Severus nickte zustimmend, als sein Patron ihm versicherte, dass er, sollte er mal in solch eine Situation kommen sollte, sich natürlich nicht nur auf seinen iulischen Patron berufen konnte, sondern dieser auch alle Heben in Bewegung setzen würde, um dafür zu sorgen, dass eine solche Demütigung für den betreffenden Urbaner sicherlich nicht ohne Konsequenzen bleiben würde. Als Severus so darüber nachdachte, erinnerte er sich, dass der Iulier ja auch mal selbst Tribun bei den Urbanern gewesen war, dort also sicherlich noch gut vernetzt war...
Da an diesem Moment jedoch der Kaiser eintrat, wurde nicht nur der helvetische Gedankengang unterbrochen, sondern natürlich war jetzt auch die Fortführung der Plauderei nicht mehr möglich. Zusätzlich stieg in dem Helvetier nun endgültig die Nervosität hoch, denn der stattliche ältere Mann, der da grade hereingekommen war und ihm bedeutete hatte, sich zu setzen, war nicht irgendwer, es war der Kaiser, der Imperator Caesar Augustus, das Oberhaupt der römischen Republik und alles in allem der mächtigste Mann der Welt. Zudem ein Mann, der weder durch einen politischen Putsch oder schiere militärische Übermacht seine Stellung errungen hatte, sondern einer, den die Senatoren gemäß uralter Traditionen für würdig befunden hatten, diese Rolle zu übernehmen. Severus war seinerzeit ja kurz vor dem Tod des letzten Kaisers in die Stadt gekommen und hatte entsprechend alle Vorgänge hautnah miterleben können, doch jetzt vor jenem Mann zu stehen, der damals gewählt und ausgerufen worden war, war nochmal etwas ganz anderes. Unwillkürlich musste Severus schlucken, klammerte sich dann aber an der gesellschaftlichen Erziehung, die sein Großvater ihm vermittelt hatte. Und wer, wenn nicht ein ehemaliger Primicerius a libellis, wusste, wie man in der Anwesenheit hoher Amtsträger und sogar des Kaisers eine annehmbare Figur machte? Dennoch wurde Severus den Gedanken nicht los, dass es hier um seine Zukunft ging und er sich so gut wie möglich verkaufen musste.
Nachdem sich der Kaiser gesetzt hatte, ließ der Helvetier nun einfach seinem Patron den Vortritt, sich einen ihm bequemen Platz zu suchen, bevor sich Severus zur Rechten des Iuliers niederließ und ansonsten ganz froh war, dass nur Dives die Initiative ergriff und ihn vorstellte. Schließlich würde Severus hier erstmal nur dann sprechen, wenn er explizit dazu aufgefordert wurde, zumindest solange, bis es in die inhaltliche Diskussion des iulischen Vorhabens ginge, denn dann war ihm von seinem Patron eine relativ freie Hand gelassen worden, sich in die Diskussion einzuschalten, wenn er es für sinnvoll erachtete. Lange musste Severus nun aber nicht warten, bis er angesprochen wurde und die Frage zielte ziemlich genau in seine derzeitige Misere. Ich arbeite derzeit im Scriptorium Primum in der Basilica Iulia, Augustus. Unterstellt bin ich dort dem leitenden Stadtschreiber Potitus Ogulnius Fidenas. beantwortete Severus die Frage kurz und bündig, wobei er natürlich nicht wusste, inwieweit der Kaiser mit den unteren Ebenen der städtischen Verwaltung vertraut war und dass der Helvetier damit keinem konkreten Officium eines der städtischen Beamten untergeordnet war, sondern lediglich bearbeitete was anfiel oder eben in den Officia liegenblieb und stattdessen in die städtischen Schreibstuben wegdelegiert wurde.