Silan fühlte sich geschmeichelt, da dieser niedliche Bursche deutlich mehr Charisma besaß, als ihr Bruder. Was auch daran liegen konnte, dass ihr Bruder einfach kein Charisma haben dürfte und somit generell gegen andere Männer verlor. Silana war da eisern und trennte die Welt Männer - und ihren Bruder. Ihr Bruder blieb immer ihr Bruder, den sie ärgern musste! Es war eine göttliche... oder zumindest gefühlte Pflicht einer kleinen Schwester. Zumal Sassia ihr gerne unter die Arme griff, wenn ihr Bruder Sabinus mal wieder in die Cloaca griff und Silana dies auskostete.
Die angedeutete Verbeugung, die er nun tatsächlich spielte, war ihr zu viel und so seufzte sie verträumt und lächelte engagiert in seine Richtung. Es war ihre Art des Dankes, da sie einem Plebejer eigentlich nicht derartige Emotionen schenken sollte. Doch tat sie es. Ihre Wangen und Backen hoben sich zu diesem übermäßigen Sonnenscheinlächeln, welches die Familie fürchtete, da Silana dann etwas im Schilde führte oder sich über etwas sehr freute, was oft mit Schwierigkeiten für andere verbunden war. Ja, er war noch immer niedlich und süß. Er passte in keine Kategorie, was die junge Tochter der Claudia sichtbar verwirrte, da dieses Dauerlächeln nicht mehr wich. Ihre Augen funkelten perlend und kurz stahl sich ein Zwinkern von ihrem linken Auge, um Italicus humorvoll zu signalisieren, dass es genug Geste war. Doch dann wollte er erneut auf die zerbrochene Opfergabe eingehen. Silanas Lächeln zerbrach ähnlich und sie weitete ihre Augen, so dass sie mehrmals blinzelte. Mit einer schnellen Bewegung strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Nein, er sollte hier nicht schwören! Nein, warum? Er brachte sich doch wirklich für sie in Kosten! Obwohl es ihr natürlich als Frau gefiel, wenn ein Mann wie Wachs zerlief und leicht formbar wurde. Dennoch war das wirklich zu früh und das Spiel hatte doch noch nicht mal begonnen. Silana ließ die Gesichtszüge hängen, legte einen Schmollmund in ihr Angesicht und hoffte, dass sie ihn so bremsen konnte. Doch konnte sie es nicht.
Was tat er da? Silana war überrascht, gar perplex über diesen jungen Mann, der vielleicht gerade dem Knabenalter entwachsen war und war sogar schockiert, dass er naiv seinen wertvollsten Besitz vergab. Noch dazu an sie, da sie selbst für dieses Schicksal der zerstörten Opfergabe verantwortlich war. Nein, sie wollte einen jungen Römer nicht ausnehmen, da es ihr wirklich nicht an Geld mangelte und nicht einmal eine bösartige Freude lag darin, einem jungen Mann sein Erbe zu stehlen. Zudem hatte sie über den wahren Ursprung des Schiffes gelogen, so dass ihr diese Veränderung der Situation furchtbar unangenehm wurde. Nein, es war unschicklich, einem Mann so etwas anzutun. Solange man noch andere Späße mit ihm haben konnte. Silana überlegte schnell. Eine Lösung musste her, da sie diesen jungen Octavius nicht weiter peinigen wollte- und auch eine Gefahr bestand, dass ihr guter Ruf litt. Immerhin wollte sie nicht als diebische Elster gelten, die trotz ihres Familienreichtums junge Römer um den Verstand brachte und dann deren Besitz an sich riss. Wenn sie so etwas plante, dann machte sie es geschickter und nicht so. Zudem hatte sie in ihrem Leben nie die Absicht gehabt, wirklich noch reicher zu werden, denn sie hatte ja bereits alles, so dass diese Versuchung keine Versuchung für die junge Claudia war.
Schnell hob sie ihre linke Hand, streckte diese aus, um den angebotenen Ring abzulehnen. Doch stoppte sie nicht nur seine Hand, sondern umfasste mit gezielter Bewegung seinen Unterarm. Eine liebevolle Berührung der Fürsorge, denn nun konnte Italicus die warme und weiche Haut ihrer Finger spüren, die nie im Leben wirklich gearbeitet hatten und oft in besonderen Ölen medizinisch behandelt wurden. Es war keine Hand, die jemals Dreck kennengelernt hatte oder wirkliche Arbeit. Auf dem Handrücken zeichnete sich nur eine kleine Narbe, die sie einst von Sabinus erhalten hatte, als dieser mal wieder mit ihr Legionär und Barbar spielen musste. Sie war dann gerne die Barbarenkönigin, die vom mutigen Legionär zur Strecke gebracht wurde. Im Spiel hatte er ihr damals, als sie noch Kinder waren, mit dem Holzgladius einen kräftigen Hieb verpasst, so dass diese Narben zurückgeblieben war. Silana trug bereits ein paar Lebensspuren, doch deutlich andere als manch anderer Römer oder Römerin. Ansonsten war ihr echter Schmerz oder Arbeitsstress fremd, da sie umsorgt von Sklaven und Dienerin selten wirklich etwas anderes tun musste, als das, was sie sich selbst wünschte oder jenes, was ihr vom Pater familias aufgetragen wurde. Silana blickte ihm mit einer kopfschüttelnden Bewegung an, um ihm deutlich zu signalisieren, dass sie diesen Ring nicht wollte. Dabei stachen ihre großen Augen hervor, die ihr Licht in die seinen warfen. Dann nahm sie ihre rechte Hand hinzu, umschloss die Hand, die jenen Familienring trug, und verhinderte so eine direkte Übergabe. "Nein, du brauchst das nicht zu tun," erklärte sie nun mit gleich ernster Stimme, wie er gesprochen hatte, nur deutlich punktierter. Sie hielt ihre Pose und wartete dann eine Reaktion seines Angesichts ab, bevor sie weiter sprach. "Ich bin verantwortlich, nicht du. Wenn dann muss ich dich entschädigen," setzte sie fort und lächelte vorsichtig, um diese von außen sicherlich als seltsam vertraute Geste zu bewertende Pose nicht mit weiteren falschen Gedanken aufzuladen. "Ich bin eine Claudia, du findest mich in unserem Stammhaus auf dem Nordwesthang des Mons Esquilinus", fiel er dann beiläufig als Antwort auf seine Fragen aus dem Mund, da sie selbst überrascht war und nicht wirklich eine koordinierte Handlungsanweisung für solche naiven Männer besaß. Man konnte mit ihnen Spaß haben aber oft wurden sie unberechenbar.