Beiträge von Duccia Valentina

    Hallo Zusammen,

    ich habe mich mit der Entscheidung schwer getan, aber es führt leider kein Weg dran vorbei: Ich werde meine Charaktere erstmal ins Exil schicken. Ich bin mal kurz da und dann habe ich wieder wochenlang RL-Stress und komme nicht dazu, reinzuschauen - das bringt es nicht und ist auch den Mitspielern gegenüber nicht fair. Deshalb bitte Duccia Valentina und Tariq erstmal ins Exil verfrachten. Wenn ich wieder mehr Zeit haben sollte, komme ich gerne zurück, aber wann das sein wird, ist derzeit nicht abzusehen. Danke für die nette Aufnahme und Betreuung - und Euch weiterhin viel Spaß hier.

    Vale bene, Valentina

    Dagny lächelte leicht, als Leif nach Skrymir einen Grauschimmel herausführte, von dem sie geahnt hatte, dass er Sabaccos Interesse wecken würde. „Das ist Gymir, benannt nach dem Meer, da sein Fell an die unstete See und ihr wechselhaftes Wetter erinnert. Seinen Charakter spiegelt diese Beschreibung allerdings nicht wieder … er ist recht genügsam und hat ein ausgeglichenes Temperament.“ Dagny nickte Leif zu, damit dieser die beiden Hengste, wie von Sabacco gewünscht, ein wenig laufen ließ. „Wenn du möchtest, kannst du auch mal aufsitzen.“ Leif hatte für den Fall bereits Sättel und Zaumzeug bereitgelegt.


    Dagny betrachtete den Lauf der Pferde – und vergaß darüber fast ihre Besucher. Sie liebte den Anblick von Pferden in Bewegung, dieses Bild symbolisierte für sie mehr als jedes andere – mit der Ausnahme vielleicht von Vogelschwärmen, die aus dem Norden Richtung Süden aufbrachen und im Frühjahr dann zurückkehrten, die Freiheit. Und wie jedes Mal war sie froh, dass ihre Familie nicht dem Denken der Römer folgte, demzufolge Frauen auf Pferderücken nichts verloren hatten.


    Nur mit halbem Ohr hörte sie zu, wie Cimber mit Hadamar und Leif über Pferde bei der Ala sprach – und Cimber berichtete, dass seine Familie in Kappadokien vom Pech ereilt worden war. Das brachte sie wieder ins Hier und Jetzt, denn sie verspürte Mitleid mit den Umbreniern. Das verlorene Geld war eine Sache, die viele Arbeit, die man in die Ausbildung der Tiere gesteckt hatte und die Verbindung, auf diese Weise zwangsläufig zustande kam, eine andere. „Das tut mir leid, Umbrenus, ich bin sicher, dass du hier zumindest einige Tiere findest, um das Gestüt wieder etwas aufzustocken. Suchst du etwas Konkretes, Hengste, Stuten, Fohlen, ausgebildete Tiere, Zuchttiere? Oder möchtest du erstmal durch die Stallungen gehen und schauen?“ Natürlich könnten sie die Tiere auch herausholen lassen, wie für Sabacco, aber dazu müsste sie erstmal wissen, was genau er sehen wollte.


    „Nur schlendernde Tiere haben wir leider nicht …“, ergänzte sie noch mit einem leichten Grinsen, welches signalisierte, dass sie sehr wohl zugehört hatte, auch als es so gewirkt hatte, als sei dem nicht so.


    Sim-Off:

    Sorry für die lange Abwesenheit :(

    Dagny blickte auf die graue Wasserfläche, die völlig still dalag. Wenn man nicht genau hinsah, könnte man sich einbilden, dass sie bereits zugefroren sei. Dagny fand es schade, dass sie es nicht war, denn sie wäre gerne halb laufend, halb schlitternd genau zur Mitte des Sees gelangt wie sie es als Kind öfters getan hatte. Dann war sie sich immer vorgekommen, als stünde sie am Mittelpunkt des Universums, weit weg von den Bäumen und doch irgendwie im Zentrum des Waldes, im Blick von allem und gleichzeitig alles im Blick. Als sie nun die stumme Wand aus kahlen Baumstämmen anblickte, vermeinte sie, etwas Bedrohliches zu spüren. Das mochte Einbildung sein, Dagny hatte trotz ihrer zweifelsfrei lebhaften Fantasie nie zu den Menschen gehört, die sich eines übernatürlichen Gespürs rühmten. Vielleicht war es der Gerüchteküche geschuldet, die nicht aufhören wollte zu brodeln, und aus der es hieß, der nun mehrere Jahre anhaltende Frieden sei dabei, empfindliche Risse zu bekommen.


    Dagny wandte sich von den Bäumen ab und Hadamar zu. Genau wie er saß sie ab und ging zum Ufer hinunter, so nahe, dass ihre Stiefelspitzen beinahe das Wasser berührten. Als Hadamar schließlich den Grund seines Hierseins am See erklärte, blickte sie überrascht auf. Sollte das jetzt eine Fortführung des Gespräches von eben sein? Dann wäre das schneller gegangen, als sie es sich ausgemalt hatte. Dann lächelte sie, als er den Ort selbst erwähnte und seine Erinnerungen, die damit verknüpft waren. „Natürlich erinnere ich mich. Du sagtest, ich wäre ein Naturtalent, dabei habe ich so viel Wasser geschluckt, dass es an ein Wunder grenzt, dass der See überhaupt noch Wasser führt.“ Sie zwinkerte ihm zu. Natürlich übertrieb sie. Sie war damals sehr stolz auf sich selbst gewesen, wie gut sie doch schwimmen konnte, aber mit den Jahren hatte sie immer stärker geargwöhnt, dass Hadamar damals ein wenig nachgeholfen hatte. Was den Lernprozess vermutlich ziemlich beschleunigt hatte. „Aber letztendlich hat es mir viele schöne Sommer beschert, die ich im See verbringen konnte und nicht bloß an seinen Ufern.“ Wieder blickte sie auf die stumme Wasseroberfläche, die im Winter so anders war als im Sommer, jede auf ihre Art schön. „Eigentlich schade, dass der See keinen Namen hat. Ich finde, er sollte einen haben …“


    Kurz überlegte sie, einen abrupten Themenwechsel vorzunehmen und ihn auf die Kriegsgerüchte anzusprechen, aber im Grunde hatte sie das bereits auf dem Weg zum Gestüt gemacht und keine sonderlich aufschlussreiche Antwort erhalten. Vielleicht, weil Hadamar wirklich nicht viel wusste, so lange war er auch noch nicht hier. Und wenn er etwas wüsste, würde er kaum mit ihr darüber sprechen. Dagny unterdrückte ein Seufzen. Sie fragte sich, warum Männer immer meinten, das hätte sie nicht zu interessieren. Immerhin würde sie im Zweifelsfall die Konsequenzen genauso zu spüren bekommen. „Wie lange bist du eigentlich noch bei der Legio? Es kommt mir so vor, als wärst du schon sehr lange dabei.“ Vielleicht waren die Jahre, die er abzuleisten hatte, demnächst rum. „Und hast du Pläne für die Zeit danach?“

    Sabacco und Cimber waren angekommen – und kurz bevor Dagny zu ihnen gehen und sie begrüßen konnte, traf auch Hadamar auf den letzten Drücker ein. Dagny verkniff es sich, die Fäuste in die Hüften zu stemmen und ihrem Bruder einen vielsagenden Blick zuzuwerfen. Sie hatte gehofft, dass er vor den beiden Gästen kam, damit sie sich noch kurz austauschen konnten. Aber da die beiden nun ebenfalls anwesend waren, war jetzt wohl nicht der rechte Zeitpunkt, um ihm dafür den Kopf zu waschen.


    „Salve Matinius, salve Umbrenus, freut mich, dass ihr da seid“, grüßte sie die potentiellen Käufer lächelnd, dann erwiderte sie Hadamars Umarmung. „Und du auch, Bruderherz“, fügte sie in einem etwas undeutbaren Tonfall hinzu. Sie beobachtete die herzliche Begrüßung zwischen Hadamar und Cimber und meinte dann lächelnd zu seinen letzten Worten: „Mmh, die Beschreibung des Pferdes, das du dir für deinen Onkel vorstellen kannst, trifft ziemlich genau auf Skrymir zu, den wir eigentlich Matinius Sabacco anbieten wollten.“


    Damit führte sie die drei Männer zu den Stallungen, bei denen Leif bereits mit den Pferden wartete. Eines davon war ein sehr großer und stabiler Hengst mit dunkelbraunem Fell. Dagny wies mit einem Kopfnicken in seine Richtung und signalisierte Leif unauffällig, ihn ein Stück nach vorn zu führen.

    Dagny konnte Hadamar den inneren Kampf ansehen, vermeinte die Worte zu vernehmen, um die er rang – nur um dann dem Thema zumindest vorerst ein Ende zu setzen. Möglicherweise lag es an diesem Ort, der nicht der richtige war, um über diese Dinge zu reden, daran, dass ihre Mutter jederzeit hereinkommen könnte und sie beide wussten, dass es dann zwangsläufig zum Themenwechsel kommen würde. Neutral betrachtet suggerierten seine Worte eine spätere Wiederaufnahme des Gesprächs, das Versprechen, das nachzuholen, was sie all die Jahre nicht hatten haben können. Ein kleiner Teil von Dagny hörte aus den eigentlich wohlmeinenden Worten jedoch auch etwas heraus, das sie noch aus ihrer Kindheit kannte: Das Verschieben eines Gesprächs auf einen undefinierten späteren Zeitpunkt, der dann letztendlich nicht immer eintrat. Immer dann, wenn man gefunden hatte, dass sie bestimmte Dinge nichts angingen, sie für zu jung erachtete oder ihre Fragen aus welchen anderen Gründen auch immer nicht beantworten konnte oder wollte.


    Sie nickte ihrem Bruder mit einem leichten Lächeln schließlich zu, da sie nicht wusste, was sie erwidern sollte. Sie wusste schlicht nicht, ob er das Gespräch später fortsetzen wollte oder was er eigentlich nachholen wollte. Oder ob es nur ein Wegschieben des Themas war. Sie wusste auch nicht, ob sie solche Gespräche einfordern oder verlangen konnte von einem Bruder, der lange fort gewesen war und von dem sie viele Jahre trennte. Sie konnten nicht einfach dort einhaken, wo sie auseinandergegangen waren, weil … sie sich beide verändert hatten. Ihre vormalige Beziehung war die zwischen einem Bruder und seiner kindlichen Schwester gewesen. In dieser hatte sie ihm bedingungslos vertraut, zu ihm aufgeblickt und ihm bedenkenlos alles erzählt, was ihr gerade durch den Kopf ging, weil man als Kind seine Worte eben nicht abwägt. Aber jetzt war sie kein Kind mehr – und konnte mit ihm auch nicht mehr so reden, wie sie es als Kind getan hatte. Das war eigentlich logisch, fühlte sich für sie jedoch seltsam an. Für ihn vermutlich auch.


    Insofern war sie ganz froh, dass ihre Mutter wieder hereinkam und es um Essen und andere Dinge ging. Endlich erzählte Hadamar nun auch von Cappadocia und wie es dort gewesen war. Darüber vergaß Dagny ihre Gedanken tatsächlich und ihre Augen begannen zu leuchten, als sie sich all die Dinge vorstellte, die er dort gesehen und erlebt hatte. Es war eine andere Welt und wie immer, wenn sie so etwas hörte, wurde sie ein bisschen wehmütig. Sie liebte ihre Heimat und ihr war klar, dass sie sie wahrscheinlich nicht verlassen würde. Sie wollte auch eigentlich nicht, aber ein Teil von ihr wünschte sich durchaus, zu reisen und all die Dinge zu sehen, die sie nur aus Erzählungen kannte.


    Nach dem Essen verabschiedeten sie sich von ihrer Mutter. Dagny ging zuerst nach draußen. Einmal, um schnell wegzukommen, ehe ihre Mutter auf die Idee kam, ihr Essen mitzugeben und natürlich, um ihr und Hadamar ein bisschen Zeit zu gönnen. Sie holte die Pferde, die sie untergestellt hatten und irgendwann waren sie schließlich unterwegs zum See. Den Weg kannte Dagny fast im Schlaf, so oft hatte sie ihn schon zurückgelegt. Gerade im Sommer war sie oft dort gewesen, es war eine Art Fluchtpunkt, wenn man mal seine Ruhe haben wollte. Im letzten Jahr hatte sich das allerdings geändert. Einmal, weil es so viele andere Dinge gegeben hatte, die das Leben der Familie in Aufruhr versetzt hatte, aber auch, weil Gerüchte über Unruhen bei den freien Stämmen die Runde gemacht hatten – und sie dann nicht allein der Gegend herumlaufen sollte. So betrachtete sie also die kahlen Bäume am Wegesrand, den leeren stillen Winterwald und fragte sich, ob dies wirklich die Ruhe vor dem Sturm war. Am Horizont wurde bereits die graue Oberfläche des Sees sichtbar. Nachdem sie den Großteil des – zugegebenermaßen kurzen – Rittes schweigend zurückgelegt hatten, jeder in seine eigenen Gedanken versunken, ergriff Dagny wieder das Wort. „Es ist doch eigentlich ganz gut gelaufen nachdem die erste Überraschung überwunden war. Ich denke, sie freut sich, dich nun öfter zu sehen.“ Und dann: „Wieso wolltest du eigentlich zum See?“

    Einige Wochen waren seit dem Julfest im Hause der Duccier ins Land gegangen. Es hatte Schneefälle gegeben und zwischendurch einige wärmere Tage, die den Schnee wieder etwas antauen ließen. Heute war einer dieser Tage und Dagny spürte die Sehnsucht nach dem Frühling in sich aufkeimen – so wie jene Pflanzen, die sich als erste einen Weg durch die Schneedecke bahnen. Auch wenn der Winter noch nicht vorbei war, würde es nun hoffentlich nicht mehr lange dauern, bis er es wäre.


    Dagny war auf dem Weg zu den Ställen, denn für heute hatten sich die beiden Soldaten angekündigt, die auf dem Julfest Interesse für die duccischen Pferde gezeigt hatten: Matinius Sabaco und Umbrenus Cimber. Hadamar hatte versprochen, vorbeizuschauen, weil er derjenige gewesen war, der Cimber eingeladen hatte – und es außerdem besser war, wenn ein männliches Mitglied der Familie anwesend wäre. Zwar hatten weder Sabaco noch Cimber den Eindruck erweckt, ihre Expertise nicht ernst zu nehmen, aber Dagny wollte auf Nummer Sicher gehen. Rhaban und Iring waren beide heute nicht da, also musste Hadamar herhalten, zudem hatte er den Vorteil, dass er die beiden potentiellen Käufer beziehungsweise Geschäftspartner schon kennengelernt hatte.


    Als sie die Stallungen erreichte, war nur Leif schon anwesend und hatte begonnen, einige der Tiere, die infrage kämen, nach draußen zu bringen. Unter ihnen war der von Dagny vorgeschlagene braunschwarze Hengst Skrymir. Einen Grauschimmel gab es ebenfalls, allerdings war dieser noch nicht fertig ausgebildet. Die Entscheidung, ob Sabaco ihm selbst den letzten Feinschliff verpassen, mit dem Kauf noch ein wenig warten oder doch ein anderes Tier kaufen wollte, würde diesem selbst überlassen bleiben.

    Hadamars Lächeln erlosch. So wie das Sonnenlicht erlöscht, wenn sich eine Wolke davor schiebt und man den Eindruck hat, dass die Farben der Welt verblassen und die Kälte anfängt, in die Kleider zu kriechen. Am meisten bedauerte sie es, dass sie der Wind gewesen war, der die Wolke geschoben hatte. Eigentlich wollte sie ihn zum Lachen bringen, so wie er sie einst zum Lachen gebracht hatte, als sie noch ein Kind gewesen war. Seine unerwartete Ankunft hatte den Schleier der Trauer und Melancholie, der über der Familie gelegen hatte, ein wenig gelüftet – und auch ihr selbst das Gefühl gegeben, dass man zwar zurückschauen durfte, aber trotzdem vorwärts gehen sollte. Sie blickte in sein Gesicht, sah, wie er vermutlich schon tausendfach zurückgehaltene Worte wieder in seinem Inneren verschloss und fragte sich, wie es wohl für ihn gewesen sein musste, als er die Nachrichten vom Tod der Schwester und des Familienoberhauptes erhielt. Ganz allein, fern der Heimat. Dagny hatte die Trauer der anderen oft schwer erträglich gefunden, hatte sich gewünscht, es wäre jemand da, der nicht selbst betroffen war und ihr Trost spenden konnte. Aber letztendlich war es doch geteiltes Leid gewesen. Das wurde ihr zum ersten Mal richtig bewusst. „Ich wünschte auch, du wärst da gewesen. Aber nicht nur unseretwegen, auch deinetwegen. Niemand sollte mit so etwas allein sein.“


    Das Gespräch wandte sich wieder anderen, leichteren Dingen zu und ihre Mutter kam herein mit etwas, das noch nicht einmal mit gutem Willen als kleine Vorspeise bezeichnet werden konnte. Aber sie wirkte wieder gefasster, fast fröhlich, also begnügte Dagny sich mit einem vielsagenden Blick auf die Speisenvielfalt und einer hochgezogenen Braue, die Iska gerne ignorieren konnte – und es natürlich auch tat. Genauso, wie sie ihren Teller ignorierte, der vor ihr platziert wurde und stattdessen dafür sorgte, dass der Teller ihres Sohnes gut gefüllt war. Dagny nahm sich ein Stück Brot und knabberte daran. „Wir können nachher gerne noch zum See gehen“, antwortete sie Hadamar und ignorierte das leichte Kopfschütteln ihrer Mutter. „Was wollt ihr denn da? Da ist doch nichts um diese Jahreszeit …“ „Doch, Wasser“, widersprach Dagny. „Hadamar war in einem Land, in dem selbst der Schnee trocken ist.“ Ihre Worte hatten die erhoffte Wirkung und weckten die Neugier ihrer Mutter auf Geschichten aus dem fernen Orient. Jetzt würde Hadamar auch nicht mehr so schnell auskommen und hatte keine andere Wahl, als ihnen etwas zu erzählen – dafür würde Dagny schon sorgen. Irgendwann kam Alwina mit einem deftigen Eintopf, der eigentlichen Mahlzeit, für die zumindest Dagny genügend Platz im Magen gelassen hatte.


    Nach dem Essen warf sie einen Blick aus dem Fenster und stellte fest, dass das hellere Mittagsgrau einem etwas dunkleren Nachmittagsgrau gewichen war. „Wenn wir tatsächlich noch zum See wollen, sollten wir bald aufbrechen.“

    Salve miteinander! Es tut mir echt leid, dass ich nun doch länger verschollen war als angenommen - aber ich musste einiges sortieren und ich habe leider nicht die Gabe, das Schreiben als Ablenkung zu nutzen (ich beneide die Menschen, die aus Stress, Sorgen etc. etwas Produktives machen können :D). Ich hoffe aber, dass es das jetzt erstmal gewesen ist und werde die nächsten Tage wieder einsteigen mit Tariq und Valentina. :schreiben:

    Hallo Zusammen, nachdem ich nun an mehreren Tagen hintereinander der Meinung war, dass ich es heute ganz bestimmt schaffe, zu posten und es immer nichts wurde, melde ich mich mal vorsorglich ab. Im Moment ist bei mir ein bisschen Land unter, aber ich hoffe, dass es Ende nächster / Anfang übernächster Woche wieder etwas entspannter wird. Eine Entschuldigung an alle, die warten müssen.

    Sabacos Trauer ob der entgangenen Braut schien sich tatsächlich in Grenzen zu halten. „Das ehrt dich, dass du das so siehst.“ Nicht jeder würde so offen zugeben, dass eine Frau bei jemand anderem besser aufgehoben war, auch wenn ein kleiner Teil von Dagny sich durchaus fragte, warum er das so sagte. Weil er Soldat war? Oder weil es – entweder durch ein vorangegangenes Gespräch oder weiter in der Vergangenheit zurückliegende Ereignisse – eben eine Vorgeschichte gab? Sie wusste es nicht genau, aber hier und jetzt war es im Grunde auch gleichgültig. Gut war, dass ihm die Tatsache nicht ernsthaft die Laune verdarb.


    Sie verfolgte den Dialog zwischen Octavena und Sabaco – und konnte sich vorstellen, was in Octavenas Innerem vorging. In gewisser Weise erging es ihr ja ähnlich. Einerseits wurden Beileidsbekundungen erwartet, es wäre arg unhöflich, über das Thema einfach hinwegzugehen. Sabacos Betroffenheit wirkte zudem aufrichtig, er schien auch irgendwie nicht der Typ zu sein, der anderen etwas vorspielte. Aber trotzdem berührten diese Reaktionen Wunden, die man eigentlich lieber in Ruhe gelassen hätte. Octavena betraf das noch einmal mehr – sie wurde wesentlich öfter angesprochen, da Witjon eben ihr Mann gewesen war. Als diese ihr zulächelte, lächelte sie zurück. Einmal, um sie aufzumuntern und ihre Verbundenheit in der Situation zu signalisieren, aber auch, weil sie erleichtert war, dass Octavena ihr offensichtlich nichts krummnahm.


    „Das stimmt, die Freya hat sich mit den Jahren ziemlich gut entwickelt und die Handelsbeziehungen auch über Germanien hinaus ausgebaut“ beantwortete sie dann Sabacos Frage. „Gehandelt wird „Querbeet“, wie du es so schön gesagt hast. Gegründet wurde das Konsortium ursprünglich, um Kontakte und Verbindungen zwischen Händlern in Germanien herzustellen. Deshalb gibt es auch alles Mögliche bei uns. Unsere Familie ist mit dem Gestüt und den anderen eigenen Betrieben dabei und auch in der Organisation tätig. Es sind aber auch viele andere Händler aus der Region Teil der Freya.“ Als die Sprache auf Skyrmir kam, lächelte Dagny. „Nein, tut mir leid, ein Grauschimmel ist er nicht*, aber trotzdem ein schöner Kerl mit schwarzbraunem Fell. Er erfreut sich bester Gesundheit, ist groß und kräftig und bereits trainiert. Wie gesagt, komm gerne die nächsten Tage vorbei – am besten schicke eine Nachricht, wenn es dir gut passt, dann sorgen wir dafür, dass jemand da ist.“


    Sim-Off:

    *Ich hab’s ausgewürfelt, der Grauschimmel war die 2, ich hatte eine 5. :D

    „Ah, die Classis“, antwortete Dagny, als Sabaco sich zeremoniell mit seinem kompletten Titel vorstellte. „Die Schiffe habe ich mir früher als Kind gerne angeschaut.“ Sie hatte immer davon geträumt, mal mitzufahren, obwohl sie bereits in jungen Jahren gewusst hatte, dass die Schiffe nicht wie Odysseus auf (na gut, in dessen Fall unfreiwillige) Abenteuerfahrt starteten, sondern zum Schutz der Siedlungen und Kastelle eingesetzt wurden. Und meist nicht weiter fuhren als zur nächsten Stadt. Trotzdem trugen Schiffe irgendwie immer den Schein der weiten Welt mit sich, der ein fantasievolles Kind wie Dagny zum Träumen eingeladen hatte.


    Sie wollte gerade erwähnen, dass Octavenas Familie ebenfalls aus Tarraco stammte, als diese sich selbst ins Gespräch einschaltete und Sabacos Frage nach der Hausherrin beantwortete. Dagny nagte kurz an ihrer Unterlippe und überlegte, ob sie ein bisschen zu viel geredet hatte. Vielleicht hätte sie abwarten sollen, bis Octavena gesprochen hatte. Aber sie hatte überhaupt nicht darüber nachgedacht, sie hatte einfach in ihrem Wunsch, die Gäste kennenzulernen, den Gesprächsfaden aufgenommen, wo es ihr passend erschien. Sie warf Octavena einen scheuen Seitenblick zu, wusste aber gleichzeitig, dass es noch merkwürdiger wirken würde, wenn sie plötzlich schwieg. Sie fing sich wieder und lächelte Sabaco zu. „Ich helfe Petronia Octavena hier im Haus und meinen Brüdern in der Freya Mercurioque. Das ist ein Handelskonsortium hier in Germania, in dem meine Familie sehr aktiv ist.“ Noch führte sie keine eigenen Betriebe, aber vielleicht sollte sie sich in der Freya mehr engagieren als sie es ohnehin schon tat. Ihr wurde in diesem Moment klar, dass sie … ja, eine Aufgabe brauchte. Nicht nur, um sich abzulenken von den Ereignissen des vergangenen Jahres, sondern auch, weil es nicht mehr genug war, im Hintergrund anderen zuzuarbeiten. Natürlich war ihr klar, dass es ihre eigentliche Aufgabe sein würde, zu heiraten und eine eigene Familie zu gründen. Das hatte Witjon von ihr erwartet. Das Thema war mit seinem Tod verblasst und in den Hintergrund gerückt – und Dagny war nicht undankbar, sich im Moment nicht damit beschäftigten zu müssen. Irgendwann würde kein Weg mehr dran vorbeiführen, aber das lag nicht allein in ihrer Hand. Sie wusste, wie das lief in ihren Kreisen, sie suchte sich den Ehemann nicht selbst aus. Und bis es soweit war, würde sie sich anders beschäftigten müssen. Und zwar auf eine Art, die … ja, niemandem etwas streitig machte. Sie wusste noch nicht genau wie, weil zurzeit alles im Umbruch war. Das war aber etwas, das sie innerhalb der Familie irgendwann würden besprechen müssen.


    Sie war dankbar, sich dem Thema Pferde zuzuwenden, sowohl Sabaco als auch Cimber wirkten interessiert, eins oder sogar mehrere der Tiere zu erwerben. Dagny unterdrückte wenig erfolgreich ein Lächeln, als Sabaco ganz nonchalant erzählte, dass ein gewisser Stilo ihm eine Braut geraubt und ihm noch nicht einmal ein Pferd geschenkt hatte. Er wirkte nicht so, als gräme er sich arg, Dagny vermutete, dass zuvor über dieses Thema gesprochen worden war. Vielleicht war es auch ein Witz zwischen Cimber und ihm, so wie dieser darauf reagierte, ganz sicher war sie sich nicht. „Das tut mir sehr leid, aber zumindest was das Pferd betrifft, können wir vielleicht Abhilfe schaffen“, versuchte sie Sabaco aufzumuntern. „Wie du richtig sagtest, brauchst du eines der größeren Tiere. Skrymir wäre vielleicht der richtige für dich.“ Dagny hatte viel Zeit auf dem Gestüt verbracht und kannte die Tiere gut. „Aber komm gerne selbst vorbei und schau ihn dir an. Und ihr auch“, meinte sie an Cimber und Fango gewandt. „Ich bin sicher, dass einer meiner Brüder euch gern die Tiere vorführt. Und es auch nicht nötig sein wird, euch vom Gestüt zu werfen.“ Interesse war immer gut, vielleicht würde durch Cimber sogar eine Handelspartnerschaft mit Kappadokien entstehen.

    Dagny musste grinsen, als Hadamar rote Ohren bekam. Man konnte ihm förmlich ansehen, wie unangenehm ihm das Aufhebens war, dass ihre Mutter seinetwegen verursachte. Aber seine Versuche, sie davon abzubringen, fruchteten natürlich nicht. „Die Hauptspeise kriegst du wahrscheinlich trotzdem … und sei es nachher als Wegzehrung oder Vorrat für die schlimmen Tage der Soldatenverpflegung, die noch vor dir liegen.“ Sie nahm einen Schluck von dem Apfelwein. „Ich bin dir sehr zu Dank verpflichtet. Was meinst du, was ich mir sonst tagelang anhören müsste?“ Vor allem, weil Iring ja im Grunde recht gehabt hatte. Ihre Mutter mochte Überraschungen nicht sonderlich – und ihre Reaktion eben hatte gezeigt, dass sie regelrecht geschockt gewesen war, weil sie mit Hadamar absolut nicht gerechnet hatte.


    Dann wurde auch sie ernst. „Nein, ich glaub, dass sie immer mit dem Schlimmsten rechnet, weil sie denkt, dann würde sie der Schlag nicht mehr so hart treffen. Aber … das stimmt sowieso nicht. Der Schlag trifft einen trotzdem hart. Das Leben wird nur trauriger, wenn man vorher schon in ständiger Angst und Sorge lebt.“ Sie stockte. Eigentlich hatte sie das nicht alles laut aussprechen wollen. Das war eine Diskussion, die sie mit ihrer Mutter führte, und nicht mit Hadamar. Und wenn Dagny ehrlich war, wusste sie selbst nicht, ob sie diese Dinge wirklich an ihre Mutter adressierte – oder nicht doch eher zu sich selbst sagte, um sich davon zu überzeugen, dass es so war. Sie spürte sehr deutlich, dass das letzte Jahr sie verändert hatte, dass ihre Sorglosigkeit und ihr sprudelnder Optimismus von einst zwar nicht gänzlich verschwunden, aber doch geringer geworden waren. Oder zumindest gedimmt, da die schwarzen Wolken das Licht ihres Lebens verdeckten. Dagny warf einen Blick über ihre Schulter, um sicherzugehen, dass ihre Mutter nicht doch überraschend auftauchte. „Nicht falsch verstehen, ich versteh sie ja. Aber gerade im Moment … ich weiß nicht … find ich es schwer, Menschen zu sehen, auf deren Leben die Trauer einen so langen Schatten wirft, dass man meint, kein Sonnenstrahl könne ihn jemals vertreiben.“ Sie fragte sich in letzter Zeit manchmal, ob das auch ihr Schicksal war. So wie ihre Mutter oder Dagmar um Ehemann und Kind zu trauern, die vor einem gingen. Eigentlich … war sie noch jung und wollte leben, wollte fröhlich sein, wollte optimistisch in die Zukunft schauen und sich auf all das Gute freuen, das noch kam. Im Moment fiel ihr das unfassbar schwer.


    Sie langte über den Tisch und griff nach Hadamars Hand. „Tut mir leid, ich hoffe, du denkst nicht, ich freu mich nicht, dass du da bist. Nur im Moment ist alles so … kompliziert.“ Sie sah, wie er die Umgebung musterte. „Ja nicht wahr?“ erwiderte sie auf seine Bemerkung, es habe sich kaum etwas verändert. „Ich bin auch öfter hier in letzter Zeit. Vielleicht deshalb, weil alles noch so ist wie immer.“ Ein bisschen Stabilität in unruhigen Zeiten. „Von der Warte habe ich es noch nie betrachtet. Gibt's irgendwas in der Gegend, wo du noch gerne hinwollen würdest? Falls du nach dem Essen noch aufstehen kannst, heißt das.“ Bei den letzten Worten zierte wieder ein Lächeln ihr Gesicht.

    Dagny lauschte fasziniert und auch ein wenig verblüfft, als Cimber detailliert das umbrenische Gestüt in Cappadocia beschrieb. Auf diese Art vermochte sie es sich aber sehr gut vorzustellen – einige Dinge waren dem duccischen Latifundium gar nicht so unähnlich, während andere wiederum ganz anders waren. Sie lächelte. „Vielen Dank, Umbrenus, für die ausführliche Beschreibung. Das klingt wirklich wundervoll – und ehrlich gesagt auch ein bisschen so, als würdest du deine Heimat vermissen, was ich verstehen kann.“ Sie selbst hatte Germania noch nie verlassen, wenn man es genau nahm, noch nicht einmal die nähere Umgebung von Mogontiacum. Einerseits fand sie die Erzählungen von anderen Orten oder gar anderen Ländern sehr faszinierend, andererseits wusste sie nicht, ob sie nicht schreckliches Heimweh haben würde, sollte das Schicksal sie einmal woanders hinführen. „Und das mit dem Winter erzählte Hadamar bereits. Es stimmt, man glaubt immer, es muss warm sein in Cappadocia.“ Obwohl sie diesen Eindruck bereits seit ihrer Begegnung mit Tariq hatte revidieren müssen, er schien den germanischen Winter zwar nicht sonderlich zu mögen, aber ihm war auch nicht permanent kalt, womit sie eigentlich gerechnet hätte.


    „Das Gestüt meiner Familie ist dem deiner insofern gar nicht so unähnlich, dass sich die Stallungen und Weiden auf dem Gelände des Anwesens befinden“, beantwortete sie Cimbers Frage. „Wenn ihr von der Via Borbetomaga hereingekommen seid ...“ Was vermutlich der Fall war, dort war das Torhaus, durch das die meisten hereinkamen. „... dann seid ihr an dem großen Stallgebäude vorbeigekommen, in dem so gut wie alle Tiere untergebracht sind. Die Weiden sind daneben und gegenüber. Wir züchten und verkaufen die Tiere – die hiesige Ala ist natürlich ein Abnehmer, aber auch andere Züchter oder Privatleute.“ Auch über Mogontiacum hinaus, die Duccier hatten sich da mit Jahren einen Namen gemacht, auch dank der Freya Mecurioque, die mittlerweile weitreichende Kontakte hatte. „Wir haben viele Tiere unterschiedlichen Alters, wenn ihr Interesse habt, könnt ihr sicher mal tagsüber vorbeikommen und sie euch anschauen.“ Zumindest Cimber und Fango wirkten interessiert, Dagny hatte auch am Rande mitbekommen, das sie sich über ein Pferd unterhalten hatten, das Fango wohl geschenkt bekommen hatte.


    Als Sabaco sich in das Gespräch einschaltete, lächelte sie ihm zu. „Das war unser Wunsch, sowohl für uns, als auch für unsere Gäste. Es freut mich, dass es so ankommt.“ Das freute sie wirklich. Was das Fest ihrer Familie bedeutete, gerade in diesem Jahr, darüber hatte sie sich bereits viele Gedanken gemacht, aber das Julfest – und auch die römischen Saturnalien – sollten ein Lichtblick sein in der dunklen Jahreszeit. Eine Zeit, in der jeder den Alltag Alltag sein lassen und sich ein wenig entspannen konnte. „Und lasst es euch weiterhin schmecken, unsere Köchin freut sich, wenn möglichst viel weggeht.“ Natürlich würde etwas übrig bleiben, es blieb IMMER etwas übrig, aber die Köchin Marga betrachtete es als persönliche Herausforderung, dass Gäste nach einem Festmahl mehr oder weniger nach Hause rollten. „Bist du auch bei der Ala?“ fragte sie Sabaco. „Oder bei der Legio?“ Da sie erst später hinzugekommen war, hatte sie seine Vorstellung nicht mitbekommen.

    Dagny nippte an ihrem Becher. Als Hadamar erwähnte, dass er noch heute zur Legio aufbrechen wollte, hob sie kurz die Braue. Heute schon? Er war doch gerade erst angekommen! Aber die Formulierung „ich muss mich heute melden“ klang nicht so, als ob er groß die Wahl hätte. Ebenso wie Octavena wunderte sie sich über das Wort Gästezimmer in Bezug auf Tariq, weil sie ebenso angenommen hatte, dass der Junge bei ihnen bleiben sollte – zumindest hatte das so geklungen als Hadamar ihn als neues Familienmitglied vorgestellt hatte.


    Aber er wollte zur Ala und Dagny wunderte sich, warum so viele junge Männer so erpicht darauf waren, sich dem Exercitus anzuschließen. Gut, das war einer, wenn nicht der Pfeiler, auf dem das römische Reich mit seinem gigantischen Einfluss stand, aber irgendwie … Früher hatte sie stets die Soldaten in ihren schmucken Uniformen betrachtet, wenn sie diese in Mogontiacum und Umgebung sah. Sie tat es immer noch, aber es war trotzdem etwas anderes, wenn sie in dem Zusammenhang an Personen dachte, die ihr etwas bedeuteten. Denn sie wusste, dass die Soldaten nicht ohne Grund in der Castra hockten und trainierten, es konnte jederzeit zu Kampfhandlungen kommen, was wiederum Gefahr für Leib und Leben bedeutete. Vielleicht hatte sie zu viel Zeit mit ihrer Mutter verbracht – und als sie gemeinsam um Eldrid getrauert hatten, hatte sie Dagny das eine oder andere von ihrem Vater erzählt. Einen Vater, den Dagny eigentlich nie kennengelernt hatte, weil er bereits gefallen war, als sie noch Kleinkind gewesen war.


    Aber sie wusste es besser, als Tariq das jetzt ausreden zu wollen, zumal es in seinem Fall vielleicht gar nicht schlecht war, ein eigenes soziales Umfeld zu haben und nicht nur von Hadamars Familie abhängig zu sein. Zudem kannte sie ihn einfach nicht gut genug, um das Recht zu haben, sich in sein Leben einzumischen. Octavena versprach, sich um das Zimmer zu kümmern und bei der Stadtführung nickte sie Hadamar zu. „Natürlich, das kriegen wir schon hin.“ Das wäre vielleicht was für Rhaban.


    Sie leerten noch gemeinsam ihre Becher, dann überließ es Dagny Octavena, Tariq sein Zimmer zu zeigen und verabschiedete sich herzlich von Hadamar. Vielleicht umarmte sie ihn ein bisschen länger, als es nötig gewesen wäre, denn sie war schon ein bisschen traurig, dass er schon wieder ging. Immerhin rang sie ihm noch das Versprechen ab, sich nicht in der Castra zu verkriechen, sondern gemeinsam ihre Mutter zu begrüßen.


    Sim-Off:

    Ich hoffe, es ist ok, wenn ich das Thema jetzt habe ausklingen lassen. Falls noch wer was schreiben mag, kann er/sie das natürlich gerne tun. :D

    Dagny hatte ein schlechtes Gewissen. Vielleicht hätte sie doch auf Iring hören und ihre Mutter vorwarnen sollen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Iska mit einem Begeisterungssturm reagieren würde, so wie sie selbst es getan hatte, sondern eher mit einer Art stillen Freude. Aber das war keine stille Freude, das war eher so als … sähe sie einen Geist. Hadamar stand ebenfalls stumm und erstarrt da, ganz offensichtlich wusste er auch nicht, wie er reagieren sollte. Dagny schaute kurz von einem zur anderen, überlegte, ob sie einschreiten und zu ihrer Mutter hinübergehen sollte, als diese sich dankbarerweise wieder fing und selbst zu Hadamar hinüberlief. Die Umarmung zwischen Mutter und Sohn löste die Anspannung im Raum – und auch Dagnys innere Anspannung. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie zusah, wie Hadamar ihre Mutter fest drückte und sie sich wiederum an ihrem Sohn festhielt als habe sie nicht vor, ihn jemals wieder loszulassen.


    Dagny beschloss, den beiden einen Moment der Wiedersehensfreude zu gönnen und setzte sich in die Küche ab. In dieser werkelte Alwina, eines der Mädchen, die Marga nicht in ihrer Küche in der duccischen Villa Rustica haben wollte, weil sie ihren Ansprüchen nicht genügte. Eigentlich erledigte sie ihre Arbeit Dagnys Meinung nach gut, war aber eher verträumt und deshalb nicht so schnell, wie Marga es gerne hätte – darüber hinaus, nun ja, war es allgemein sehr schwierig, Margas Ansprüchen in dieser Hinsicht zu genügen. Das schaffte eigentlich nur eine: Margas eigene Enkeltochter. Dagny grüßte freundlich und plauderte kurz mit der jungen Frau, die etwa in ihrem Alter war. Alwina war auch einer der Gründe, warum Dagny in letzter Zeit recht gern auf das Landgut kam; zwischendurch war es ganz schön, mal mit einer Gleichaltrigen über leichte Themen zu plaudern. Alwina erzählte oft amüsante Geschichten über die ewig Falschen, in die sie sich verliebte und später feststellen musste, dass sie da kein sonderlich glückliches Händchen hatte. Heute jedoch hielt Dagny sich nicht lange auf, sondern nahm sich nur drei Becher und einen Krug mit Apfelwein, und ging wieder zurück in den Hauptraum.


    Inzwischen hatte ihre Mutter Hadamar losgelassen und redete leise mit ihm. Dagny stellte die Becher auf dem Tisch ab und begann, einzuschenken. „Jetzt können wir nochmal auf Hadamars freudige Rückkehr anstoßen!“ „Du hättest deinem Bruder auch etwas zu essen mitbringen können!“ kam es leicht vorwurfsvoll von ihrer Mutter. „Ist noch nicht fertig … ich dachte, wir essen gleich alle gemeinsam.“ „Ja, aber eine Kleinigkeit vorab. Das Kasernenessen ist doch ungenießbar.“ Dagny verdrehte kurz die Augen. Man konnte förmlich heraushören, dass ihre Mutter der Ansicht war, Hadamar wäre kurz davor, vom Fleisch zu fallen. Was nicht der Fall war, da brauchte man ihn doch nur einmal genauer anzuschauen! Aber Dagny wusste es besser, als mit ihrer Mutter darüber zu diskutieren – und ohne ein weiteres Wort verschwand diese nun ebenfalls in der Küche, um dem armen Jungen etwas Nahrung zu organisieren. Dagny seufzte und setzte sich an den Tisch. „Puh, jetzt wirst du den halben Vorratsschrank als Vorspeise bekommen.“ Mit einer Geste forderte sie Hadamar auf, sich ebenfalls zu setzen. „Ehrlich gesagt hatte ich schon die Befürchtung, dass die Überraschung etwas zu viel für sie war. Aber diesen Triumph gönnen wir Iring nicht, indem wir ihm das erzählen, oder?“ fragte sie mit einem Augenzwinkern.

    Iullus Seius Iunianus Fango. Den Namen hatte sie definitiv noch nicht gehört und konnte sich auch nicht erinnern, ihn auf der Gästeliste gesehen zu haben. Aber er schien einige andere Gäste zu kennen, denn er ging recht zielstrebig zu dem Feuer hinüber, an dem Hadamar stand. Dagny folgte gemeinsam mit Octavena und versuchte, möglichst schnell herauszufiltern, wer wer war und wie mit wem verbandelt. Cimber war offenbar der Onkel von Fango und derjenige, mit dem Hadamar und Tariq aus Cappadocia hierhergereist waren. Genau wie Tariq hatte er laut der Erzählung der beiden wohl zur Ala gewollt. Nero und Sabaco kannte Dagny nicht, aber sie ging davon aus, dass sie ebenfalls beim Execitus waren.


    „Salve und willkommen“, grüßte sie, als Cimber und Nero sich direkt an Octavena und sie wandten. „Sehr gerne, es freut mich, dass ihr hier seid. Der Großteil des Dankes gebührt Petronia Octavena.“ Zumindest mehr als ihr oder gar Hadamar, dessen Beitrag sich auf das Durchgeben seiner Wunschgäste beschränkt hatte. Wenn sie sich nicht irrte, war Cimber auch einer der Namen, die er genannt hatte. Dagny selbst hatte bei den Vorbereitungen geholfen, wo sie konnte, und die eine oder andere Idee beigesteuert, aber wenn jemandem hier der Dank gebührte, dann Octavena, auch, wenn sie das selbst vielleicht anders sehen mochte. Zudem war sie die Hausherrin.


    Dagny verstand nur Teile des Gesprächs und leider war sie aus dem Alter raus, in dem sie sich relativ gefahrlos mit neugierigen Nachfragen auf den aktuellen Stand hätte bringen können. Auch die Frage danach, was ein Seehund sei, verkniff sie sich. Bei einem Teil des Gesprächs hakte sie jedoch ein: „Die Umbrenier haben ein Gestüt in Cappadocia?“ Jetzt, wo Nero den Namen erwähnte, fiel ihr auch wieder ein, dass Cimber ein Umbrenus war, das hatte zumindest so auf der Liste gestanden. Dagny wusste allerdings nicht viel über diese Familie, hier in Mogontiacum waren sie ansonsten nicht wirklich vertreten. „Entschuldigt, dass ich mich einmische, ich frage nur, weil unsere Familie ebenfalls ein Gestüt hat. Vielleicht hat Hadamar das schon erzählt.“

    Dagny grinste nur, als Hadamar ihr sagte, sie könne ja gern mal versuchen, ihm den Kopf zu waschen. Oh ja, das würde sie! Natürlich erst dann, wenn er nicht damit rechnete, ansonsten hatte sie wohl kaum eine Chance gegen einen gestählten Soldaten. Das kappadokische Winterwetter machte für sie auch nach Hadamars näherer Erläuterung keinen Sinn – vielleicht, weil er, wie er selbst sagte, kein begnadeter Erzähler war. Allerdings war sie sich nicht ganz sicher, ob er das tatsächlich nicht war oder ob er es einfach nicht sein wollte. Seine Worte Cappadocia betreffend hinterließen bei ihr jedenfalls ein weiteres Gefühl der Leere – ähnlich wie eben, als es um den Exercitus gegangen war. Abermals hatte sie die Hand ausstreckt, hatte teilhaben wollen an seinen Gedanken und seinem Leben – und wieder hatte er ihr zwar geantwortet, aber wenig gesagt. Sie wusste nicht, ob ihre derzeitige melancholische Stimmung sie auf so etwas empfindlich reagieren ließ oder ob es doch ihrer langen Trennung geschuldet war, dass ihre Leben irgendwie auseinander gedriftet waren. „Ich höre mir sicher gerne an, was Tariq über seine Heimat zu erzählen hat. Aber es ging mir bei meiner Frage in erster Linie um deine Erfahrungen und Gedanken dazu. Ein Einheimischer erzählt bestimmt andere Dinge über Cappadocia als ein Germane es tut.“ Sie sagte es leichthin, um nichts von ihren eigentlichen Gedanken zu verraten. „Aber wenn du gleich bei Ma etwas erzählst, ist es ja gut.“


    Im nächsten Moment überraschte er sie, als er sein Pferd zu ihrem lenkte und einen Arm um sie legte. Sie lehnte sich kurz an und drückte ihn zurück. Sie musste sich arg zusammenreißen, um nicht einfach loszuweinen. Doch wenn dieser Damm brach, war so schnell kein Halten mehr, und dann würde nichts werden aus dem freudigen Wiedersehen zwischen Hadamar und ihrer Mutter. Es hatte sich einfach zu viel angestaut in den letzten Monden. Und sie hatte selbst dafür gesorgt, dass es dort blieb, hatte sich abgelenkt, damit sie nicht innehalten und nachdenken musste über das, was ihr fehlte. Weil sie selbst Angst hatte vor ihrer Reaktion. Sie wusste, dass sie ein emotionaler Mensch war und wenn sie allein war, weinte sie auch hin und wieder, ohne dass es ihr wirklich besser ging danach. Sie wusste auch, ohne dass er es sagen musste, dass Hadamar ebenfalls trauerte, insbesondere um Eldrid, der er einst nahegestanden hatte, so wie sie Rhaban nahestand. Sie selbst hatte gerade angefangen, den Tod von Eldrid zu verkraften und zu akzeptieren – und auch den von Audaod, was ihr leichter gefallen war, weil sie und er keine enge Bindung geteilt hatten. Aber Nelas Tod und Witjons und das schreckliche Schicksal von Alrik, mit dem sie sich überhaupt nicht auseinandersetzen wollte, weil es auf gewisse Weise sogar schlimmer war als der Tod, das alles ließ sie lieber nicht an sich heran. Gerade hier und gerade jetzt waren weder der Ort noch die Zeit dazu.


    Deshalb war sie erleichtert, als ihr Pferd ein wenig stampfte, sodass sie sich damit beschäftigten konnte, es zu beruhigen und scheinbar wieder unter Kontrolle zu bringen. Die letzte Strecke war schnell zurückgelegt und der Hof lag verlassen da, zumindest lief draußen gerade niemand herum. „Na schön, lass uns einfach reinplatzen“, entschied sie, jetzt wieder grinsend. „Wie du sagst, wird es so oder so ne Überraschung.“ Sie saß ab und band ihr Pferd draußen an. Sie wartete auf Hadamar und betrat dann gemeinsam mit ihm das Haus und den großen Gemeinschaftsraum, in dem ihre Mutter zum Glück auch direkt saß. Sie hatte neben dem Feuer Platz genommen und machte irgendeine Näharbeit, die Dagny so sehr verabscheute. „Heilsa Ma, schau mal, wenn ich mitgebracht habe! Ich dachte, du würdest dich bestimmt freuen!“ Ihre Mutter blickte auf, dann kullerte das Nähzeug aus ihren Fingern und machte Bekanntschaft mit dem Steinboden. Sie schlug die Hände vor den Mund und starrte ihre Kinder einfach nur eine Weile stumm an. Vermutlich war es ganz gut, dass sie gerade saß, ansonsten hätten die Beine wohl nachgegeben. Schließlich stand sie aber doch auf, ohne bisher ein Wort gesagt zu haben, lief zu Hadamar hinüber und schloss ihn in die Arme.

    Dagny schob Iring, immer noch leicht grinsend, in Richtung der anderen. Sie freute sich, als sich sein Gesicht bei Hadamars Anblick aufhellte. Sie gesellte sich zu Octavena. Farold war ihr eben entgegen gekommen, Dagny war sich nicht ganz sicher, warum er weggeschickt worden war, aber sie war so beschäftigt damit gewesen, Iring hierher zu bringen, dass sie ihn nicht angehalten und gefragt hatte. Kurz nach den beiden Geschwistern kam auch Ilda mit einem Tablett voller Becher zurück, die sie unter den Anwesenden verteilte. Auch etwas Essen aus der Küche wurde dargereicht. Dagny nahm sich eines der Gefäße, wartete bis alle anderen auch eines hatten und hob den Becher. „Auf die gesunde Rückkehr von Hadamar und auf unseren Gast aus Cappadocia ...“ Ihr Blick streifte Tariq, der so aussah, als würde er gleich umfallen. „... der nebenbei bemerkt so aussieht, als könne er in naher Zukunft ein Bett vertragen.“

    „Na, wenn das alles ist, ist es ja gut!“ Hadamar wirkte optimistisch bzw. so, als sei alles, wie es sein sollte. Vielleicht kam es Dagny auch nur so vor, als wäre das ungewöhnlich, weil in letzter Zeit so viel Bewegung in der Legio gewesen war. Der Abzug der II-ten, der Aufbau der XXII-ten – das sorgte wohl auch in einem so straff organisierten Bereich wie dem römischen Heer für Unruhe. Dennoch ließ dieser Teil des Gesprächs Dagny mit einem Gefühl von Leere zurück, so als habe sie einen Blick in einen Raum geworfen und als sei ihr dann die Tür vor der Nase zugeschlagen worden, ehe sie etwas von Belang zu sehen bekam. Da war er wieder, der Grund, warum der schriftliche Austausch mit Hadamar ihrer Ansicht nach nur bedingt funktioniert hatte: Der Exercitus war eine Welt, zu der sie keinen Zutritt hatte und die ihr deshalb vermutlich, bis auf die oberflächlichen Dinge, die man eben so wusste, ewig ein Rätsel bleiben würde. Vielleicht interpretierte sie auch mehr in diese Welt hinein als da war.


    Jedenfalls war sie froh, als das Gespräch sich anderen Themen zuwandte, obwohl sie selbst es gewesen war, die angefangen hatte, über die Legio zu reden. „Ich? Ich hab gar nix gegen unseren Winter! Es könnte etwas mehr die Sonne scheinen, aber sonst bin ich zufrieden. Ich habe nur bemerkt, dass diejenigen, die aus dem Süden hierherkommen, dem Winter eher … sagen wir mal, skeptisch gegenüberstehen. Aber vielleicht ist der Caesar auch froh, ich weiß es nicht, er hat sich mit mir noch nicht darüber ausgetauscht“, erwiderte sie mit einem spitzbübischen Lächeln, das bei den folgenden Worten noch etwas breiter wurde. „Wie kann man denn austrocknen, wenn Schnee liegt? Ich kann dir gerne damit den Kopf waschen, dann siehst du, wie schön nass er ist.“ Früher hatten ihre Geschwister das immer gern mit ihr gemacht, als Kleinste konnte sie sich am wenigsten wehren. Aber sie hatte sich gerächt, indem sie ihren Brüdern in einem unerwarteten Moment Schnee in den Kragen gestopft hatte.


    „Interessant?“ kommentierte sie seine Schilderung über Cappadocia, die … na ja, erschreckend inhaltsleer war. Frustrierend inhaltsleer. Nicht das, was Dagny hören wollte. Und das wusste Hadamar ganz genau. „Ist ja schön, dass du so ein interessantes Leben führst, Bruderherz, aber ein bisschen ausführlicher darf es schon sein!“ Dann wurde ihr Lächeln etwas sanfter und sie langte kurz zu ihm rüber und drückte seinen Arm. „Wir freuen uns auch alle sehr, dass du wieder da bist. Ich … freu mich, dass du wieder da bist. Es bedeutet mir sehr viel, nach all den Abschieden endlich mal wieder jemanden willkommen zu heißen.“ Ohne es zu wollen, stiegen ihr bei den Worten Tränen in die Augen, aber sie wandte den Blick ab, damit er es nicht sah. Sie wartete bis der Schleier sich aufgelöst hatte und sie wieder klar sehen konnte.


    Am Horizont zeichnete sich das Landgut der Familie ab. Dagny atmete ein paar Mal ein und aus, sie wollte eigentlich nicht jetzt schon emotional werden. Das würde gleich noch zu Genüge kommen, wenn sie das garantiert rührende Wiedersehen zwischen Hadamar und ihrer Mutter erlebte. „Wie wollen wir's angehen? Sollen wir einfach reinplatzen oder soll ich vorgehen und einen Besucher ankündigen, den sie bestimmt unbedingt begrüßen will?“