Germanien, ja so wie er vermutet hatte. Sein Blick schweifte mehrmals zwischen ihr und den Männern am Feuer hin und her. Einer der Kerle begann nun damit ein Lied vorzutragen und die anderen klatschten dazu in die Hände. Marcellus schmerzten die Ohren von dem barbarischen Gesang. Was für Gestalten das genau waren konnte er nicht sagen. Irgendwelcher Abschaum der sich in Roms Grenzgebieten aufhielt, vermutlich stammten diese Männer von irgend einem merkwürdigen Bergvolk ab.
Nachdem Eldrid ihm den Namen ihres Stammes mitgeteilt hatte und fragte wie es nun weiter gehen würde, sah der Patrizier wieder zu ihr hin. Er sah ihr tief in die Augen.
"Mein Name ist Marcus Claudius Marcellus, von der Gens Claudia. Ich werde kämpfen und wenn es der Wille der Götter ist, dann werde ich stolz und aufrecht meinen Ahnen gegenübertreten. Bleib hinter mir, dann wird dir nichts geschehen." sagte er also und blickte ihr noch einen Moment weiter in die Augen. Er hatte seinen Entschluss gefasst. Er würde nun eine Münze werfen und sein Schicksal in die Hand der Götter geben. Entweder entkam er als aufrechter Mann dieser Gefangenschaft, oder er würde sterben! Weder Folter noch Tod würden ihn dazu bewegen diesen Barbaren seinen Namen zu nennen!
Ein letztes Mal betrachtete er sich die Höhle. Er sah zu den anderen Gefangenen hin, blickte zum Feuer mit den Feiernden Banditen und zum Ausgang mit dem Wachtposten. Jetzt war die Stunde gekommen um zu handeln. Wenn er jetzt diese Gelegenheit nicht ergriff war sie vielleicht verspielt und würde nie wieder kommen. Jederzeit könnten die übrigen Mitglieder der Bande zurückkehren. Nein, er musste jetzt handeln!
Er holte seine freien Hände hinter dem Rücken hervor und knotete seine Fesseln an den Füßen auf. Ruhig und mit langsamen Bewegungen. Er sah wie Eldrid es ihm gleich tat. Ob sie ebenso zu ihren Göttern betete wie er zu seinen?
Dann erhob er sich. Sie befanden sich im Schatten, am Rande der Höhle und weder hatten sie die Aufmerksamkeit der Banditen am Feuer, noch würden diese genau sehen können was im Schatten bei den Gefangenen vor sich ging. Marcellus achtete nicht auf die übrigen Gefangenen, sondern schlich sich langsam am Rande der Höhle entlang bis er dem Ausgang so nahe war wie es ging. Als nächstes musste er ins Licht treten. Der Feuerschein erhellte den kurzen Gang nach draußen und obwohl der Wachtposten eher nach draußen denn nach drinnen spähte, würde er Marcellus doch sehen können wenn dieser sich nur einen Augenblick zu lange Zeit ließ.
Marcellus dachte an seine Vorfahren, an seine Schwester und an alles was ihm wichtig war im Leben. Er dachte an Rom. Er war ein Römer und jeder Römer war ein Kind des Mars! Er würde nicht verlieren! Mit einem schnellen Schritt war er aus dem Schatten heraus. Es folgten weitere schnelle Schritte und dann war er bei dem Wächter.
"Heda, was...?" brachte dieser noch hervor, ehe Marcellus mit seinem ganzen Gewicht gegen ihn prallte, ihn gegen die Wand der Höhle drückte und mit der rechten Hand nach dem Dolch des Mannes angelte. Es folgte eine ziemliche Rangelei. Der Räuber stieß Marcellus von sich, dieser hielt ihn fest und zog ihn mit sich, dann fielen sie zu Boden und Marcellus spürte den stinkenden Kerl über sich, er spürte die Muskeln des Mannes und hörte seinen Atem. Er stieß ihn von sich und dann fand seine Hand den Dolch am Gürtel. Er zog ihn heraus und ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken stieß er die Klinge bis zum Heft in die Brust seines Gegners. Der stieß ein Röcheln und einen keuchenden Schmerzensschrei aus und rollte auf den Rücken. Doch Stille war nicht.
Die anderen Räuber am Feuer hatten den Kampf bemerkt und als Marcellus seinen Blick wieder in die Höhle richtete, sah er vier dunkle Gestalten vor dem Hintergrund des lodernden Feuers, die irgendwas Schrien und sich schnell auf ihn zu bewegten. Weg, er musste weg und das schnell! Er blickte sich nach der jungen Germanin um, griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich. Er hatte keine Ahnung wo sie waren, nur das ein bewaldeter Hang direkt vor ihnen lag. Ohne weitere Zeit zu verlieren stürmte er, mit Eldrid an der Hand, den Abhang hinunter...