden war, würgte Scato die restlichen Worte hinunter. Zu seinem Glück gingen diese ohnehin in dem heillosen durcheinander der Rufe seiner restlichen Kameraden unter. Denn da es kein klares Kommando gab, auf den ein einheitlicher Gruß folgen konnte, machte nun jeder Tiro nach Gutdünken den Versuch den Gruß ordnungsgemäß durchzuführen.

    Auch Scato stand in der Reihe der angetretenen Legionäre und lauschte, so aufmerksam er um diese Zeit konnte, der Rede des neuen Optios, der sich vor der Mannschaft aufgebaut hatte und nicht gerade einen besonders symphytischen ersten Eindruck hinterließ. Eines wusste der Fabier jedoch bereits jetzt - diesen Name würden die Soldaten bestimmt nicht so schnell vergessen, drohte der Optio ja bereits bei seinem ersten Auftritt damit, in Zukunft öfter präsent zu sein. Als er auch noch das tägliche Exerzieren erwähnte, seufzte Scato leise und als der Optio schließlich noch Fragen erlaubte, war er sich so gut wie sicher, dass keiner es wagte sich zu Wort zu melden und dadurch vielleicht gleich beim ersten Zusammentreffen unangenehm aufzufallen. Denn ganz gleich welche Frage kommen würde, es konnte gewiss nur eine Dumme sein. Scato blieb daher weiterhin ruhig in der Reihe stehen und wartete, wie es nun weiterging.

    "Naja, es geht. Ich war schon als Kind ein paar Mal hier in Rom. Allerdings habe ich da wohl nicht die Bezirke kennengelernt, in die es uns hinziehen wird." grinste Scato schelmisch. "Aber mach dir keine Sorgen, wir werden uns schon durchschlagen."


    Dann sah er zu seinen anderen Kameraden. "Wie sieht es mit euch aus? Seit ihr dabei?"

    Scato, der ebenfalls gerade seine Geschenke begutachte, hatte nicht viel mehr Glück als seine Kameraden. Die Tunika war der typische Einheitsschnitt der Soldaten. Ein Offizier konnte es sich vielleicht leisten seine Tunika bei einem Schneider anfertigen zu lassen, der vorher Maß nahm. Für einen Soldaten gab es eben diesen besseren Sack. Die Caligae gingen eigentlich einigermaßen, waren aber auch alles andere als Bequem. Doch wie sagte man so schön: einen geschenkten Gaul, schaute man nicht in das Maul! Und dementsprechend regte er sich nicht lange darüber auf, sondern warf die Kleidungsstücke auf sein Bett, ehe er sich an seine Kameraden wandte.


    "Was haltet ihr davon, wenn wir mit einem Teil unseres Donativum die Stadt morgen unsicher machen? Wir haben morgen Abend doch Ausgang oder? Vielleicht können wir sogar die Tuniken und Caligae zu Geld machen. Irgendein Straßenhändler wird sie uns schon für ein paar Sesterzen abkaufen, die wir dann in eine ordentliche Flasche Falerner investieren können."

    Als Scato endlich an der Reihe war, trat auch er vor den Optio.


    "Tiro Lucius Flavius Scato!" gab er, wie alle anderen vor ihm, seinen Namen und Rang lautstark bekannt. Was nun folgte, hatte er bereits gesehen und freute sich bereits darauf, den kleinen Lederbeutel in Händen zu halten.

    Der Befehl lautete sich centurienweise in der Kleiderkammer einzufinden und nun war die Centurie von Scato an der Reihe, sich sowohl das versprochene Donativum, als auch die geschenkten Kleidungsstücke abzuholen. Immerhin war diese Prämie ein wahrer Segen der Götter. 150 Sesterzen! Das Fünfzehnfache seines normalen Soldes als Tiro. Und das beste daran war, dass er bisher weder etwas geleistet um dies zu verdienen, noch irgendetwas dafür leisten musste. Es war sozusagen ein Geschenk und alles nur, weil irgendein stinkreicher Consular zur selben Zeit wie er zur Cohortes Urbanae gekommen war. Natürlich waren die Verhältnisse ein wenig anders. Er war ein einfacher Rekrut und dieser Bonze war Praefectus Urbi. Als solcher lebte es sich bestimmt nicht schlecht und die Gens Decima war eigentlich fast jedem Römer ein Begriff. Reich, Erfolgreich und hoch angesehen. Genau das, was eben jeder irgendwo zu erreichen versuchte.


    Einige bekamen es eben schon mit ihrem Familiennamen in die Wiege gelegt, andere musste sich dafür abrackern. Doch Neid oder gar Missgunst passten bestimmt nicht zu dieser Situation. Man sagte der Praefectus wäre noch einer vom alten Schlag und hatte sich von ganz unten, also ex caligae, hinauf bis zu seiner jetzigen Stellung gearbeitet. Ein Vorbild also für jeden einzelnen Soldaten dieser Einheit und gewiss niemand, den man seinen Erfolg und seinen Reichtum nicht irgendwo vergönnte. Vor allem, wenn man am Letzteren teilhaben durfte. Scato und auch die meisten anderen würde diese Geste und dieses phantastische Einstandsgeschenk seinem Kommandanten bestimmt nicht so schnell vergessen. Er stellte sich also in der Schlange an, wartete bis er an der Reihe war und machte sich bereits Gedanken darüber, wo er dieses Geld verprassen konnte.

    Scato hatte, um einem dringenden menschlichen Bedürfnis nachzukommen, auf den Latrinen platzgenommen. In Ermangelung eines Gesprächspartners, die geräumigen Latrinen waren derzeit weitestgehend leer bzw. saß niemand in seiner unmittelbaren Umgebung, der sich zum plaudern anbot, las er sich daher die Kritzeleien durch, die sehr zahlreich an den Wänden zu finden wahren. Schließlich kam er dabei auch auf den Hilferuf eines Kammeraden, der eine recht kuriose Aufgabe niedergeschrieben hatte. Zuerst dachte sich der junge Fabier noch, dass es sich vielleicht nur um einen Scherz handeln würde und wollte es im ersten Moment auch als solchen einfach abtun. Doch da sein Körper ihm zu verstehen gab, dass es wohl etwas länger dauern sollte und er daher gerade ausreichend Zeit hatte, fing er dann doch an, sich über das Problem seines unbekannten Kammeradens Gedanken zu machen.


    Legte er in die eine Schatulle nur weiße und in die andere nur die schwarzen Steine, so hatte er eine 50:50 Chance, dass er sich für die richtige entschied. Legte er alle Steine in die eine und überhaupt keinen in die andere Schatulle, so würde er vielleicht den Unmut seines Centurios auf sich ziehen und letztendlich waren die Chancen auch nicht viel besser. Nach einigem Überlegen entschied sich Scato für eine dritte Variante und beschloss auch, nachdem er sein Geschäft beendet hatte, diese niederzuschreiben. Er sah sich daher noch einmal kurz verstohlen um, ob ihn niemand beobachtete und begann dann seine Antwort zu hinterlassen.


    Ich würde dir raten in eine Schatulle einen weißen Stein und in die andere Schatulle alle Anderen zu legen. So beginnst du mit einer 50:50 Chance, um auf die mit dem einzelnen Stein zu tippen und selbst wenn du die andere erwischt, hast du noch einmal fast die gleiche Chance (9 zu 10 Steinen) für eine weitere Wahl. Wenn du dabei wirklich zweimal daneben liegen solltest, so waren die Götter wohl nicht mit dir. Daher viel Glück Kamerad!
    LFS.


    Nachdem er seine Nachricht hinterlassen hatte, verschwand er wieder verstohlen aus den Latrinen.

    Rühren? Nein, eigentlich hatte er darüber nicht wirklich nachgedacht. Schnell kam Scato wieder vor seinen Schlafplatz und stellte sich gerade hin, als er die nicht gerade leisen Anmerkungen des Centurios vernahm. Ein wenig Unverständnis kam zwar kurz in ihm auf, denn immerhin hatte er ja versucht zu erklären, dass er gerade erst beim Einräumen war. Doch einem Centurio widersprach man nicht. Vor allem, wenn dieser gerade eben noch zusätzlich mit Strafarbeit gedroht hatte. Dann lieber den Anweisungen folge leisten und nur mit einem unterwürfigen nicken zeigen, dass man sie verstanden hatte. "Jawohl Centurio!" Als der Offizier sich auf den Weg machte die anderen Kameraden zu inspizieren machte sich Scato ziemlich flott daran, dort weiter zu machen wo er vorhin aufgehört hatte und seine Unordnung zu beseitigen.

    Früh aufzustehen war eigentlich nicht so das Thema an sich. Aber sich danach gleich im Eiltempo zu waschen, anzuziehen und auf den ohne ordentliches Frühstück im Bauch hinaus auf den Exerzierplatz zu hetzen war wieder eine ganz andere Sache. Dementsprechend flau im Magen und auch unausgeschlafen stand Scato in der Reihe der Tirones, die angetreten waren, um ihre erste Lektion im Exerzieren zu erhalten. Als der Centurio seine Befehle über den Platz brüllte, zuckte der junge Fabier ein wenig zusammen und lief dann gemeinsam mit den anderen Rekruten los, um sich in einer Linie vor den Offizier aufzustellen.


    Das klappern der schwere Rüstungsteile war dabei nicht nur zu hören, sondern auch deutlich zu spüren. Der eher unbequeme Helm und der metallbeschlagene Harnisch wirken nun beim ersten Gebrauch alles andere als praktisch und angenehm. Kaum vorstellen wie es sein musste in diesem Aufzug zu kämpfen. Wenigsten waren um diese Uhrzeit noch die Temperaturen halbwegs, denn in der Mittagshitze war diese Rüstung wohl die reinste Dampfkammer. Dem zweiten Befehl folgeleistend versuchte sich Scato möglichst aufrecht hinzustellen. Brust heraus, Kopf hoch und den Rücken durchgedrückt. Blieb nur zu hoffen, dass dies für den Anfang reichte und auch den Centurio zufrieden stellte.

    Mit einem lauten "Jawohl Centurio!" versuchte Scato noch strammer zu stehen, als er es ohnehin schon tat. Als der Offizier jedoch seinen Sauhaufen ansprach, war die Körperspannung auch schon wieder weg. Stattdessen wandte sich der junge Fabier wieder zu seiner Liegestätte um und ergriff eilig ein paar der umherliegenden Gegenstände und Rüstungsteile. "Ich bin gerade erst angekommen und noch am einräumen" sagte er entschuldigend und ziemlich kleinlaut. Schnell verschwanden die Dinge in der Truhe, was jedoch bei der Vielzahl an anderen Teilen seiner Ausrüstung keinen besonderen Unterschied zu dem Bild vorhin machte, dass sich dem Centurio geboten hatte.

    Während der Rede des neuen Tribunes versuchte Scato vorsichtig und nicht all zu auffällig einen Blick auf jenen Mann zu erhaschen, der so wie er selbst seinen Dienst bei den Stadtkohorten gerade erst angetreten hatte. Im Gegensatz zum jungen Fabier, jedoch nicht ganz unten in der Hackordnung, sondern ganz oben, wenn man die Welt auf die XII. Cohors beschränkte, die in naher Zukunft Scatos Heimat sein würde. Abgesehen von seiner aufpolierten und gut sitzenden Rüstung, sah der Tribun, zumindest Scatos Meinung nach, nicht unbedingt wie ein Soldat aus. Zumindest nicht, wenn er ihn mit den alten Haudegen verglich, die er hier in den letzten Tagen kennengelernt hatte. Die Gesichtszüge des Tribuns waren eher zart, fast feminin und die Haut zwar gut gepflegt und doch recht blass, wenn man sie mit jenen Kammeraden verglich, die zu dieser Jahreszeit fast tagtäglich bei größter Hitze und in der prallen Sonne durch Rom patrouillierten. Ihre Haut glich mehr einem ausgegerbten Leder. Zumindest der Teil, der nicht durch eine Rüstung verdeckt wurde.


    Die Rede des Iulius Dives, als welcher er sich eben allen Soldaten vorgestellt hatte, gefiel dem jungen Fabier jedoch ausgesprochen gut. Er fing zwar als Neuling nicht viel mit dem Verweis auf den ehemaligen Tribunen oder dem ehemaligen Präfekten an, doch zu hören, dass er nun, zumindest der Ansicht dieses Iuliers nach, in einer Eliteeinheit des Reiches diente und der Tribun noch vieles mit seinen Mannen vor hatte, ließ ihm dann doch ein wenig wachsen.


    "Für den Praefectus! Für den Augustus! Für Roma!" fiel schließlich auch er in die Rufe der restlichen Soldaten mit ein und wiederholte damit die Worte, mit denen die Rede des Tribuns geendet hatte.

    Die Stubeninspektion traf den jungen Fabier ziemlich unvorbereitet. Grundsätzlich war er kein unordentlicher Mensch, aber er kannte die Anforderungen des Centurios noch nicht. Und natürlich war der Zeitpunkt mehr als ungünstig, immerhin war er gerade dabei gewesen, die kleine Kiste neben seinem Schlafplatz einzuräumen, die in Zukunft sein gesamtes Hab und Gut beherbergen sollte. Vor der Kiste kniend, war er also gerade dabei die letzten hastigen Handgriffe zu erledigen, als er hinter sich bereits die lautstarke Stimme des Centurios hörte. Sofort sprang er auf und trat einen Schritt nach vorne. "Tiro Lucius Fabius Scato!" meldete er und hoffte alles Richtig zu machen, so wie es ihm die älteren Zimmerkammeraden bereits erklärt hatten. Die Hälfte seiner Ausrüstung, die er heute ausgefasst hatte, lag noch auf seinem Schlafplatz verteilt. Unsicher sah er daher auf den Boden vor sich, fast als wollte er dem strafenden Blick des Centurios damit entkommen, obwohl er noch gar nicht wissen konnte, ob dieser etwas zu bemängeln hatte. Immerhin war heute Scatos erster Tag.

    Anscheinend waren die Jungs aus der Waffenkammer ein recht gemütlicher Haufen. Zumindest dieser Optio hier, der Scato ausgesprochen freundlich in Empfang nahm. Als er erneut gefragt wurde, ob er wegen seiner Ausrüstung hier war, nickte er nachdrücklich und folgte dem Urbaner zu dem langen Tresen, der den halben Raum für sich einnahm. Was hätte ihn, einen neuen Rekruten denn sonst in die Waffenkammer führen können, wenn nicht die noch ausständige Ausrüstung. Gespannt beobachtete der junge Fabier, wie der Optio zu einen Schrank ging und ein Gladius samt Scheide und Montur aussuchte. Einen kurzen Moment später lag es auch schon vor ihm. Etwas zögerlich griff Scato danach und wog es kurz in seiner Hand, ehe er am Griff des Schwertes zog und die Klinge zum Vorschein trat. Es war vermutlich nicht gerade höchste Schmiedekunst die er hier in den Händen hielt, doch da er sowieso keine Ahnung davon hatte, war er damit zufrieden. Es würde seinen Dienst tun, ebenso wie er. "Danke!" sagte er zum Optio, ehe er sich zu dem Miles wandte, der bereits mit einem Bündel an Ausrüstung auf ihn wartete. Schon von dieser Entfernung wirkte es recht groß und Schwer. Militärtuniken, Rüstung, Caligae und einiges andere Zeugs, das er für seinen Dienst bei den Stadtkohorten brauchte. Scato hängte sich den Schwertgurt samt Gladius über die Schulter und holte sich sein Bündel ab. Er lag mit seiner Vermutung alles andere als Falsch. Es sah nicht nur schwer aus, es war auch sehr schwer. Doch er versuchte sich nichts vor seinen neuen Kammeraden anmerken zu lassen und hievte das Bündel so gut es eben ging zurück zum Optio, um seine Lanze auszufassen.

    Nachdem er im Fahnenheiligtum seinen Eid geschworen hatte, kam Scato zur Waffenkammer, um dort seine Ausrüstung entgegenzunehmen. Bisher sah er einem Soldaten alles andere als auch nur annähernd ähnlich, doch das sollte sich bestimmt bald ändern, wenn er seine Militärtunika und seine Rüstung einmal angelegt hatte. Gespannt betrat er daher den Raum und steuerte auf den erstbesten Soldaten zu, den er dort zu Gesicht bekam. "Salve! Tiro Fabius Scato meldet sich zum Empfang seiner Ausrüstung!" So in der Art meldete man sich doch als Soldat? Der junge Fabier versuchte dabei stramm zu stehen und einen guten und vor allem militärischen Eindruck auf sein Gegenüber zu machen.

    Wie befohlen fand sich der Fabier nach erfolgreich bestandener Aufnahme in die Cohortes Urbanae im Fahnenheiligtum der Einheit ein, um dort seinen Eid auf den Kaiser und das Reich abzulegen. Es war ein wirklich denkwürdiger Moment, der Scato durchaus etwas stolz machte, ihm aber auch sehr merkwürdig vorkam. Nun hatte er einen wichtigen Schritt im Leben eines jungen Mannes gemacht. Er hatte sich für einen Weg entschieden, den er sich schon von Kindheitstagen an erträumt hatte und war den Urbanern beigetreten. Er konnte in diesem Moment noch gar nicht so recht glauben, dass er tatsächlich hier stand und seinen Eid schwor "IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA!" Bewundernd betrachtete er dabei die vor ihm aufgestellten Fahnen und Insignien seiner neuen Einheit. Ob es der Andere, den er zuvor kurz beim Medicus getroffen hatte auch geschafft hatte und demnächst hier stehen und seinen Eid leisten würde? Der Fabier war bereits gespannt, was als Nächstes kam. Er wandte sich daher ab und ging in Richtung Waffenkammer.

    Mit der Tabula unter dem Arm betrat der Fabier wieder das Rekrutierungsbüro und hielt sie dem Soldaten hin, der ihn zuvor in das Valetudinarium geschickt hatte.



    Tauglichkeitsprüfung von Lucius Fabius Scato.



    Alter: 19


    Vorerkrankungen: keine


    Körperlicher Zustand: gut


    Gehör: gut


    Augen: gut


    Sonstiges: ----




    Ansonsten ließ er jedoch kein Wort über die Tauglichkeitsprüfung fallen. Immerhin wusste er selbst noch nicht ganz, was er davon halten sollte. Vielleicht war ja sogar das Verhalten des Medicus eine Art Prüfung gewesen. Nun wartete er jedoch gespannt darauf, wie es weiter gehen sollte.

    Mit einem erleichterten Nicken nahm Scato die Tabula entgegen. Dass dieser Medicus nicht ganz Stubenrein war, konnte kaum bestritten werden, doch vielleicht hatte er auch nicht ganz unrecht in seiner letzten Aussage. Die Grundausbildung würde bestimmt kein Zuckerschlecken werden. Nachdenklich ging er daher Richtung Ausgang, wo bereits der nächste Kandidat stand, den sich der Medicus vornehmen konnte. Scato nickte dem jungen Mann zu, der wohl ungefähr im gleichen alter war wie er selbst. "Pass auf bei dem" flüsterte er ihm zu und ging dann rasch weiter seines Weges, um die Rekrutierung endlich zu einem Abschluss zu bringen. Zumindest hoffte er, dass es nicht mehr all zu viele Hürden geben würde, die er noch überwinden musste, ehe er sich Tiro der Cohortes Urbanae nennen durfte.

    Dieser verdammte….. Vollkommen außer Atem blieb Scato stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Hatte er anfangs noch geglaubt diese Übungen mit Links hinter sich bringen zu können, war er nun eindeutig eines besseren Belehrt worden, was seine Kondition und sein körperliche Verfassung betraf. Die Kindertage wo er sich mit anderen Jungen noch in Wettläufen oder kleineren Schlägereien messen konnte, lagen wohl doch schon etwas weiter zurück, als er sich eingestanden hatte. Doch es half nun nichts zu jammern, geschweige denn wollte er diesen Medicus gegenüber Schwäche zeigen.


    Der Fabier wischte sich daher mit der Rückhand den Schweiß von der Stirne und konzentrierte sich so gut wie möglich auf die gestellte Aufgabe, von der Tafel vorzulesen. Ganz so einfach war das bei seinem körperlichen Zustand nicht. Seine Augen brannten vom schweiß und seine Herz pumpte wie wild Blut durch seine Adern. Die erste Reihe war noch kein Thema "Fünf, Sieben, Zwei…." die zweiten Reihe war schon etwas anspruchsvoller "Drei…., Acht,… Neun" und bei der letzten Reihe wurde es richtig knifflig "Eintausend……, Acht?... Nein! Sieben?….. Genau!… Sieben und Eins." Er war sich bei den letzten beiden Zahlen nicht ganz sicher, hoffte aber das Beste und atmete erleichtert durch. Wenn er es richtig verstanden hatte, war dies die letzte Aufgabe gewesen und er hatte diese Tortur überstanden.

    Diesen wenig dezenten Hinweis hatte er wieder nötig gehabt. Doch der Fabier ließ sich nicht anmerken, dass ihn dieser Medicus, oder vielmehr seine Art, langsam nervte. Wie ihm geheißen begann er mit den Übungen. Zuerst waren die Kniebeugen an der Reihe, also stellte er sich gerade hin, streckte die Arme nach vorne und fing an. 1..2..3..4..5.. Während dessen gab er dem Mann die gewünschten Antworten. Gleich in der Ersten schwang, als Reaktion auf die unfreundliche Art seines Gegenübers, ein wenig Stolz, vielleicht auch Hochmut mit "Ich wurde von einem Privatlehrer in Grammatik, Rhetorik und Ethik unterrichtet, kann also lesen und schreiben." ..11..12..13.. "Arithmetik und Geometrie standen ebenfalls auf dem Stundenplan, also kann ich auch rechnen, wenn das deine Fragen ausreichend beantwortet." Das es sich bei diesem Privatlehrer um einen Sklaven handelte, der Scato nur ein gewisses Grundwissen in all diesen Fächern vermittelt hatte, ließ er bewusst aus, schließlich ging das diesen Medicus nichts an. Und für den Dienst als Soldat würde dieses Grundwissen bei weitem ausreichen, da war sich der Faber sicher.


    Nachdem er mit den Kniebeugen fertig war, ging er hinunter auf den Boden und stützte sich mit den Händen auf. "Und im kommenden Winter feiere ich meinen zwanzigsten Geburtstag." fügte er noch an, ehe er damit begann seinen Körper gleichmäßig nach oben zu stemmen. Auch diese Übung hatte er schnell hinter sich gebracht. Er war zwar keine Sportskanone, auch wenn er schlank und drahtig wirkte, doch eine wirkliche Herausforderung waren diese Übungen bisher nicht gewesen. Im Anschluss begann er noch auf der Stelle zu laufen und sah dabei etwas trotzig in Richtung des Medicus.

    Natürlich hatte Scato nicht einen überschwänglichen Empfang erwartet, doch dieser Medicus machte nicht gerade den Eindruck, als würde er sehr Glücklich darüber sein, dass die Cohortes Urbanae in absehbarer Zeit einen Rekruten mehr in ihren Reihen haben sollte. Und was hieß hier Lügen? Natürlich hatte er nicht vor irgendjemanden anzulügen. Hier ging es schließlich um seinen großen Traum, seine Zukunft. Dementsprechend verunsichert reagierte der junge Fabier auf die Bemerkungen des Mannes. "Mein… Mein Name ist Lucius Fabius Scato. Mein Vater war Gaius Fabius Licinus, er ist aber vor einigen Jahren gestorben. Meine Mutter heißt Calidia Marcella."


    Damit waren die einfachen Fragen beantwortet. Was die Familienkrankheiten betraf, so war Scato nichts bekannt, was nicht hieß, dass es keine gegeben hatte. Seine Eltern hatten zumindest nie welche erwähnt oder über Krankheiten in der Familie gesprochen. Dementsprechend unwohl fühlte er sich in seiner Haut, als er die Frage mit einem etwas unentschlossen wirkenden "Mir sind keine Krankheiten in meiner Familie bekannt." antwortet. "Ich selbst war als Kind das eine oder andere Mal krank, aber nichts, was bleibende Beschwerden verursacht hätte." Hoffentlich gab sich dieser unfreundliche Medicus mit diesen Antworten zufrieden.