Beiträge von Decius Germanicus Corvus

    “He, Sklave, du sprichst unsere Sprache? Dann sag: Kannst du auch deinen Herrn und seinen Besitz verteidigen, wenn es nötig ist?“, wollte Germanicus Corvus von dem Numidier wissen.

    Unmittelbar unter seinem Kommando, diese Bemerkung des Kaisers ließen Corvus aufhorchen. Also versuchte er, sich in einem guten Licht zu präsentieren und zählte brav und umfassend auf, was er glaubte, dass für ihn sprach:
    “Ich bin die letzten Jahre immer Soldat gewesen. Der Codex Militaris ist insofern das Gesetz, mit dem ich am intensivsten befasst war. Aber in meiner Zeit bei den Speculatores war es natürlich auch nötig, die Bestimmungen des Codex Iuridicialis gut zu kennen, vor allem die, welche Delikte gegen den Staat behandeln.


    Als Tribunus Angusticlavius und mehr noch als Praefectus Castrorum war ich für alle Beschaffungen der Legion verantwortlich und musste viele Verhandlungen mit zivilen Lieferanten führen. Wegen Baumaßnahmen, die wir in Mogontiacum oder in der näheren Umgebung durchgeführt haben, hatte ich auch Umgang mit den örtlichen Magistraten, ebenso als es darum ging, in Raetia Hilfslieferungen durchzuführen.
    Ich war zudem eine Zeit lang Mitglied der Curia Provincialis Germania.


    Mein Vater war ein Offizier der Classis und einen Teil meiner Jugend habe ich bei meinem Onkel verbracht, der ein einfacher Steuerpächter war. Meine Familie war nicht wohlhabend. Doch es hat gereicht, mir eine bescheidene Ausbildung zu ermöglichen. Ich habe mehrere Kurse an der Schola Atheniensis belegt und das Examen Quartum an der Academia Militaris Ulpia Divina absolviert. Vor meinem Eintritt in die Legion hatte ich als junger Mann außerdem die Gelegenheit Alexandria und das dortige Museion zu besuchen und war auch auf Rhodos. Mein Griechisch ist… es könnte besser sein, wie ich einräumen muss.“

    Das Interesse für die Numidier, für den auch Corvus geboten hatte, war sehr groß und die Gebote erreichten schnell ein beachtliches Niveau. Aber der kräftige Mann schien auch einen gewissen Preis wert zu sein, denn er war jung, wirkte gesund und der Sklavenhändler pries durchaus glaubhaft seine Fähigkeiten. Obwohl man Sklavenhändlern natürlich niemals so ganz trauen durfte.


    Corvus zögerte noch einen Augenblick, dann rief er: “3000!“

    Corvus sprach für keine Gens, sondern nur für sich selbst und er machte auch nicht so viel Aufheben darum, sondern bot ganz schlicht: “750 Sesterzen für den Numidier!“

    Germanicus Corvus war einer von denen, die sich vor dem Stand des bekannten Sklavenhändlers Titus Tranquillus eingefunden hatten.
    Er besah sich das heute recht umfangreiche Angebot und dabei fiel ihm ein junger, groß gewachsener und kräftig aussehender, dunkelhäutiger Mann auf. Das war in etwa, was er gesucht hatte.


    Jemand hatte bereits 200 Sesterzen für ihn geboten und Corvus stieg in die Versteigerung ein als er rief: “300 Sesterzen!“

    “Das ist richtig.“, bestätigte Germanicus Corvus.
    “Ich begann meine militärische Laufbahn unter dem Kommando meines Vetters Germanicus Sedulus bei der Legio II und wurde dann zu den Cohortes Praetoria gerufen, wo ich unter dem damaligen Praefectus Praetoriae Vinicius Hungaricus bei den Speculatores diente, zum Schluss im Rang eines Trecenarius. Dann kehrte ich zur Zweiten zurück, wo ich unter dem Befehl von Purgitius Macer als Tribunus Angusticlavius dienen durfte. Decimus Meridius beförderte mich dann zum Praefectus Castrorum. In diesem Rang diente ich bis zuletzt auch unter dem neuen Befehlshaber Vinicius Lucianus.“

    Sie waren vom Atrium hierher gekommen. Germanicus Corvus, der soeben aus Germanien in Rom eingetroffen war, brauchte eine Unterkunft. Zumindest so lange, bis der Kaiser über seine weitere Verwendung entschieden hatte.
    Die Farbe eines Zimmers war ihm dabei eigentlich herzlich egal. Dennoch fragte er etwas verwirrt: “Grün? Wieso grün?“
    Er schaute über die Schulter seiner Verlobten in das Zimmer hinein.
    “Ja, dass reicht vollkommen. Wer weiß schon, wie lange ich es überhaupt bewohnen werde.“

    “Salve Imperator!“, grüßte Germanicus Corvus den Kaiser ebenso militärisch, indem er ihn mit seinem Titel als siegreichen Feldherrn ansprach.


    “Ich folgte deinem Ruf natürlich unverzüglich. Das fiel mir leicht, denn ich weiß die Legio II Germanica wohl geordnet und voll einsatzbereit. Sie steht in gewohnter Treue zur dir und Rom ihre Wacht am germanischen Limes.“

    “Hab’ nochmals vielen Dank. Vale.“
    Dann war Germanicus Corvus allein in dem großen Saal, natürlich abgesehen von den obligatorischen Wachen und den Dienern, die schweigend und in gewissem Abstand zu ihm herumstanden und ihn nicht weiter zu beachten schienen.
    Noch einmal ordnete er die Falten seiner Toga.

    Der betrat das Zimmer erhobenen Hauptes.


    Militärisch knapp erläuterte er den Grund seines Kommens:
    “Salve! Mein Name ist Decius Germanicus Corvus, Sohn des Sextus Germanicus Ursus.
    Der Kaiser hat mich von meinem Dienst bei der in Mogontiacum stationierten Legio II Germanica abberufen und mich hierher nach Rom beordert.
    Hier bin ich nun und möchte um eine Audienz ersuchen.“

    Ihre Bemerkung, Rom nie wieder verlassen zu wollen, überging er, vorläufig. Stattdessen antwortete er auf ihre Frage.
    “Nein, dass Haus hat Vetter Avarus gekauft, da war ich schon in Germanien. Es ist sehr schön und großzügig, scheint mir.
    Ich hoffe doch, dass sich für mich hier ein freies Zimmer finden wird. Zumindest so lange, wie ich in Rom sein werde. Wie lange das sein wird… nun ja, warten wir ab, was der Kaiser für Pläne mit mir hat.“

    Es hätte ihn vielleicht amüsiert, dass seine Verlobte ihre ständigen Umräumaktionen als Renovierung titulierte, wenn sie ihn damit nicht fast in den Wahnsinn getrieben hätte.
    So lächelte er aber nur gequält und entgegnete:
    “Ich habe das Haus gut verschließen lassen. Es ist vorläufig unbewohnt und ein alter Veteran der Zweiten wird von Zeit zu Zeit nach dem Rechten sehen. Hirrius Simplex heißt er. Ein einfacher Mann, aber absolut verlässlich.“

    “Ich hoffe es. Aber alle Spekulation ist müßig, bis ich nicht vor den Kaiser getreten bin.


    Doch sag, wie geht es dir? Rom hat sich nicht wirklich verändert, nehme ich an? Wie ist die Stimmung in der Stadt, seit bekannt geworden ist, dass der Kaiser gegen die Parther in den Krieg ziehen will?“