Beiträge von Decima Sevilla

    Es war schön sich einfach an den Ständen bewegen zu können und ganz ungezwungen mit den Händlern zu plaudern. Gerade hatte sie sich eigentlich dazu entschlossen das Stück auch zu kaufen, das ihr der Händler noch angeboten hatte, als sich jemand in ihr Gespräch einmischte. Ebenfalls germanisch sprechend wie sie, aber einen anderen Dialekt nutzend. Das war für diese Gegend nichts Besonderes. Hier trafen sich viele Germanen und sie sprachen die verschiedensten Dialekte und wenn sie von weit her kamen, dann war es mit dem Verstehen auch gar nicht so einfach. Aber dieser Dialekt war nicht schwer zu verstehen und er kam ihr auch bekannt vor. Er wurde in Mogontiacum häufiger gesprochen. Ihre Hand zuckte zurück und sie sah zu dem Mann auf, der nun neben ihr stand. Er schien eine kräftige Statur zu haben. Aber besonders fielen ihr die blaugrauen Augen auf. Einen Moment länger als es vermutlich schicklich wäre, sah sie ihn an. Als es ihr auffiel, senkte sie schnell wieder ihren Blick auf die Auslage und hier im Besonderen auf die Spange in der Hand des Verkäufers. Warum nur musste sie gerade an das Gespräch mit Dagny denken. Sie musste sich auf die Haarklammer konzentrieren. Diese befand sich nun in der Hand des Mannes, der sich einfach dazu gestellt und ins Gespräch eingemischt hatte. Plötzlich hielt er sie nun vor ihr Gesicht und jetzt sah sie auch wieder zu dem Fremden auf. Als er sie anlächelte, verzogen sich auch ihre Mundwinkel zu einem freundlichen Lächeln. Du meine Güte, der sieht nicht schlecht aus, dachte sie sich. Ja, das Gespräch mit Dagny beim Sticken.


    "Ick heiß Nela," stellte sie sich in germanischer Sprache vor und lächelte erneut. "Det is janz nett von dir, janz dufte, det du mir hilfst." Sie wandte sich an den Händler und fragte ihn nach etwas in weiß. Dieser machte dann ein trauriges Gesicht. Etwas in weiß hatte dieser nicht da. Aber er versprach beim nächsten Mal etwas dabei zu haben. Dann könne sie doch wiederkommen. Also kaufte sie nur das eine Stück und packte dieses dann in ihren Beutel. "Hast du denn schon wat für deen Mutter gefunden oder kann ick dir helfn. So als Jefallen für deene Hilfe. Wo er ihr doch geholfen hatte, war es doch sicher nicht verkehrt ihm nun ebenfalls einen Gefallen zu erweisen.

    Dann konnte es ein ausgedehnter Spaziergang werden wenn sie sich nur Anregungen suchen wollten und schauen wie die Lage war und wo man etwas finden konnte, dass vielleicht in ihre Vorstellungen passte. Aber sie hatte ja eh nichts anderes vor und sie konnte ein wenig Zeit mit ihrer Tante und ihrer Familie verbringen und vielleicht ein wenig von den Dingen in Roma erfahren. “Also wenn ihr wollt, dann kann ich euch etwas herumführen.“ Sie kannte sich in dieser Stadt aus und würde sicher die Gegenden finden, die die neu Hinzugezogenen interessieren würde. „Ich kann euch die besseren Gegenden zeigen und auch jene, die man vielleicht nicht jederzeit besuchen wollen würde. Dann habt ihr auch schon mal einen kleinen Überblick, den ihr wolltet.“ Nachdem Seneca gesprochen hatte, überlegte sie ob das Landgut der einen Familie noch frei war, die nach Alexandria gezogen waren. “Vielleicht kann ich euch sogar etwas zeigen, dass ein wenig am Stadtrand gelegen ist.“ Sie wollte keine Versprechungen machen, die sie nicht einhalten konnte. Daher hatte sie das so vage formuliert.


    Dann fiel ihr etwas ein, dass sie während der Hochzeit so halb aufgeschnappt hatte. Oh, wie unangenehm. Das war ihr nach der Feier ja gänzlich entfallen. “Ich möchte euch beiden noch zu eurer Heirat gratulieren. Während der Feier hatte ich irgendwie keine Möglichkeit dies zu tun und dann hatte ich es bedauerlicherweise auch noch vergessen, so dass ich jetzt ohne ein Geschenk vor euch stehe. Es tut mir sehr leid.“ Man konnte ihr ansehen wie sehr es ihr leid tat. “Wo habt ihr denn die Feierlichkeiten vollzogen und waren sie groß oder eher klein?“ Da sprach dann wieder die Neugierde aus der jungen Decima. In ihrem Rücken befand sich das Castellum der Legio und so langsam steuerte sie mit dem kleinen Erkundungstrupp auf das Forum zu. Das wäre wohl das Wichtigste, das man den Besuchern und auch den neuen Bewohnern Mogontiacums so zeigen sollte und auch musste. Lange würde sie sich dort aber nicht aufhalten bis sie wieder in die einzelnen Wohnviertel abbiegen würden.

    Und damit hatte Dagny recht. Es fiel ihnen immer etwas ein und das war das Tolle. Langeweile kam einfach gar nicht erst auf. Und die eigentlich langweilige Stickarbeit war schon gar nicht mehr so schlimm und dass allein nur weil sie sich unterhielten. “Ich würde es mit einem Speer versuchen. Das kann man leicht erkennen und sticken.“ Das war nicht böse gemeint oder sollte abwertend klingen. Sie wollte Dagny nur helfen, damit ihr Bruder sich nicht am Ende vielleicht über sie lustig machen konnte weil der Helm nicht gelungen ist. “Ich würde es damit jedenfalls zu erst versuchen. Dann kannst du ihm das mit deinem nächsten Brief mitschicken.“ Die blaue Blüte war endlich auf ihrem Tuch erblüht und sie konnte sich nun der anderen widmen.


    „Ja, den frischen Wind werden wir auf jeden Fall rein bringen. Daran habe ich keinen Zweifel.“ Als sie dann über Dagnys Schwester sprachen, kam ihr noch eine kleine Idee. “Dann müssen wir nur Eldrid fragen und sie wird uns sagen können wo mir nicht viel kaputt machen können wenn wir Roma stürmen.“ Es war wirklich viel zu tun, da war es wohl nicht verwunderlich, dass das Schreiben ein wenig in den Hintergrund trat. “Sehr gern. Ich bin gespannt wie es ihr in der großen Stadt gefällt und ergehen mag. Roma ist kein einfaches Pflaster in politischen Belangen und manchmal gleicht es einem Lauf über frisch gemähtes Getreidefeld.“ Wer schon mal über die Stoppeln barfuß gelaufen war, wusste wie sehr das schmerzen konnte. Und was sie wusste und was sie gehört hatte, war das in Roma nur stellenweise besser. „Das ist vermutlich das Bestreben einer jeden Mutter alles Schlechte von seinen Kindern fernzuhalten.“ Sie würde das wahrscheinlich auch versuchen. “Aber wir haben dennoch mitbekommen, dass die Menschen in der Stadt Angst hatten und nicht wussten was passieren würde. Auch haben wir Ohren gehabt und selbst als wir in Hispania waren, wurde genug geredet. Wir hatten Angst um Mutter gehabt bis wir einen Brief von ihr bekommen haben und sie uns erzählte, dass alles gut wäre und Alrik jetzt auch in der Stadt. Damals kannten wir ihn noch nicht.“ Das hatten sie erst nachgeholt als sie wieder in Roma waren und die Stadt wieder als sicher galt.


    Nela lächelte als Dagny ihre Hand drückte. Es tat so gut zu wissen, dass andere mit ihr mitfühlten. “Ich glaube sie meidet den Kontakt zu anderen Menschen so sehr weil sie nicht will, dass diese sie fragen was mit ihr los ist. Sie hatte mal erzählt, dass sie immer als starke Frau galt und sie nichts aus der Ruhe bringen konnte. Nun ist sie nicht mehr so stark und sie braucht Hilfe, aber sie will nicht, dass Andere sehen, dass sie eben nicht mehr so stark ist. Wenn man das außer Acht lässt und einfach normal mit ihr umgeht, geht es eigentlich ganz gut. Es würde sie sicher freuen wenn du mal mit ihr hinausgehst und wenn du eine Frage hast oder ein Problem und sie um Rat bittest, dann freut sie sich noch mehr. Sie mag das Gefühl gebraucht zu werden oder wenn du Nachhilfe in Geschichte haben möchtest. Allerdings muss ich dich da warnen. Sie sprudelt dann wie eine Fontäne. Sie hat ja auch schon eine Menge erlebt.“ Das war so eine Gefahr wenn man ihr Mutter zu geschichtlichen Dingen befragte. Sie wusste sehr viel und sie redete dann auch sehr viel. Sie störte es nicht, andere könnte es vielleicht verschrecken. “Also wenn du es gern möchtest, dann nur zu. Es ist sicher gut wenn sie da auch ein wenig Abwechslung hat.“ Und es würde ihr auch mal ein wenig Zeit verschaffen. Sie mochte ihre Mutter sehr, aber es zehrte manchmal auch an ihren Nerven.


    „Ich glaube das können wir uns sparen. Bisher ist mir da noch nichts aufgefallen wenn wir in der Stadt waren,“ berichtete Nela mit einem breiten Grinsen im Gesicht. “Aber ja, das hört sich wohl ganz danach an.“ Leise seufzte sie. “Aber ich bin realistisch genug um zu wissen, dass ich das wohl nicht kriegen werde. Aber träumen darf man ja.“ Und das tat sie hin und wieder. “Nein, ich habe Niemanden im Sinn. Bisher ist mir keiner begegnet, der auch nur annähernd an diese Vorstellung herankommt.“ Sie lächelte wieder und betrachtete die zweite Blüte, die so langsam Formen annahm. “Ich glaube auch nicht, dass meiner Mutter es gefallen würde wenn ich einen Mann des Militärs eheliche.“ Die Gefahren kannte jeder wohl nur zu gut, der jemanden in der Familie hatte oder jemanden kannte, der jemanden kannte. “Aber wer will schon ein unaufgeregtes Leben leben. Ich glaube ich nicht. Ein wenig Spaß und Aufregung darf es doch schon geben. Sonst wird es so schnell langweilig.“ Ihr Lächeln wurde breiter und eine Spur geheimnisvoll und verschwörerisch. Sie zwinkerte Dagny sogar zu. “Ich nicht. Ich brauche etwas Unterhaltung. Dann fiel ihr noch etwas ein. “Morgen sollen ein paar Sänger auf dem Markt aufspielen. Wenn wir etwas Zeit finden, würdest du mich dorthin begleiten wollen? Vielleicht findet Runa ja auch etwas Zeit dafür."

    Irgendwie war sie auch in die kleine Gruppe mit hineingeraten, die ihrer Tante und deren Mann dabei helfen sollte sich in der Stadt zurecht zu finden und sich ein Häuschen zu kaufen oder auch etwas anderes. Es wirkte noch nicht ganz sicher was genau werden sollte. Es hatte sie sehr überrascht eine decimische Verwandte in der Stadt zu wissen, aber irgendwie schienen sehr viele Menschen mit ihrem Verwandten in den Norden gekommen zu sein, der nun der Legatus dieser Provinz sein sollte. Also lief sie mit der Gruppe durch die Straßen und sah sich mit um. "Wie habt ihr euch das gedacht? Wollt ihr den ganzen Tag durch die Stadt laufen und schauen was man so finden kann oder habt ihr irgendeine Vorstellung was euch gefallen könnte. Ich glaube es wird sonst eine Herkulesaufgabe da etwas zu finden." Also, sie hatte kein Problem damit durch die Stadt zu laufen und auch nicht den ganzen Tag ein Haus zu suchen. Aber das glich einer Nadel im Heuhaufen. Jedenfalls derzeit. Sevilla sah zwischen Seiana und Seneca hin und her und lächelte sie an.

    “Ich habe manchmal das Gefühl, dass deren Lebensinhalt darin besteht weil sie keine anderen Beschäftigungen haben. Was bin ich froh, dass mir noch etwas anderes einfällt oder wenn nicht mir dann dir oder Runa. Langeweile haben wir doch nie.“ Nela strahlte über das ganze Gesicht. Es war so toll die beiden um sich zu haben. Ihr Bruder war da manchmal eher eine Spaßbremse gewesen. Mit den Mädels war es schon wesentlich schöner. Natürlich liebte sie ihren Bruder über alles, aber wenn sie Spaß haben wollte, mussten eher die Mädels herhalten. „Ich könnte es nicht den ganzen Tag durchhalten.“ Nela lächelte weiter. “Du kannst ihm doch eines nach Roma schicken. Dann bekommt er etwas ab. Eine Sonderanfertigung nur für ihn. Ich glaube auf ein Tuch mehr kommt es nun auch nicht mehr an. Ob er sich freuen würde, kannst nur du einschätzen.“ Auch wenn Nela in Roma gewesen war, hatte sie ja nicht alle aus der Familie dort getroffen oder kennenlernen dürfen.


    “Ja, so kann man das sagen. Ist eine wirklich gute Richtlinie.“ Man konnte sich daran wirklich gut orientieren. Es war auf jeden Fall nicht falsch. “Für dich doch immer. Stets zu Diensten.“ Nela kicherte wieder. “Ich befürchte nur Roma ist einfach noch nicht bereit für so viele Damen aus Mogontiacum. Aber ich würde gern den Versuch wagen. Wir werden sehen wie es dann ausgeht.“ Ihr Grinsen wurde immer breiter. Es gab wieder ein duccisches Familienmitglied in Roma. Sie würde sie also da auf dem laufenden halten können. “Dann wird sie vielleicht auch denken, dass wir ein Provinznest sind und Roma der Nabel der Welt. Wenn es ihr dort gefällt. Dann wird sie sicher irritiert sein. Wenn nicht, dann wird sie froh sein den engen Gassen entkommen zu sein und wieder Weite und frische Luft genießen zu können. Dann wird sie uns hier vermissen und sich darüber freuen wenn sie wieder hier ist. Hast du ihr eigentlich schon eine Nachricht geschickt? Mich würde es interessieren wie es ihr dort gefällt und was sie schon erlebt hat.“ Eine Führung durch Roma stellte sie sich lustig vor. Sie würden ganz sicher viel Spaß haben. “Sehr gern. Das können wir dann gern machen. Schauen wir uns an welche Spuren wir dort hinterlassen haben.“ Die nächste Frage war eine gute und Nela überlegte einen Moment was sie dazu sagen sollte. [b]“Nicht wirklich viel. Ich weiß, dass Mutter Angst hatte, dass es zu großen Ausschreitungen in der Stadt kommen könnte wenn die Truppen aus dem Norden kommen und auf die dem Ursupator hörigen Truppen stoßen würden. So hat sie uns dann weggeschickt. Sie hatte versucht uns davon nicht all zu viel mitbekommen zu lassen. Sie hatte mir später mal erzählt, dass sie nicht wollte, dass wir so viele schreckliche Dinge miterleben müssen wie sie es getan hatte. Wir sollten davon befreit aufwachsen.“ Ihre Mutter hatte immer wieder versucht sie von sämtlichen Schrecken fernzuhalten. Dennoch hatte sie nicht alles vor ihnen geheim halten können. Es gab schon Vieles, das sie auch mitbekommen hatten. “Hispania ist ein schönes Land. Wir waren auf einem Landgut untergebracht und sind alle paar Tage mal in die Stadt. Aber die war auch nicht so voll wie es Roma war. Es ist dort auch sehr warm im Sommer und manchmal recht trocken. Die Gegend war auch recht hügelig.“ Das war alles was sie von Hispania erzählen konnte ohne gleich wieder zu viele Vergleiche zu Roma zu ziehen oder erneut zu erklären wie viel wärmer es dort war als hier. Abgesehen von diesem Tag.


    “Ich denke nicht, dass sie bei der Hochzeit dabei sein wird. Es werden ihr zu viele Menschen da sein und wenn sie sie dann fragen wie es ihr geht, wird es nur wieder schlimmer werden. Irgendetwas muss das Feuer einfach in ihr ausgelöst haben, das sie so hat werden lassen. So viele Dinge hat sie erlebt und sich davon nicht einschüchtern lassen. Der Krieg gegen die Hermunduren, zuvor ihre eigene Flucht von der Amisia nach Britannien, dann der Angriff auf das Dorf dort und ihre Ankunft hier. Sogar der Tod meines Vaters hat sie nicht so aus der Bahn geworfen wie das Feuer hier in der Stadt. Mit dem Feuer scheint irgendwie alles von ihr gegangen zu sein, das sie früher ausgemacht hat. Ich bin ja schon sehr froh, dass ich sie öfter als zuvor an die Luft bekomme und sie nicht gleich verschwindet wenn sich mal zwei oder drei Hausbewohner dazugesellen. Das ist schon ein Erfolg. Aber ich weiß nicht ob es jemals so werden wird wie früher. Ich hoffe es wirklich gern, aber ich will mich auch in keiner trügerischen Hoffnung verrennen. Ich würde es nicht verkraften wenn sie dann doch nicht mehr zu sich zurückfindet.“


    “Das hört sich doch schon ganz gut an. Mein Traummann?“ Nela überlegte und runzelte ihre Stirn dabei etwas. “Dunkelhaarig wäre schön. Groß natürlich auch und Muskeln soll er haben. Er darf schon gern Soldat sein. Wie mein Vater bei der Ala. Ich liebe Pferde. Ich glaube das liegt mir wegen beider Familien so im Blut. Aber ja, Muskeln soll er haben, groß darf er auch sein, und dunkle Haare. Ein freundliches Gesicht sollte er auch haben. Witzig darf er sein und zuvorkommend. Vielleicht sollte er auch ein wenig ruhiger sein als ich, damit er gegen mein manchmal etwas aufschäumendes Temperament halten kann. Ich glaube das wäre ganz gut.“ Nicht, dass er irgendwann schreiend davon lief. Das konnte ja auch noch sein.

    [reserviert]



    Nela war ungewöhnlich spät für einen ihrer Marktbesuche unterwegs. Sonst zog sie doch eher den Vormittag oder die frühe Nachmittagszeit vor. Aber es hatte sie einfach hinaus gezogen. Da ihr kein anderes Ziel einfiel als der Markt, war sie eben dorthin gegangen. Sie hatte zwar gern allein sein wollen und war ohne familiäre Begleitung losgezogen. Um nicht auf dem Markt angesprochen zu werden und damit sie auch keiner erkennen konnte und sie so nicht verpetzt wurde, hatte sie sich ein wenig maskiert. Sie war nicht als Sevilla unterwegs, in ihrem schicken römischen Gewand, sondern hatte sich als einfache Germanin gekleidet. Auch als Nela kleidete sie sich anders. Es war ihr wichtig keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Einfach eine unter vielen zu sein. Ein schlichtes Kleid aus Leinen in hellblauer Farbe, dazu die typischen beiden Gürtel, die das Kleid in Form hielten. An einen der Gürtel hatte sie einen Lederbeutel befestigt, der ein paar Münzen beinhaltete. Ihre Haare trug sie nur von zwei geflochtenen Zöpfen gehalten auf dem Rücken offen. In diese Zöpfe hatte sie breite rote Bänder eingeflochten. So getarnt, konnte sie ohne Begleitung unterwegs sein und würde nicht gleich in Verruf geraten. Damit auch keiner ihrer Familie bemerkt, dass sie fort ist, hatte sie sich durch den Hinterausgang weggeschlichen und war den Weg in die Stadt allein gegangen.


    Ein paar Tage waren seit der Hochzeit von Runa und Curio vergangen. Einige Neuigkeiten waren in der Zeit auf die Familie zugekommen und das Haus wirkte so viel voller als sonst. Nun ließ sie sich die frische Brise um die Nase wehen. Es war noch immer einiges los auf dem Markt, aber schon erheblich weniger als zu ihren sonstigen Besuchszeiten. Sie hatte gedacht es würde inzwischen ruhiger zugehen. Doch dem war nicht so. Nun, da die Tage langsam kurzer wurden, schienen die Menschen noch die letzten Sonnenstrahlen nutzen zu wollen und die Lust zum Einkaufen schien ihnen noch nicht vergangen. Sie besah sich die Stände, schlenderte langsam an ihnen vorbei und fand auch bald einen, der ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Dort lagen Lederarbeiten aus, kleine Schmuckstücke aus Leder und Silber. Eine dieser Arbeiten war ihr sofort ins Auge gefallen. Eben noch hatte sie einen Preis gehört, den der Verkäufer eine römischen Dame genannt hatte. Es war nicht eben günstig gewesen, aber es gefiel ihr so gut, sie würde es auch dafür kaufen. Damit sie aber in ihrer Tarnung nicht auffiel, sprach sie den Mann in germanisch an und prompt wurde ihr ein anderer Preis genannt. Es überraschte sie, aber sie würde sich über den deutlich niedrigeren Preis sicher nicht beschweren. Der Verkäufer bot ihr noch ein weiteres Stück aus seiner Sammlung an, das er bisher nicht ausgelegt hatte. Es war auch schön, aber ob sie es auch kaufen sollte? Sie war sich nicht sicher und das sagte sie auch dem Verkäufer.

    Nela hielt ihr Lächeln aufrecht als die Tiberia ihr zwei Namen aufzählte. Sie überlegte ib sie die beiden getroffen hatte und kannte. Doch sie konnte es nicht sagen. Sie glaubte eher nicht. Die namen sagten ihr was, aber da sie ihnen keine Gesichter zu ordnen konnte, waren sie sich wohl nicht begegnet. "Das ist sehr freundlich von dir, dass du mich in deinem Schreiben erwähnen magst. Ich befürchte aber, dass die Beiden mich eher nicht kennen werden. Ich bin schon einige Jahre hier in Mogonatiacum und habe davor eine lange Zeit auf einem Landgut meines Onkels in Hispania verbracht. Aber falls dich diese Geschichte interessiert, kann ich dir das gern an einem anderen Tag erklären." Es würde den Rahmen jetzt sprengen. Außerdem war Runa die Frau des Tages und nicht sie und ihre Verwandt- oder Bekanntschaft zu dem Familienzweig in Roma.
    Endlich stieg auch Alrik vom Pferd und sie musste nicht mehr ihren Kopf in den Nacken legen um ihn anzusehen. Natürlich nahm auch sie ihren Verwandten in die Arme und erwiderte die Begrüßung. "Was treibt dich denn in den Norden wenn dich der Süden so lange gehalten hat?" Nela war niemand, der innerhalb der Familie auf irgendwelche Stände achtete. Familie war Familie und so ging sie auch mit ihren Verwandten um. Das durfte nun auch ihr weit gereister Vetter erleben. Sie meinte es ja keinesfalls böse. Sie war einfach so.


    Nachdem man sich nun auf Runas Aussehen einschoss, musterte auch Nela die Braut. Am Kleid konnte sie auch nichts erkennen, das dem Zweck entgegenstehen sollte. Sie hatten sich ja schließlich auch viel Mühe gegeben dieses Gewand zu besticken und zu schneidern. Diese Dame aus Roma erkannte also nicht, dass das Kleid bereits das Brautkleid war? Nela blickte nur kurz zu ihr und wandte sich dann an Runa. Auf die Frage mit dem Kleid, würde sie nicht antworten. So etwas fragte man doch eine Braut nicht. "Komm meine Liebe. Wir werden dich wieder herrichten. Einer Braut sollte man nicht ansehen können, dass sie geweint hat. Dann glätten wir das schöne Kleid und dann werden wir auch hoffentlich bald mit den Zeremonien und der Feier weitermachen können." Umziehen... das wäre ja noch schöner. Wieviel Arbeit in diesem schönen Kleid steckte. Sie hatte irgendwie die letzten Wochen nur gestickt und sehr viel Zeit davon für dieses Prachtstück aufgebracht.


    [SIZE=7]/edit: kleine Rechtschreibfehlerchen ausgebessert soweit aufgefallen.[/SIZE]

    Besagter Nela klappte der Unterkiefer herunter als der Besucher sie mit Namen ansprach. Aber nun wusste sie wer der Mann war und sie war mehr als nur überrascht ihn hier vor sich zu sehen. Das Staunen in ihrem Gesicht wich der Freude ihn wiederzusehen. Sie war noch ein Kind gewesen als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. "Tiberia, ich freue mich dich hier bei der Familie deines Mannes als Erste begrüßen zu dürfen. Mein Name ist Demia Sevilla oder Nela." Dann deutete sie auf Runa. "Das ist Duccia Silvana oder Runa. Die Braut." Dann deutete sie auf Alpina. "Das ist Susina Alpina. Eine sehr gute Freundin der Familie." Dann wandte sie sich wieder an ihren Verwandten. "Würdest du dann von deinem Pferd herunterkommen, damit ich dich gebührend drücken kann, Vetter," gab sie dann vorn sich und baute sich erwartungsfroh neben dem Pferd auf.

    Der Wortwechsel zwischen Runa und dem Besucher geschah so schnell, dass es Nela nicht möglich war sich als halbwegs gute Gastgeberin zu präsentieren. Manchmal konnte man wegen äußerer Umstände einfach seiner Aufgabe nicht gerecht werden. Das war wohl einer diese Momente. So verfolgte sie erst Mal das Gespräch. Während sie den Neuankömmling ein wenig musterte, fragte sie sich warum er ihr bekannt vorkam. Sie konnte nicht genau sagen warum das so war. Vielleicht hatte sie ihn Roma mal gesehen? Das musste es sein. Doch ihr wollte partout nicht einfallen warum es so war. "Herzlich Willkommen bei den Duccii," brachte sie noch mit einem kleinen Lächeln hervor und fiel zwar Runa und dem Fremden ins Wort, aber es gehörte sich ja das noch irgendwie anzubringen und lächelte der weiblichen Besucherin auch noch zu. Das Willkommen galt ja beiden. Noch immer stand sie neben der Braut und blickte nun auch zu Alpina. Das war eine wirklich eigenartige Situation. Selten hatte sie sich so unbeholfen gefühlt wie gerade jetzt.

    Ein Häufchen Elend hielt Nela für einige Zeit in den Armen und vor lauter Schluchzen konnte sie hier und da nicht alles richtig verstehen, aber das Wichtigste war ihr zu Ohren gekommen. Der LAPP störte die Zeremonie und so langsam begann ihr hispanisches Temperament zu schäumen. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Innerlich rief sich Nela aber zur Ruhe. Es würde ihrer Verwandten und Freundin nicht helfen wenn sie jetzt anfing zu toben. Sie brauchte ihre Unterstützung. Kurz blickte sie zu Alpina, die bereits ein gutes Argument geliefert hatte warum das Fest gestört worden war. "Vielleicht will er auch nur anwesend sein und wurde aufgehalten und hat deswegen auf diese Art und Weise gebeten zu warten, was zugebenermaßen nicht unbedingt die Höflichste war oder er hat einen besonderen Humor entwickelt." Das traute sie dem Vinicius zwar in dieser Art und Weise nicht zu, aber sie wollte Runa ja aufmuntern. "Ich bin mir sicher, dass du heute heiraten wirst und es wird Curio sein. Ganz bestimmt." Sie drückte noch mal Runas Hand und blickte erneut zu Alpina. Vielleicht fiel dieser ja noch ein plausibler Grund ein.

    Nela kicherte weiter fröhlich vor sich hin. Es war die richtige Entscheidung gewesen, dass sie Dagny um Hilfe gebeten hatte. Sie hatte keine Bedenken gehabt, dass es nicht lustig werden würde, aber so machte sogar das Akkord-Sticken großen Spaß. “Ich bin doch immer reizend und nett und höflich und zuvorkommend und überhaupt niemals nie nicht temperamentvoll.“ Dass das Letzte so nicht stimmte, musste sie keinem sagen. Es war ihr eben eigen, dass sie auch gern mal in die Luft gehen konnte und dann sollte sich jeder in Deckung begeben. Dann konnte es auch mal unangenehm werden. Als Kind war es noch schlimmer gewesen. Jetzt hatte sie es besser unter Kontrolle, aber eben noch nicht ganz abstellen können. Sehr zum Verdruss ihrer Mutter, die es gern gesehen hätte wenn sie sich da mehr zusammennehmen konnte. Irgendwo mussten sich aber ihr anderen Wurzeln ja zeigen. “Ich bereite doch immer gern eine Freude und wenn ich es dir zu Teil werden lassen kann,“ machte sie dann weiter. “Freut es mich doch gleich auch noch mehr.“ Sie kicherte wieder. “Ich glaube so kommen wir nie aus dieser Schleife heraus. Ich bin dir einfach sehr dankbar.“ Und das war sie wirklich. Dann musste sie wieder lachen. “Ich denke den Soldaten unter den Gästen, würde das sicher gefallen. Die haben es doch so mit Blut und den ganzen Sachen.“ Aber für die war es ja nicht gemacht. Es sollte ja den Frauen gefallen. “Ich werde mich bemühen meine Fingerspitze so wenig wie möglich zu treffen.“ Ganz auszuschließen war es ja nicht. Vor Allem wenn man irgendwann müde wurde und noch weiter machen musste. Sie würden es schon schaffen. Gemeinsam waren sie einfach unausstehlich.


    Und der nächste Grund zum Lachen war geliefert worden. “Das glaube ich dir gern. Meiner Mutter hätte es auch nicht gefallen wenn ich das so laut gefragt hätte dass der Mann es mitbekommen hätte. Aber ich kann mir vorstellen, dass es für dich ungewohnt war. In Roma trägt das irgendwie jeder und man kann auch ähnlich den Togae hier und Roma den Stand davon ablesen. Da muss man auch noch drauf achten. Aber das lernt man auch einfach. Vielleicht schaffst du es ja mal nach Roma und ich würde mich als Ortskundige gern für Führungen anbieten.“ Es gefiel ihr natürlich hier und sie war auch gern hier. Aber Roma war eben eine Stadt, in der sie auch einige Jahre verbracht hatte und sie würde sie auch gern mal wiedersehen. “Es ist schwer das zu beschreiben. Hier in Mogontiacum ist ja nun auch nicht wenig los. Vielleicht wenn du dir die Stoßzeiten auf dem Markt vorstellst, wenn wirklich ganz viele Menschen dort sind und man mehr mit geschoben wird denn wirklich allein gehen kann. Das hat man dort irgendwie oft und ständig und dann eben nicht nur auf dem Markt sondern überall im Zentrum der Stadt. Eben dort wo das politische Leben tobt und das zivile genauso. Vielleicht hilft dir das ja ein wenig dir das besser vorzustellen.“ Es war nur all zu verständlich, dass man es erlebt haben musste um es sich wirklich vorzustellen aber vielleicht half das ja etwas. “An die Menschenmassen gewöhnt man sich. Wenn man es eilig hat, nervt es natürlich. Aber sonst lässt man sich einfach mitziehen und schaut wohin man getrieben wird.“ Die Frage nach dem Domus in Roma war eine schwierige. Sie war so selten da gewesen. “Es ist ein schönes Haus, das sich Alrik dort gesucht hat. Wir hatten wohl früher noch ein anderes gehabt, aber verkauft, da sich kein Duccius in Roma aufhielt. Die neue Casa ist auch ganz schön, aber als ich das letzte Mal dort war, war ich noch recht klein gewesen. Wir haben in der Zeit in Roma im Haus der Familie meines Vaters gelebt. Auch ein beeindruckendes Gebäude. Als der Bürgerkrieg dann nach Roma kam, schickte Mutter uns nach Hispania auf das Landgut der Decimii dort. Ehe wir hierher kamen, waren wir zwar noch mal kurz in Roma, aber auch nicht lang genug um Alrik noch mal zu besuchen. Es tut mir leid, ich kann dir daher nicht so viel drüber erzählen.“ Das war die Wahrheit. Sie konnte nicht viel darüber berichten. “Ja, wir haben eine Verabredung. Wir besuchen deine Brüder auf dem Markt und mischen ihren langweiligen Alltag ein wenig auf.“ Und darauf freute sich Nela schon. Das würde sicher lustig werden. Sie hatte auch schon die ein oder andere Eingebung was sie dort anstellen konnten.


    “Ich bin wirklich froh, dass sich die Stimmung gegeben hat. Ich hätte das sonst nicht mehr lange ausgehalten. Meine Mutter ist schon so schrecklich depressiv und dann war da auch noch Runa.“ Sie liebte ihre Mutter über Alles und sie war sehr gen für sie da und versuchte ihr den trüben Tag immer ein wenig farbenfroher zu gestalten oder sie auch mal aus den Haus zu bekommen. Sie eben auch zu beschäftigen. Die Zeit, die sie dann mit Runa oder Dagny verbringen konnte, ließen sie immer abschalten und neue Kraft tanken. Doch in der für Runa schwierigen Zeit hatte sie Baustellen gehabt und die hatten ganz schön an ihren Nerven gezerrt. Es war nicht einfach jemandem zu erklären, dass die Welt gar nicht so schwarz oder dunkelgrau war, wie man sie gerade sah. Den Zwei-Fronten-Krampf hätte sie wohl irgendwann aufgeben müssen. Das hätte sie nicht lange durchgehalten. “Ich mir auch. Dafür ist es jetzt noch viel schöner, dass sie jetzt denjenigen heiraten kann, den sie liebt.“ Das war doch wirklich traumhaft. “Wie soll denn eigentlich dein Traummann aussehen?“ Nela hatte da ziemlich konkrete Vorstellungen von dem Mann entwickelt, den sie gern heiraten wollte.

    Nela hatte sich dazu bereit erklärt die Geschenke der Gäste zu sortieren und vorerst in der Casa zu bleiben. Es war erstaunlicherweise nicht so einfach gewesen wie sie es sich vorgestellt hatte. Der Strom der Besucher schien nicht abzureißen. Jedenfalls hatte sie das Gefühl. Im Eingangsbereich der Hauses stapelten sich langsam die Geschenke nicht mehr nur im übertragenen Sinn. Während sie noch sortierte und versuchte alle gaben so zu verstauen, dass ihnen kein Schaden entstand, hörte sie Stimmen von einer Stelle aus wo sie diese Stimme nicht hören sollte. Nela ließ alles stehen und liegen und lief zu Runa. Als sie diese dann sah, lief sie schnell zu ihr und nahm sie in die Arme. "Runa, meine Liebe. Was ist denn los? Was ist denn passiert?" Ihr Blick ging zu den Umstehenden und hoffte auf eine Erklärung.

    Nela strahlte über das ganze Gesicht. “Das ist doch nur eine Tatsachenbeschreibung,“ erklärte sie kichernd. Dann durfte sie beobachten wie Dagny ihr Tuch, ähnlich einem Händler auf dem Markt, präsentierte. “Du kannst gar nicht glauben welche große Ehre es für mich wäre dieses Geschenk anzunehmen. Es wird einen ganz besonderen Platz bei mir zu Hause erhalten,“ setzte sie dann die Unterhaltung fort und musste sich sehr zusammenzureißen nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. So konnte man sich das Sticken gefallen lassen. So würde das alles gar nicht mehr so langweilig sein wie man es vorher vielleicht hätte meinen können. “Oh ja, das habe ich gesehen. Ganz hervorragend. Das machst du wirklich gut. Ich denke auch, dass wir da keinen weiteren brauchen, wir schaffen das schon gut selbst.“ Davon war Nela wirklich überzeugt. Die drei jungen Frauen waren manchmal schlimmer in ihren Einfällen als jede jungen Bande. Wobei sich ihr Schabernak auch einem ziemlich hohen Niveau bewegte. Außer sie hatten jemanden gefunden über den sie lästern konnten und sie konnten offen darüber sprechen. Ansonsten hatten auch sie die ein oder andere Flause im Kopf und die musste eben ausgelebt werden. Erneut kicherte sie als Dagny meinte, dass ein blutgetränktes Tuch nicht besonders romantisch war. “Meinst du wirklich,“ hakte sie noch mal mit einem breiten Grinsen nach. “Deine Argumente sind wirklich erschlagend. Wir bleiben einfach unter uns.“ Das war ihr so auch viel lieber. Dann konnten sie auch über den ein oder anderen Mann reden, der gar nicht so schlecht aussah oder Schausteller, die sie im Theatrum gesehen hatten oder auf dem Markt.


    Sie nickte als Dagny nachfragte ob es noch wärmer ging als sie es an diesem Tag nun erlebten. “Es wird viel am Morgen und Vormittag erledigt und dann wieder am Abend wenn die Sonne nicht mehr so brennt. Ja, vermutlich ist es auch Gewohnheitssache. Allerdings frage ich mich ob man sich wirklich an eine Toga gewöhnen kann. So viel Stoff, den man da tragen muss und dann die ganzen Falten noch dazu.“ Nela hatte da wirklich ein wenig Mitleid mit den Männern, die sich das Bekleidungsstück immer wieder anziehen mussten. Dagnys Bruder hatte sie nie getroffen und nur gehört, dass er Roma war und dann auch wieder mal wo anders unterwegs war. Die Beschreibung war jedoch keineswegs falsch. “So unrecht hat er gar nicht. Die Straßen sind oft voll mit Menschen und es gibt so viele Insulae dort. Die großen und weitläufigen Casae oder Villae in Roma sind doch eher in der Minderheit. Eher die großen Mietshäuser bestimmen das Bild. Ich weiß nicht genau wie viele Menschen dort in Roma leben, aber man kann sicher denken, dass es unendlich viele sind. Du brauchst auch mindestens einen Tag um die Stadt von einer zur anderen Seite zu durchlaufen. Da gegen ist unser Mogontiacum wirklich klein und übersichtlich und viel luftiger als Roma.“ Kein Ort an dem sie wirklich gern lange bleiben wollte. Hier gefiel es ihr einfach besser. Als sie dann auf Dagnys Brüder zu sprechen kamen, machte sie ein gespielt überraschtes Gesicht. “Sie würden dich tatsächlich vor anderen Kunden einfach rauswerfen?“ Sie musste kichern als sie sich das versuchte vorzustellen. “Dabei sollten sie doch auch zu Kunden freundlich sein, die sie gern ein wenig ärgern wollen. Es könnten ja andere Kunden mal zuhören und das beobachten. Oh, das müssen wir unbedingt mal ausprobieren. Von der Arbeit abhalten können wir sie bestimmt gut.“ Und da ging es schon wieder weiter mit den Flausen. Die kleinen Übergriffe wurden immer gerecht verteilt.


    Es war wirklich unglaublich, dass sich so etwas in ihrem Haus abgespielt hatte und dass die Götter sich den Brautleuten so angenommen hatten. Ihr fiel auch wieder die Unterhaltung ein, die Runa mit Loki geführt hatte oder auch nicht geführt hatte. Ganz sicher war sie sich da noch nicht was sie an diesem Abend gehört hatte. “Die Götter scheinen den beiden wohl einen gemeinsamen Weg zugedacht zu haben und nachdem Phelan das nicht so sehen wollte, mussten sie wohl irgendwann zu drastischen Maßnahmen greifen. Es war ja stellenweise wirklich nicht mehr lustig hier. Das Haus hatte einige Tage, wenn nicht sogar Wochen lang eine wirklich gespenstische Atmosphäre ausgestrahlt.“ Es hatten sich ja alle viel Mühe gegeben Runa aufzuheitern oder sie irgendwie aus dem Zimmer zu bekommen. Bis zu jenem Tag an dem sie einfach weglaufen wollte und Nela ihr am Abend einfach nachgejagt war. Sie Übernachtung im Freien war nur teilweise spaßig gewesen. “Aber ja, sie scheint wirklich einen besonderen Draht zu den Göttern zu haben.“

    "Ach Dagny, du glaubst gar nicht wie sehr ich deine Gesellschaft zu schätzen weiß und sie ist mir um einiges lieber als eine vielleicht akkurat gestickte Kornblume. Ich möchte nicht neben dem Sticken auch noch die leichter Konversation üben müssen. Danach sind die Tücher mit Blut getränkt weil ich vor lauter Aufregung keine Konzentration mehr für die Stickarbeit aufbringen kann sondern sie komplett in das Unterhalten von Damenkränzen investieren muss." Nichts war langweiliger als genau das üben zu müssen. Da waren ihr die Stunden mit dem Hispanischlehrer noch tausend Mal lieber als sich in langweiligen Unterhaltungen ergehen zu müssen. Nela lächelte ihre Verwandte an. "Aber wenn du so großen Wert darauf legst, können wir sie ja holen und auf ihre Gesellschaft bestehen." Die junge Decima wusste, dass Dagny darauf genauso wenig Lust hatte wie sie selbst. "Sie würde zwar die Blumen genau stechen können, aber wir würden vor Langeweile eingehen. Dann zaubern wir doch lieber ganz individuelle Interpretationen der Blumen und jeder bekommt ein Unikat." Also wenn das keine Verkaufsstrategie war. Nela grinste breit. Mann musste es doch nur richtig begründen und schon war es ganz logisch und die Gäste würden sich auch über nicht ganz gelungene Arbeiten riesig freuen. "Ach, du machst dich schlechter als du bist oder mich besser als ich es bin. Du weißt doch mit viel Eifer und wenig Geschick." Nela nickte als ihre Gesellschaft sich für das Sticken des ganzen Arrangements entschied.


    "Oh, das ist ein guter Vorschlag. Wir finden bestimmt etwas ganz Besonderes für sie." Sie versuchte sich noch an die ganzen Auslagen zu erinnern und ob ihr da irgendetwas aufgefallen war. "Es stimmt. Im Moment ist es wirklich nirgendwo so richtig auszuhalten und schon gar nicht in der Stadt. Wobei es hier noch halbwegs angenehm ist. Roma war schrecklich und in Hispania war es manchmal auch kaum auszuhalten." Nela hatte ja schon ein paar Orte für längere Zeit bewohnt und konnte da aus dem Nähkästchen plaudern. "Willst du sie dir die ganze Auslage zeigen lassen und dann doch nichts kaufen oder nur das letzte Stück?" Sie hatte das selbst schon mal gemacht, wenn ein Händler ihr blöd gekommen war und sie gerade Lust hatte ihn zu ärgern. Dann konnte dieser alles wieder aufräumen und da er etwas verkaufen wollte, musste er ja höflich bleiben. "Also das ist wirklich eine sehr eigenartige Geschichte," begann Nela die Geschichte zu erzählen, die sie von Runa gehört hatte. Der Haustratsch hatte ja doch das ein oder mehr noch zu berichten gewusst als Nela aus Runa herausbekommen hatte. "Die Götter hatten wohl die Gebete von Runa und Curio vernommen und Phelan ein Zeichen gesandt und dann konnte er nicht mehr anders als der Heirat zuzustimmen." Sie musste an den Moment denken als Runa in ihr Zimmer gestürmt gekommen war und ihr davon berichtet hatte. "Ich habe gehört, dass eine Taube wohl ein Schreiben ihres Vaters an einen potentiellen Heiratskandidaten vollkommen verschmiert hatte." Aber das hatte sie nur gehört.


    Sim-Off:

    Ich denke, das ist kein Problem. Das weiß bestimmt irgendwie jeder oder hats wenigstens von irgendwem gehört. :)

    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/villaduccia/villa_saeulengaenge_klein.png]



    Es war ein besonders warmer Tag. Wenn man schon nur einen Gedanken daran verschwendete sich zu bewegen, brach einem der Schweiß aus. Also war man versucht sich so wenig wie möglich zu bewegen. Aber angesichts der ganzen Arbeit, die aufgrund der bevorstehenden Hochzeit von Runa und Curio zu bewältigen war, blieb wenig Zeit sich nicht zu bewegen. Es mussten viele Dinge erledigt werden. Nela hatte die Verantwortung für die Dekoration übernommen und auch für die Gastgeschenke der Damen. Gemeinsam mit Dagny wollte sie die Tücher besticken, die die Damen erhalten sollten. Wenn dann noch Zeit war, würden sie eine Borte für die Bierkaraffen weben, die die Herren erhalten sollten. "Ich bin dir wirklich dankbar, dass du mich bei meinem verrückten Einfall unterstützt. Allein würde ich wohl wahnsinnig werden." Dass sie nicht immer nur gute Einfälle hatte zeigte wohl auch dieses Vorhaben. Sie hatten einiges zu tun. "Hast du eigentlich schon den neuen Schmuckstand auf dem Markt gesehen? Er hat wirklich schöne Stücke. Allerdings hat er dieses Mal nicht meine Farben dabei." Sie hatte am Morgen Marga bei den Einkäufen geholfen und einen kurzen Blick darauf werfen können. Inzwischen hatte sie sich mit einem Tuch bewaffnet und einen blauen Faden in ihre Nadel gefädelt. "Was meinst du was besser ist. Wenn einer die Kornblume stickt und das Tuch dann weiter gibt und der andere die Margerite stickt oder sollen wir einfach beide Beides machen?" Sie sah Dagny an und wartete auf deren Meinung zu ihrem Plan.

    "Überlasse sie ihnen aber nicht ganz allein. Sonst haben wir auf der Feier nur lauter alte Kerle mit ihren Frauen. Da muss doch auch was Junges dazwischen kommen." Nela grinste übers ganze Gesicht. "Lästern geht mit denen dann so schlecht." Irgendwo musste ja auch für entsprechende Unterhaltung gesorgt werden. "Das wird für Curio ud seine Familie vermutlich ein kleiner Schock werden. Die Riten sind ihnen vielleicht noch gar nicht bekannt und dann kommt dein Vater daher und erklärt es ihnen." Sie konnte sich vorstellen, dass es vielleicht noch die ein oder andere Unstimmigkeit geben konnte. Aber sie hatten alle ihre Dickschädel und an der Durchsetzung dieser Riten hatte sie keinen Zweifel. "Vielleicht sollten wir für die nächsten zwei oder drei Tage sämtliche Äxte des Hauses verstecken, damit es da nicht aus Versehen ein Problem geben könnte." Weiter dachte Nela dann nicht mehr darüber nach. War vermutlich auch besser so. Runa sollte sich freuen und keine Angst kriegen. "Ja, natürlich. Das machen wir gemeinsam. Wir können uns dann ja schon mal Gedanken machen was du gern aufgestickt haben möchtest. Es wird ein wunderschönes Kleid werden." Ihre Verwandte freute sich riesig und sie konnte es wirklich verstehen. So würde sie sich sicher auch freuen wenn sie irgendwann mal den Mann heiraten durfte, den sie liebte. "Ja, du wirst heiraten. Das ist so schön."

    "Ja, das ist es wirklich." Nela freute sich für ihre Verwandte wirklich sehr. "Natürlich helfe ich dir." Sofort begann ihr Kopf zu arbeiten. "Ich habe noch nicht geheiratet, ich weiß es nicht. Aber ich denke mal, dass ihr eine Gästeliste machen müsst. Da solltest du auch noch mit deinem Vater sprechen damit sich da keiner aufregen kann weil er vergessen wurde. Dann müsst ihr wissen wie und wo solche Dinge." Ihr Kopf arbeitete schon weiter als Runa sie vollkommen aus dem Konzept brachte. "Mit einer Axt will er nachhelfen?" Nela sah einen Moment völlig verdattert drein. Dann fiel ihr auf, dass es ein Scherz gewesen sein musste und sie lachte. "ich glaube nicht, dass die Axt nötig sein wird. Das wird sicher ohne gehen." Dann waren ihre Gedanken wieder beim Kleid. "Soll es denn ein Kleid aus dem blauen Stoff von letztens werden? Dann müssen wir uns aber wirklich ranhalten. Da ist einiges zu tun." Wenn es noch Zeit gab, wollte sie dieses noch besticken, damit es noch schöner aussah.

    Ehe sie es sich versah, hatte ihre Verwandte sie in die Arme gezogen und kräftig gedrückt. Bestimmt war sie schon leicht blau angelaufen als diese sie wieder etwas aus der Umarmung entließ. Dann sprudelten aber die Worte nur noch so aus ihr heraus. Sie hörte zu erst Heirat und dann Schwester. Heirat und Curio wurde ihr dann klar. Das überraschte Gesicht wich einem Freudigen. Ein lautes Juchzen und Quietschen war dann zu hören als sie mir Runa im Kreis herum tanzte weil sie sich von der Freude anstecken ließ. "Das ist wunderbar. Ich gratuliere dir." Was hatte Nela ihr nicht immer wieder gesagt? "Siehst du. Ich habs dir doch gesagt. Es wird alles gut." Die Freude wurde noch etwas weiter ausgekostet. Dann sah sie Runa aber streng an. "Er wäre ein wirklich großer Trottel wenn er dich nicht heiraten würde. Wirklich. Das wird er bestimmt noch wollen. Warum sollte er das auch nicht?" Dann griff sie Runa wieder bei den Händen und tanzte mit ihr weiter laut lachend im Kreis herum. "Du wirst Curio heiraten. Das ist doch toll und dann gibt es auch noch ein weiteres Kind im Haus. Das ist toll."

    Ihre Mutter hatte sich in den Garten zurückgezogen. Sie wollte allein sein. Sie ließ sie nur ungern allein, aber schließlich ging ihre Mutter von ganz allein nach draußen und das Vorhaben wollte sie nicht im Keim ersticken. Sie hatte sich mit einer Stickarbeit in einen der Korbsessel zurückgezogen. Sie wollte gern den Stoff für ihr Kleid mit eigenen Stickereien verzieren und daran saß sie nun schon einige Tage und Wochen. Angefangen hatte sie damit als sie sich begann Fusseln an den Mund zu reden um Runa irgendwie aus dem Zimmer zu bekommen. Aber das war ihr nicht geglückt und so hatte sie dann angefangen zu sticken. Nun jedoch hallte Runas Stimme durch die Flure und ehe sie sich aus dem Stoff herausgeschält hatte, klopfte es schon an die Tür. "Runa, komm herein, Mutter ist draußen unterwegs." Inzwischen hatte sie die Tür geöffnet und sah sich eine vor Freude überschäumenden Verwandten gegenüber. Was genau stimmte an dem Bild nicht? Eben! Woher kam die Freude? "Was ist denn los?" Inzwischen hatte sie die Tür hinter Runa geschlossen. Verdutzt wartete sie nun auf eine Erklärung.

    "Schmuck, wir brauchen noch Schmuck, aber den können wir uns auch beim nächsten Mal holen." Sie hatten ja schon genug Geld für einen Tag ausgegeben. Doch gleich nach Hause ging es noch nicht. Sie suchten noch eine der Garküchen auf und tranken dort noch ein Bier und aßen etwas. Nach dem anstrengenden Einkauf musste der Geist und auch der Körper noch gestärkt werden. Erst als das passiert war, gingen sie nach Hause und auf dem Weg dorthin hatten sie noch ausreichend Futter für die grausigsten Aufzüge des Tages.