Der sternenklare Frühjahrshimmel hatte sich herabgesenkt bis in Apolonias’ kleines Zimmer. Dort, wo eigentlich Decke, Balken, Bohlen und Ziegel hätten sein müssen, erblickte Antias die funkelnden Bilder von Cygnus, Perseus und Orion, sah auf leuchtende Nebel, schimmernde Schleier und Myriaden von gleißenden Tautropfen auf dem satten Atramentum der Nacht. Sie, die all dies überstrahlte, lag warm und sanft atmend neben ihm, und das war alles, was er brauchte. Es gab nichts, was ihm je vollkommener erschienen wäre. In tiefen Frieden versunken fühlte er ihre weiche Hand auf seiner Wange, spürte ihren ruhiger werdenden Herzschlag an seiner Brust, lauschte ihrer leisen Stimme, und ließ seine Gedanken träge ihren Worten folge.
Wusste er, dass sie ihn liebte? Ja, das wusste er. Und er wusste ebenso, dass sie sich ihrer Lage bewusst war und sie nicht hinnehmen würde. Er ahnte, was sie mit ihrer Weise meinte, schwieg aber dazu. Wie konnte er sie bitten, vorsichtig zu sein? Wie konnte er von ihr verlangen, sich weiterhin hier zu verkriechen? So lange er ihr kein sorgenfreies Leben ermöglichen konnte, in dem es ihr an nichts fehlte, hatte er nicht das Recht, sie mit seinen Bedenken zu belasten. Oh ja, er sorgte sich um sie, jeden Tag, jede Stunde. Aber Apolonia war nicht all die Risiken eingegangen, um wieder als Gefangene zu enden. Sie musste frei atmen, sie musste leben. Im aller besten und aller glücklichsten Fall mit ihm. Trotz seiner Sorge war er kein schlechterer Soldat durch sie, im Gegenteil. Sie trübte seine Sinne nicht, sie machte sie wach und lebendig. Sie war das Leben selbst.
„Ach, Dorcas ..“ seufzte er tief und rau, „.. ich bin derjenige, der etwas tun muss.“ Sanft lächelnd schlug er die Augen auf, griff nach ihrer streichelnden Hand und küsste sie. „Denn – und das wird dich jetzt vielleicht zutiefst entsetzen – es ist folgendermaßen ..“ Er zog sie näher an sich, rollte sich zur Seite, schirmte sie zärtlich vor der kühlen Nachtluft im Zimmer. „Ich betrachte dich als meine Frau.“ Um jeden Protest im Keim zu ersticken, versiegelte er ihre Lippen mit einem langen Kuss. Als kein Protest kam, fuhr er lächelnd fort. „Wenn meine Frau eine Lupa ist, auch recht. Ich liebe sie schließlich nicht für das, was sie nicht ist, sondern für das, was sie ist. Aber wenn sie schon eine Lupa ist, soll sie wenigstens eine freie Lupa sein.“ Tief im stillen glatten Spiegel ihrer Augen versunken strich er ihr klammes Haar zurück. „Wir müssen jetzt nicht über diese Dinge reden. Wahrlich, du hast recht, ich habe tatsächlich Durst wie ein Kamel und Hunger wie ein Bär. Außerdem bekomme ich schon wieder Lust auf Gazelle. Aber immer eines nach dem anderen. Diesmal haben wir Zeit.“ Er küsste sie noch einmal, stand dann langsam auf, nahm ihren hastig abgelegten Überwurf von der Kline und hüllte sie darin ein. „Komm, Dorcas .. ich würde gerne mit meiner Frau eine Kleinigkeit essen.“