Beiträge von Julia Duccia Germanica

    Ich nickte bei seinen Worten leicht... Es fiel mir schwer, am liebsten würde ich über alles sprechen wie es war, doch gleich bei welchem meiner Brüder: Ich würde die Schuldgefühle nur steigern.

    Ich weiß, doch das hätte ich nicht gewollt. Geschehen ist geschehen und es lässt sich nicht mehr ändern. Wir können nur das Beste aus allem machen.


    Ich hob meine Hand und strich ihm zärtlich über seine Wange.


    Mir... uns wird bestimmt nichts mehr geschehen. Ich weiß mich schon zu wehren und ich denke das passt allgemein auf alle Duccia!

    Ich sah ihn stumm an, verdammt. Warum konnte ich nicht einfach vergessen? Warum konnte ich ihn nicht einfach vergessen? Ich ging ein paar Schritt auf Flavius zu, bis ich direkt vor ihm stand. Noch immer schweigend. Ich sah zu ihm auf, doch an seinen Augen vorbei.

    Ich sah nun wie erstarrt in den Wald, ich hörte Schritte die wie ein Echo in mir wiederhallten... Ich ahnte gleich würde die Tür aufgehen und angstvoll sah ich aus meinen Kinderaugen dorthin. Er trat ein...


    Mein Herz klopfte ich schaffte keinen Schritt weiter vorwärts und gerade stehend versuchte ich mich langsam herumzudrehen. Da sah ich Flavius, doch nur mein Herz erkannte ihn, mein Verstand sah die hochgewachsene Gestalt..

    Ich begab mich zu den Toren und wollte hinaus ins Freie, dort einen klaren Kopf bekommen. Zielstrebig ging ich dort hin... Dort war die Freiheit wo ich sein konnte wie ich wollte, wo ich mich nicht den Römern anpassen brauchte. Ich lächelte. Am Tor selbst blieb ich kurz stehen und sah in den Wald...

    Ich ging langsam. Mein Haar flatterte im Wind, woher auch immer er stammen mochte. Es tat gut, wie er mich erfrischte und er schien einige meiner trüben Gedanken mit sich zu reißen. Wenn cih auch nicht Flavius' seltsames Gesicht nicht vergessen konnte..

    Ich hob meinen Kopf nicht und sah weiterhin stur gerade auf den Boden.


    "Nein, das war schon richtig so wie es geschah... Danke."


    Langsam erhob ich mich und begab mich ebenso langsam zu meiner Skadi, Skadi die immer treu an meiner Seite war und stets ein Lächeln hervorrief. Ich streichtelte ihr sanft über die Nüstern und begab mich aus dem Stall, ohne Flavius nochmal anzusehen. Ich war ihm nicht böse weil er es gesagt hat, ich brauchte Luft...

    Ich kauerte an der Wand, am liebsten würde ich wieder davonlaufen, doch es war nicht der rechte Weg, wenngleich er noch so verlockend war. Ich sah stillschweigend zu Flavius auf, wusste nicht was ich sagen sollte...

    Ich zog meine Knie an, warum ... Ich hielt meine Augen geschlossen und atmete tief durch, nein, jetzt würde ich gegen meine Vergangenheit ankämpfen, jetzt durften mich die Bilder nicht übermannen.


    "Wenn er den Befehl nicht hätte geben dürfen, dann setze dich nachträglich dafür ein! Die vergangenen Menschenleben können nicht zurückgeholt werden, doch wenigstens kannst du den noch lebenden vielleicht das Schicksal erleichtern..."


    Daran, dass Meridius der Legat war und Maximian sein Sohn mochte ich in diesem Moment gar nicht denken. Soetwas hätte ich niemals von Meridius erwartet, doch noch unwahrscheinlicher war eine Lüge von Flavius' Lippen.


    "Du hättest nichts tun können und wenn du dich geweigert hättest... Ich kenne die Gesetze des Militärs nicht, doch ich kenne dich. Und mehr brauche ich nicht wissen um dich zu verstehen."


    Ich bemerkte wie sich wieder das Bild des kleinen Valentins in meinen Kopf schlich, wie er mir verzweifelt mit dem viel zu großen Schwert hinterhersah, mir helfen wollte und nicht konnte. Fühlte Flavius sich auch so?

    Ich schloss meine Augen... Ja, es war falsch. Diese ganze Führung war falsch. Ich war gegen jegliche Sklavenhaltung, gegen Krieg und gegen Eroberung. Wäre das alles nicht gewesen, würden wir noch in unserem Stamm leben. Nun, geschehen war geschehen. Doch ich wusste genau, was Flavius bedrückte: Er fühlte sich gewiss erinnert.


    Flavius, es war falsch und du hättest etwas dagegen tun können. Es ehrt dich, dass du bereust den Versuch nicht gewagt zu haben, doch hätte es nicht an dir gelegen und du hättest nichts ausrichten können. Alles dort war falsch, jedes Opfer der Ungerechtigkeit ist zuviel, doch darfst du nicht dir die Schuld geben...

    Auch die, die sich ergeben hatten? Ich war froh, dass Flavius mein Gesicht nicht sehen konnte. Hätte er kein schlechtes Gewissen, wäre ich vermutlich böse geworden. Es passte so gar nicht zu Flavius, dass er nicht seine Meinung äußerte. Das lag sicherlich am römischen Einfluss, der sich auch bei mir schon zeigte.


    Du hättest nur wenige Schicksale verhindern können und selbst wenn dies geschehen wäre, vielleicht hätten sie sich nach alldem ohnehin ins Schwert geworfen. Und wäre ihnen nicht die Sklaverei gewiss gewesen? Ich vermute sie wären lieber gestorben als Sklaven zu werden...

    Ich krabbelte um ihn herum und setzte mich auf seinen Schoß, kuschelte mich in seine Arme. Ich verstand nun, ich brauchte keine Worte mehr. Vermutlich war es in diesem Utta dingsda noch schlimmer gewesen und... Flavius... war sehr sensibel gewesen was soetwas anbelangte. Ich wusste nicht, was sich abgespielt hatte, doch langsam konnte ich dunkel erahnen dass er Schuldgefühle empfand. Ich streichelte sein Haar...

    "Sssht, Flavius... Jeder Kriegstote ist meiner Meinung nach ein Toter zuviel, denn Kämpfen kann man aus den Wegen gehen. Von beiden Seiten aus. Wenn beide Seiten sich gerecht verhalten... Aber dies ist ein altes Leid und was hilft es, sich wieder und wieder darüber auszulassen?"

    Ich sah Flavius an und überlegte. Wie könnte ich ihm ein Stück Familie bieten? Ich ließ ihn los und ergriff seine Hand, um ihn zu führen. So wie er es früher immer bei mir getan hatte. Ich führte ihn zu der Stallwand und setzte mich auf den Boden, erwartungsvoll zu ihm aufschauend, lächelnd.


    Komm, Bruderherz, setz dich doch zu mir. Und erzähl, wenn du erzählen möchtest. Doch komm wenigstens zu mir und lass mich dir meine Nähe geben, hm?

    Ich versuchte seinen düsteren Blick zu ignorieren und klopfte auf das warme Stroh neben mir.

    Mein Blick gewann wieder etwas von Reisgnation, doch eine Stimme in mir sagte, dass ich nicht locker lassen dürfte. Gleich was geschehen sollte. Ich streichelte nun leicht mit einer Hand beruhigend über seine Brust und antwortete sanft...


    Was... "wieder ich"...? Was meinst du damit? Flavius, was auch immer los ist, ich mache mir große Sorgen und würde dir zumindest gerne zuhören und gegebenenfalls auch für dich da sein, wenn du es brauchst.... Es macht mich traurig dich so zerissen zu sehen...

    Schon bald gab ich es innerlich seufzend auf, denn er rührte sich kein bisschen. Ich legte meinen Kopf an seinen Rücken und überlegte. Sollte ich überhaupt nachboren, wenn er nicht von selbst spricht?


    Flavius... Du musst es mir nicht sagen doch... Dann sei bitte wieder du selbst, denn momentan lässt du mich völlig im Dunkeln tappen.


    Ich schlang meine Arme um ihn und verschränkte meine Hände an seinem Bauch wieder, während ich mich an ihn schmiegte. Er war wieder da, wieder hier bei uns....

    Ich lächelte Venusia zu und dann kam auch prompt Valentin. Ich freute mich einerseits sie zu sehen, andererseits kamen sie gerade ungelegen und so blieb es bei einem Lächeln. Ich nickte Valentin zu...


    "Ja, in Ordnung! Ich werd mich anpassen!"


    Ich schämte mich ob der Erleichterung als sie hinausgingen, doch... ich hatte Bruder solang nicht gesehen und es war egoistisch von mir. Doch war ich nicht aus Sorge um ihn nach Rom davongelaufen?


    Ich lauschte Flavius Worten und hoffte Valentin würde später beim Essen schweigen... Ich wollte nicht, dass Flavius von Maximian erfuhr... Noch nicht.

    Traurig sah ich auf seinen Rücken und blickte kurz gen Boden, um dann gleich wieder zu meinem geliebten Bruder aufzusehen. Er wirkte sehr angespannt und schrecklich... unsicher? Ich war mir nicht sicher, doch eines war klar: Er hatte etwas. Selbst wenn er Bestlaune an den Tag gelegt hätte, wäre ich mir in diesem Punkt sicher gewesen. Ich machte einige Schritte nach vorne.


    Ich hob meine Arme hoch und legte sie sanft auf seine Schultern. Ich musste meine Arme nicht besonders lang machen, war auch ich recht groß geraten. Zwischen uns herrschte nur der typische Unterschied zwischen Mann und Frau, doch war ich dafür sehr ... zerbrechlich, was ich gar nicht leiden konnte. Ich kraulte vorsichtig seine Schultern. Und ich schwieg, wollte ihm nur Trost und Nähe geben. Dieses Mal hatte ich die Möglichkeit ihm zu helfen und die wollte ich auch nutzen.