Die Tirones waren hocherfreut. Obwohl sie sich mittlerweile an das Gewicht der Ausrüstung gewöhnt hatten, war es ihnen deutlich lieber, Teile abzulegen als aufzunehmen. Gut gelaunt legten sie die Scuta ab und stellten die Hastae zusammen. Während Antias hastig damit beschäftigt war, Gladius und Pugio abzuschnallen um sie zusammen mit dem Helm ordentlich auf das gewendete Scutum zu legen, ging er im Geist bereits Vor- und Nachteile möglicher Gegner durch. Hispo? Einerseits schnell auf den Beinen, zäh und natürlich groß, verdammt groß. Andererseits etwas unkoordiniert in den Bewegungen und mental nicht immer auf Idealhöhe. Fimbria? Kleiner als er selbst und erheblich langsamer, dafür hochkonzentriert und stark wie ein Braunbär. Dann waren da noch die Zwillinge, aber die konnte er vergessen, wer die zu trennen versuchte, hatte unweigerlich beide am Hals. Macro? Nahezu austrainiert und gesegnet mit bewundernswerten Reflexen aber im Gegensatz zu Antias noch völlig unerfahren in den dreckigeren Variationen körperlicher Auseinandersetzung. Scato?
Weiter kam er nicht mehr in seinen Überlegungen, denn kaum hatte er grübelnd das Kettenhemd zusammengelegt, wurde er seitlich angesprungen und von den Beinen gerissen. So viel zum Thema Aufmerksamkeit. Obwohl ihm der Aufschlag die Luft aus den Lungen gepresst hatte, versuchte er sich sofort auf die Seite zu rollen, aber der Angreifer hatte ihn bereits am rechten Arm gepackt und drehte diesen nun gnadenlos nach hinten. Antias spuckte Staub und blinzelte keuchend nach oben. „Hispo, du dumme Sau!“ Eine Antwort blieb aus, stattdessen wurde ihm zu allem Übel noch ein Knie zwischen die Schulterblätter gerammt. Das Gesicht in den Dreck gepresst, überdachte er seine Möglichkeiten, viele waren derer nicht. Würde Hispo ihm den Arm auskugeln? Wohl kaum, brauchte er auch gar nicht. Der konnte in aller Ruhe so auf ihm hocken bleiben, wenn's sein musste bis zum Abendappell. Oh Elend, war das alles peinlich! Fluchend klatschte er die linke Hand auf den Boden, der Griff löste sich sofort und Hispo erhob sich mit einem selbstgefälligen Grinsen.
„Guten morgen Kleiner.“
Brummend rappelte Antias sich hoch und warf einen finsteren Blick zum Optio hinüber, der sie reglos aber aufmerksam beobachtete. Glotz nicht so blöd, kann jedem mal passieren!
„Und du ..“ wandte er sich wütend zu Hispo um, aber der stürmte schon wieder grinsend auf ihn zu. Antias blieb gerade noch genügend Zeit, den Kopf einzuziehen und den Oberkörper nach vorn zu nehmen, da schlug Hispo auch schon ein. Diesmal nicht, Freundchen! Keuchend drehte er sich aus der Hüfte nach hinten, packte Hispo an den Schultern, ließ dessen Schwung seitwärts ins Leere laufen und warf sich nun seinerseits von auf den vorbeistolpernden Riesen. An der Taille gepackt taumelte Hispo seitwärts, blieb an Antias' vorgestelltem Fuß hängen und schlug krachend zu Boden. Mit einem heiseren Triumphschrei auf den Lippen hechte sich Antias nach vorn und knallte schmerzhaft mit der Brust gegen Hispos nach hinten gezogenen Ellbogen. Wieder wich ihm die Luft aus der Lunge. Auf allen vieren krabbelte Antias japsend zur Seite, was Hispo genügend Zeit verschaffte, sich ebenfalls auf die Knie zu wuchten.
In einer wirbelnden Wolke aus Staub warfen sie sich einander entgegen. Antias bekam ein Stück Tunica zu fassen, zerrte Hispo zu sich heran und knallte ihm den Kopf gegen die Stirn. Jaulend fuhr Hispo zurück, holte aus und hämmerte Antias die Faust auf die Schläfe. In einer flimmernden Wolke aus bunten Lichtern zwang Antias sich auf die Beine und fing sich einen schwungvollen Tritt in die Rippen. Von langen gierigen Armen nach vorn gerissen klatsche er benommen gegen Hispo, der nun versuchte, seine Beute auszuwringen wie einen nassen Lappen. Antias bekam den Arm frei und schlug Hispo zwischen die Augen, bekam einen Schlag in die Nieren und erwischte im Gegenzug Hispos Leber. Schädel an Schädel ineinander verkrallt wie läufige Katzen beackerten sie sich mit Fäusten, Ellbogen und Knien, bis ihnen Schweiß und Staub die Augen dermaßen verklebt hatten, dass sie sich erst einmal wieder orientieren mussten, in welchem Teil des Exerzierplatzes sie gelandet waren.