Und damit hatte Dagny recht. Es fiel ihnen immer etwas ein und das war das Tolle. Langeweile kam einfach gar nicht erst auf. Und die eigentlich langweilige Stickarbeit war schon gar nicht mehr so schlimm und dass allein nur weil sie sich unterhielten. “Ich würde es mit einem Speer versuchen. Das kann man leicht erkennen und sticken.“ Das war nicht böse gemeint oder sollte abwertend klingen. Sie wollte Dagny nur helfen, damit ihr Bruder sich nicht am Ende vielleicht über sie lustig machen konnte weil der Helm nicht gelungen ist. “Ich würde es damit jedenfalls zu erst versuchen. Dann kannst du ihm das mit deinem nächsten Brief mitschicken.“ Die blaue Blüte war endlich auf ihrem Tuch erblüht und sie konnte sich nun der anderen widmen.
„Ja, den frischen Wind werden wir auf jeden Fall rein bringen. Daran habe ich keinen Zweifel.“ Als sie dann über Dagnys Schwester sprachen, kam ihr noch eine kleine Idee. “Dann müssen wir nur Eldrid fragen und sie wird uns sagen können wo mir nicht viel kaputt machen können wenn wir Roma stürmen.“ Es war wirklich viel zu tun, da war es wohl nicht verwunderlich, dass das Schreiben ein wenig in den Hintergrund trat. “Sehr gern. Ich bin gespannt wie es ihr in der großen Stadt gefällt und ergehen mag. Roma ist kein einfaches Pflaster in politischen Belangen und manchmal gleicht es einem Lauf über frisch gemähtes Getreidefeld.“ Wer schon mal über die Stoppeln barfuß gelaufen war, wusste wie sehr das schmerzen konnte. Und was sie wusste und was sie gehört hatte, war das in Roma nur stellenweise besser. „Das ist vermutlich das Bestreben einer jeden Mutter alles Schlechte von seinen Kindern fernzuhalten.“ Sie würde das wahrscheinlich auch versuchen. “Aber wir haben dennoch mitbekommen, dass die Menschen in der Stadt Angst hatten und nicht wussten was passieren würde. Auch haben wir Ohren gehabt und selbst als wir in Hispania waren, wurde genug geredet. Wir hatten Angst um Mutter gehabt bis wir einen Brief von ihr bekommen haben und sie uns erzählte, dass alles gut wäre und Alrik jetzt auch in der Stadt. Damals kannten wir ihn noch nicht.“ Das hatten sie erst nachgeholt als sie wieder in Roma waren und die Stadt wieder als sicher galt.
Nela lächelte als Dagny ihre Hand drückte. Es tat so gut zu wissen, dass andere mit ihr mitfühlten. “Ich glaube sie meidet den Kontakt zu anderen Menschen so sehr weil sie nicht will, dass diese sie fragen was mit ihr los ist. Sie hatte mal erzählt, dass sie immer als starke Frau galt und sie nichts aus der Ruhe bringen konnte. Nun ist sie nicht mehr so stark und sie braucht Hilfe, aber sie will nicht, dass Andere sehen, dass sie eben nicht mehr so stark ist. Wenn man das außer Acht lässt und einfach normal mit ihr umgeht, geht es eigentlich ganz gut. Es würde sie sicher freuen wenn du mal mit ihr hinausgehst und wenn du eine Frage hast oder ein Problem und sie um Rat bittest, dann freut sie sich noch mehr. Sie mag das Gefühl gebraucht zu werden oder wenn du Nachhilfe in Geschichte haben möchtest. Allerdings muss ich dich da warnen. Sie sprudelt dann wie eine Fontäne. Sie hat ja auch schon eine Menge erlebt.“ Das war so eine Gefahr wenn man ihr Mutter zu geschichtlichen Dingen befragte. Sie wusste sehr viel und sie redete dann auch sehr viel. Sie störte es nicht, andere könnte es vielleicht verschrecken. “Also wenn du es gern möchtest, dann nur zu. Es ist sicher gut wenn sie da auch ein wenig Abwechslung hat.“ Und es würde ihr auch mal ein wenig Zeit verschaffen. Sie mochte ihre Mutter sehr, aber es zehrte manchmal auch an ihren Nerven.
„Ich glaube das können wir uns sparen. Bisher ist mir da noch nichts aufgefallen wenn wir in der Stadt waren,“ berichtete Nela mit einem breiten Grinsen im Gesicht. “Aber ja, das hört sich wohl ganz danach an.“ Leise seufzte sie. “Aber ich bin realistisch genug um zu wissen, dass ich das wohl nicht kriegen werde. Aber träumen darf man ja.“ Und das tat sie hin und wieder. “Nein, ich habe Niemanden im Sinn. Bisher ist mir keiner begegnet, der auch nur annähernd an diese Vorstellung herankommt.“ Sie lächelte wieder und betrachtete die zweite Blüte, die so langsam Formen annahm. “Ich glaube auch nicht, dass meiner Mutter es gefallen würde wenn ich einen Mann des Militärs eheliche.“ Die Gefahren kannte jeder wohl nur zu gut, der jemanden in der Familie hatte oder jemanden kannte, der jemanden kannte. “Aber wer will schon ein unaufgeregtes Leben leben. Ich glaube ich nicht. Ein wenig Spaß und Aufregung darf es doch schon geben. Sonst wird es so schnell langweilig.“ Ihr Lächeln wurde breiter und eine Spur geheimnisvoll und verschwörerisch. Sie zwinkerte Dagny sogar zu. “Ich nicht. Ich brauche etwas Unterhaltung. Dann fiel ihr noch etwas ein. “Morgen sollen ein paar Sänger auf dem Markt aufspielen. Wenn wir etwas Zeit finden, würdest du mich dorthin begleiten wollen? Vielleicht findet Runa ja auch etwas Zeit dafür."