Beiträge von Servius Matinius Ocella

    Ocella wertete die Frage des Kleinen als eine Form des Übermuts. Schließlich lieferte er passable Leistungen mit dem Bogen ab, daher sah er es ihm nach, daß er in seiner Gegenwart die Stimme erhob. Während dieser also seinen Unterarm inspizierte glitt Ocella schnell und wie er hoffte unbemerkt neben den kleinen Tiro.

    Entweder bildet sich bald eine härtere Schicht über deine Babyärmchen oder du kannst dir etwas von deinem Sold kaufen...Schießhandschuhe...pfft..prustete er.

    So ihr Helden,...das war ja schon ganz nett! donnerte er wieder los. Nochmal das Ganze, wir wollen doch ausschließen, daß wir hier ein paar Glückstreffer gelandet haben!? ...und passt auf, die Nutzung dieser Waffe könnte euch die Haut am Unterarm und den Zugfingern reizen...

    Er war wieder der grimmige Veteran für den alles außer dem was er selbst ertrug unwürdig und verweichlicht war. Eben gab Hanko ihm ein Signal, daß endlich jeder der Tirones die 30er Marke geknackt hatte.

    Grinsend stiefelte er zur nächsten Markierung. Es sah so aus als würden sie hier heute Fortschritte machen.

    Wieder mal der Kleine. Ocellas Intuition hatte sich bewahrheitet. Insgesamt war das Ergebnis ziemlich mau. Er ließ die Tironii noch zuende schießen und trat dann vor. Das war ja wohl nichts,...diejenigen die getroffen haben gehen nach rechts zur nächsten Entfernung,...diejenigen die nicht getroffen haben bleiben hier und hören sich an was die Hilfsausbilder ihnen zu sagen haben. Während die grinsenden Trefferschützen eine Station weiter gingen und sich leise unterhielten traten die Hilfsausbilder an die verdattert dreinblickenden Bogenversager heran und zeigten ihnen haarklein worauf es bei einem Schuß ankam.

    Vom Einlegen des Pfeils über die Atemtechnik, bis hin zum lösen der Sehne.

    Ocella versammelte die übrigen an der Standmarkierung zum 60 Passus Schuß.

    Ihr werdet genauso wie vorhin vorgehen, einer schießt, alle anderen warten bis der Pfeil gesetzt ist und dann erfolgt die Bogenübergabe. Jeder schießt einmal,...abite!


    Ocella sah an den Zehenspitzen entlang und bis auf einen mit besonders großen Füßen war es eine akzeptable Linie. Er trat zurück auf seinen Platz und eröffnete den heutigen Tag. Heute werden wir das Bogenschießen üben,...wir haben hier drei Distanzen aufgebaut, die zu treffen das heutige Ziel sind!

    Er wies auf die Zielscheiben aus Stroh mit einem roten Fleck in der Mitte.

    30, 60 und 80 Gradus die übliche Distanz für den taktischen Bogeneinsatz. Im Gefecht gibt es durchaus auch kürzere Entfernungen bis hin zum Kampf mit dem Bogen selbst, aber das soll hier kein Thema sein. Er wies die beiden Hilfsausbilder an auf die ersten beiden Distanzen zu schießen was diese auch problemlos vollzogen.

    Hierauf nahm er von Hanko den Bogen entgegen, legte den Pfeil mit steinerner Miene auf die Sehne und visierte die hinterste Scheibe an.

    Die Sehne sirrte und der Pfeil stob davon um sich kurz darauf am äußersten Rand der roten Flecks in die Strohscheibe zu senken.

    Mit ausdruckslosem Gesicht reichte er den Bogen an Hanko zurück und baute sich wieder vor den Männern auf.

    Wie Ihr sehen konntet,...kein Hexenwerk! Austellung, wir üben zunächst die 30 Gradus,...jeder einen Schuß...und ab!

    Die Hilfsausbilder reichten den leichten Reiterbogen an die ersten Schützen, ließen diese kurz damit hantieren und reichten dann, meist unwillig brummend den Pfeil.

    Ocella war gespannt. Wenngleich er traf war der Bogen nicht wirklich sein Ding. Er schlug am liebsten mit seiner Spatha zu, da wußte man woran man war.

    Ocella stand wie üblich als Erster auf dem Campus. Seine beiden Hilfsausbilderbauten die Zielscheiben für die heutige Bogenschussübung auf. Er war gespannt ob sich auch bei dieser Waffe den einen oder anderen Begabten fand. Er selbst war nicht so sehr davon angetan. Für ihn galt die These alles was weiter flog als eine Hasta gehörte zur Artillerie. Wenn er kämpfte, dann vorzugsweise Mann gegen Mann, wenngleich er den Bogen als Vorbereitung und Ausdünnung der gegnerischen Reihen durchaus zu schätzen wußte.

    Thorwald und Hanko waren fertig. Sie hatten die Ziele in 30, 60 und 80 Gradus Entfernung aufgestellt. Das waren übliche Gefechtsentfernungen die noch einen sicheren bis halbwegs sicheren Treffer zuließen, wie die Schußversuche der beiden Eques zeigten. Jeder Schuß saß, zumindest wäre bei den meisten Treffern der Gegner ausser Gefecht gesetzt.

    Ocellas Laune begann zu kippen. Die Tirones kamen,...und für seinen Geschmack viel zu gemütlich und wenig tatkräftig.

    Seine Laune wurde intoniert.

    Tirooneees,...In aciemmm veniteeeeeee! Diese verdammte Bande. Denen würde er die Hammelbeine sowas von Langziehen.

    Mit einem tödlichen Blitzen in den Augen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt betrachtete er das Bemühen der Tirones eine gerade Linie zu bilden.

    Ocella sah seinen Bruder mit einer Mischung aus Traurigkeit und Abschiedsschmerz an und nickte.


    Ich habe mir gedacht du könntest so etwas brauchen.


    Es freute ihn, daß Sabo sein Geschenk zum Anlass nahm sich noch einmal vor der Reise zu reinigen. Vor seinem geistigen Auge sah er sich nochmal als kleinen Jungen, voller Panik und Entsetzen über den Brand…und er sah seinen Bruder rußgeschwärzt, die Augen wirkten grotesk vergrößert, die versengten Haare standen ab und seine Tunika hing in Fetzen an seinen dürren Knabenkörper.


    Nun, dünn war er jetzt nicht mehr, aber sein Zustand hatte sich im Grunde kaum verändert. Ocella fragte sich ob das nur eine Folge seiner Reise hierher war oder sein Bruder einfach ein sehr laxes Verhältnis zur Sauberkeit hatte. Kopfschüttelnd erhob er sich und entgegnete,


    Ich möchte daß du in Roma einen vernünftigen Eindruck machst Sabo,…manchmal ist das wichtig weißt du?! Halt dich also bereit, ich sende dir Nachricht wenn es losgeht.


    Und auch wenn der freie,erwachsene Römer dies nicht tat so deutete er doch ein leichte Verbeugung vor seinem älteren Bruder an. Lebe lang und in Ehre Bruder!


    Ein letzter Blick, ein letztes Lächeln, dann verließ Ocella die Taberna und versuchte sich gegen dieses seltsame Gefühl der Trauer in ihm zu wehren und besann sich auf seine kommenden Aufgaben.

    Ocella war zufrieden, entgegen seiner Befürchtung waren die Ergebnisse ganz ordentlich. Na schön! Ich denke da steckt Potential hinter! Ihr werdet jetzt jeden Tag mit den kleinen Speeren üben. Wenn ihr sattelfest seid werden wir sehen ob es gefruchtet hat. Wir treffen uns Morgen zu selben Stunde wieder hier, dann werden wir nach den Übungen mit dem Velitaris unsere nächste Fernwaffe kennenlernen,...den Bogen. Er nickte als er Entsetzen aber auch teilweise Begeisterung in den Gesichtern sah. So, jetzt die Lanzen bei den Hilfsausbildern abgeben und in Zweierreihe aufstellen.

    Kurz darauf war alles eingesammelt und die Burschen standen bereit.

    Ein kurzer Befehl Tironeees, Aequatis passibus ...pergiteeee!

    Die Sonne stand schon tief, Ocella fröstelte etwas als er dies wahrnahm. Jetzt noch den Bericht und dann zur Besprechung...


    Ocella gab es auf als er Sabaco sah. Wohlweislich hatte er auf dem Markt drei neue dicke Winter-Tuniken und ein paar Beinlinge gekauft, Der Winter war nah und Sabo hatte nur diese reichlich verschmutzten, fadenscheinigen und übelst riechenden Fetzen. Er sollte anständig zu seiner Einheit reisen und vor allem dort antreten.

    Nachdem Sabo sich an den Tisch gelümmelt und seine längst zu erledigenden Aufgaben und offensichtlichen Erkenntnisse aufzählte.

    Ocella verzog ein wenig das Gesicht und entgegnete,

    Die Versetzungsbefehle sind bereits hier im Castellum...als keine weiteren Verzögerungen. Er beobachtete wie Sabo sich etwas von dem Schinken abschnitt und hoffte, daß die Verfärbung an seiner Hand nicht das war wonach es aussah. Er beschloß sich keinen weiteren Schinken zu genehmigen und wies nach Sabo´s Frage auf den Krug frischen Wassers, den er vorhin noch vor dem Umfallen gerettet hatte, als sich Sabo an den Tisch setzte.

    Mir reicht das Wasser, aber bestell dir ruhig etwas. Im Gegensatz zu seinem Bruder hatte er schon wieder einen klaren Kopf und war gewillt diesen auch zu behalten, da er nur Ausgang bis zum Mittag hatte. Während Sabo sich über den Schinken hermachte schob ihm Ocella das dicke Paket mit der neuen Kleidung zu.

    Das sind ein paar neue Tuniken und wollene Beinlinge. Deine Reise wird lang und der Winter ist nah, also leg die Beinlinge und die Fußlappen bitte an. Die Tuniken sind dick und langärmelig, sie werden dich warm halten. Er musste grinsen Achja, die Tuniken sind braun und eher dunkel, das dürfte deinen Essgewohnheiten entgegenkommen. Langsam lehnte er sich etwas zurück und sah seinen Bruder an. Es war traurig anzusehen was die Zeit aus ihm gemacht hatte. Er selbst war auch kein Kind von Traurigkeit, aber er hatte stets Wert auf sein Äußeres gelegt. Spätestens seit seinem Eintritt in die Legion war er Vorbildlich was das anging.

    Sabo kaute recht offenmundig, was Ocella einen Einblick in dessen Mundhöhle gestattete. Kopfschüttelnd schob er das Paket zu seinem Bruder und platzierte oben drauf noch einen ledernen Beutel mit etwas Reisegeld. Es war genug um ordentlich nach Roma zu kommen. Dort dürfte er noch Zeit haben sich bei ihrer Schwester blicken zu lassen. Ocella hatte ihr geschrieben und sie um weitere Versorgung gebeten.

    Du solltest mal einen Medicus aufsuchen Sabo...sonst wird dich dein Maul,...deine Zähne noch umbringen.


    Dass die Winter in Cappadocia noch eisiger waren als in Germania, und über Wochen -20°C herrschen konnten, ohne dass es Holz zum Heizen gab, wusste er nicht. Er hatte noch nie kontinentales Klima erlebt und Stilo nur von den sonnigen, regenfreien Sommern schwärmen gehört. Laut Stilo war Cappadocia - seine Heimatprovinz - das Elysium auf Erden.

    Ocella stand am nächsten Morgen vor Sabo´s Bett und war überrascht daß er noch lebte. Es stank in der kleinen Bude als wäre etwas vor Tagen gestorben. Er rüttelte an Sabo´s Bett und raunte, Verdammt Bruder, du solltest das nächste mal etwas mit Fenster nehmen und mit irgendwas dein Maul ausspülen.

    Er wandte sich vom Bett ab und meinte, Na los, steh auf wir schicken eine Einheit nach Roma, der kannst du dich anschließen,...ich warte unten!

    Ocella ging nach unten, fragte nach Sabo´s Verbindlichkeiten und beglich diese. Dann setzte er sich hin und wartete auf Brot, Käse und Schinken.

    Es würde wohl nichts werden mit dem Lupanar in Borbetomagus.

    Ocella betrachtete die Bemühungen der Tirones und war wenig überrascht, daß gerade diejenigen von denen man dachte sie würden es hinbekommen versagten und wieder mal der Kleine ...

    Na schön,... jetzt auf ein Neues. Jeder stellt sich jetzt mit dem Rücken zum Ziel, dann aus der Drehung heraus den Velitaris auf das Ziel schleudern...wir gehen hier nicht weg bevor nicht jeder drei Treffer gesetzt hat. Um seine Absichten zu bekräftigen nickte er seinen beiden Hilfsausbildern zu. Beide demonstrierten ohne Umschweife, daß Ocella hier nichts unmögliches verlangte. Ihre Treffer lagen allesamt dort wo sie hingehörten. Ocella griff sich ebenfalls drei Lanzen. Keine Sekunde dachte er an ein Versagen. Ansatzlos ließ er die drei Lanzen fliegen. Alle drei landeten im Kopf der Zielpuppe.

    Na los,...wir haben nicht den ganzen Tag Zeit! brummte er.

    Ocella zog eine Augenbraue hoch und nickte leicht. Wußte er es doch, diese Kleinwüchsigen hatten immer etwas in petto. Er schickte ihn zurück ins Glied und sah noch einmal die Linie entlang.

    Interessante Ansichten,...wir werden euch jetzt unsere Ansichten einbringen. Ein Blick zu Hanko und dieser brachte ihm die Hasta, welche Ocella um einige überragte.

    Das hier ist eine der mächtigsten Waffen wenn es heißt in feindliche Formationen einzubrechen. Der gebräuchlichste Ausdruck hierfür ist Hasta, wir jedoch nennen diese Waffe Contus sarmaticus.

    Der hölzerne Schaft ist etwa 10 Fuß lang, die eiserne Spitze einen weiteren Fuß. Die Waffe wird beidhändig geführt und somit ohne Schild. Sie ist an der Spitze beidseitig geschliffen. Bei der Verfolgung fliehender gegnerischer Infanterie wird als Stosslanze beidhändig an einer Seite des Pferdes gehalten. Dem fliehenden Feind wird dabei in die Kniekehlen bzw. Waden gestochen, um ihn an der weiteren Flucht zu hindern.

    Fast schon liebevoll betrachtete er das mörderische Stück als es es Hanko zurück gab. Thorwald brachte eine

    weitere Hasta, jedoch deutlich kleiner. Das ist die Hasta velitaris,ein fingerdicker, etwas über 1 m langer Wurfspieß, dessen dünne eiserne Spitze meist da, wo sie eindrang, abbrach, so dass der Feind ihn nicht als Waffe brauchen konnte; davon führen wir sieben Stück mit. Nettes kleines Ding, wird gerne als mittlere Fernwaffe eingesetzt. Wobei sich Ocella gewandt umdrehte und die kleine Lanze zielsicher in einen der in etwa 10 Passus entfernt aufgebauten Strohmänner warf. Die Spitze durchdrang den Körper und lugte auf der Rückseite heraus.

    Ocella wandte sich wieder den Männern zu und schloß. Unser Kampf ist der Kampf in Bewegung, deshalb werdet ihr lernen zunächst einmal das Ziel zu treffen und dann das Ganze aus der Bewegung heraus. Holt euch jetzt eure velitaris und jeder wirft auf das Ziel ab der Bodenmarkierung,...einer nach dem Anderen! Es wird erst geworfen wenn die velitaris aus dem Ziel entfernt und der Schütze aus dem Zielbereich gegangen ist!

    Er klatschte in die Hände. Auf geht´s ! An die Markierung treten und die velitaris auf das Ziel werfen. Statisch, ohne großartige Verenckungen! Die Hilfsausbilder gaben die Lanzen aus und kurz darauf stand der erste Tiro an der Markierung, das Ziel war 5 Passus entfernt.


    Ocella schnaupte wie ein Pferd als er die Meldung hörte. Ach, findest du? Regrede...grollte er und wartete bis er ins Glied zurückgetreten war. Dieser Fatzke gab ihm eine Steilvorlage nach der anderen. Sein Blick glitt die Linie entlang und fiel auf den Kleinsten. Mit wenigen schnellen Schritten, die Unaufmerksamen auch wie ein gewaltiger Sprung erscheinen konnten stand er vor Fango. Du da,...Träumerle...Progrede!...Nuntio! Ocella wußte, daß körperlich Benachteiligte öfter in anderen Bereichen glänzten. Mal sehen ob dieser Zwerg seinen Dienstgrad oder seinen Namen zuerst brachte und vor allem ob er die Nuntio mit dem Dienstgrad seines Gegenüber begann.

    Ocella starrte ihn an, wie eine Baalstatue sein Kinderopfer.


    Ocella trat einen Schritt zurück und sah nach rechts, wo er mit Zufriedenheit feststellte, daß die Linie gerade war. Zufrieden war er auch, daß dieser kleine Furz ihm einen weiteren Anlass gab sich kurz zu erklären. Da die Kerle immer noch im State standen beließ er es dabei und ging zu seinen Hilfsausbildern, welche im angemessenem Abstand zur Truppe warteten. Zufrieden nickend sah sich Ocella die gesamte Truppe an.

    Das ist ab sofort das Bild wenn ich den Befehl State gebe! Jeder merkt sich seinen Nebenmann...

    Dann begab er sich selber in State und erhob noch einmal seine Stimme, nur um sicher zu gehen, daß man ihn verstand.

    Ich bin Vexillarius Matinus Ocella, dies sind die Duplicarii Thorwald und Hanko. Ihr seid Tirones der Ausbildungsturma I Alae II Numidiae. Ihr werdet von uns in den Fertigkeiten der geläufigen Waffen zu Fuß und zu Pferde ausgebildet. Solange ihr die Ausbildung zu Fuß nicht beherrscht werdet ihr nicht von einem Pferd aus kämpfen, wenn ihr nicht von einem Pferd aus kämpfen könnt seid ihr für die Alae II Numidiae nicht geeignet und werdet entlassen. Da ihr euch für den Exercitus entschieden habt gehe ich davon aus, daß ihr euch selbst für geeignet haltet,...nun das bleibt abzuwarten. Sein Blick glitt über die Linie in die jungen und weniger jungen Gesichter.

    Die Duplicarii sind alte Kämpfer die schon manche Schlacht geschlagen und manchen Kampf für sich entschieden haben. Ihr werdet gegen Germanen kämpfen. Das ist der Sammelbegriff für die indigene Bevölkerung. Diese germanen sind keine ausgebildeten Kämpfer, sie kämpfen mit Herz, mit Wut ...mit Hass. Er begann einen Gang und schlenderte an der Linie vorbei bis er vor dem Kleinsten stehenblieb und ihr anstarrte.

    Was diese Germanen, von denen auch die Weiber kämpfen, uns voraus haben ist ihre Kraft und ihre körperliche Größe. Viele sind größer als ich.

    Ocella überragte den Zwerg vor ihm um mehr als eine Haupteslänge. Da wären also überlegene Körperkräfte, höhere Reichweite,eine entsprechende Motivation uns zu besiegen... Er sah Tisander an. Was also können wir tun um sie auszuschalten? ...du da...Name, Rang, Einheit...und vergiß nicht mit wem du sprichst Tiro!

    Ocella sah sich das Theater des letzten Tiro mit fast schon schmerzhafter Geduld an. Dieser kleine Furz wußte gar nicht welchen Gefallen er ihm tat. Die beiden Hilfsausbilder schafften es im Gegensatz zu Ocella nicht sich ein amüsiertes Grinsen zu verkneifen. Sein Blick fokussierte sich auf den Unglücklichen der es wagte ihn nicht wahrzunehmen, ihm den Respekt zu verweigern. Nicht daß er den Respekt eines Mistkäfers nötig hatte, nein, sicher nicht. Er animierte aber vielleicht andere dazu es ihm gleichzutun und das ging auf keinen Fall.

    Also dann,...

    Ocella schritt die Linie an, oder das was die Kerle dafür hielten. Seine Hilfsausbilder sorgten unmissverständlich dafür, daß diese gerade war bevor Ocella losschritt.

    Die Befehle kamen leise, fast zischend. Die betreffenden Tirones würden nie wieder falsch ausgerichtet sein wenn ihnen ihre spärliche Freizeit wichtig war.

    Ocella drohte nicht, er kündigte an und er hielt Wort bei dem was er ankündigte.

    Vor Tisander blieb er stehen. Jung war er, gutaussehend, voller Leben und so von sich überzeugt. Nun das liesse sich zum Teil ändern.

    Ocella war kräftiger, etwas größer und deutlich bösartiger als der Bursche. Er sah ihn nur kalt an, geradeso als würde er zusehen wie man einem germanischem Plünderer den Wanst aufschnitt um festzustellen ob er ein paar Münzen verschluckt hatte, Münzen die er zuvor einem römischen Kaufmann geraubt hatte.

    Nein Ocella gab diesem Burschen mit seinem Blick zu verstehen, daß er weniger wert war als die Maden in einer Verrottungsgrube im Sommer.

    Du wirst hier nie wieder deine Stimme erheben, es sei denn du wiederholst meine Befehle oder gibst zu verstehen daß sie in deinem Spatzenhirn angekommen sind...haben wir uns verstanden?

    Ocella wurde von seinen beiden Hilfsausbildern flankiert welche den Burschen ebenfalls böse anstarrten.

    Er legte den Kopf ein wenig schief und wartete auf eine Antwort.

    Ocella stand an diesem diesigen Morgen mit seinen beiden Hilfsausbildern auf dem Campus und erwartete die Ankunft der Tirones. Man hatte beschlossen die Ausbildung etwas zu straffen und so die Zeit bis zur unmittelbaren Einsatzbereitschaft zu verkürzen. Die Zeiten verlangten nach geeigneten Maßnahmen.

    Wenngleich Ocella es weniger begrüßte Varro bei den Patrouillen nicht zu begleiten, so sah er die Notwendigkeit seines Einsatzes hier durchaus ein. Er war einer der erfahrensten Kämpfer im Castellum, und wenn es es auch nicht wahrhaben wollte, einer der ältesten.

    Sein neuer Rang war im Grunde das Ende der Fahnenstange und er begann sich bereits die ersten grauen Haare auszurupfen.

    Endlich kamen die Burschen. Ocella hasste sie nicht, aber er würde sie unbarmherzig schleifen bis sie genau das taten was für ihr und das Überleben der Kameraden nötig war.

    Die Kerle bummelten bis sie auch der letzte bequemte ihn anzusehen. Na wartet!

    Tironeeees,...staateeeeee!Donnerte in den frühen Morgen, sodaß auch der Praefectus in seinem Paretorium mitbekommen haben dürfte, daß die Ausbildung begann.

    Ocella saß bei den Männern auf seinem Pferd wartend und fragte sich was Varro sich dachte? Mit den paar traurigen Gestalten sollten sie gegen einen Feind unbekannter Zahl bestehen? Ihm gingen viele Dinge durch den Kopf. Es war seit jeher ein Problem in Germania in Frieden zu leben. Ständig hatte man den Eindruck der nächste Germane würde einem den Kopf abschneiden. Das betraf nicht nur die fahrenden Händler, sondern auch die domnestizierten Barbaren hier auf dieser Seite des Rhenus. Wer wußte schon was in den Köpfen dieser kerle vor sich ging? Wer wußte schon ob sie nicht auf die richtige Gelegenheit warteten?

    Ocella stieß einen Seufzer aus als Varro kam und gab den Befehl zum abrücken. Wieder mal auf Patrouille, wieder mal ins Ungewisse.

    Ocella half seinem Bruder auf die Beine und stellte sicher, daß er sicher stand. Dann hob er eine Dokumentenrolle auf, die auf dem Boden lag. Irgendetwas sagte ihm, daß sie wichtig sei.

    Er rollte sie auf und siehe da....


    IN NOMINE IMPERII ROMANI

    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI



    VERSETZE ICH DEN :



    Eques der Legionsreiterei

    Publius Matinius Sabaco


    LEGIO IX HISPANIA

    PROVINCIA Germania Inferior



    MIT SOFORTIGER WIRKUNG ZUR LEGIO XV APOLLINARIS NACH CAPPADOCIA


    DER EQUES HAT SICH DORT IN ANGEMESSENER ZEIT;

    SPAETESTENS PRIDIE KAL DEC DCCCLXX A.U.C. (30.11.2020/117 n. Chr.) ZUM DIENST ZU MELDEN


    Dieser Bescheid gilt als Passierschein bis Cappadocia


    FUER DEN ROEMISCHEN KAISER

    PRAEFECTUS CASTRORUM

    MAXIMUS TERENTIUS MERIDIUS

    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

    [align='center']


    Nicht befördert? Nun, das wunderte ihn zwar nicht wirklich, aber es war eher unüblich bei einem Legionswechsel nicht wenigstens einen Rang hinauf zu steigen.

    Vorsichtig rollte er sie wieder zusammen und reichte sie seinem Bruder.

    Hier, dein Passierschein,...den solltest du besser nicht noch einmal verlieren, sonst gilst du als Deserteur...

    Kopfschüttelnd geleitete er Sabo bis zur Türe seines Cubicullums.

    Ocella sah seinen Bruder zweifelnd an. Eine Schankmagd brachte ihm einen sauberen Stoffstreifen für die Stirnwunde. Er zwang seinen übermütigen Bruder auf einen Stuhl und tupfte die Wunde mit etwas Met aus. Der Honig hatte schon oft verhindert, daß sich die Wunden entzündeten. Dann wandt er den Stoffstreifen um den Schädel. Sein Blick fiel auf Sabo,...er war ein vernarbter Verrückter geworden. Im Grunde wußte Ocella, daß dies nur vorgetäuscht war, denn Sabo war trotz seiner groben Art ein einsamer kleiner Junge war. Traurig sah er ihn an und meinte nur, Du wirst jetzt erst einmal schlafen, ich hole dich morgen ab, vorausgesetzt ich bekomme den Urlaub. Dann half er seinem großen Bruder auf die Beine.

    Ocella bemerkte im Augenwinkel, daß es sein Bruder erwischt hatte. Ein wenig Unruhe stieg in ihm auf. Der Koloß hatte ihn fast erreicht. Seine Gedanken und Instinkte überschlugen sich und letztere obsiegten. Mit der schieren Gewalt seines vordrängenden Körpers wollte sein Gegner ihn zerquetschen. Was im Prinzip auch bei einem Normalsterblichen aus der Kombination Schockstarre und Aufprall funktioniert hätte. Ocella jedoch ging in die Knie und rammte dem Schwarzgekleideten seine Faust, welche durch den umklammerten Totschläger hart wie ein Stein war, mit allem was er hatte in seine Weichteile um sich dann nach links wegzubücken. Der Koloß ächzte überrascht und landete wie ein Katapultgeschoß in eine Gruppe Beobachter, wo er und die meisten der Beobachter regungslos am Boden verknäuelt liegen bleib.


    Ocella rappelte sich auf und eilte seinem Bruder zur Hilfe, der an seinem Gegner hin wie ein Leopard an einem Büffel. Grunzen und Schreie kamen aus dieser Konstellation und bevor Ocella den Anführer den Totschläger von hinten überzog sah er die blutende Fratze seines Bruders. Erschrocken trat er zurück als der Gegner betäubt zusammenfiel. Versuchte Sabaco gerade den Typen anzuknabbern?


    Die letzten beiden Schwarzkittel hoben beschwichtigend die Hände und begannen in sicherer Entfernung zu Ocella und Sabaco ihre Kameraden aufzuheben. Der Kampf war vorüber.


    Hey! Sabo! Bist du immer noch nicht satt? Fragte er fast schon belustigt,…fast. Denn er wußte, daß sein Bruder den Tod nicht scheute, ihn in einem Kampf seinen eigenen Tod sogar einkalkulierte.


    Sein Blick fiel auf die Gesichter der Zuschauer. Nicht wenige waren entsetzt über die Brutalität des Kampfes. Es begannen die ersten Aufräumarbeiten jedoch stand allen noch die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben.


    Ocella sah auf den Totschläger, der er immer noch in der Hand hielt und suchte mit Blicken nach dessen Besitzer. Er pfiff ihn an und warf diesem dann den Totschläger zu.


    Pass besser darauf auf! Grinste er und hörte an einem grunzend-ächzendem Geräusch, daß sich Sabaco wohl anstrengte aufzustehen.

    Ocella war es schleierhaft warum Andriscus so einen Stuß von sich gegeben hatte. Nachdem sich die Runde aufgelöst hatte hielt er ihn vor der Türe des Decurios kurz an und sagte,

    Sag´mal Andriscus, wenn du bei solchen Zusammenkünften dabei bist, bist du dann irgendwie doch bei der Sache?

    Er sah den Duplicarius fragend an. Ich meine,...du bist doch nicht krank oder so etwas?! Andricus war bekannt als introvertierter, bescheidener Mann, er war ihr Capsarius und leitete die Ausbildung der Tirones. Das war schon ein großer Vertrauensbeweis. Ocella hatte vorhin jedoch den Eindruck Andriscus wäre nicht er selbst.

    Bisher war es ein Kinderspiel, wohl auch, weil er hier in Germania nicht aus dem kämpfen herauskam. Zwei lagen stöhnend am Boden, einer muckste sich nicht. Ein wenig ärgerlich sah er zu Sabaco, der sich mit dem Oberschreihals ein kleines Stelldichein lieferte. In diesem Moment pfiff ein Totschläger an ihm vorbei. Ocella wich zurück und grinste,
    Holla, du Mädchen,...hast du den von deiner Oma? Was den Gegner veranlasste einen weiteren Angriff zu starten, jedoch so plump und vorhersehbar, daß es Ocella gelang ihm den Totschläger abzunehmen und gleichzeitig Handgelenk und Unterarmgelenk zu brechen. Knirschend vor Schmerz sank er auf die Knie und sah Ocella hasserfüllt an.
    Wozu der Hass,...wir kennen uns doch gar nicht,...Bruder.Und schickte ihn mit seinem eigenen Totschläger und einem gebrochenem Kiefer in die Horizontale.
    Quattuor,...ich glaube der hier hatte was gegen mich. Seinen Gedanken konnte er nicht fortführen, weil er einen Tritt in den Rücken bekam der ihn in den Raum und schmerzhaft gegen einen Tisch schleuderte.
    Er erhob sich, ignorierte den Schmerz und drehte sich um. Ein Bär von einem Mann stand dort und winkte ihm höhnisch zu sich. Ocella spuckte auf den Boden grinste und schüttelte den Zeigefinger. Den Totschläger hielt zunächst mal verdeckt, wenn es auch nicht sein Stil war, gegen so einen Berg musste man ein paar Tricks haben. Der Berg kam Stühle und Tische seitlich wegschleudernd auf ihn zu.