Beiträge von Servius Matinius Ocella

    Ocella kam in seinem Mantel gewickelt zur Porta und sah seinen Bruder dort stehen. Er hatte bereits von seiner Versetzung zur Classis gehört, fragte sich aber ob sein Bruder seine Freude darüber teilte. Sabo, ich hörte du bleibst uns erhalten? eröffnete er freudestrahlend das Gespräch. Die Classis? Das ist doch toll, dann können wir einmal die Woche einen Herrenabend veranstalten!? Dann bist du nicht am Arsch der Welt sondern nur ein paar Ecken weiter!

    Er wußte um Sabos Schmerzen im Mund, um dessen Enttäuschung alte Kumpels nun doch nicht zu sehen, doch er hoffte, daß die Nähe zu seinem Bruder ihn dafür entschädigen konnte.

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    Luscinus schickte Sabaco in den Stuhl und nickte bestätigend. Ja, das sieht ganz gut aus. Wir werden dir jetzt die zwei Zähne etwas abfeilen, damit sie dir nicht die Zunge verletzen. Er bat ihn den Mund aufzuhalten und kam mit einer kleinen Feile an. Damit feilte er langsam und mit möglichst wenig Tiefgang in den Rachen die beiden Zähne. Die scharfen Kanten verschwanden.

    Zufrieden betrachtete er sein Werk. Danach nahm er die Drainage heraus und ließ er Sabaco noch einmal spülen.

    Das sieht gut aus,...ich empfehle einen weiteren Tag dreimal spülen und dann ab Morgen zunächst leichte Breie, nichts Festes, kein Alkohol. Nach dem Essen spülen. Wenn du noch Tinktur brauchst, kommst du wieder.

    Die kleine Amphore enthielt genug Tinktur für zwei Tage. ...und bleib´mit deinen Fingern aus deinem Mund!

    Er nickte ihm zu. Die Wunden heilen dann schneller, so in zwei, drei Tagen. Ab dem vierten Tag kannst du dann wieder festere Nahrung versuchen. Glaub´mir du merkst schon ob du soweit bist. Wenn du Probleme bekommst weißt du wo du uns findest!

    Dann machte er sich in den nächsten Raum auf.

    Ocella trabte langsam vor sich hin. Wieder einmal war es nur Zufall gewesen, daß sie ein Nest mit Strauchdieben ausgehoben hatten. Es machte ihm nichts aus, daß sie erschlagen in der Scheune verbrannten. Ihn beunruhigte die brutale Wandlung der Dinge. Da krallten sie sich ausgerechnet zwei Benefizianer, murksten einen beim lebendigen Leib ab und hackten dem anderen die Füße ab,...wie ätzend war das denn? Was sollte nun folgen? Varro´s Reaktion auf das Gebrabbel des Sterbenden war in Ocellas Sinne. Aber was wenn sie anfingen ihren Opfern die Haut abzuziehen? Sollten sie das dann auch tun?

    Ocella stand auf dem Standpunkt die Sache schnell, präzise und endgültig zu klären. Sadismus hatte in seinem Denken kein Platz und er war sicher in Varro´s Denken ebenso nicht. Verdammt er las Terenz und Vergil. Er hatte ein Herz für Kinder, er war ein sehr höflicher Mensch. Es war zum Kotzen. Er warf einen Blick zurück entlang der Strasse. Ein frischer Erdhügel markierte das Grab des Kameraden dessen Namen er nicht einmal kannte. Sein Blick fiel auf die Germanenweiber und ihre Brut...Zorn und etwas schlimmeres kroch in ihm hoch. Wenn es nach ihm ginge...Das Stöhnen des Verletzten machte das Ganze nicht besser.

    Vor ihm ritt Varro, wie immer entspannt und scheinbar in sich gekehrt. Doch Ocella wußte Varro hatte auf Patrouille seine Augen überall.

    So wie Ocella. Die beiden Typen die da auf sie zukamen. Sie kamen ihm bekannt vor und ihre Gesichter konnten ihr Entsetzen kaum verbergen. Er beschloss sie sich einzuprägen die Fressen. Die Typen starrten ihm ein wenig zu lange auf die Weiber und die Weiber starrten ein wenig zu lange zurück. Er riss sein Pferd genau im gleichen Moment herum wie Varro, die halbe Turma folgte, die andere blieb bei den Wagen. Ohja, dachte Ocella, noch so ein paar Fußabhacker. Das würde nicht lange dauern bios die Schindmähren stehen blieben oder zusammenbrechen würden. Alte Pferde trieb man nicht so an.

    Es begann ihm fast Spaß zu machen, doch ein Blick in Varro´s Gesicht zeigte ihm daß es alles andere als ein Spaß war.

    Der Kleine, natürlich, und Tisander, die beiden machten eh immer alles zusammen. Niemand erreichte heute den Rekord und Ocella schritt versöhnlich den Halbkreis ab. Ja, so ein blödes Holzschwert nicht wahr?...die üblichen Waffengänge mit der Spatha sind von oben nach unten, zur Seite, sowohl als Hieb als auch als Stich. Ihr stellt euch jetzt dort vor die Holzpfosten und gebt ihnen saures, ein Hieb von Rechts, dann von Links und schließlich von oben nach unten stechen. Wichtig ist dabei den Griff nicht aus der Hand zu verlieren!

    Er nickte Hanko zu und dieser demonstrierte an einem der Pfähle die geforderte Übung. Er schlug mit Wucht, aber nicht zu fest und sein Griff war anpassend und nicht starr. Pock, Pock, Pock...in schneller Folge krachte die hölzerne Klinge gegen das Hindernis.

    Das reicht Duplicarius! und während Hanko sich zurückzog wies Ocella auf die Pfosten. Der Aufprall auf den Pfosten simuliert ganz gut einen stabilen Schild des Gegners. Im Gegensatz zu diesem weicht der Pfosten jedoch nicht zurück. Ihr sollt hier lernen euere Spatha auch beim härtesten Aufprall nicht zu verlieren! Und jetzt ...an die Pfosten, jeder Schlag wird 50 mal durchgeführt! So oft werdet ihr im Schnitt während eines Gefechts zuschlagen...wenn ihr das erleben dürft!

    Sie würden nachher reichlich Probleme mit ihren Gelenken haben...aber so war das nun mal.

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    Luscinus nickte verstehend und während er sich die Hände wusch kamen zwei Capsarii herein und begleiteten Sabo hinaus.

    Und nicht vergessen! Nichts Essen und vor allem Morgen wiederkommen! Er hatte noch nie ein dermaßen verrottetes Maul bei einem solch vergleichsweise jungen Menschen gesehen. Sein Blick fiel auf die entfernten Zähne. Interessiert betrachtete er deren zerfressene Struktur. Was diesen Zahnfraß wohl auslöste? Er hatte des öfteren mit dieser schwarzen Plage zu tun. Auch mit Rückgang des Zahnfleischs oder Zahnausfall. Inzwischen wußte er, daß der bestialische Gestank von den Speiseresten her rührte. Der Zahn als solches...er roch vorsichtig daran, roch nach Blut und etwas anderem aber nicht noch Fäulnis. Diese konnte also nur vom Fleisch ausgehen.

    Er warf den Zahn zurück zu den anderen und begab sich in den nächsten Behandlungsraum. Der Medicus würde dort einen Trümmerbruch im Unterschenkel operieren. Ob das Bein zu retten war blieb fraglich. Irgendwie freute er sich schon auf den Eingriff. Er war neugierig wie der Medicus das hinbekam und ob er es genauso machen würde.

    Die Übungen mit den Fernwaffen waren recht zufriedenstellend. Am nächsten Morgen empfingen die Ausbilder die Tirones mit hölzernen Spathae. Ocella grinste als er die abschätzigen Blicke der Männer sah.

    Diese Schwerter sind aus Holz, sie haben einen Eisenkern und sind somit fast doppelt so schwer wie eure Spatha. Wenn ihr gelernt habt die notwendigen Streiche mit diesem Holzschwert zu tätigen, werdet ihr sie umso leichter mit eurer Spatha ausführen.  Ocella ließ einen Halbkreis bilden und die Hilfsausbilder ließen jedem Tiro ein Holzschwert zukommen.

    Jeder wird das Schwert setzt mit ausgestrecktem Arm von sich halten, nach vorn...jetzt! Der Rekord lag bei 7 Minuten, gehalten wurde er nach wie vor. Die meisten schafften 5 Minuten. Ocella sah sich jeden Tiro genau an, korrigierte wenn nötig die Höhe des Haltegriffs auf seinem emphatische Art und Weise. Als er vor dem Kleinen stand überkamen ihn Zweifel, denn er war in jeder Hinsicht im Nachteil. Na egal, einer musste ja der erste sein der aufgab.

    Der erste der aufgibt wird mit dem zweiten und dritten Schwachmaten die neue Latrine ausheben,...nachdem werden sie dann die alte Latrine zuschütten. Sein Blick fiel auf die 5 Minutensanduhr, sie zeigte bereits 2 Minuten an und auf den Stirnen mancher Tirones erschienen erste Schweißperlen.

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    So machten sich die beiden denn an die Arbeit. Sie reinigten die Stümpfe und den gesamten Rachenraum, dann, nachdem sie feststellten, daß sich kein weiterer Eiter im Zahnfleisch befand nickte Luscinus seinem Kameraden zu. Der Hielt daraufhin den Kopf Sabacos ein wenig schräg fest und Luscinus begann die Backenzähne zu ziehen. Sie hatten Glück, wenngleich die Prozedur schmerzhaft und blutig war, so brach keiner der Zähen ab. Lediglich bei einem musste er das Zahnfleisch anschneiden um den Rupfer besser ansetzen zu können. Nach einer Stunde, schweißnaß tupfte er den bearbeiteten Bereich mit einem Tuch aus und bat Sabaco eine Tinktur aus Syzygium aromaticum und Althaea officinalis zu gurgeln. Die übelsten Zähne sind raus. Morgen kommst du wieder und wir schleifen dir die Kanten an den vorderen Zähnen weg. Inzwischen gurgelst du vor dem Schlafen gehen diese Tinktur. Essen fällt heute aus! Du hast im Mund eine einzige Wunde, da darf jetzt nichts drankommen ausser der Tinktur!. Sie banden ihn los und nickten ihm auffordernd zu. Der Blutverlust war erstaunlich gering. Ebenso die wirklichen Entzündungen. Es war bloß eine Drainage nötig. Sie halfen ihm hoch und warteten ob er stehen konnte ohne in sich zusammen zu sacken.

    Nachdem sich Ocella selbst im Haus umgesehen hatte und sich fragte ob die Landwirtschaft überhaupt etwas einbrachte außer einem krummen Rücken trat er ins Freie um Zeuge zu werden wie Aris einem Mann die Füße abhackte. Nicht daß es ihn direkt störte, er war derlei nur nicht gewohnt, besonders nicht wenn Varro zugegen war.


    Dessen Erklärung leuchtete ihm jedoch ein und er antwortet,


    Ich hätte ihm vorher noch seine Eier in den Hals gestopft! Und warf dem Sterbenden dabei einen düsteren Blick zu. Wieder zu Varro gewandt meinte er,


    Im Haus sind zwei Weiber und drei Knaben so um die 6 bis 8 Jahre alt. Keine Wertgegenstände, kaum Vorräte. Es ist mir schleierhaft wie eine so große Hofgemeinschaft davon über den Winter kommen wollte.


    Der Fußlose hauchte gerade sein Leben aus als Wigandt aus der Scheune kam.


    Er salutierte vor Varro und Ocella und meldete,


    Keinerlei Auffälligkeiten in der Scheune. Die Lager der Knechte waren unauffällig, das Stroh und Heu für maximal 10 Viecher und für 3 Monate.


    Keine Waffen, keine Wertgegenstände. Die Werkzeuge sind nahezu unbrauchbar, so alt und verschlissen sind sie.


    Der Verletzte ist ein Benefizianer ebenso der Tote. Sie wurden bei einer Kontrolle überfallen und hierher geschleppt. Sie wurden gefoltert und dem Toten wurde bei lebendigem Leib der Kopf abgetrennt. Die Kerle haben sich Zeit gelassen, er soll dabei noch lange geschrien haben.


    Wigandt war ein harter Mann, wie alle der Anwesenden Equites. Er hatte getötet, gekämpft, geplündert, aber seit er unter Varro diente nicht mehr vergewaltigt.

    Wie jeder Krieger der einem Codex folgte, verabscheute er Folter und unnötiges Leiden. Niemand hatte es verdient dermaßen aus dem Leben zu gehen.


    Ocella warf einen Blick auf den Kopf des zweiten Benefizianers. Man hatte ihn von der Stange genommen und auf ein Tuch gebettet. Das junge Gesicht war verzerrt und gab einen ungefähren Anhaltspunkt über die Leiden bis zu seinem Tod.


    Die Götter meinten es gut mit dem Täter, so schien es. Er rang den Drang nieder dem Toten Barbaren das Gesicht einzutreten und sah stattdessen Varro an.

    Deine Befehle, Decurio?

    In solchen Fällen war es eine Wohltat sich auf die ruhige Wesensart seines Freundes zu verlassen,...sie war sein Halt, seine Zuversicht.

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    Luscinus war inzwischen nahezu euphorisch den Schaden im Maul des Sabaco zu definieren. Er rief sich einen weiteren Capsarius herbei und nachdem auch dieser seine Fassungslosigkeit überwunden hatte machten sie sich ans Werk.

    Also was du da hast ist ist eine wahre Verrottungsgrube!... hast du im Sommer keine Fliegen im Gesicht? fragte er kopfschüttelnd. Wir werden dir dein Maul ausspülen um zu sehen wo wir ansetzen. Deine Backenzähne sind im Grunde verfault, was den Geruch erklärt, wir müssen versuchen die Reste heraus zu bekommen. Dabei sah er Sabaco fast schon mitleidig an. Der Zustand der Zähne ließ auf große Schmerzen schließen, die Prozedur sie zu entfernen würde diese Schmerzen in den Schatten stellen...soviel war sicher. Er reichte ihm einen Becher mit warmer Flüssigkeit. Sie enthielt eine Tinktur aus verschiedenen Kräutern, die betäubend und säubernd wirkten.

    Nicht runterschlucken, nur ausspülen und dann in den Eimer zurück. Zweimal wurde der Spülvorgang wiederholt. Luscinus betrachtete die Wirkung und stellte fest, daß zwischen den Zähnen einige Fleischfasern des letzten Mahles mit anderen Speiseresten dabei waren ein Eiternest zu bilden. Naja, war bei dem Gestank auch nicht anders zu erwarten. Wenigstens tränten nach der Spülung die Augen nicht mehr und der Brechreiz war verschwunden. Wir werden dich zunächst einmal fixieren, damit wir in Ruhe arbeiten können ohne dich noch unnötig zu verletzen. Dann legte der andere Capsarius Sabaco einen Riemen über die Stirn und zog ihn am Stuhl stramm, so daß er sich nicht hin und her winden konnte, dann setzte er eine Maulsperre ein, welche den Unterkiefer soweit wie möglich vom Oberkiefer entfernt hielt. Danach band er Hände und Füße an den Stuhl. Als er seine Arbeit kontrolliert hatte nickte er Luscinus zu. Na schön! meinte dieser mit belegter Stimme, immerhin war dies ein Novum für ihn und vor ihm saß der Bruder von Ocella....ich kann dir nichts versprechen außer daß jetzt etwas für dich getan wird. Wenn die Götter dir gnädig sind, und das müssen sie, wirst du bald in Orpheus´Armen liegen. Was höchst wahrscheinlich war. Kein Mensch ertrug eine derartige Pein bei wachem Verstand.

    Er drückte von außen auf eine besonders aufgequollene Stelle.

    Luscinus sah sich herausgefordert. Wieso kannte der Typ CCAA nicht? Wichtigtuerisch hob er den rechten Zeigefinger und näselte Coloniae Claudiae Arae Agrippinensum, ....die Provinzhauptstadt? Grober, ungebildeter Trottel! dachte er sich. Er beugte sich über Sabaco´s Höllenschlund und in seinem Schädel schlugen sämtliche Instrumente von den Pauken bis zu den Trompeten des Legionsmusikzuges Alarm.

    Dieser Wüstling wäre ein hervorragendes Praeparat für das Studium am toten Körper gewesen, weil er eben nur tot stank und nicht tot war. Luscinus hielt instiktiv den Atem an und wandte sich ein wenig ab um nach frischer Luft zu ringen.

    Vor seinem geistige Auge schwanden die vier Zeichen der lokalen Entzündung... Tumor (Schwellung), Calor (Überwärmung), Rubor (Rötung), Dolor (Schmerz). Alle vier stanken aus diesem Maul.

    Herrschaftszeiten Kerl,...du hast,...du bist,...du kannst...also... und so geschah es, daß der große Aulus Vescularius Luscinus nach dem rang was ihm am liebsten war, ...nach Worten und Fassung.Hier war es nicht mit dem Ausrupfen von ein paar Zähnen getan. Er würde wohl schneiden müssen. Der Ekel wich langsam der Faszination. Vor seinem geistigen Auge sah er was zu tun war.Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

    Ocella trat die Türe zum Haupthaus ein und betrat mit grimmiger Miene und gezückter Spatha das halbdunkle Vorzimmer. Bald stand er in der Wohnküche. Eine Frau, unbestimmten Alter kauerte mit drei schmutzigen Kindern in der Ecke zwischen Feuerstelle und Essplatz. Vor ihnen stand eine jüngere Frau mit einem Hackbeil, bereit ihre Familie bis zum äußersten zu verteidigen. Beschwichtigend ließ Ocella die Spatha sinken und hob die linke Hand. Doch bevor er sein schlechtes Marsisch bemühen konnte schrie die Frau hysterisch auf und kam mit erhobenem Beil auf ihn zu. Ocella rammte sein Schwert mit der Spitze in den Boden, wehrte den Schlag der Frau ab und ließ seine Faust auf der Stirn der Frau explodieren. Mit einem Stöhnen sank die Frau zusammen. Ocella fing sie auf und ließ sie zu Boden sinken während die andere Frau und die Kinder greinten und lauthals ihr Entsetzen kundtaten. Thorwald hieß sie ruhig zu sein und durchsuchte mit den beiden anderen Equites den Rest des Hauses während Ocella mit Wulfgar die Frauen und Kinder bewachten.

    Die jüngere Frau lag inzwischen nahezu besinnungslos mit einer blau anschwellenden Stirn im Schoß der anderen Frau. Sie war nicht unhübsch. Dickes, blondes Harr, dralle Figur. Eigendlich Ocellas Typ. Doch bevor er den Gedanken weiterspinnen konnte trat Thorwald wieder in den Raum und meldete keine weiteren Bewohner.

    Na schön, die Weiber knebeln und die Kinder ...ja was mit den Kindern?

    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.Luscinus sah auf und blickte einen Mann an der auf den ersten Blick ein Verwandter von Ocella...da fiel es ihm ein. Matinius Sabaco nehme ich an? er machte eine großzügig einladende Geste in Richtung Behandlungsstuhl.

    Ocella meinte du hättest ein Problem mit den Zähnen?! Nun du hast Glück...ich habe gerade einen Lehrgang in CCAA hinter mir. Er nickte wichtigtuerisch. Sehr interessante Sache es wurde aus den Erkenntnissen des

    Aulus Cornelius Celsus unterrichtet. So, jetzt pflanz dich mal dahin , Kopf zurück und Maul auf! Mal sehen was es da...Hätte er geahnt was da auf ihn zukam, so hätte er mit Sicherheit Reißaus genommen.

    Mit leicht zusammen gekniffenen Augen verfolgte Ocella die Flugbahn und das Absenken in die Zielscheibe. Er nickte zustimmend. Ein weiterer Treffer in die Mitte wäre doch recht ungewöhnlich gewesen, auch wenn er es dem Kleinen gegönnt hätte. Na schön! donnerte er. Die Tirones starrten teils neidisch, teils bewundernd auf die beiden Pfeile der Zielscheibe. Ocella baute sich neben Iunius auf ...solche gezielten Fernschüsse sind bei unserer Arbeit eher selten, denn auf einem schwankenden Pferderücken ist es ein Kunststück dann etwas zu treffen. Ihr seht aber es geht! Nun weiter! Ich will, daß bis zum Abend jeder mindestens drei mal seine Scheibe getroffen hat! Auf auf, ihr Scharfschützen! Seine Aufforderung hatte nicht die gewohnte Schärfe. Es freute ihn wenn etwas funktionierte und bei einigen hier funktionierte zumindest das Bogenschießen.

    Ocella trat ein und ging auf seinen Kumpel Dicax zu. Er war der leitende Optio Valetudinarii. Eigentlich hieß er Aulus Vescularius Luscinus, aber Dicax war sein Spitzname, weil er stets wohlwollend spöttisch seine Dinge zu regeln pflegte.

    Vexillarius Ocella, großer Vexillarius Ocella,...was treibt dich denn in diese Hallen? Bist du vom Pferd gefallen?

    Ocella winkte ab. Er wußte daß Dicax scharf auf den Posten gewesen war, weil er mehr Dienstjahre auf dem Buckel hatte. Jedoch gönnte dieser Ocella den Titel, denn er wußte warum man eher einen bewährten Krieger als einen Heiler zum Vexillarius ernannte.

    Heute noch nicht! entgegnete er grinsend. Nein, ich wollte fragen ob du es einrichten kannst mal in ein verfaultes Maul zu schauen und den einen oder anderen Zahn zu ziehen? Dicax sah Ocella zweifelnd an, denn an dessen Zahnstatus war nichts auszusetzen. Es konnte sich also nur um einen der Männer handeln. Doch warum kam der nicht selbst? Ocella bemerkte die Unschlüssigkeit und schoß vor Es handelt sich um einen Eques der IX Hispania. Er ist auf der Durchreise und hat hier Quartier bezogen,...es ist mein Bruder weißt du?!

    Dicax nickte und vollführte eine einladende Geste.

    Der Bruder des großen Vexillarius? Er sei willkommen um seine Läuterung zu erfahren!

    Ocella verzogen das Gesicht, einfach würde es Sabo bei seinen Zähnen hier nicht haben. Er bedankte sich und verließ Dicax wieder bevor er ihm den Schuh des großen Vexillarius in den Arsch rammte.

    Nachdem Ocella kurz bei Varro war, um sich mit ihm wegen Sabo zu besprechen, machten sich die beiden auf zu den Barracken der Tirones. Die Barracken lagen zur Zeit leer weil die Tirones bei der Ausbildung waren. Sabo´s Pferd war vernünftig untergebracht und nun liefen sie durch die sauberen Gänge der Barracke in Richtung Decurio-Unterkunft. Da die Barracken baugleich waren mit denen der Turmae hatten sie auch zwei Unterkünfte für die Decuriones. Die Ausbildungsturma jedoch wurde von Varro geleitet, der seine Unterkunft bei der Turma Prima hatte. Knirschend öffnete sich die Türe und Ocella trat in den großen Raum. Die Innenausstattung war komplett aber mit Tüchern abgedeckt. Er stellte die Laterne auf den Tisch ab und öffnete die beiden gegenläufigen Fenster  

    So, richte dich erstmal ein, hier kannst du vorerst wohnen...ich werde dir mal einen Termin beim Medicus machen... ich komme gleich wieder!

    Er nickte seinem Bruder zu und verließ dann mit gemischten Gefühlen den Raum. Es war nicht daß Sabo wieder einmal einen Ortwechsel vornehmen musste, es war auch nicht daß er ziemlich gepflegt aussah. Es war mehr der Umstand, daß er als großer Bruder seinen kleinen Bruder um Hilfe bat. Es gab doch noch mehr Unterkünfte in Mogo als diese Taberna Nigra...was hatte Sabo vor? Musste er nicht bald zu seiner Einheit? Hoffentlich verpasste er die Frist nicht. Denn dann hatte er arge Erklärungsnöte.

    Ocellas Augenbraue wanderte nach oben. Sabo war nicht allzu wählerisch wo er sein Ding reinhing. Es war nicht das erste Mal, daß er deswegen einen Ortswechsel vornehmen musste. Kopfschüttelnd seufzte er, ...Sabo, was soll ich sagen? Ich werde mal sehen ob wir dich hier unterbringen können bis du weiterziehst.

    Das Castellum war voll. Es war auch nicht eben üblich seine Verwandtschaft hier unterzubringen. Aber er würde das mit Varro besprechen. Solange konnte Sabo bei den Tirones pennen. Da waren noch ein paar Pritschen frei.

    Sie traten beiseite und ließen eine Patrouille passieren. 25 Equites machten sich auf den Limesabschnitt zu kontrollieren. Nachdem sich der Lärm gelegt und der Staub verzogen hatte klopfte Ocella Sabo auf die Schulter. ...na komm! Hier besteht wenigstens nicht die Gefahr daß du jemanden besteigst!

    Hoffte er zumindest. Sabo und er hatten sich lange nicht gesehen, sie waren älter geworden, hatten Narben an Leib und Seele erfahren. Nicht daß er es seinem Bruder zutrauen würde, aber ,...schnell verwarf er den Gedanken wieder und brachte seinen Bruder in sein Castellum.

    Der Wachhabende bat Sabaco an der Seite vor dem Castellum zu warten und lies den Vexillarius kommen. Ocella erschien kurze Zeit später und war mehr überrascht als irritiert, als er seinen blitzblanken Bruder sah. Salve, Sabo,...ich dachte wir wären erst heute Abend...egal,...was führt dich zu mir? Er nahm seinen Bruder bei der Schulter um ein wenig vom Tor und Wall wegzugehen. Es tat gut den sauberen Sabaco zu sehen. Anerkennend klopfte er dem Braunen auf den Hals.

    Was ist nur in dich gefahren? Man könnte meinen du seiest auf Freiersfüßen?! lachte Ocella. Doch er ahnte bereits, daß dieser besuch und auch das Aussehen von Ross und Reiter seine Gründe haben würde. Wie von selbst sah er in Richtung der Civitas, als erwarte er von dort einen Lynchmob oder Rauchsäulen in der Nähe der Taberna.

    Fast schon ein wenig misstrauisch betrachtete Ocella die Zielscheibe. Der Kleine hatte einen Königsschuss abgeliefert, zweifellos! Fast schon hätte er ihn dafür gelobt, als er ihn jedoch auf Knien nach oben blicken sah musste er an sich halten. Ruppig bellte er, Auf die Füße du Knirps! Wir sind hier nicht auf Opa´s Obstwiese!

    Mehr wollte er dem Meisterschützen nicht zusetzen und er wies auf den Iunier. Es geht! Ihr habt es gesehen! Besser noch als bei ihm selbst. Er nickte und betrachtete den Knirps mit fast schon väterlichem Stolz. Na schön, Iunius...nochmal! Alle hersehen wie man es macht! Er persönlich glaubte nicht an einen Zufallstreffer, aber er brauchte diese Demonastration um den Knirps als Vorzeigeschützen aufzubauen und um ihm den Respekt und nicht die Häme seiner Kameraden zu sichern...obwohl...ein bißchen Glück war immer dabei. Er verschränkte die Arme, wandte sich den Ziel zu und hob das Kinn in Richtung Iunius...ab geht´s!

    ...Die Tirones warteten erneut auf das Signal, dass sie schießen durften.

    Ocella betrachtete die Tirones die jetzt hier an der letzten Staffel standen. Viele waren es nicht. Aber es gab nun mal wenig Talente und die 90 Passus zu knacken war schon eine wirkliche Leistung. Er war gespannt und auch ein wenig aufgeregt, denn wie immer gab er den ersten Schuss ab. Grimmig dreinblickend stellte er sich an die Markierung, legte den Pfeil ein, hob den Bogen an und atmete gleichzeitig ein. Dann ließ er den Bogen langsam absinken und atmete genauso langsam aus bis er den Haltepunkt erreicht hatte. Ein kurzes Stoßgebet es jetzt nicht zu vermasseln und der Pfeil zog davon, beschrieb einen Bogen und senkte sich keinen Moment zu früh. Ocella spürte einen Windstoß in seinem Nacken und starrte entgeistert auf den Pfeil. Doch er hatte Glück, der Pfeil schlug eine Hand breit vom oberen Rand entfernt ein.

    Wortlos übergab er den Bogen an den ersten Schützen, den Kleinen und grollte dann,

    Na los, Tiro,...es funktioniert...

    Wenngleich bei ihm selbst auch gerade so. Bei dieser Distanz war ein Windstoß unter Umständen schon geeignet einen guten Schussansatz zu vereiteln. Manchmal brauchte man eben auch eine Portion Glück oder den Beistand der Götter. Insgeheim war er froh sich nicht blamiert zu haben.