Beiträge von Claudia Silana

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus Minor
    In jenem Augenschlag verstummten die allseitigen Gespräche und Scato erhob die Stimme. Die Worte, die er an die Festgemeinschaft richtete, überraschten den jungen Flavius nicht wenig, da er zwar von dem wechselseitigen Interesse Sassias und seines Vetters Notiz hatte genommen, als er die beiden während der Eröffnung des Ulpianum gemeinsam erblickt hatte, doch ihm nichts hinsichtlich einer geplanten familialen Verbindung der beiden bekannt geworden war. Selbstredend war jene Entscheidung überaus adäquat, da beide noblen Geschlechtern entstammten, von nahezu similärem, heiratsfähigem Alter waren und es insonderheit dem Flavius wohl anstand, zeitnah sich eine Gattin zu nehmen.
    "War dir dies bekannt?"
    , fragte er daher Silana, um jenes unerquickliche Schweigen zu brechen, welches dem Dafürhalten Manius Minors lediglich seine Insekurität offenbarte und damit, so das Mägdlein in der Tat gedachte, ihn zu verspotten, lediglich neue Munition würde liefern.


    Die junge Silana überlegte gespielt, neigte ihren Kopf und nickte dann eifrig in seine Richtung. "Schwestern reden miteinander," gestand sie dem Flavius im koketten Tonfall, nickte abermals, um dann die Verlobten genügsam zu beobachten. Ein bisschen neidisch war sie nun schon, da ihre Schwestern nun den römischen Ruhm ernten konnte. Doch dieser Ruhm war vergänglich und so beabsichtigte die Claudia sich mit dem Hintergrund zu begnügen. Immerhin stand ihr dieser auch besser, da sie mit ihren jovialen Art selten in römische Sittlichkeit passte. Sassia war in dieser Hinsicht deutlich adäquater als sie selbst. Silana musste sich also mit der zweiten Reihe zufrieden geben aber immerhin war es die zweite Reihe unter den Ersten! Sie blinzelte dem Flavius zu, so als ob sie ihn einladen wollte, ihr zu folgen, trotzdessen verweilte sie noch an ihrer Position. Schließlich erschien das Kaiserpaar, welches sie erstaunt und gönnerhaft bestaunte, jedoch keinen Ton sprach. Ihre Augen galten für einen Augenblick der mächtigen Erscheinung. Ihr Großvater übernahm die weitere Gesprächsführung, so dass sich Silana nobel zurückhielt und dem Kaiserpaar nur ein falsches Lächeln schenkte, da sie ihr echtes Lächeln bereits an Flavius Minor verschenkt hatte.

    Silana wartete. Es blieb auch nicht viel übrig, da die Männer bei solchen Veranstaltungen erwarteten, dass die Frauen Mäßigung zeigten. Große Worte waren den Männern vorbehalten, wenn auch Silana stets ein verstecktes großes Wort präsentieren konnte. Menecrates sprach und die junge Claudia blickte ihm in die Augen, versuchte zu verstehen, was für ein Mensch er war, wenn er solche Dinge in einem freudigen Anlass anbrachte. Militärische Dinge waren eigentlich nie mit Freude verbunden. Auch ein Studium der Gewalt, wie sie es nennen würde, war offen-gedacht sicherlich nicht freudig, wenngleich notwendig aber mitunter nicht seelisch fördernd. Silana glaubte zwar daran, dass man eine Ratio in allen Dingen anwenden sollte aber ganz frei von einer Bewertung war auch sie nicht. Militärische Dinge waren nichts, worüber man glücklich sprach. Man sollte sie ernst ansprechen. Mit der nötigen Distanz. Immerhin ging es um Gewalt und Gefahren. Silana sah darin kein Glück oder Segen, eher einen Fluch, dem man mit Wissen und Vernunft begegnen musste. Frieden und Gerechtigkeit bauten zwar auf militärische Macht aber auch auf andere größere Säulen, wie Mitgefühl und Verstand. Enttäuscht blickte sie auf den Boden, wich somit gleichsam auch dem Blick des jungen Flavius Minor aus. Umso verwunderte sie, dass keine Antwort aus der Richtung des angeschickten Patriziersohns aufkam. Keine Antwort? Es konnte ein gutes Zeichen sein, dass er überlegte, wie man auf militärische Philosophie reagierte oder war er nur unsicher, ob Silanas Anwesendheit? Silana entschied sich aufzublicken, funkelte verspielt den jungen Mann an, den sie wirklich süß fand, da von ihm keine Gefahr auszugehen schien und er andere Werte zeigte, als der typische römische Mann. Die Frau legte den Kopf schräg zur Seite, blickte ihn mit geöffneten und schönen Augen an und lächelte dann mit geschloßenen Lippen, um ein nicht zu klares Signal zu senden. Sie mochte ihn. Auch, wenn sie dies selbst erst jetzt wirklich begriff. Andersartigkeit war für Silana ein Segen, da sie einerseits leichter Einfluss darauf gewinnen konnte und andererseits keine Gefahr darin verspürte. Die Claudia war erleichtert, dass sie gemeinsam schwiegen. Es war eine gemeinsame Handlung von geteilter Unsicherheit. Schließlich hielt Flavius Scato seine kleine Rede, so dass sich die Schwester umwandte, um Sassia auch im Angesicht beizustehen. Interessiert blickte sie in Richtung des verlobten Paares.

    Und Silana war es schlicht egal, ob sie gerade Schande über die Familie brachte. Völlig egal, denn ein Kind weinte. Was gab es Schlimmeres als ein verängstigtes Kind, welches die Welt nicht verstand? Auch Silana verstand die Welt nicht oft. Marcellus konnte, aus ihrer Sicht, gerne einen Vorwurf erzeugen und diesen vorstellen aber sie würde stets so handeln, denn Opfergaben und Gebete würde es noch genug geben aber niemals genug Gelegenheiten, einem Kind zu helfen und es von seinen Tränen zu befreien. Silana war in dieser Hinsicht ganz mitfühlend und frei, so dass sie die Opferung weit nach Hinten stellte. Ironie lag darin, dass Marcellus selbst die Stille brach, um seinen Zorn Luft zu geben. Silana ignorierte seinen Zorn, da sie vor der Kleinen keinen großen Streit darlegen und die Opferung nicht noch mehr stören wolllte. Mit aller magischen Macht ihres fantastischen Verstandes blendete sie fast alles aus und war ganz für Sisenna da. Scheinbar waren selbst die Geräusche und die gesamte Situation für das kleine Mädchen so schlimm, dass Silana vorsichtig ihre Arme um die Kleine schloss, um sie schützend zu umarmen. "Alles wird gut," sagte sie erneut aber deutlich leiser. "Ich bin hier," ergänzte sie noch.

    Wenn sie zwsichen Stoa und Epikur wählen musste, würde ganz klar Epikur wählen, denn der einzige Weg im Leben war es schlicht zu leben. Silana glaubte zwar an göttliche Mächte aber hatte einen natürlichen Zweifel gegenüber allen Dingen. Leider auch eine böse Neugierde. Silana war eine Suchende, die stets von Gedanken getrieben wurde, die mitunter unschicklich waren. Die junge Claudia war zwar gefangen in ihrer Rolle aber aus diesem Theaterstück ließ es sich freilich mit gewisser Belustigung agieren. Freiheit lag für sie im schlichten Spiel. Die Frau spielte mit Gedanken, mit Männern und anderen Menschen, als auch Wissenschaften, sofern zugänglich. Silana sah in dieser Welt ein großes Abenteuer, welches erlebt werden sollte. Sie flüchtete sich nicht in Dogmen, Selbstwahrheiten oder Betrug. Sie lebte stets mit jedem Atemzug, was ihr eine nahbare Aura von Lebenskraft gab. Ihr Gesicht hatte somit eine eigene Schönheit gefunden, die trotz der maskieriernden Wunder der Pasten und Mittelchen, durch eine kluge Weiblichkeit auffiel. Es waren ihre Augen, die für sie sprachen. Auch jetzt sprachen sie in stiller Genugtuung. "Wäre es so schlimm, wenn das Leben bloß Zufall wäre? Wäre es so furchtbar, einfach ohne Sinn zu sein?" - fragte sie leise, direkt in sein Ohr, hauchte fast diese Worte und machte sich einen Spaß daraus, sein Weltbild anzugreifen, wie eine Schlange, die ihre Beute gefunden hatte. Silana verachtete falsche Wahrheiten und hatte lieber eine sinnlose Welt, als eine gelogene Bühne für Illusionen. Sie hatte seine Worte zugelassen, war ihnen stets still gefolgt und hatte doch mit diesen zwei geflüsterten Sätzen bereits ihre gesamte Antwort gegeben. Mehr war nicht notwendig. In ihrem Gesicht lag eine andere Verlockung für den jungen Minor. Sie war eine Verlockung, die er einst verdammen wollte: Epikur. Aus Silana sprach die Philosophie des Nichts und des alleinigen Lebens. Silana wartete einen Atemzug, als sie ihren Kopf wieder von seinem Ohr wandte. "Lass mich einen Gedanken verwahren," erklärte sie nun doch und sprach diesen in die Arena hinein, aber er galt allein dem Flavius. "So ist also der Tod, das schrecklichste der Übel, für uns ein Nichts: Solange wir da sind, ist er nicht da, und wenn er da ist, sind wir nicht mehr. Folglich betrifft er weder die Lebenden noch die Gestorbenen, denn wo jene sind, ist er nicht, und diese sind ja überhaupt nicht mehr da," zitierte sie ihren geheimen Meister Epikur. Dieser Gedanke fasste zusammen, wie sie über die Welt fühlte. Nur ihr Jetzt hatte Bedeutung. Wahrheit lag nicht in einer fernen Nachwelt, sondern allein in dieser Welt; in der sie allein für sich Silana war. Danach war sie nicht mehr Silana und konnte nicht mehr jene Gedanken haben. Ihr Geist akzeptierte ihre eigene kleine Welt und die darin liegende Bedeutungslosigkeit. Aus dieser Bedeutungslosigkeit schlug sie Gewinn, indem sie das tat, was sie selbst für vernünftig hielt und lebte in den Tag hinein. Die Frau konnte nicht wissen, dass sie einem Abgeschworenen zuredete und ihm eine Lehre anbot, die dieser sehr wohl kannte. Nur verfeinierte sie diese Lehre mit Liebreiz und Augenschein. Für Silana gab es kein Urteil, welches ein Leben so in der Nachwelt verdammen konnte. Das einzige, was einer Verdammnis gleichkam, war sein Leben in selbstgeschaffenen Käfigen zu verbringen und nicht durch die Gitter zu blicken. Der eigene Geist konnte ein Kerker werden und dies wollte Silana angestrengt vermeiden. Dogmen waren Gift, welches sie schmeckte. Minor war sogleich aufgeregt, als der Kampf in eine Phase eintrat, die Silana auch als spannend empfinden musste. Unbedarft riss er seine Hand vor den Mund, so dass die zarte Hand der Frau in Richtung seines Schenkels stürzte. Dort schlug sie auf und Silana murrte tonlos. Dieser Mann hatte noch viel zu lernen. Die junge Frau hob die Hand von seinem Schenkel an, strich dabei gezielt am aufgerichteten Unterarm, welche jene Hand vor den Mund des Mannes führte, vorbei und ließ ihre Hand auf ihrer Lehne nieder. Ein gemeines Zeichen, welches sie spielte, um den Spaß mit diesem Jüngling abzuschließen. Jetzt wusste sie, was er für ein Mensch war. Nein, Flavius Gracchus Minor verstand sie noch nicht aber sie gedachte ihm ein Angebot zu machen, welches ihn herausfordern sollte. Der Kampf nahte sich seinem Ende, als Silana sich leicht vorbeugte, um das Ende zu bestaunen. "Wir werden sehen," meinte sie halbherzig und stieß Luft aus ihren beiden Nasenlöchern. Jetzt war das Ende nur noch Formsache.

    Silana grinste böse. Dieser Sklave lebte tatsächlich in festen Dogmen. Er hatte zwar Lehre genossen aber nicht gelernt, sich eigene Gedanken zu machen. Ihm fehlte wissenschaftliche Neugierde, die umso wichtiger war. Wissen ohne natürlichen Zweifel war leer. Wissen musste stets geprüft werden. Und scheinbar unterließ Aristoteles diese Prüfung, was Silana böse amüsierte, denn so konnte sie sein Weltbild geschickt angreifen. "Also gibt es keinen Zufall?"- fragte sie gespielt überspitzt und trat mit eleganten Bewegungen aus dem Becken. Ihr nackter Körper erhob sich über die Stufen als sie sanft mit beiden Armen in schwingenden Bewegungen auf Aristoteles zeigte. "Und wieder sind es menschliche Ideen, die uns begrenzen," meinte sie und griff sich ein Tuch, um sich selbst abzutrocknen. Silana dachte nicht darüber nach, sondern handelte jetzt einfach und überging die übliche Prozedur der Nachreinigung, denn sie war ganz in das Gespräch vertieft. Das Stück Leinen fuhr von beiden Händen jeweils geführt über ihre Haut. "Ich erkenne wachsende Formen in der Natur. Dinge, die durch sich selbst sind und nicht durch einen Sinn geschaffen. Götter sind nicht zwingend notwendig für eine Existenz, sondern wir sind, weil wir sind," griff sie fast einen Satz von Epikur auf. Silana wollte den Lehrer herausfordern, um ein wenig mehr von ihm zu ernten, als er nur leere Phrasen. "Über Rom wachen wir," stellte sie ihre Argumente gegen seine Aussagen. "Wir gestalten Rom, die im Imperium leben," setzte sie fort und ließ, nachdem sie sich abgetrocknet fühlte, das Stück Leinen einfach fallen und wollte auf Cara warten, dass diese jenes Badekleid aufbot, welches sie tragen wollte. Es war üblich nach dem Bad einen Überwurf aus feiner Wolle anzulegen, damit die Wärme im Körper blieb und man sich wohlig geschützt fühlte. "Die Natur handelt ohne Vernunft, denn ein Wolf jagt, weil er Hunger hat und nicht, weil er bewusst entscheidet. Er hat keine Wahl zwischen richtig und falsch, sondern nur einen Drang zur Handlung. Instinkte. Er kennt keinen Fehler, sondern nur seine Existenz. Für eine Wahl braucht es Verstand und Vernunft kann ergo nur in einer bewussten Entscheidung vorliegen. Wir Menschen können entscheiden, also können auch nur wir Vernunft haben," überlegte sie mit betonten Worten und strich sich dabei über die linke Rückhand, während sie den Sklaven nicht mehr anblickte. Ihre Nägel konnten mal wieder behandelt werden, so stellte sie fest, denn scheinbar missfiel ihr die aktuelle Stutzung und Form. Trotz dieser Feststellung verlor sie nicht ihre Gedanken zum bekannten Disput. "Pflanzen und Tiere existieren vielleicht ebenso durch sich selbst, weil sie hier sind und wachsen. Die Natur, aus der auch wir entstammen, denn auch wir werden aus dem Leibe geboren, versorgt uns mit Nahrung, weil auch sie stets geboren wird. Götter liegen nicht im Sein, sondern im Nicht-Sein, mein guter Sklave," meinte sie frech und betrachtete nun gänzlich ihre Nägel, indem sie diese etwas erhoben vor ihr Gesicht hielt. Sie brauchten wirklich Form. Vielleicht ein spitzzulaufener Schnitt in einem halbrunden Dreieck? Silana würde gleich Cara um entsprechende Bearbeitung bitten. "Die Winde gäbe es auch ohne uns, und unsere Schiffe können auch eine Flaute erleben. In diesem Sinne werden die Winde wohl nicht nur für uns geschaffen sein," grinste sie und blickte dann an ihrer Hand vorbei, zu jenem Aristoteles. "Und Barbaren können auch unsere Legionen besiegen, wenn sie zahlenmäßig stark sind. Was sie von uns fernhält, sind militärische Disziplin und Wissen. Wir haben starke Waffen, bessere Waffen, als sie," äußerte sie frech und ließ die Hand herab sinken. "Es sind keine Zeichen, sondern nur Bestimmungen einer menschlichen Wahrnehmung. Zeichen sind mystisch und magisch. Ich erkenne darin keine Magie, was Natur ist," schloss sie ab.

    Mit zerzausten Haaren wankte die uneifrige Silana etwas verschlafen und verpennt ins Atrium. Zwar trug sie einen feinen Stoff, war adrett gekleidet aber ihr Gesicht war gänzlich unbehandelt mit MakeUp und auch ansonsten schien sie nicht im besten Ausgehzustand zu sein. Auch fehlte ihr gänzlich jeder Schmuck. Scheinbar war Silana auf ihrer Kline eingeschlafen, während sie ein Epos gelesen hatte. Gähnend torkelte sie also auf die Anwesenden zu, hob einmal grüßend die Hand, winkte somit, und entschied dann sich an eine alte Büste zu lehnen, die dabei bedrohlich auf der Säule, ihrem Schritt nicht unähnlich, torkelte und drohte zu kippen. Silana bemerkte dies und lächelte halbherzig, während ihr Zeigefinger mühelos mit einem Tippen das Wackeln unterband. Abermals gähnte sie gelangweilt, während ihr Geist langsam aber beständig seine Arbeit aufnahm. Dezent tasteten ihre Augen die Umgebung ab und fanden schließlich ihren geliebten Großpapa, den sie nun wirklich lächelnd anstrahlte. Trotz der groben Augenringe, die erst jetzt im Lichte der viereckigen Dachöffnung im Zwielicht besonders auffielen.

    Da war er wiede die menschliche Süßspeise, die Silana so sehr schätzte. Und wieder zeigte er jenes Verhalten, was Silana dezent stutzen ließ. Während sich Sassia ein wenig mehr zu Scato bewegte und Silana mit ihrem Großvater zurückblieb, konnte sie in Ruhe Flavius Minor erklären, was sie wirklich gemeint hatten. Es erschien ihr sinnvoll, da er erneut in eine falsche Richtung zu Denken schien. Seine Körpersprache war zu deutlich. Und Silana hatte genug Menschenkenntnis, um diese Haltung zu deuten. Die Unsicherheit stand ihm praktsich im Gesicht. "Wir redeten nicht über dich," erhob Silana vorsichtig die Stimme, um falsche Annahmen seinerseits zu unterbinden. Sie versuchte ihm Vertrauen zu signaliseren, indem sie ihm sanft mit einer Geste die Fingerspitzen auf die Schulterpartie legte. Schließlich sprach er mit Opa Menecrates, so dass Silana die Geste abbrach und den Männern kurz ihre Redezeit gab. Sie würde alsbald mit einer interessanten philosophischen Frage über den Flavius hereinbrechen, die ihr in der Nacht in den Sinn gekommen war.

    Aufmerksam folgte sie den Worten des beleibten Flavius, nickte abschließend zu jedem Satz und machte sich bereits ihre eigenen Gedanken zu dem Thema. Interessant war es, dass sie genau an diesem Ort des Spektakels jenen Mann gefunden hatte, der ihren Verstand ansprach. Sie war nicht nur römische Frau, sondern auch Denkerin, die etwas verschroben und mutig eigene Gedanken vertrat. Ihr Gespräch erinnerte sie ein wenig an das Gespräch mit dem Hauslehrer der Claudia über Vernunft und Leben. Es war erstaunlich, dass das Schicksal Silana erneut vor diese Frage stellte und dieses mal aber einen anderen Gesprächspartner präsentierte. Wenn sie es sich recht überlegte, war dies doch der richtige Ort, um über Leben und Tod zu sprechen. Dennoch wollte sie Minor widersprechen. "Denken wir uns die ganzen Sitten, Ahnen und Mächte fort, Flavius," erklärte sie und versuchte seine Gedanken auf einen anderen Punkt zu führen. Sie verstand, was er aussagen wollte aber sie selbst die Welt ein wenig anders. "Wenn Leben einfach nur Leben wäre, was wäre dann?" - fragte sie frech und wandte ihren hübschen Kopf zum Himmel hinauf, um nicht mehr in die Arena zu blicken. "Was ist die Wahrheit in den Dingen?" Silana selbst suchte stets einen gewissen Kern in den Dingen. Eine Wahrheit, die ihr glaubhaft erschien. Nichts, was festgesetzt war, hatte wirklich für sie Bestand. Nein, sie brach nicht mit den Sitten oder der Welt aber suchte an den Rändern jener Gesellschaft nach Antworten auf Fragen, die zu groß für einen menschlichen Geist waren. Eigentlich hatte sich eine Frau dafür nicht zu begeistern, doch tat sie es und in Minor schien ihr ein passender Gesprächspartner erschienen zu sein. In beiden Augen lag diese Suche. Jene naive Neugier, jene Sehnsucht nach etwas, was größer war als sie selbst. Beide waren träge gewesen und doch getrieben. An beiden zogen Mächte, die sich ihres Einflusses entzogen und doch waren beide freier als manche Seelen auf den Tribünen und auf den illustren Sitzen. Denn beide dachten offen über etwas nach, was für viele schlicht nicht sichtbar war: ein Sinn. Ein Sinn wurde niemals disktutiert, sondern Dinge hingenommen. Beide, diese Claudia, und dieser Flavius nahmen nicht einfach hin. Auch wenn sie durch ihre Umwelt in goldene Ketten geschlagen waren. Bei Silana durch jenes Geschmeide aus Gold am sichtbarsten. Beide waren Seelen, die immer wieder vor einem Hügel standen, hinauf rannten und dann wieder hinunter fielen; um erneut auf diesen zu stürmen. Doch bei dem Sturm erblickten sie einen anderen Himmel über sich. Flavius Gracchus Minor kämpfte mit sich, mit seinem Körper und seiner eigenen Vergangenheit und Claudia Silana kämpfte mit ihrem Verstand, ihrem Herzen und gegen eine intrigante Umwelt. Silana betrachtete das runde Gesicht des Flavius ausgiebig, fand darin eine süße Zärtlichkeit. Ihm mangelte es im Anschein an Bösartigkeit, was sie sehr schätzte. Sie hatte genug Gemeinheiten gestalten und ertragen, um zu wissen, dass ein Leben ohne diesen Fluch deutlich angenehmer sein konnte. Doch im claudischen Blut schien eine Hingabe zur Dominanz zu liegen; zur Gewalt und zur Herrschaft, welches auch Silana zu zweifelhaften Taten trieb. Nicht immer böse aber oft nicht gerecht. Doch in Minors Nähe schien sie tatsächlich Gerechtigkeit zu finden. Nicht mit sich, sondern mit ihrem Verstand, der Ansprache fand. "Im stimme zu, dass wir für unsere Leben eine eigene Verantwortung tragen. Ich vermute sogar, dass es die alleinige Verantwortung unserer Entscheidungen sind, die jene Welt ausmachen," vertrat sie ihre Ansicht nun offen. "Ich glaube, dass diese Welt sich in ständiger Veränderung befindet und wir stets wachsam sein sollten, ob wir selbst noch handlungsfähig sind oder selbst bereits Gefangene einer Zeit," erweiterte sie ihre Ausführung etwas verschwommen, da sie versuchte mehrere Gedankengänge zu kombinieren.


    Als sie ihn berührte hatte, reagierte er seltsam. Er schien aus Furcht oder Scham seinen Kopf abzuwenden, so dass Silana ebenso betreten dem Weg des Nüssleins mit den Augen folgte und indes beobachtete, wie Minor jenes in den Mund schob und ihren Blicken sehr drastisch auswich, während er hastig kaute, um das vermeintliche Beweismittel verschwinden zu lassen. Silana verstand nicht ganz aber ihr wurde schnell - wenn auch nicht ganz korrekt - klar, dass er die Berührung von Frauen nicht gewöhnt war und selbst eine flüchtige Berührung hatte bei ihm jene Reaktion ausgelöst, die sie schon bei anderen Männern gesehen hatte. Erst als die Dienerin mit Ersatzschnacks und Getränken aufgetaucht war, schien sich sein Gesicht wieder zu wandeln. Er strahlte in die Runde. Silana seufzte leise und und versuchte zu verstehen, warum einige Männer stets so verlegen waren. Die Welt war doch kein Gefängnis, was von bösen Seelen beaufsichtigt wurde. Menschlichkeit war doch keine Auswahlentscheidung, sondern wenn man lebte, dann lebte man eben. Nicht immer ganz so, wie man gerne wollte aber kleine menschliche Signale waren doch immer möglich. Aus angeborenem Trotz und auch Neugierde, wie Minor reagieren würde, legte sie nun bewusst ihre zärtliche Hand auf seinen Handrücken und ließ diese dort verweilen, um zu sehen, wie er reagieren würde, wenn eine Frau eine solche Geste zeigte. "In der Tat, Sassia," blickte sie nun mit ihm zu ihrer Schwester und grinste vielsagend.

    Die Rituale hatten ihre Regeln, die Silana zwar kannte aber gerne durcheinander würfelte. Immerhin hatte sie heute keine großen Fehler gemacht, außer an einigen Stellen ihren Einsatz zu verpassen und hatte etwas zeitversetzt agiert. Silana fürchtete nur um das Geschenk, welches sie unbedingt erhalten wollte. Dieses wunderbare Stück Stoff und der Schnitt erst... - Hach, jetzt träumte die junge Frau wieder und schien abwesend, als die Familie mit dem Prozess des Tempelbesuches weiter machte. Silana folgte schlicht und wollte nicht erneut negativ auffallen. Immerhin hätte sie beinahe die Gebete ungünstig durchbrochen mit einem Ausrutschen oder ihrer tollpatschigen Hand, die beinahe das Opfergefäß umgestoßen hatte. Doch es dauerte nicht lange, da riss sich Silana selbst aus dem Tagtraum, um wieder unter den Anwesenden zu weilen. Nein, jetzt kam der blutige Teil des Opfers. Nicht, dass sie Blut fürchtete aber es war auch nicht unbedingt ein stets schöner Anblick. Tod mochte seinen Reiz haben aber nicht der eines wehrlosen Tieres. Der Tod eines Menschen war in der Hinsicht deutlich spannender. "Age," sagte die junge Claudia also und hoffte, dass man bald zum schönen Teil des Tagesgeschäftes übergehen konnte. Sassia war bereits gebrieft und würde sie im beim Einkauf in den edlen Stationen Roms gerne begleiten. Und Opa Claudius musste natürlich zahlen, wenn es nach ihrer persönlichen Einschätzung ging. Immerhin hatte er sie in diesen Tempel getrieben. Plötzlich bemerkte Silana das Zittern der kleinen Sisenna. Der von langen Wimpern umspielte Blick der Claudia Silana fiel herab zum Kind, welches die Opferung nicht so überstehen würde, wie andere unter der Familie. Ja, ein Anblick von Blut und der Tod eines wehrlosen Tieres musste einem Kind fremd und grausam erscheinen. Silana tat etwas, was eigentlich nicht Brauch war und kniete sich selbst zu Sisenna herab und verstellte ihr somit den Blick auf das Tier. "Hey," sagte Silana und lächelte fürsorglich. "Schaue nur auf mich," sagte die junge Frau, strich sich ihr fallendes Haar aus dem Gesicht und ihre großen Ohrringe kamen zum Vorschein, die kurz in der Bewegung funkelten. "Alles wird gut," meinte sie und hoffte, dass sie dies glaubhaft vermitteln konnte.

    Mist. Ihre Strategie war grandios gescheitert. Sehr zu ihrem Misslieben grummelte sie nun, denn sie konnte es garnicht leiden, wenn sie scheiterte. Doch fing sich die junge Claudia schnell wieder. Immerhin hatte sie das Gespräch nicht vollkommen getötet. Immerhin, so denn mit etwas Glück doch noch wertvolle Informationen herausbrechen konnten. Man musste der Sache nur Zeit geben. Silana wusste, wenn sie keine passende Strategie hatte und zog sich etwas aus dem Gespräch zurück, um ihrer Schwester das verbale Feld zu überlassen. Sofort übernahm Sassia und Silana nickte ihr kaum merklich zu. Sie hatte verstanden, was vor sich ging. Silana zeigte kein Lächeln mehr, schien erstarrt, als sie mit beiden Händen im Wasser plätscherte und kleine Wellen erzeugte, die zwischen den Frauen trieben.

    Ihr geliebter Großvater übernahm die Führung, wie es üblich war. Es tat gut, dass sie selbst nicht direkt, im Zentrum dieser Handlung stehen musste. Nicht, dass Silana gerne auf Aufmerksamkeit verzichtete aber diese steifen Standesrituale waren ihr noch immer ungewohnt und zum Glück war es in Rom selbst üblich, dass Frauen hinter den Männern standen. Silana blickte sich etwas erschlagen von den Gesichtern um, ließ Sassia vorbeitreten, um näher an ihrem Großvater zu sein. Dieser sprach einen merkwürdigen Satz, den sie nicht sofort einordnen konnte. Es dauerte zwei Blinzler, bis sie verstanden hatte, dass er wohl auf eine Hochzeit anspielte und es wohl insgeheim betrauerte, Sassia - zwar nicht vollens - an den flavischen Haushalt verloren zu haben. Doch Silana war nicht gewillt, den nächstbesten Kandidaten als Ehemann zu akzeptieren, so dass die Furcht einer baldigen Hochzeit der nächsten Enkelin in eine geringe Entfernung rückte. Natürlich war es stets möglich aber Silana hatte Ansprüche und hatte schon einen ungeliebten Kandidaten verscheucht, der nicht einmal bis Drei zählen konnte und mit seinem Militärfetisch deutlich nicht in ihr Weltbild passte. Ja, Soldaten konnten schmuck sein und sicherlich waren sich auch trainiert aber leider waren sie oft begrenzt, was Betrachtungen anging. Silana wollte sprechen und nicht nur Befehle nachgrunzen. "Großpapa," murrte sie dann gespielt und ihre Stimme erhöhte sich dabei leicht, damit auch Menecrates die gespielte Stimmlage verstand. Sie wollte ihm zumindest nicht die volle Handlungsmacht geben, obwohl er sie natürlich hatte. Aber Silana war frech genug und auch jung genug, um ein wenig Paroli zu bieten. Schließlich bemerkte sie ihre Cousine Claudia Livineia mit ihrem Bruder und lächelte beiden überbordend zu, wie es sie immer tat, wenn sie nicht genau wusste, was sie sagen sollte. Ein Lächeln war immer ein guter Einstieg. Zudem lächelte Silana eigentlich immer. Im Gegensatz zu vielen anderen Gesichtern im Raum, war sie ehrlich und freute sich tatsächlich. Nicht nur für sich, sondern auch für Sassia, die beständig ihrem Verlobten entgegen trat. "Bezaubernd," murmelte sie als Kommentar, während ihr Blick ehrfürchtig ihrer Schwester folgte. Scato tauchte auf, begrüßte die Gruppe um Menecrates und war mit seinem Lob so überfreundlich zur jungen Frau, dass Silana leicht rot anlief und aus Dankbarkeit einen kleinen Fehltritt tat, denn sie trat mit ihrer Sandale leicht daneben und traf mit ihrer Schulter Claudia Livineia, so dass sie sich etwas vor die andere Claudia drängte. Livineia wurde dadurch etwas ungünstig zur Seite gedrängt und fand sich mit ihrem Bruder etwas im Abseits wieder, da Silana mit Sassia nun direkt vor Scato standen. Selbst der geliebte Großvater, zwar weiterhin in der vorderen Mitte, wurde etwas vergessen, da die beiden Schwestern dezent im Hauptbild standen oder dieses einnahmen. Silana dachte sich dabei nichts und bemerkte noch nicht einmal, dass sie Livineia zur Seite gedrängt hatte, da sie ganz in einem kurzen Rausch Eitelkeit versunken war. Zwar war Sassia auf Platz Eins gesetzt worden aber dennoch... ihrer Schwester gönnte sie es und Platz Zwei war auch gut, insbesondere auf so einer Veranstaltung. Kurz kicherte sie leise auf und blickte dann überrascht zu Menecrates, denn sie wollte nicht so kindlich erscheinen, dass ein einfaches Kompliment ihre Haltung brach. "Danke," sagte sie schnell, um dier Höflichkeit genüge zu tun und dem Blick ihres Großvaters auszuweichen. Zu ihrem Glück trat der redselige und eloquente Gracchus Minor auf. "Ja, immerhin habe ich nun einen geeigneten Gesprächspartner," flüsterte sie elegant zu ihren Schwester zurück und begrüßte den beleibten Mann mit einer höflichen Handgeste. "Salve,"sagte Silana mit engelsgleicher Stimme, da sie sich wirklich freute. Wieder grinste sie breit.

    Silana konnte an feinen Mikroausdrücken, jenen kleinen Nuancen im Angesicht erkennen, dass Flavius Graccus Minor nachdachte, ein wenig in sich ging, um seine Gedanken zu suchen. Es gefiel ihr. Nicht, weil er besonders schön war oder besonders auffällig, sondern weil er sichtbar nachdachte. Eine seltene Eigenschaft, die durch diese Seltenheit umso wertvoller wurde. Lag nicht auch etwas Sanftheit und Gutmütigkeit in seinem Gesicht? Ihm fehlte jene Boshaftigkeit, jener Machthunger und der Hang zur eigenen Größe, den sie bei anderen Männern seines Standes beobachtet hatte. Er schien von zarter Welt zu sein, die nicht ganz zu ihm passen wollte. Vielleicht reizte die junge Frau gerade das, weil er anders war.


    Sassia sprach von Vergänglichkeit. Und ja in der Vergänglichkeit lag eine besondere Offenbarung. Etwas, was das Leben auszeichnete. Menschen hatten keine Ewigkeit, sondern nur den Moment. Ihre gesamte Welt war schrecklich fragil und hatte kaum eine Erlösung zu bieten. Alles, was war und sein würde, würde enden. Doch war diese Zerbrechlichkeit doch von Wichtigkeit. Ohne Ende hätte der einzelne Moment in der Ewigkeit keine Bedeutung. Jeder Moment war, weil er verstrich, wertvoll. Jedes Lächeln, jedes Wort und auch jeder Atemzug war voller Leben. Einzigartigkeit lag in jedem Mensch und jedem Geschöpf. Silana reizte die theoretische Betrachtung der Vergänglichkeit. Sie war unausweichlich. Vielleicht mochte Silana deshalb das Chaos und die Unvernunft? Die junge Frau lebte im Rahmen ihrer Möglichkeiten freier als andere. Wenn auch mit ihrer eigenen Vernunft. Schönheit lag für sie in allen Dingen, selbst im Tod. Für Silana war selbst im Ende ein Schatz verborgen. Natürlich schätzte sie, wie viele junge Römerinnen, wertvolle Tücher, Schmuck und besondere Pasten und Schönheitshelfer aber doch war dort mehr in ihr als ein bloßer Moment. Silana verstand Ewigkeit; eine der Seelen, die Präsenz hatten und nicht im Moment verschwanden. Auch sie gingen irgendwann und verschwanden aber für ihre Mitmenschen waren sie sichtbar. Silana wurde gesehen und sah andere. In ihrer Gänze. Manchmal durchschaute sie sogar ihre Mitmenschen, da sie diese Gabe der Empathie hatte. "Ja, Vergänglichkeit," antwortete sie ihrer Schwester mit vorsichtiger Zunge, die sich dezent im Mund bei beiden Worten bewegte und dann verspielt an die Schneidezähne stieß, wo sie kurz verharrte und für Minor sichtbar wurde, als sie breit lächelnd zwischen Sassia und Minor mit dem Blick wanderte, um beide im Jetzt ihrer Betrachtung zu verbinden.


    Er sagte etwas, was sie ebenfalls sagen konnte und grinste nun mit geschloßenen Lippen, weniger aufreizend und weniger auffallend als davor. Es war ein feines Lächeln für eine feine Seele, wie Minor eine war. Silana begann ihn zu mögen. "Brauchen wir denn eine Aufgabe und sind wir nicht einfach, weil wir sind, Flavius?" - fragte sie dann mit traurig-schönen Augen. "Wenn die Götter oder das Schicksal uns erlaubt haben, mit der Fähigkeit zur Fehlbarkeit, zur Trägheit und auch zum unfähigen Vergehen, warum ist das Leben dann eine Aufgabe," hinterfragte sie nun doch, trotzdessen, dass auch sie das Danach fürchtete; nicht im Sinne einer abstrusen Dramatik aber auch Silana wusste nicht, welcher Maßstab für eine Nachwelt galt. Mitunter gab es Götter oder übernatürliche Richter, die ein Urteil fällten oder die Ahnen, welche einem Geleit boten. "Ich stimme dir zu, dass in jeglicher Betrachtung, Leben nicht einfach ist," meinte sie dann, fuhr sich nachdenklich über die Stirn, um ihre Haare zu finden. Mit ihrer Linken umgriff sie einen Strang, zog diesen zur Seite und verweilte mit ihrer Hand dann für einen Atemzug in dieser Pose, bis die Hand wieder auf ihren Schoß sank.


    Der Flavius riss sie aus der Stille ihrer Gedanken als die Partikel seiner Handbewegung, welche in die Tüte griff, den Moment durchbrachen. Gleichsam setzte ein Applaus ein, als der Kaiser sein Urteil gefasst hatte. Silana war etwas aus der Zeit gefallen, blickte sich unsicher um und wollte nun auch in den Beutel greifen, als ihre Hand, den Unterarm des Flavius Gracchus Minor berührte, fast zärtlich vorbei strich und sie war überrascht, wie weich und arbeitsfremd seine Haut war. "Verzeihung," sagte sie sehr leise und blickte beschämt tuend herab. Er kaute bereits und hatte die Berührung wohl übersehen. Silana atmete erleichtert aus, da eine solche Geste auch missverstanden werden konnte. Ihr Herz hatte einen Sprung aus Schreck gemacht und konnte nun erleichtert zurückfallen. In weiser Voraussicht hatte Cara bereits einen Sklaven mit Leckereien (Wein und Nüsse) zum Platz von Silana und Sassia geschickt. Insofern war Patroklos Aufgabe verspätet in Mission gegeben. Der Sklave stellte den Wein, mitsamt Tablett, und Nüssen auf die Lehne zwischen den Sitzreihen, so dass man geübt zugreifen konnte. "Ich denke, dass unsere Sklaven deutlich schneller waren," scherzte sie mit einem frechen Biss auf ihre Unterlippe, um auch sich selbst wieder in den Moment zu schicken. Sein verbindliches Lächeln erfreute sie. Sie nickte ihm höflich zu.

    Silana hatte ihre eigene Theorie für diese Welt und sah nicht den Gedanken, den Aristoteles ihr vermitteln wollte. "Warum müssen Dinge Vernunft haben?" - fragte die junge Claudia frech und schlug sich selbst einen Schlag Wasser ins Gesicht, der sanft an den Lippen verperlte und dan abfiel. "Wir neigen nur gerne dazu, menschliche Eigenschaften auf die Natur zu übertragen," erklärte die Claudia nun nüchtern und wieß damit den Satz ihres Gegenübers zurück. Nein, sie würde diesem Sklaven nicht die Gnade der Akzeptanz gewähren. Sie akzeptierte nicht einfach Lehrdogmen, die ihr angeboten wurden. "Ich glaube eher, dass die Welt einer innigen Entropie folgt. Wenn ich das stille Wasser betrachte, werden mir kleine Bewegungen auffallen, aus dem Nichts, die es in Unruhe versetzen," meinte sie und stellte damit eine These in den Raum, welcher sich auf das Wasser bezog; einem Element, welches sie sehr schätzte. "Nehmen wir an, dass das Universum; der Kosmos, in dem wir leben, existiert, weil er existiert, und in sich ein Fehler sein könnte, da sich Energien zusammenfinden müssen, damit diese Existenz möglich ist. Denken wir die Götter fort, weit fort und überlassen das Sein sich selbst, wäre die Existenz als solches nicht eine Verschwendung von Vernunft? Wäre es nicht vernünftiger ohne Existenz und somit ohne Energie zu sein?" Eine Frage, die sie selbst nicht ganz beantworten konnte. Silana interessierte sich seit langem für diese Frage nach einem Sinn. Mitunter kam sie zu dem Schluss, dass das Leben keinerlei Sinn hatte und die Bedeutung allein im Sein lag.

    Zitat

    Original von Claudia Sassia
    Und zum wohl gefühlten hundertsten Mal fragte sie ihre Schwester und ihre Sklavin Cara, die sie natürlich begleitete. „Sitz alles noch?“ Dabei tastete sie ihre Frisur vorsichtig ab und zupfte mit der anderen Hand an ihrem Kleid herum.


    Silana freute sich riesig, denn solche Parties galten als wohlmeinende Tratsch- und Markzentren illustrer Gestalten. Die junge Frau sah sich gerne auf solchen Veranstaltungen, denn es provozierte in ihr jenen Rausch der Manipulation und des gesellschaftlichen Theaters. Hier machte sie ihr Schicksal. Es war spannend, sogar erfreulich, da hier Menschen miteinander agierten, auf einer Bühne der Eitelkeiten, Lügen und Reden. Hier wurde Rom gemacht. Es war dieses Theater aus Gesichtern mit deren Masken, welches Silana reizte. Sie war nicht bösartig oder besessen darauf, Kontrolle auszuüben, sondern hier konnte sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten echtes Leben gestalten, wenn auch durch geschickte Lügen oder Manipulationen. Auch konnte man Dinge aufschnappen, die später relevant oder spannend sein konnten. Silana gab sich nicht mit einfacher Kunst zufrieden.


    Insofern hatte sie sich in ein feingefärbtes Kleid, welches in einem sanft Rotton (fast ins Orange fallende) wirkte, geworfen. Dazu eine seidene Palla in gleicher Farbe, welche durch wertvollen Schmuck an Handgelenk, Ohren und Hals ergänzt wurde. Ihre Haare waren wohlgekämmt, mit Lavendel beduftet und auch ihr Gesicht war mit eitlen Moden ausgezeichnet. Vorallem ihre Wimpern stachen hervor, welche schwarz und stark strahlten, neben dem dicken Lidstrich aus schwarzer Kohle. Doch dieser Auftritt sollte nicht nur ihr gehören, denn sie wusste, dass dieser Tag ihrer Schwester umso wichtiger war. Es ging hier um wichtigere Dinge als schlichten Tratsch. Sassia war verlobt, zumindest bald offiziell. Silana wusste, wie wichtig ihrer Schwester dieser Umstand war. Immerhin war Scato keine schlechte Partie, wenn man die Junggesellen der Oberschicht betrachtete. Gut, Silana schätzte ihn noch nicht so sehr, da sie ihn zu wenig kannte. Noch war er für sie ein selbstgerechter Flavius mit einem Hang zur Darstellung eines gewissen Zynismus. Ja, sie selbst tat dies auch aber für einen selbst galten andere Regeln. Sassia war nervös. Die jüngere Schwester sah dies, spürte es und wollte ihrer Großen beistehen, wie sie es immer getan hatte. "Ja, es sitzt alles," antwortete sie mit sanfter Stimme und nickte ihr ermutigend zu. "Du schaffst das," sagte sie dann noch mit einem typischen Silana-Lächeln, welches einem steigenden Stern gleich, das ganze Gesicht einnahm.

    Wie fragil doch ihre Ansicht war. Wie seltsam zerbrechlich war ihre einstige Annahme, wenn ihr Herz plötzlich Mitgefühl empfand. Sie hörte die stille Wehklage des gefallenen Gladiators und konnte nicht umhin, dem beleibten Flavius Gracchus Minor ihre Zustimmung zu zeigen. "Eindeutig," meinte sie und hob auch ihre Hand zu einem kritischen Zeichen: :dafuer: Dennoch, wollte sie diese Entscheidung kommentieren und bewerten. "Wie selten und rar ein solches Bild ist, nicht wahr? Leben ist so vergänglich und genau dieses Dahinscheiden macht es so wertvoll. Im Kampf zeigt sich jener Apex eines Lebens. Ein Bild, dass uns Göttlichkeit, wie auch unsere eigene Unfähigkeit beweist," erläuterte sie ihre Gedanken und lächelte dankend zu Minor. "Dass dieses Bild sichtbar wird, verdanken wir ihnen, den Gladiatoren." Und plötzlich fragte der Flavius nach ihren Nüssen oder besser, wo sie jene bezogen hatte. Etwas verwundert kniff sie beide Augen zusammen, ließ die Brauen herabsinken, da sie diesen Gedankensprung nicht ganz verstand. Doch dann leuchtete es ihr ein. Der beleibte Römer hatte Hunger. Irgendwie hatten ihn die Spiele zu dieser Köstlichkeit verführt. Seltsam zwar aber durchaus plausibel. "Von einem Stand, etwas ab vom Hauptweg aber den genauen Standort kann ich dir nicht mehr nennen," antwortete sie dann, ließ die Skepsis aus ihrem Gesicht weichen und der normale Ausdruck kehrte erneut ein. Jenes Strahlen von Lavendel und Geschmeide. "Wir können uns jedoch die Nüsslein teilen," sagte sie dann ganz frech und reichte dem Flavius den Beutel mit einer etwas ungrazilen Bewegung ihres Armes. "Bedien' dich ruhig," meinte sie und nickte ihm mit einem fidelen Lächeln zu, wobei ihre Augen wach waren und die Wimpern verspielt wankten.

    Silana klatschte verspielt und tonlos in beide Hände, um dann fies zu kichern. Ein Stoiker, also! Die spaßfreien und überernsten Naturphilosophen! Gut, zwar trafen sich einige Gedankengänge der Stoa mit ihrer Weltsicht aber sie mochte den kaltherzigen Ansatz dieser Schule nicht. Also galt es nun, denn Sklaven, der sich großartig als Philosoph präsentierte, herauszufordern. Mit einem Handwink schleuderte sie dann ein paar Wassertropfen durch den Raum. "Die Welt besteht einem Ozean gleich aus vielen Tropfen, kleinen Teilen, die durch eine Macht gehalten werden aber wenn wir diese Macht als vernünftig ansehen, weil sie Bestand hat, hat nicht dann auch die Gegenmacht, jene Unvernunft Bestand? Freiheit liegt im Sein oder auch im Nicht-Sein, Aristoteles?" - fragte sie also und blickte den Sklaven vielfältig verspielt an. Sie biss sich mit leicht geöffnetem Mund auf die Zunge, um ein freches Zunge-Herausstrecken zu unterlassen aber man konnte verstehen, warum sie gerade eine Rede über die Unvernunft präsentierte.

    Auch Silana hatte sich dem Familienzug angeschlossen. Warum auch nicht? Zuhause war es langweilig. Zudem war es eine gute Gelegenheit, nachher noch bei einem bekannten Schneider vorbei zu schauen. Jetzt wo Menecrates dabei war, konnte sie vielleicht die besondere Stoffwahl aus Seide abstauben. Ja, Silana musste geschickt planen, da die Beteiligung an der Familienkasse zwar nicht knapp bemessen war aber die Kauflust der jungen Claudia schnell ihr eigenes Budget überstieg. Man konnte halt nie genug wunderbare Kleidung haben. Farben waren doch wichtig? Das weiße undurchsichtige Seidentuch, das silbern strahlte, welches ihr Haupt bedeckte, wehte etwas im Winde aus dem Tempeleingang an ihren Wangen und schlug etwas vor ihren Mund, was Silana mürrisch brummen ließ. Sie hätte doch ein etwas festeres Tuch wählen sollen. Schließlich war man eingetreten und die übliche Prozedur begann. Waschen, noch mehr Waschen und etwas brabbeln. Silana tat alles gewohnt hektischer als die Verwandten und drohte beinahe beim Gebet auszurutschen, da sie nicht ganz die passende Pose fand. Um diesen Fauxpas zu entgehen und auch weil sie die weiteren Formeln im Prozess des Fast-Sturzes übergangen hatte, brabbelte und brummelte sie mit den Worten von Sassia mit. Hoffentlich würde es nicht auffallen. Immerhin war sie Nuschelmeisterin und konnte auch mit kleinlauten Tönen wichtige Worte imitieren. Ärger mit Opa wollte sie nun garnicht, denn er musste ihr gleich noch einen Wunsch erfüllen. Mit achtsamer Handbewegung ließ sie ihre Gabe ins Ritualgefäß fallen, welches im diesigen Feuer brannte.


    Silana dachte bereits an dieses wunderbare Kleidungsstück (welches Menecrates für sie erwerben sollte), als sie neben Sassia trat und bemerkte, dass die kleine Großtante ihre Hand in die Hand der Schwester legte. Silana lächelte wohlmeinend und machte der Kleinen Platz, um sie in die Mitte zu nehmen. Hierbei streckte sie auch ihre Hand aus, um der kleinen Claudia zu zeigen, dass sie von beiden Schwestern schützend begleitet wurde. Sisenna müsste nur noch zugreifen und hätte auch die tollpatschige Silana in ihrer Nähe, damit sie nicht so allein war. Silana achtete auch auf ihre Familie. Immerhin war sie kein Unmensch. Auch wenn ein gewisser Octavius dies sicherlich anders sah.

    Aha! Der Flavius spielt hier ein besonderes Spiel. Silana schmunzelte, funkelte aus beiden Augen und griff dann beherzt in die Tüte mit den Nüssen. Im Kauen überlegte sie, wie sie auf den jungen Mann reagieren konnte. Die langsamen Kaubewegungen unterstrichen den Denkvorgang, der sich in ihrem Gesicht abzeichnete. Sie wollte dem Flavius nicht diesen Sieg gönnen. Schließlich war die Nussmenge verarbeitet, trotz deren Härte und die letzte Krümmel und winzigen Nussbröcken mit einem eleganten Strich der Zunge von ihrer Unterlippe entfernt. "Wenn sie hier im Feld stehen, werden sie bereits Kämpfe überlebt haben," meinte sie mit einem vorsichtigen Ton und blickte den fleischigen Jüngling an, der recht eloquent tat. "Ein Kampf ohne das gefährliche Potentat des gewaltsamen Todes wäre doch nicht sonderlich anspornend, nicht wahr?" - wandte sie sich nun wieder direkt zu ihrem verbalen Kontrahenten, der scheinbar eine Milde im Umgang mit den Gladiatoren suchte. Er sah es eher als Wettstreit, während Silana die Tragik im Kampf suchte. Ohne Ende war kein Stück perfekt. Und das Ende eines Gladiators war für Silana nun mal der Tod in der Arena. Selbst, wenn er seine Freiheit als letzten Preis erringen konnte, würde sein Ruhm darunter verblassen, weil er schlicht so lange leben würde, bis sein altes Ich Stück für Stück zerfällt und er sein eigenes Andenken durch eventuellen Müßiggang gefährdet würde. Natürlich war Freiheit ein schöner Preis und sicherlich eine Krone für den Kampf aber was ein Kampf ohne Risiko? Gnade hatte keinen Wert in einem Kampf, der einer reinen Blutgier fröhnte. Silana verachtete die Spiele nicht aber sah darin keine große Gnade oder Wert. Vielleicht war es die ungeschönte Ansicht einer jungen Frau, die lieber hübsche Leiber bestaunte als deren blutiges Wirken. Ihr Mehrwert lag hier für die in der Tragödie verhaftete Silana allein im Tode. Sie hatten zu sterben, um als Name ewig zu leben. Der Tod in seiner endgültigen Ewigkeit hatte hier Reiz. Diesen letzten Moment mit einer Seele zu teilen. Doch da begannen die neuen Geschehnisse in der Arena, die für einen Augenblick auch wieder die Aufmerksamkeit der Claudia fraßen. "Ein gleichwertiger Kampf," beurteilte sie schließlich, kurz nach der Aussage des Minor und lächelte dann, als sie ihren Kopf wieder herum wandte. Sie schleuderte ihre Haare mit einer staccato-behafteten Bewegung zurück, um mit einer luftigen Geste etwas Luft in ihr Genick zu bringen. Ihr wurde warm, da die Sonne sehr hoch stand. Sassia und Gracchus Minor sprachen wieder, so denn sich Silana für den Moment zurück hielt. Silana fiel mit den Kopf wieder ins Arenabild zurück. Der Kampfgeist der beiden Gladiatoren beeindruckte nun auch die junge Claudia, die über die Vehemenz erstaunt war. Der Flavius sprach die Beinwunde an und Silana konnte sich vom Anblick des Spektakels nicht ganz befreien und ihre hübschen Augen, umschlungen von langen Wimpern, starrten hinab. "Ja," antwortete sie und entdeckte tatsächlich soetwas, wie Mitgefühl für den armen Mann. Silana selbst legte ihre Hände übereinander und hielt sie, fast anbetungsgleich, vor sich im Schoß.

    Cara hatte ihr recht unsanft die Haare gewaschen, was sie merkwürdig zufrieden erduldet hatte. Was sollte sie auch tun? Sie kannte ihre eigenen Haare und wusste, dass diese gelegentlich widerspenstig waren. Als es vorbei war, atmete sie erleichtert aus und strich sich selbst noch einmal durch die Haare, um sicher zu gehen, dass alles soweit stimmte. "Alles noch dran," scherzte sie und wollte Cara damit entlasten. Immerhin war Cara nicht nur eine gute Sklavin, sondern manchmal auch eine gute Freundin, selbst wenn Silana dies niemals zugeben konnte. Die Grenzen der Gesellschaft waren leider sehr streng und Silana war noch zu jung, um sich ganz davon zu befreien. Nur wenige Seelen, vielleicht fern von hier, konnten diese Grenzen in wahrer Liebe überwinden aber die Zuwendung zu Cara ging bei weitem nicht so weit, dass sich Silana dem öffentlichen Galgen des Urteils der Gesellschaft aussetzen würde. Sie hatte andere Ziele. Verdammt. Warum kam ihr gerade wieder dieser Octavius in den Sinn? Er war süß und unvergesslich. Kurz sanken ihre Augen im Traum zurück als die weiblichen Hormone ihr Beiwerk taten, um ihren Verstand in seltsamer Zuneigung zu verwirren. Schnell musste sie entkommen. Einatmen. Ausatmen. Es gelang ihr das Gesichtsbild der flüchtigen Bekanntschaft zu verkennen. Nicht heute, junger Octavius! Silana zwickte sich in den Handrücken, um den Tagtraum zu vertreiben. Da tauchte tatsächlich Aristoteles auf. Erst jetzt bemerkte sie ihn, der schlicht für einen Moment im Raum gestanden hatte; unweit des Beckens auf den Marmorfliesen. Er war bekleidet? Gut. Auch wenn sie derzeit sicherlich genug Ablenkung durch den Anblick vergangener Seeschlangen hatte. Dabei wollte sie diese Ablenkung gerade nicht, da ihre gesteuerten Augen stets herabfielen und nicht ganz weichen wollten, sofern Magrus näher kam. Aristoteles sprach schließlich, aber Silana konnte nicht ganz zuhören, da Magrus, einer schönen Landschaft gleich, vor ihr stand, um sie zu reinigen. "Dööh...Ähh," stammelte sie zusammen, als Magrus mit der weiteren Prozedur des römischen Bades begann. Willenlos und gefangen wollte sie entfliehen aber die Nähe gefiel ihr doch irgendwo, denn dieses Landschaftsobjekt schaffte nun doch eine elegante Ablenkung. Als Magrus das Eisen zum Abreiben des Armes ansetzen wollte, hob Silana ihre elfische Hand und lächelte Magrus vielsagend an. "Danke," sagte sie. Elegant trat sie einen Seitwärtsschritt von Magrus weg, um diesem Gemälde zu entkommen. Silana atmete aus und betrachtete die Pflegearbeit. Sie war zufrieden und verschwand dann doch noch einmal im tiefen Becken, wo sie schlicht abtauchte, aber von den Anwesenden abgewandt, so dass ihr Blick nicht erneut auf Seeschlangen stieß. Natürlich war sie neugierig, wenn nicht sogar interessiert aber ein solches Interesse schien ihr gerade schamlos und wollte ihr nicht ganz ins Bild passen. Ihre Gedanken wollten dies gerade nicht, obwohl ihre hormonelle Unvernunft ankochte. Doch in dieser Zwangslage setzte sich ihr Geist durch. Nach diesem Tauchgang, den sie fortsetzte, bis ihr die Luft ausging, tauchte sie blubbernd wieder auf. "Ah," sog sie Luft ein und lächelte erleichtert. Sie drehte sich wieder um und blickte nun Aristoteles an. "Ein Lehrer?" - meinte sie fragend und fummelte an den wieder nass-verwirbelten Haaren herum, die nun wieder seltsam herabhingen. Sie hatte die Ausführung seiner illustren Vergangenheit verpasst und kannte ihn nur als Hauslehrer. "Epikuräer oder Stoiker," fragte sie dann kalt und wollte den Mann philsophisch einordnen. Immerhin kannte sich Silana auch ein wenig aus. Diese Gedankenwelten konnten sie den schrecklichen Hormonen (von manchen auch Horrormonen genannt) entreißen.