Beiträge von Galeo Sergius Plautus

    Nachdem Plautus das Officium des Princeps Praetorii - mit einer Anstellung als Scriba Provincialis in der Tasche - verlassen hatte, ging er in die Aula der Regia. Er hatte gehört, dass dort eine Anklage wegen Vergewaltigung vorgebracht werden solle. Er hatte noch die wilden Erzählungen seines pontischen Barbiers Tiribazus im Kopf und deshalb wollte er sich einen tiefen Einblick in die dunkle Seite dieses Städtchens auf gar keinen Fall entgehen lassen.


    Und tatsächlich, nachdem er sich in der Halle positioniert hatte, sah er, wie der Aedituus, mit dem er kürzlich über ein Opfer an Mercurius gesprochen hatte, in Begleitung eines Advocatus vortrat und eine Anklage wegen Vergewaltigung und Körperverletzung vortrug. Den Beklagten, der einen seltsamen Namen trug, kannte er nicht, wohl aber das Opfer. Das Opfer war nämlich diese Kräuterfrau Susina Alpina, die ihm nach seiner Ankunft in Mogontiacum schnell und wirkungsvoll bei der Bekämpfung seines Schnupfens geholfen hatte.


    Jetzt bei der Anklageerhebung war natürlich noch nicht von einer Beweisführung die Rede, die sicherlich ausgesprochen schwierig werden würde. Plautus war deshalb äußerst gespannt darauf, in dem eigentlichen Prozess Näheres darüber zu hören.

    Es war zum Auswachsen. Plautus kam zurück von einem Gespräch bei Sextus Apustius Paterculus, bei welchem er fünf Heredia Land nahe beim Vicus Salutaris für seine Kleintierzucht pachten wollte. Als Plautus ihm eröffnete, dass er vorhatte, auf dem Gelände eine verschließbare Hütte und einen Stall für die Tierchen zu errichten, wurde der Apustier garstig. Er wollte auf gar keinen Fall ein und schon garnicht zwei Gebäude auf seinem Pachtland haben, mit welchen dann ein neuer Pächter nachher nichts anfangen könnte.


    Plautus hatte lange mit ihm gerungen, erhöhten Pachtzins angeboten und die Übernahme der Kosten für einen Abriss nach Ablauf der Pacht. Es half nichts. Schließlich bot Plautus dem sturen Bock an, einen Actus des Geländes zu kaufen. Es blieb ihm also nichts übrig, als den Kaufpreis für einen Actus sowie die Pacht für vier Heredia und drei Actus auf den Tisch zu legen. Kacke.


    Immerhin, jetzt hatte man freie Hand für die Umsiedlung der Porcelli Plauti aus Ostia. Doch da fing dieser Apustius Paterculus noch eine Diskussion über die Lage des von Plautus erworbenen Actus an. Schließlich konnte dann eine Einigung darüber erzielt werden, dass das Kaufgelände hochwasserfrei und weit genug von der Straße entfernt zu sein hatte. Das aber erst, als Plautus ankündigte, dass er für Land im Überschwemmungsgebiet des Rhenus höchstens ein Zehntel des Kaufpreises zu geben bereit sei.


    Man würde nun also bald mit dem Bau der Hütte und des Stalls beginnen können. Vor allem die Schweinchen sollten wenigstens im Winter ein Dach über dem Kopf haben.

    Mercurius und Rosmerta? Und dann auch noch weit draußen in der Wildnis? Plautus schob die Unterlippe vor und meinte: "Rosmerta? Was ist denn das für eine Göttin? Also in Roma kommt die nicht vor".


    Er machte eine Pause, dann fuhr er fort: "Ich frag das ja bloß aus Neugierde, weil ich die Dame noch nicht kenne. Aber ich bestehe nicht darauf, dass das Opfer in einem 'richtigen' Tempel abläuft. Vor allem auch deswegen, weil es offenbar möglich ist, im Vicus Salutaris tatsächlich einen Widder zu opfern. Ich will ja, dass Mercurius Freude an meinem Opfer hat und sich mir dann erkenntlich zeigt, wenn's ihm denn gefallen hat".


    Genau genommen, dachte sich Plautus, wäre es so gesehen auch nicht optimal, wenn Mercurius sich das Opfer mit einer hiesigen Urwaldgöttin zu teilen hätte. Wirklich, eine sehr unausgeschlafene Idee.


    "Der Zufall will es, dass ich in der Nähe des Vicus Salutaris ein Gelände angepachtet habe, auf dem ich die Zicklein und die Schweinchen großziehen möchte. Allerdings macht mir der Verpächter etwas Ärger, weil er etwas gegen den Bau von Ställen hat. Vielleicht muss ich den Teil der Parzelle dann halt kaufen, auf dem die Ställe gebaut werden sollen".

    Mit einem Seufzer ging Plautus hinüber zu dem Tempel der Magna Mater. Lala hatte ihn mit glänzenden Augen darauf aufmerksam gemacht, dass es da einen großen, bunten Umzug gäbe, der sich mit massiver Geräuschentwicklung zum Tempel bewegte.


    Als er in die Nähe des Umzugs kam, immer seine Sklavin Lala im Schlepptau, zog ein Lächeln über sein Gesicht. Lala war halt von Allem zu begeistern, wenn's nur gehörig bunt und laut war. Schon der Klang einer Tuba in Gemeinschaft mit dem wippenden Federbusch eines Centurio riefen bei ihr kieksende Freudenschreie hervor, wobei Plautus nicht wusste, ob in dem Fall nur der jeweilige Centurio oder das Gesamtbild gemeint war.


    Beim Näherkommen gewahrte er, dass die Teilnehmer sich geißelten oder mit Messern ritzten, sodass ihre Körper mit Blut überströmt waren. Das stieß ihn ab. Er hatte ja gemeinhin schon ein etwas gebremstes Verhältnis zur Religiosität und er war kaum imstande zu verstehen, wie man sich nur wegen des Glaubens an einen Gott oder eine Göttin selber foltern konnte. Schon das Getue der Haruspices rief in ihm lächelnden Spott hervor. Lediglich sein Verhältnis zu seinem Gott Mercurius war da eine Ausnahme. Das war wenigstens eine klare Sache, man gab ein Opfer und erwartete eine Gegenleistung.

    Nach der Cena rief Plautus den Segimundus zu sich. Irgendwer musste den Ianitor machen, warum denn nicht der dicke Segimundus?


    "Hör mal, Segimundus, Du bist groß und breit. Zur Not kannst Du sogar fast die ganze Porta ausfüllen. Und Du bist noch nicht zu alt, um so manchem Gesocks nicht eins in die Fresse hauen zu können. Aber trotzdem weiß ich, dass Du erstaunlich höflich sein kannst und zwar sowohl auf lateinisch als auch auf germanisch. Ich brauch einen Ianitor und ich denke, dass Deine Statur wie auch Deine Befähigungen Dich für das rühmliche Amt des Ianitors geeignet erscheinen lassen".


    "Ja, dann machen wir das doch, Domine", brummte Segimundus.

    Plautus schaute sich um. Da lauerte überall Papierkram. Na ja, eigentlich vermisste er hier eine Decempeda und er wusste, dass er sie auch künftig vermissen würde. Aber er hatte sich ja als Scriba angedient, da blieb ihm ab jetzt nichts anderes mehr übrig als mit dem Griffel zu hantieren.


    "Salve Palfurius, nee ich bin nicht extra nach Mogontiacum gekommen, bloß um Scriba zu werden. Mir ist es in Roma zu langweilig geworden und einer meiner Sklaven, ein Germane, hat mir erzählt, dass es hier richtig kribbeln soll. Nicht, dass ich vergnügungssüchtig wäre, aber als Aquarius bei der römischen Wasserwirtschaftsverwaltung kletterst Du den ganzen Tag auf den Aquädukten rum oder kriechst durch enge Kanäle und danach musst Du ellenlange Berichte über Wasserdiebstahl oder üble Verschmutzungen schreiben, falls nicht grade mal wieder eine äußerst dringende Reparatur ansteht. Aquarii werden generell auch als Scribae eingesetzt und so hab ich meine Berichte auch selber geschrieben".


    Er kam nun der Aufforderung des Princeps nach, sich zu setzen und überlegte kurz, ob er eventuell noch was wichtiges vergessen hatte.


    "Und formulieren kann ich auch. Glaub bloß nicht, dass ich nur staubtrockenes Beamtengeschreibsel abliefere. Ich habe in Roma mal bei einem Rednerwettbewerb den dritten Platz belegt. Die gestellte Aufgabe war, den alten Ödipus gegen eine Anklage wegen Vatermord und Inzest zu verteidigen, was mir dann auch gehörig gelungen ist. Formuliermäßig und beweiskräftig".

    Plautus betrat das Officium, grüßte den Posthalter und sagte: "Einmal Roma, bitte"



    Sergia Severa
    Casa Sergia
    Roma, Italia


    G. Sergius Plautus Sergiae Severae salutem dicit


    Nichts dauert ewig, liebe Severa und so fand auch mein Aufenthalt in Roma ein plötzliches Ende. Lass mich Dir die Gründe dafür darlegen.


    Nachdem ich mir in Roma beruflich und geschäftlich eine belastbare Grundlage geschaffen hatte, suchte ich mir einen Patron und fand ihn in Annaeus Modestus, der mich davon überzeugte, dass für mich der Cursus Honorum der einzig einzuschlagende Weg sei. Ich begann also bei ihm ein Tirocinium Fori bei Gericht. Nun trat aber der Fall ein, dass mein Mentor lange abwesend war, sodass ich bei diesem Tirocinium nichts Brauchbares mehr lernen konnte. Inzwischen ist mein Mentor verstorben, die Götter mögen ihn wohlbehalten über den Styx gebracht haben.


    Ich hatte damit drei Lebensjahre Zeit verloren, nicht ohne dabei einige Erfahrungen gemacht zu haben. Mir schien, dass damit ein erfolgreicher Gang durch den Cursus Honorum in weite Ferne gerückt war und ich beschloss, die Sache ganz neu zu beginnen und zwar eine Nummer kleiner. Also nicht in der Urbs Aeterna, sondern in einer kleinen Stadt, wo ich vorhabe, mich in die städtische Politik einzumischen.


    Verzeih, dass ich Dir erst jetzt schreibe, aber die Umsiedlung, der Kauf eines Hauses und dessen Einrichtung haben viel Zeit gefressen.


    Lass Dich nicht von Schriftstellern und Briefeschreibern über die garstige Witterung in Germanien verunsichern: es ist schön hier. Mogontiacum liegt in einer vom Wetter begünstigten Gegend und der Frühling ist hier überwältigend. Wenn Dir also jemand von Kälte, Regen oder enormen Schneemassen erzählt, so übertreibt er maßlos, glaub mir.


    Mögen Dir die Götter ihr Wohlwollen schenken.


    Galeo


    G. Sergius Plautus, Casa Sergia, Mogontiacum, Germania Superior.


    Sim-Off:

    10 Sesterzen überwiesen

    Wie, sie hatten keinen Merkurtempel hier in der Stadt? Plautus runzelte die Stirn. War denn Mogontiacum nicht ein wichtiger Handelsplatz, der von vielen Kaufleuten aufgesucht wurde? Gab es hier nicht sogar eine berühmte Handelsorganisation, die ausgerechnet den Namen des Merkur in ihrem Namen führte, nämlich Freya-Mercurioque? Und wie stand es um diese Kaufleute, die zum Handeln nach Mogontiacum kamen, mussten die sich tatsächlich bloß mit einem kleinen Schreinchen zufriedengeben? Plautus wollte es nicht ganz glauben.


    "Ich kann es eigentlich nicht glauben, dass die vielen Kaufleute, die in Mogontiacum Handel treiben, nicht doch mal das Bedürfnis haben, Mercurius um gute Geschäfte und eine ungestörte Heimreise zu bitten. Überhaupt, kann man denn an einem Schrein ein regelrechtes Opfer bringen? Ich hatte nämlich vor, einen Widder zu opfern".


    Den Willkommensgruß des Helvetiers nahm Plautus gerne an und so glättete sich seine Stirn wieder, als er dessen nächste Frage beantwortete.


    "Mein Haus liegt im Vicus Apollinensis an der Ausfallstraße zum Vicus Salutaris, nicht weit vom Stadttor. Ich besitze vier Betriebe, eine Brauerei, einen Getreidehof, eine Metzgerei und eine Kleintierzucht. Die letzten beiden möchte ich gerne nach Mogontiacum umsiedeln".

    "Salve, Helvetius," erwiderte Plautus. "Ich danke Dir, dass Du Dir Zeit für mich nimmst. Um es kurz zu machen, mit Ausnahme eines winzigen Umwegs, ich möchte ein Opfer bringen, weiß aber noch nicht, wo. Was den winzigen Umweg angeht, nur dies: ich bin neu hier in der Stadt, habe ein Haus erstanden und einen Teil meiner Sklaven aus Roma nachgeholt. Sie sind gut angekommen und kümmern sich jetzt um das Haus. Dieser Zeitpunkt des Neuanfangs ist natürlich auch ein ausgezeichneter Augenblick, um ein Opfer zu bringen, um die Götter um Beistand zu bitten und ihnen für das bisherige Wohlwollen zu danken".


    Plautus kratzte sich am Kopf. "Es gibt da aber zwei Probleme. Erstens, weil ich unter anderem auch Geschäftsmann bin, ist mein liebster Gott Mercurius. Ich habe aber in Mogontiacum - zumindest im ummauerten Bereich - keinen Merkurtempel gefunden. Oder irre ich mich da? Zweitens, weil ich im Opfern nicht besonders geübt bin, ich habe bisher nur einmal in Roma dem Mercurius ein Opfer gebracht, wäre ich froh, wenn Du mir dabei Beistand leisten könntest".

    Plautus hatte sich nach dem Klopfen der Beobachtung einiger spielender Kinder gewidmet und drehte seinen Kopf ruckartig in die Richtung, aus der die Stimme des Ianitors kam.


    "Salve, mein Freund, ja richtig, ich stehe vor der Casa Helvetia. Und da wollte ich auch hin. Ich bin Sergius Plautus und möchte mit dem Aedituus Helvetius über ein Opfer sprechen".

    Es ist Zeit zu resümieren, sagte sich Plautus, als er seine Sklaven in der Casa Sergia untergebracht hatte. Mit Dankbarkeit stellte er fest, dass sein Umzug nach Mogontiacum ohne größere Stolpereien über die Bühne gegangen war. Auch seinen Sklaven war auf ihrer Reise von Roma nach Germanien nichts Ernsthaftes zugestoßen. Da konnte man doch wohl zufrieden sein.


    Andererseits stand da doch noch einiges Ungewisse vor ihm. Würde er in diesem Städtchen tatsächlich Fuß fassen können? Seine Geschäfte dümpelten ja augenblicklich etwas lustlos vor sich hin und einen Job hatte er auch noch nicht gefunden. Eigentlich kein Grund, um sich zufrieden zurückzulehnen.


    Da fiel ihm Mercurius ein, der Gott der langen und verzweigten Wege. Ja richtig, Plautus hatte Grund, seinem Gott dankbar zu sein und, wenn man's gut einrichtete und ein Öpferchen mitbrachte, ihm dann auch noch ein bißchen Wohlwollen für seine künftigen Unternehmungen abzuschwatzen. Kurz entschlossen ging er in den Stall, schnappte sich das Meldereiter-Muli, dem man mittlerweile den Namen Fulgur verpasst hatte und ritt los.


    Rutilo, der sich inzwischen ganz gut in Mogontiacum auskannte, hatte ihm erzählt, dass in der Casa Helvetia ein Aedituus wohnte, der ihm dabei weiterhelfen könnte. Fulgur trug ihn mit gewohnter Zuverlässigkeit zu Casa Helvetia, wo er abstieg, Fulgur an einen Pfeiler band und an der Porta klopfte.

    Der Schlosser ließ es sich nicht nehmen, des Langen und Breiten die technischen Einzelheiten seiner Schlösser anzupreisen. Er tat dies mit einem Handwerkerstolz, der den meisten Römern fremd ist. Plautus hörte aber nur mit einem Ohr zu, denn durch eine Lücke im Gewirr der Handelsstände entdeckte er eine junge Frau, deren Gesicht ihm bekannt vorkam.


    War das nicht die geschickte Beutelabschneiderin, die er auf einem Markt in Roma beobachtet hatte? Er war zunächst verblüfft, sie hier zu sehen, dann aber besann er sich und versuchte, sich möglichst unauffällig zu verhalten. So widmete er sich von nun an mit beiden Ohren dem Vortrag des Händlers. Ihm war nämlich klar, dass die Beutelabschneiderin nicht ohne Begleitpersonen in die Markthalle gekommen war, falls sie ihre 'Tätigkeit' ausüben wollte. Er nutzte die Gelegenheit, als der Händler ihn bat, sich ein Schloß näher anzuschauen, um vorsichtig, am Schloss vorbeipeilend die Gesichter in der Menge danach abzusuchen, ob er vielleicht eines davon aus Roma kannte. Aber Fehlanzeige.


    Also hielt er es für besser, ohne großes Bohei zu verschwinden, nachdem er seine Schlösser gekauft und erst noch ein bißchen heruntergehandelt hatte.

    Wiederum knappe zwei Dutzend Tage später erreichten sie Cabillonum, wo der Schiffer seine Fracht ablud. Sie konnten bald darauf eine neue Mitfahrgelegenheit bis Vesontio finden. Dazu verließ der Kahn einige Meilen hinter Cabillonum den Arar und bog in den Dubis ein. Es ging in der bekannten Manier weiter: vier Mann an die Taue und nix mit Maultieren. Schiffer haben halt so ihre Eigenheiten. Auch der Dubis hat seine Eigenheiten, er strömt nämlich in einigen Abschnitten sehr schnell und so wurde die Strecke nach Vesontio, wenigstens für die Leute an den Tauen, manchmal zu einer Quälerei.


    In Vesontio war dann aber mit der Schiffahrt endgültig Schluss, denn der Fluss wurde zunehmend wilder, so dass man bis Augusta Raurica den Landweg nehmen musste.


    Ab hier ging es dann den Rhenus hinunter, was dann doch etwas angenehmer war, da man den Kahn treiben ließ oder segelte. Die Landschaft hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Tal des Arar und vor allem konnte man schon den heraufziehenden Frühling spüren.


    Hier endete die Erzählung des Boiorix und Plautus meinte: "Ja, das Frühjahr ist hier überwältigend schön und der Winter ist wirklich nicht so grauslig, wie das in Roma immer rumerzählt wird. Nehmt Euch noch einen Schluck und einen Bissen, wir müssen unser Zeug noch nach Hause bringen".

    Ab Massilia ging es dann den Rhodanus hinauf. Einigen in der Gruppe war das angenehm, konnten sie doch dem rauen Mare Nostrum endlich den Rücken kehren.


    Allerdings kam dann doch einige Ungemach auf sie zu, denn der Schiffer verlangte, dass immer vier von der Gruppe abwechselnd den Kahn mit zu ziehen hätten, damit er das Fahrgeld auf die Hälfte reduzieren konnte. Man bot ihm an, die Maultiere vorzuspannen, aber mit dieser Idee konnte er sich nicht anfreunden. "Was ist, wenn's mal gefährlich wird? Ein Mann kann dann das Tau loslassen, ein Maultier nicht. Überhaupt ham wir noch nie Maultiere vorgespannt, saudumme Idee."


    So erreichten sie nach zwei Dutzend Tagen Lugdunum und ab jetzt würde man den Arar hinauffahren.

    "Ich bin Dir dankbar für Dein Wohlwollen, Procurator Duccius," sagte Plautus immer noch kerzengerade auf dem Scherenstuhl sitzend.


    "Aber, um die Sache zu vollenden, sollte ich jetzt schleunigst zu diesem Princeps Praetorii gehen. Ich denke, dass ich ihn flapsig oder nicht flapsig dahingehend überzeugen kann, dass er mich nimmt. Wo finde ich diesen Princeps?"

    Eigentlich beginnt die Seefahrt auf dem Mare Nostrum so richtig erst Ende März und deswegen war es auch etwas schwierig, einen Schiffer zu finden, der es wagte, sich schon Mitte März auf den Weg zu machen und auch noch Passagiere mitzunehmen. Sie fuhren früh am Tage aus dem Hafen von Ostia hinaus. Bei einem kräftigen aber leicht ablandigem Wind aus Südost konnte ihr Schiff gut vorankommen, wobei der Schiffer immer fürchtete, auf See hinausgetrieben zu werden, weil er unbedingt in Sichtweite der Küste bleiben wollte. So erreichten sie erst nach vier Tagen Genua, weil der Schiffer eine Fahrt in der Nacht vermeiden wollte.


    Ein Regentag hatte sie dann in Genua einen Tag aufgehalten, bis es bei einem schwachen Nordost weitergehen konnte. Der brachte sie dann in zwei Tagen bis Cemelenum in den Hafen des alten Nikaia, wo sie auf besseren Wind warten mussten. Aus dem Tal des Rhodanus wehte da nämlich ein sehr kräftiger Nordwind, gegen den man nicht ansegeln konnte. Der Schiffer nannte ihn ventus magistralis, meist gefolgt von einem kräftigen Fluch.


    Eine Woche hielt sie dieser verdammte Wind im Hafen auf bis er einschlief und wechselnden Winden, untermischt mit Flauten Platz machte. Das reichte dann gerade noch, um Massilia in zwei Tagen zu erreichen.

    Erwartungsvoll und nebenbei kauend beobachteten Plautus und Rutilo, wie der Kahn den Rhenus herunterkam, an der Mole entlangschlich und sich dann zu seinem Liegeplatz im Hafen hinpfriemelte. Rutilo wollte jede Wette eingehen, das dies ganz sicher der Kahn mit unseren Leuten war. Recht hatte er, denn insgesamt standen oder saßen ungefähr neun Leute und drei Maultiere an Bord. Demnach war es nicht ausgeschlossen, dass es sich um den richtigen Kahn handelte, wenn auch Plautus sich dessen noch nicht ganz sicher war.


    Doch dann erblickte er einen hageren, hinkenden und dunkelhäutigen Mann an Bord. Das konnte nur Himilco, der Nubier sein. Er rief den Namen hinüber und der Angesprochene winkte zurück. Jetzt war Alles klar.


    Es dauerte noch ein Weilchen, bis das Boot festgemacht war und die Leute über eine Planke an Land gehen konnten. Gleich ging ein übermütiges Geschnatter los, sozusagen als Empfangszeremonie, weil Alle gleichzeitig von der Reise erzählen wollten, aber Plautus winkte ab.


    "Erst mal kriegt Ihr Alle einen Met zum eingewöhnen und dann soll der Älteste von Euch erzählen, wie es Euch ergangen ist", bestimmte Plautus. Was dann wieder großes Geflatter auslöste, weil einige aus der Sklavenschar ihr Alter nur schätzungsweise kannten. Lala schlug vor, dass Boiorix das machen sollte, weil er, wie sie meinte, so furchtbar alt aussah.


    Boiorix schluckte Lalas listige Bemerkung mit gallischer Gelassenheit und begann zu erzählen.

    Plautus und sein Sklave Rutilo hatten sich unter dem Porticus der Kneipe Vadum Subitum niedergelassen und sich ein Frühstück bestellt. Von hier aus hatte man gute Sicht stromaufwärts und man würde sicher keinen Kahn, der von dort kam, übersehen. Es war so ein bißchen wie High Noon. Man starrte auf den Fluss und versuchte, jedes Objekt zu fixieren, das sich auf dem Strom bewegte.


    Während sie so den Strom beäugten, der sich stellenweise unter der etwas dunstigen Märzsonne hinter Büschen und Bäumen verbarg, hörten sie allmählich lauter werdende Musik von Zimbeln und Flöten. Und da, neben einer Gruppe alter Ulmen erschien ein sehr merkwürdig bunter Zug von Menschen in langen Gewändern, der sich auf den Vicus Navaliorum zu bewegte. Die ungewöhnliche Prozession zog an der Taberna Vadum Subitum vorbei und dann in die Stadt. Das passte nun gar nicht zu High Noon und hätte sie beinahe von ihrem Vorhaben abgelenkt, zumal die Teilnehmer der Prozession auch mit allerhand funkelndem Klunker behängt waren und Musik zu hören ja doch ein seltenes Ereignis war.


    Während Plautus noch rätselte, warum die Leute in der Prozession Schilfbündel mit sich trugen, schrie Rutilo plötzlich "Da, da, ein Kahn!" und deutete auf den Fluss. Plautus wandte den Kopf in die angegebene Richtung, sah aber nichts. Rutilo versicherte bei allen seinen germanischen Göttern, dass da tatsächlich ein Kahn gewesen wäre, der aber dann hinter Gebüsch verschwunden war. Jetzt sah Plautus den Kahn auch. Bis der zum Hafen kommen würde, konnte man noch in Ruhe das Frühstück beenden.


    Plautus angelte sich ein Stück Brot und Speck.