Beiträge von Marcus Claudius Marcellus

    Zitat

    Original von Sisenna Iunius Scato
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    Mit Verlaub, das klingt nun ein bisschen unfreundlicher als ich es für ein Mitglied der Spielleitung angemessen finde. ;)


    Habe ja hiermit nichts zu tun, aber so etwas finde ich nicht in Ordnung.


    Vale,
    Marcellus

    Eine der wichtigsten Aufgaben eines Sim-Off Verwalters ist es doch zu entscheiden ob neue Spieler aufgenommen werden, oder?


    Könnte man das nicht so regeln das, wenn sich ein neuer Spieler für die Gens bewirbt und der Sim-Off Verwalter in dieser Zeit nicht da ist, die anwesenden Spieler abstimmen ob der Neue aufgenommen wird?

    Die Fesseln lösten sich! Bei Jupiter, Fortuna und Felicitas!!! Wenn er erst einmal wieder in Rom war würde er ein Opfer bringen. Eines für Vater Jupiter, eines für die Göttin des Glücks und eines für die Laren der Gens Claudia. Quälend lange Minuten hatte er die Finger der jungen Frau an seinen Handgelenken gespürt hatte gespürt wie sie sich bemühte und dann endlich war da dieses erlösende Gefühl gewesen, mit welchem sich die Fesseln lockerten. Der Triumph der ihn durchflutete war kaum zu beschreiben!


    Schwer und heftig schlug sein Herz, schwer und heftig ging sein Atem. Niemand hatte etwas bemerkt. Die vier Räuber am Feuer zechten und der eine am Tor schielte in die Nacht hinaus. Es war geschafft, seine Hände waren frei und sein Schicksal lag nun in seiner Hand, Gedeih oder Verderb, darüber würde nun er bestimmen!


    Er atmete einmal tief durch.


    "Eldrid, woher stammst du?" fragte er dann, ihre Fragen erst einmal bewusst ignorierend und begann nun ihre Fesseln zu lösen. Mit seinen nahezu freien Händen ging das nun deutlich besser. Er ertastete ihre schlanken Handgelenke und machte sich langsam und vorsichtig daran den rauen Strick aufzuknoten. Die Fesseln an den Füßen würden zuletzt kommen, denn wenn sie jemand dabei sah wäre sofort klar dass etwas im Busch war. So wie es jetzt war, konnte er die Hände erst einmal hinterm Rücken lassen.


    Vom Feuer her erklangen laute Geräusche, als die Männer begannen mit ihren versoffenen Kehlen ein Lied zu singen. Marcellus hingegen sann auf Rache und sein Blick schweifte immer wieder düster durch die Höhle. Wenn die Kerle nur noch ein bisschen mehr soffen, dann wäre es fast schon einfach. Den einen Räuber am Tor würde er überwältigen können und die vier Betrunkenen würden ebenfalls kein Problem darstellen. Er betete nur inständig darum dass die retlichen Banditen nicht zurückkehren würden!

    Immerhin zierte sich die Kleine nicht lange und wollte auch erst einmal nicht lange überzeugt werden, sondern machte sich recht unvermittelt daran mit den Händen nach seinen Fesseln zu suchen. Wo auch immer sie her kam, sie hatte bestimmt mehr praktische Erfahrung mit Gewalt und Brutalität als er und somit war ihr diese Situation hier auch nicht ganz so fremd wie ihm. Alleine die Tatsache, dass er sich hier in der Gewalt irgendwelcher Gesetzloser befand und dass sein Leib oder gar sein Leben in Gefahr waren war so gänzlich neu für ihn, dass er es noch immer nicht ganz begreifen konnte. Sein Leben war bisher bestimmt gewesen von Luxus, Zivilisation und Bildung, die einzige Form der Gewalt die er kannte waren ungefährliche Übungskämpfe und Gladiatorenwettkämpfe, welche er stets von einem gemütlichen Sitzplatz aus beobachtet hatte, mit Wein und Oliven zu seiner Verfügung.


    Aber sein Leben war eben auch bestimmt gewesen von Geschichten und Vorstellungen. Von Traditionen und Erwartungen die er selber an sich hatte und von denen er glaubte dass auch seine Ahnen sie an ihn hatten. Er stammte aus einer Familie welche die Geschicke Roms seit Jahrhunderten beeinflusste. Sie waren verwandt mit den ersten Kaisern und seine Ahnen ließen sich bis zur Gründung Roms zurückverfolgen! Seine Vorfahren hatten geholfen Rom zu erbauen und sie hatten das nicht nur mit ihrem Schweiß, sondern auch mit ihrem Blut getan. Wenn er nicht der Verweichlichte Nachkomme von größeren Vorvätern sein wollte, dann musste er heute seinem Namen Ehre machen!


    "Wenn wir es hier heraus schaffen, dann werde ich dir helfen Eldrid. Du wirst dann unter meinem Schutz stehen." bestätigte er ihr. Natürlich würde er ihr helfen. Was die anderen Gefangenen anging, die meisten schliefen vor Erschöpfung oder blickten geistesabwesend umher. Sie schienen noch schlechter dran zu sein als sie beide und ehrlich gesagt wüsste Marcellus nicht was er für die tun könnte. Nein, die junge Frau würde er mitnehmen, das verlangte der Anstand, aber die anderen mussten für sich selber sorgen.


    "Sie haben mich überrascht. Heute werde ich sie überraschen." antwortete er dann also grimmig und entschlossen auf ihre Frage hin. Marcellus spürte ihre Finger an seinen Handgelenken und sein Herz begann noch schneller zu schlagen. Bitte Götter, Jupiter, Mars, Venus... wer immer gerade auch zusah... Gebt das diese Germanin die Fesseln lösen kann, gebt mir diese Gelegenheit mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen! Er begann stumm zu beten.

    Marcellus musterte das Mädchen nun etwas genauer. Sie war ziemlich schmutzig, was ihn aber angesichts des Ortes an welchem sie sich befanden nicht weiter wunderte. Sie hatte blondes Haar und helle Haut und war ihm durch diese Eigenschaften direkt sympathisch. Er mochte die hellen Haare der Nordländer. Jetzt wo er sich ihre Kleidung und vor allem die Fibeln an ihren Schultern genauer betrachtete war er sich immer sicherer dass sie aus Germanien stammen musste. Diese Formen waren anders als die der Gallier.


    Zu seiner Überraschung sprach sie Latein und das mindestens so gut wie der hässliche Bastard der ihn hier gefangen hielt. Ihre Worte allerdings machten erst einmal nicht so viel Sinn. Warum er nicht ging? Er sah sie ratlos an, dann begann er zu verstehen. Ah, sie hatte mit angehört dass er gegen Lösegeld freigelassen werden sollte. Das klang vermutlich verlockend für jemanden dessen Los darin bestand als Sklave verkauft zu werden. Seine Alternativen wären der Tod oder eben die Freiheit... oder würden diese Barbaren es in Betracht ziehen ihn am Ende auch als Sklaven? Das konnte er sich nicht vorstellen, aber er wollte es auch gar nicht so weit kommen lassen das er es herausfinden könnte.


    "Du meinst warum ich ihnen nicht sage wer ich bin und meine Familie zahlen lasse?" fragte er denn also und sah die junge Frau mit stolzem Blick an. "Ich bin ein Römer aus einer noblen Familie und ich werde meinen Namen und den meiner Vorväter nicht mit der Schande dieses Vorfalls hier beschmutzen." Mir war natürlich Julius Caesar in den Sinn gekommen, der in seiner Jugend von Piraten gefangen genommen worden war. Doch der hatte sie nach seiner Freilassung allesamt aufgespürt und umgebracht. Wäre das eine Alternative für mich? Vermutlich nicht. Caesar war auf einer Seereise gewesen, seine Gefangenname war nicht seine Schuld gewesen. Ich hatte mich mit einer fast lächerlich geringen Zahl an Beschützern vollkommen ohne Not auf die Reise über die Alpen begeben. Nein, ich schämte mich zu sehr um diesen einfachen Weg zu gehen.


    Ich betrachtete mir noch einmal meine Lage. Meine Hände waren hinter meinem Rücken mit einem groben Strick gefesselt und meine Füße waren es ebenfalls. Am Eingang der Höhle saß einer der Banditen und hielt Wache, die übrigen vier anwesenden Gestalten saßen ein Stück entfernt am Feuer. Sie waren nur zu fünft... viele von ihnen waren heute weg, zum ersten Mal. Ich war kein erfahrener Kämpfer, zumindest nicht im praktischen Sinne. Ich hatte noch nie einen ernsthaften Kampf ausgetragen. Aber ich hatte einen Ausbilder gehabt und beherrschte zumindest den Übungskampf. Wenn ich meine Hände und Füße frei bekäme und dann vielleicht wartete bis die Kerle so betrunken waren das sie einschliefen... Natürlich bestand immer die Gefahr dass der Anführer mit den übrigen Männern zurückkam. Außerdem war ich nun einmal gefesselt und bekam den Knoten beim besten Willen nicht auf. Ich sah wieder zu der jungen Frau hin.


    "Das heißt aber nicht, das ich hier nicht weg will." sprach ich, dieses Mal noch ein wenig leiser. Die Banditen waren ihrerseits nicht gerade leise und daher hoffte ich dass sie mich nicht hören würden. Vorsichtig rutschte ich näher zu dem Mädchen hin, bis ich nur noch einige Handbreit von ihr entfernt war.


    "Hör zu, mein Name ist Marcus, wie ist dein Name?" einer der häufigsten Römernamen, selbst wenn die Kleine nun mit den Banditen sprach, würde ihnen mein Vorname rein gar nichts bringen. "... ich habe einen Plan. Dreh dich mit dem Rücken zu mir und versuche unauffällig meine Fesseln zu lösen." mein Herz begann schneller zu schlagen. Wenn das Mädchen mitmachte und wenn sie es schaffte meine Fesseln zu lösen und wenn die übrigen Banditen nicht zu früh zurückkehrten und wenn ich es schaffte den einen am Tor zu überwältigen... ziemlich viele "wenns" aber das alles war besser als zu sterben oder als gedemütigt nach Hause zurückzukehren. Es war einen Versuch wert!

    Es war zwei Tage nach ihrem Aufbruch von Mediolanum gewesen. Marcellus hatte seine Begleiter zur Eile gedrängt, denn es brannte in ihm endlich die Länder nördlich der Alpen zu sehen, über welche er schon so vieles gehört und gelesen hatte. Nach seinen gescheiterten Versuchen ein Militärtribunat bei einer der Legionen an der Grenze zu erhalten, hatte er beschlossen sich erst einmal der Kurzweil hinzugeben und die Ländereien eben ohne militärisches Amt zu bereisen. Immerhin, so tröstete er sich, hatte er somit auch keine Verpflichtungen.


    Zwei Leibsklaven und fünf Leibwächter hatte er bei sich, alle ritten sie. Dazu kamen noch drei Packpferde. Mehr Luxus hatte sich der Claudier nicht gegönnt. Er wollte die wilden Länder im Norden bereisen und dazu gehörte doch seiner Ansicht nach nicht dass man es sich in einem Wagen gemütlich machte. Die Seidenkissen hatte er in Rom gelassen, ebenso wie vieles weitere. Er suchte das Abenteuer, wollte nach all den behüteten Jahren in Italia und Achaia etwas anderes erleben. Und wenn er dies nicht als Soldat im Dienste Roms tun konnte, dann eben als Reisender.


    Dann hatte das Abenteuer ihn gefunden. Weit früher als er es gedacht oder gewollt hatte und auch weit brutaler als es sein Wunsch gewesen wäre. Ohne mit etwas derartigem zu rechnen waren sie eine Straße entlanggeritten, die sich ein einsames Tal empor wand. Links und rechts der Straße gab es hohe Wälder aus Eichen und Tannen und Marcellus schwelgte in Gedanken schon in den Vorstellungen davon wie es in den Bergen und jenseits davon sein würde. Mächtig und beeindruckend sah er jene bereits vor sich in den Himmel ragen. Wälder soweit das Auge reichte und gekrönt wurde das ganze von weißen, schneebedeckten Gipfeln.


    Während also Marcellus seinen Gedanken nachhing, hörte er ein mehrfaches Zischen und Surren, welches er überhaupt nicht zuordnen konnte. Dann hörte er hinter sich erstickte und dumpfe Schmerzenslaute, dann Schreie und mit einem Mal fuhr ihm der Schreck in die Knochen. Von jetzt auf gleich war ihm klar das etwas nicht in Ordnung war, auch wenn er nicht so schnell begreifen konnte was genau los war. Nie im Leben hätte er hier mit einer Gefahr für sich gerechnet und die neue Situation traf ihn so überraschend als habe man ihn gerade aus tiefsten Träumen geweckt.


    "Dominus, bring dich in Sicherheit!" rief einer der Leibwächter und galoppierte mit gezogenem Schwert neben ihn, ehe auch er aus dem Sattel kippte. Marcellus konnte keinen Pfeil oder dergleichen erkennen, war aber auch nicht geistesgegenwärtig genug um an eine Steinschleuder zu denken. Nein, stattdessen begriff er nun endlich dass es an der Zeit war seinem nervösen Pferd die Fersen in die Seite zu drücken und zuzusehen dass er hier fort kam!


    Er wendete das Tier und sah vor sich ein Durcheinander aus Pferden und Menschen. Seine Begleiter lagen Großteils am Boden und viele düstere Gestalten waren gerade dabei die Pferde einzufangen. Unvernünftigerweise hatte es Marcellus im Kopf das es eine bessere Idee war durch diese Gestalten hindurch zu reiten - zurück nach unten, nach Italien und in Richtung Mediolanum, anstatt das Pferd eben nicht zu wenden und zwar weiter in die Berge zu reiten, dafür aber die unmittelbare Gefahr hinter sich zu lassen. Nein, seine Panik (ja man musste es wohl bei allem Stolz Panik nennen) trieb ihn zurück nach Hause.


    Natürlich war das eine schlechte Idee. Marcellus trieb sein Pferd an, sah dann aber schnell eine ganze Reihe dieser düsteren Gestalten vor sich und ehe er sich versah holte einer der Kerle mit einer Art langen Keule aus und schlug ihm damit vor den Brustkorb. Nicht nur blieb ihm davon die Luft weg, nein er fiel auch hintenüber von dem rennenden Pferd und das letzte woran er sich erinnern konnte war der Moment in welchem er auf dem Boden aufschlug.


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    Wie lange das alles genau her war wusste er nicht zu sagen. Er erwachte mit Schmerzen in einer dunklen Höhle welche nach Rauch und Unrat stank und welche von Fackeln nur schlecht erleuchtet wurde. Offenbar war es draußen Nacht.


    Vor ihm stand eine Gestalt die aussah als habe die Unterwelt sie nicht haben wollen. Der Mann sprach zu ihm in einer Sprache die man irgendwo, weit weg von Rom, vielleicht als Latein durchgehen lassen würde. Marcellus tat der Kopf weh und er konnte gerade vage nachvollziehen warum seine migränegeplagte Schwester oftmals so mürrisch war.


    "Sag mir Bursche, wer du bist. Dann zahlt deine Familie ein Lösegeld und du kannst schnell wieder nach Hause." erklang es aus dem Mund des Mannes. Marcellus schwieg erstmal.
    "Deine Leute haben wir getötet, aber du siehst nach Geld aus. Na los, das hier muss nicht länger dauern als nötig." er stieß Marcellus mit einem langen Stock an, war das die Keule die ihn vom Pferd geholt hatte?


    "Lass mich gehen, du Wicht. Wie könnt ihr es wagen einen römischen Bürger zu überfallen?" antwortete Marcellus in sauberem, gestochen scharfem Latein und mit arroganter Stimme. Der Mann lachte ihn aus.


    "Ach, dann überleg es dir nochmal ein paar Tage. Irgendwann bettelst du darum uns sagen zu dürfen wer du bist." dann ging der Kerl wieder weg und Marcellus wurde seine ungute Situation langsam bewusst. Er war gefesselt, es tat ihm alles weh und er saß in einer kalten Höhle herum. Noch dazu nicht wissend wo er überhaupt war.


    War das nun das Ende seiner Reise? Er würde den Kerlen sagen wer er war und bei der Villa Claudia würde ein Bote vorsprechen und Lösegeld fordern. Seine Familie würde eine vermutlich horrende Summe bezahlen und er würde dann irgendwann wieder in Rom ankommen und wäre für den Rest seines Lebens gedemütigt. Fest fasste er den Entschluss das er lieber sterben würde, als das zuzulassen!


    Dann vergingen die Tage. Wenn er schlief, verging die Zeit einigermaßen schnell, aber wenn er wach war war es verdammt langweilig nur herum zu sitzen. Immer wieder versuchten ihn die Kerle auszuhorchen. Am Anfang schienen sie sich einen Spaß aus seiner Sturheit zu machen, aber nach drei Tagen bemerkte Marcellus dass ihre Geduld zu schwinden schien. Sie begannen ihm Folter anzudrohen. Damit bekam sein Aufenthalt bei den Kerlen eine neue Dimension, denn er war noch nie gefoltert worden und stellte es sich alles andere als angenehm vor. Die Vorstellung reumütig und gedemütigt bei seiner Familie zu stehen wirkte auf einmal weniger schlimm.


    Es dauerte zwei weitere Tage, ehe ihm klar wurde dass es nun ernst war. Der Anführer der Bande war wirklich überhaupt nicht mehr freundlich und er hatte ihm in Aussicht gestellt dass er morgen erst einen Fingernagel und danach den Finger verlieren würde wenn er nicht sprach. Marcellus fragte sich was er von seinem Stolz hatte. Er saß seit fünf Tagen in dieser Höhle fest, bekam wenig und schlechtes Essen und ihm wurde mit Schmerzen und Folter gedroht. All das nur weil er sich nicht der Demütigung hingeben wollte sich anhören zu müssen dass seine gesamte Reise eine dumme und naive Idee gewesen war.


    Er würde den Kerlen wohl morgen früh sagen wer er war. Marcus Claudius Marcellus, aus der Gens Claudia, einer der angesehensten Familien Roms. Und diese Wichte würden tanzen und feiern bei dem Gedanken an das Lösegeld. Er war so dumm gewesen...


    Sein Blick glitt durch die Höhle. Er hatte mittlerweile längst verstanden was diese Räuberbande tat. Sie überfielen Reisende und eigneten sich deren Güter an. Manche ihrer Opfer schienen sie auch als Sklaven verkaufen zu wollen. Einige Gestalten die noch armseliger aussahen als er selbst waren um ihn herum angebunden, während die Räuberbande etwas weiter entfernt am Feuer saß und zechte. Aber heute waren es weniger als sonst, der Anführer und ein Dutzend Männer waren fort und es waren nur vier oder fünf Wächter zurückgeblieben.


    Marcellus Blick fiel auf ein Mädchen das seit vorhin neben ihm am Boden angebunden war. Er hatte sie schon öfter gesehen, aber bis heute Nachmittag war sein "Nachbar" ein alter Mann gewesen, der vorhin gestorben war.


    "Kannst du mich verstehen?" fragte er, denn wie eine Römerin sah die junge Frau nicht aus. Sie kam aus dem Norden, aus Germanien oder Dakien vielleicht. Sie war mit Dreck bedeckt und sah fix und fertig aus, deutlich schlechter als er.

    Marcellus lächelte seinen Großvater Menecrates an und schüttelte den Kopf.


    "Kein Grund sich zu entschuldigen. Ich kam am Vormittag an, zu dieser Zeit hattest du das Haus bereits verlassen." meinte er gut gelaunt und wandte den Blick zu dem ersten Kampf der soeben stattfand. Ein Thraker gegen eine Amazone. Marcellus hatte durchaus etwas übrig für Gladiatorenkämpfe, auch wenn wie heute kein Blut floss.


    Ehe er sich versah hatte die Amazone gewonnen und der nächste Kampf begann. Marcellus nippte an seinem Wein und stand noch bei seinem Großvater, als ein schlicht gekleideter Mann zu Menecrates trat. Er sprach sehr leise mit ihm, aber Marcellus konnte verstehen worum es ging. Diese Amazone.


    Es folgte ein kurzes Gespräch und als dann auch die Sklavin Morrigan wieder gegangen war und zu der Amazone ging, zog Marcellus eine Augenbraue hoch und sprach leise erneut Menecrates an.


    "Vielleicht offenbare ich mich als ahnungslos Großvater, aber kann denn eine einzige Amazone wirklich eine Gefahr für Rom sein?" er hatte von dem Sklavenaufstand gehört und auch davon, dass eine versklavte Kriegerin ihn angeführt haben sollte. Aber dennoch. Dies war nun ein Grund solch eine Angst vor der Frau zu haben? Es gab hier im Garten fünf weitere Sklavenkämpfer, die den Feiernden die Kehlen durchschneiden könnten. Warum waren die weniger gefährlich?

    Marcellus war am Morgen wieder in Rom angekommen und hatte sich bis zum Beginn des Festes primär damit beschäftigt sich auszuruhen. Die Reise war lang gewesen und die letzte Nacht, welche er in einer eher schlechten Herberge einige Reitstunden von Rom entfernt verbracht hatte, war nicht unbedingt erholsam gewesen.


    Er hatte einige Monate auf dem Lande verbracht, gemeinsam mit seiner Schwester Livineia. Sie hatte der Luft wegen aufs Land gewollt, da ihre Migräne dort wohl um einiges besser wurde. Aus diesem Grund war sie auch erst einmal dort geblieben. Marcellus hingegen war frustriert gewesen. Frustriert von dem fruchtlosen Essen mit dem Kaiser, welcher ihn schließlich bei der Vergabe der Tribunate nicht berücksichtigt hatte. Unsicher, was der von Tatendrang geplagte Patrizier mit seiner Zeit nun anfangen sollte, hatte er Rom erst einmal den Rücken gekehrt und war froh gewesen durch die Begleitung seiner Schwester einen dafür einigermaßen anständigen Grund zu haben. Er hatte sich in den hügeligen und bewaldeten Regionen der italienischen Provinz viel mit seinen großen Leidenschaften beschäftigt: Mit Pferden und mit dem Kampf. Die langen Ausritte durch die Natur und die Kampfübungen mit seinem Bediensteten Quintus, hatten ihm geholfen wieder zu sich zu finden.


    Er wusste ja, was er zu tun hatte. Was von ihm erwartet wurde. Er musste seiner Familie Ehre machen und eine politische Karriere einschlagen. Zu diesem Zweck war er nun nach Rom zurückgekehrt, anlässlich der Quinquatrus Maiores, zu welchen sein Großvater ein Fest in der Villa Claudia gab. Menecrates war mittlerweile Konsul. Konsul von Rom... das hatte schon einen Klang, der viel Ehrfurcht und Respekt erweckte...


    Seinen Großvater hatte Marcellus seit seiner Ankunft noch nicht wieder gesehen und er hatte auch noch nicht viel von dem erfahren, was sich in Rom während seiner Abwesenheit zugetragen hatte. Daher wartete er nur kurz, nachdem Menecrates sich nieder gelassen hatte und trat dann zu ihm.

    "Großvater, es tut gut dich zu sehen. Ich gratuliere dir zum Konsulat!"
    begann er recht schlicht, während er mit einem Kelch Wein in der Hand vor dem Familienoberhaupt stand.

    Marcellus befürchtete eine zornige oder ablehnende Antwort des Kaisers. Immerhin war sein Vordringen vielleicht ein wenig aufdringlich und ein wenig ärgerte er sich so direkt gewesen zu sein. Vor allem weil er befürchtete dadurch zu scheitern, zu einem weiteren Teil aber auch deswegen weil er eigentlich nicht betteln wollte. Er war Marcus Claudius Marcellus, aus der Familie der Claudier. Ein altes und nobles Geschlecht. Er musste nicht betteln und auch nicht kriechen. Zumindest wollte er es nicht. Nein, er wollte sich seine Würde bewahren und auch seinem Großvater Ehre machen. Ein wenig ärgerte er sich wirklich über seine bittenden Worte. Andererseits viel die Antwort des Kaisers dann doch freundlich und mild aus, so dass sich Marcellus Ärger über die eigenen Worte schnell wieder in Grenzen hielt.


    "Augustus, ich danke dir für deine Erklärungen." begann er. Den Wein hatte er mittlerweile beiseite gestellt und sich stattdessen einige unvergorene Weintrauben vom Tisch genommen, welche er in einer Hand hielt und vorerst noch nicht aß.


    "Vielleicht ergibt sich ja ein freier Posten als Tribun. Sollte dem so sein, stehe ich jederzeit zur Verfügung, mein Kaiser." setzte er seine Antwort dann fort. Er versuchte auf keinen Fall anmaßend oder fordernd zu klingen, gleichzeitig aber auch nicht unterwürfig zu sein. Das war nicht so leicht wie es klang. Allerdings, so wurde ihm klar, half ihm doch auch hier wieder sehr die Stellung seiner Familie. Wer saß schon mit dem Kaiser zusammen und speiste mit ihm, wenn er ihn um einen Gefallen bat? Bei seinem geringen Alter und seiner geringen Erfahrung würde er ohne den Namen seiner Familie nicht einmal bei einem förmlichen Empfang mit dem Kaiser reden dürfen.

    "Ich möchte dir noch einmal versichern, dass ich meine Aufgaben ernst nehme. Den Dienst als Tribun bei den Legionen ebenso wie auch ein Vigintivirat in Rom. Mir ist bewusst, dass viele administrative Aufgaben in beiden Ämtern auf mich warten würden. Mein Herz schlägt für die Legionen, das kann ich wohl nicht verheimlichen."
    mit einem leichten Grinsen beendete Marcellus seine Rede und schob sich eine Weintraube in den Mund. Gallien und Germanien zu sehen, Dakien oder die wilden Regionen Africas... Ihm war bewusst, dass er keine wirkliche militärische Verantwortung tragen würde. Zumindest zu Beginn. Roms Legionen wären arm dran, wenn unerfahrene junge Burschen Truppen befehligen würden. Aber er konnte lernen. Er konnte lernen, Erfahrungen sammeln und hatte auf jedenfall eine bessere Chance sich zu beweisen und sich eigene erste Lorbeeren zu verdienen, als dies bei einem Vigintivirat der Fall war. Was konnte man schon erreichen, wenn man sich um irgend eine administrative Aufgabe kümmerte?

    Der Kaiser hatte offenbar eine ähnliche Einstellung wie Marcellus selbst. Ein wenig Askese war gut und sicherlich hilfreich. Aber ganz bestimmt trieb es auch der Augustus nicht so weit, dass er auf einer harten Pritsche schlief, nur noch Gemüse zu sich nahm und sich keinerlei Genuss gönnte.


    Marcellus war wirklich ein Mann, der nicht unbedingt in Dekadenz leben musste. Er studierte einigermaßen viel (seinem Lehrer war es gerade so genug) und ansonsten übte er sich im Kampf. Natürlich gab er sich auch mal dem Müßiggang hin oder leistete seiner Schwester Gesellschaft. Aber für Orgien, sinnlose Besäufnisse oder dergleichen hatte er nicht viel übrig.


    "Gewiss, Augustus. Meine Zeit als Tribun wird mich sicherlich einiges lehren. Nicht zuletzt auch eine einfache Mahlzeit und eine ruhige Nacht schätzen zu lernen, nehme ich an." Marcellus hatte vom Leben bei den Truppen an der Grenze keine Ahnung. Er stellte sich so einiges vor, aber ob es dann tatsächlich so kommen würde, konnte er natürlich nicht sagen. Er wusste, dass er als Tribunus Lacticlavius nicht unbedingt in vorderster Front kämpfen würde und im Grunde war er darüber recht froh. Zwar wollte er Erfahrungen sammeln und eine militärische Laufbahn einschlagen, aber er wollte nicht vom Speer irgend eines bemalten Barbaren aufgespießt werden und im kalten Schlamm ins Jenseits gehen.


    "Augustus, falls du mir die Frage gestattest... Wie stehst du zu meinem Wunsch mein Tribunat schon bald zu beginnen?" Marcellus beschloss es noch einmal mir einer direkteren Art und Weise zu versuchen. Er hoffte, dass sich der Kaiser durch diesen Vorstoß nicht bedrängt fühlte und nahm einen kleinen Schluck vom Wein. So langsam merkte er wie ihm dieser zu Kopf stieg und er beschloss eilig sich zu mäßigen.

    Marcellus hätte sich wirklich ein weniger kompliziertes Thema als die Philosophie gewünscht. Natürlich hatte er eine standesgemäße Bildung genossen und er hatte auch bei namhaften Rednern und Philosophen gelernt. Aber darüber nun mit dem Kaiser zu sprechen? Über seine Weltanschauung? Gänzlich ohne Vorbereitungszeit, nun...


    Natürlich hing er dem Stoizismus an. Er war der Meinung, dass jeder Mann seinen Beitrag zum großen Ganzen, womit natürlich Rom gemeint war, leisten musste. Marcellus hatte auch ziemlich konkrete Vorstellungen davon, wer was zu leisten hatte. Die Gesellschaft war in unterschiedliche Schichten unterteilt und jedermann hatte entsprechend seines Standes eine Aufgabe. Die Aufgabe des Patriziats war es, Rom zu regieren, es zu leiten und zu lenken. Er war zwar der Idee eines Kaisers zugetan, vertrat aber die Meinung dass der Adel deutlich stärker in die Regierung eingebunden werden sollte. Der Senat sollte seiner Ansicht nach wichtiger sein und der Kaiser mehr ein Primus inter Pares. Gleichzeitzig sollten Plebejer und vor allem Ausländer nicht in diese Kreise aufsteigen können. Bildung, Stand, Lebensweise... so etwas konnte ein Ausländer nicht einfach erlangen. Selbst nach vielen Generationen konnte ein ehemaliger Germane, Gallier oder Syrer nicht einfach so als Römer angesehen werden. Erst recht nicht als Römer von hohem Stand...


    "Ich bin ein Freund von Musonius Lehren, Augustus." antwortete Marcellus schließlich. Gaius Musonius Rufus war vor einigen Jahren verstorben und Marcellus hatte ihn nie kennen gelernt, aber er hatte einige Schriften des Mannes gelesen und war von der Vorstellung angetan, dass jeder Mann und auch jede Frau, ja sogar jeder Sklave zu einem tugendhaften Leben befähigt war.


    "Zuweilen erscheinen mir seine Forderungen nach einem asketischen Leben als etwas... übertrieben." Marcellus sah seinen Wein an und sein Blick schweifte auch zu dem üppigen Büffet, ebenso wie er auch an sein weiches Bett dachte, dann sah er aber wieder den Kaiser an. "Trotzdem denke ich dass viel Wahres in seinen Lehren steckt. Ein gutes und tugendhaftes Leben kann jedermann erreichen, sofern er sich in Selbstdisziplin übt und seinen Geist nicht von Dekadenz, Faulheit und Genusssucht vergiften lässt." Marcellus hatte für sich versucht einen Mittelweg zu wählen. Er konnte und wollte nicht auf jeden Genuss verzichten, aber er achtete darauf immer nur in Maßen zu genießen.

    Marcellus verzog keine Miene, als der Augustus davon sprach dass auch plebejische Geschlechter ehrbar waren. Nun, er konnte da nicht wirklich zustimmen. Oftmals waren auch die älteren plebejischen Geschlechter nichts anderes als die Abkömmlinge von Viehhirten oder Bauern. Sie hatten einfach nicht dasselbe Niveau wie die alten Patrizierfamilien. Sie eiferten ihnen zwar nach, aber am Ende kam ihre bäurische Herkunft immer wieder durch...


    Marcellus wollte aber auf dieser Frage nicht weiter herum reiten. Ihm war klar dass die Aquilier ein weniger vornehmes Geschlecht waren als die Claudier und er wollte nicht den Eindruck erwecken am Ende gar die kaiserliche Familie beleidigen zu wollen. Der junge Marcellus empfand zwar auch die nobleren unter den Plebejern als ihm nicht ebenbürtig, aber er konnte sie in der gehobenen Schicht Roms akzeptieren. Was ihn wahrlich störte waren diese Aufsteiger, deren Vater noch ein niederer Plebejer oder gar ein Barbar gewesen war und welche nun meinten in denselben Kreisen verkehren zu können wie er selbst.


    "Die römischen Tugenden, die römische Kultur und die römische Bildung sollten immer und überall eine Rolle spielen. Egal ob im Senat, bei den Gerichten oder in der Armee. Da stimme ich dir voll und ganz zu Augustus." sagte der junge Mann, der seine Chancen langsam steigen sah. Der Augustus schien ihm gewogen zu sein, oder täuschte er sich da?


    "Wenn unsere Armeen von ungebildeten Männern angeführt werden, dann sind wir doch nicht besser als die Barbaren. Ich finde ein Anführer muss seinen Soldaten und dem Volk ein Vorbild sein. Er muss römische Tugenden verkörpern und Rom stets Ehre machen." Marcellus verkniff sich, dass er den Kaiser, ebenso wie auch seinen Großvater für ziemlich gute Abbilder dieser Tugenden hielt. Dies zu sagen wäre Schleimerei gewesen und diese war Marcellus zuwider.

    Marcellus widmete sich nach dem Gespräch über die Daker ebenfalls dem Essen und dachte über seine Chancen nach. Er entstammte einer hochangesehenen Familie, hatte einen Helden Roms zum Großvater, eigentlich hatte er wirklich gute Voraussetzungen um sich selbst einen Namen in Rom zu machen. Es fiel ihm dennoch schwer den richtigen Weg zu finden um mit dem Kaiser zu sprechen. Der Augustus hatte einfach etwas unantastbares und Marcellus fühlte sich ein wenig als solle er mit Jupiter selbst plaudern.


    "Augustus, mir ist gerade in jüngster Vergangenheit immer wieder aufgefallen, dass die römische Aristokratie sich mehr und mehr mit Politik oder geistigen Künsten befasst und immer weniger Wert auf die Sicherheit und Größe unseres Reiches gelegt wird. Einige noble Familien natürlich ausgeschlossen, wie die Aquilier oder die Claudier."


    "Aber unsere Armeen werden immer öfter von Männern angeführt, die von niederer Herkunft sind... Plebejer oder noch schlimmeres..." vor allem dachte Marcellus da an Duccius Vala... ein handfester Barbar, der die Kontrolle über das ganze Germania Superior hatte... und über alle Legionen dort.


    "Ich finde dass die Generäle unserer Armeen Männer von Stand und Bildung sein sollten. Männer welche die hohen Ideale und Traditionen Roms im Blut haben." führte der ziemlich standesbewusste Patrizier weiter aus, während er einen Schluck Wein trank.


    Sim-Off:

    Es tut mir wirklich sehr Leid, dass das hier so lange gedauert hat!

    Ein wenig ärgerte sich Marcellus, dass er nun einem falschen Gerücht aufgesessen war. Aber sein Ärger war wirklich nur sehr gering, denn ob es nun Unruhen gab oder nicht, er hatte mit dem Kaiser ein Gesprächsthema gefunden, bei welchem er sich möglicherweise profilieren konnte. Scato war in Sachen Dakien offenbar ebenfalls falsch informiert gewesen, aber was machte es schon.


    Marcellus lauschte interessiert den Worten des Kaisers, ehe er sich eine Antwort überlegte. Menecrates tuschelte gerade etwas mit Silana, was den jungen Claudier nicht interessierte. Vermutlich ging es um dieses ungezogene Ding, Sisenna...


    "Also keine grobschlächtigen Barbaren, wie die Germanen oder die Skythen?" fragte Marcellus nach und seine Stimme klang fast etwas enttäuscht. "Dann werden sie sich ja sicherlich glücklich unter die römische Herrschaft fügen." Es war schon ungewöhnlich, dass dieses Volk so ruhig war. Andererseits hatten sie vielleicht die Vorteile der römischen Herrschaft erkannt. Und die stärke der römischen Armee. Marcellus versuchte sich vorzustellen, wie er handeln würde sollte Rom von einem fremden Volk unterworfen werden... Doch der Gedanke war zu abwegig. Rom war zum herrschen bestimmt, Rom war das Zentrum der Welt!


    "Würdest du sagen, Imperator, dass sie ein gefährlicherer Feind als die Germanen waren?" die Germanen, das waren für Marcellus Zeit seines Lebens Schreckensgestalten aus dem Norden gewesen. Barbaren, die Menschen fraßen und die so groß und stark waren, dass sie zehn Männer zugleich unter ihren Fäusten zermalmen konnten. Ja, früher hatte Marcellus Angst vor Roms nördlichen Feinden gehabt. Heute faszinierten sie ihn. Die Legionen im Norden beschützten das Reich mit ihrem Leben und Marcellus wollte an die Grenze. Er wollte Rom verteidigen und nicht in der Hauptstadt vor staubigen Pergamenten sitzen und irgendwelche Listen abschreiben! Aber er würde versuchen dem Kaiser dieses Feuer zu vermitteln, welches in seinem Inneren brannte!

    Marcellus hatte bemerkt, dass seine Anfrage den Kaiser nicht vollkommen überzeugt hatte und hätte er die Gedanken des Princeps lesen können, wäre er wohl noch nervöser geworden. Ein wenig hilfesuchend hatte er zu Menecrates gesehen und dann auch den Blick auf Livineia gerichtet, die ihm freilich in dieser Situation auch nicht helfen konnte. Das hätte er auch gar nicht gewollt. Er musste das hier selber durchstehen, vielleicht kam ja später noch eine Gelegenheit um sich beim Kaiser etwas besser zu verkaufen.


    Zunächst sprach Menecrates mit dem Imperator über seine eigene politische Laufbahn, ein Ergebnis gab es bei diesem Gespräch nicht wirklich. Ja und dann, ja dann schämte sich Marcellus wieder in Grund und Boden. Sisenna, diese kleine verzogene Göre beschämte wieder einmal die gesamte Familie. Menecrates musste wirklich an seinem Auftreten arbeiten, es ging doch nicht an dass bei einem Besuch des Kaisers von Rom! die eine Tochter des Hauses miesepetrig herum stand wie eine Ziege, während eine weitere den Imperator um Grundbesitz anbettelte. Hätte sie auf diese Weise bei ihrem Großvater um eine Süßigkeit gefragt, wäre es das eine gewesen. Aber beim Kaiser? Und dann gleich so etwas? Marcellus wäre am liebsten im Boden versunken vor Scham.


    Dann aber war auch dieser Zwischenfall irgendwie abgewendet und es ging zurück ins Atrium, wo man sich auf Clinen und Sesseln verteilte und die Sklaven die ersten Häppchen und Getränke verteilten. Eigentlich hatte Marcellus keinen Hunger. Er war viel zu nervös und seine Gedanken kreisten viel zu sehr darum, wie er sich selbst beim Kaiser in ein etwas besseres Lich rücken könnte. Aber wenn er nervös auf seiner Cline lag und nichts aß, dann würde das sicherlich nicht passieren. Er sah noch einmal zu Menecrates und zu Livineia, dann nahm er sich einen halben Apfel und blickte zum Kaiser. Sie hatten sich niedergelassen, es gab gerade kein Gesprächsthema... vielleicht war das nun ein guter Augenblick?


    "Imperator, ich hörte neulich dass es in Dakien wieder Unruhen gab? Ich kenne die Daker nicht, vielleicht könntest du mir etwas über dieses Volk berichten?" ich spielte natürlich darauf an, dass der Kaiser in den Dakerkriegen gekämpft hatte. Ich wollte das Gespräch ein wenig zum militärischen lenken und hoffte auf diesem Gebiet ein paar Punkte machen zu können. Außerdem waren die Daker wirklich ein Volk von dem ich kaum etwas wusste. Und die Völker an unseren Grenzen hatten mich immer schon interessiert und auch fasziniert.

    In der Tat zögerte der junge Römer bei der Frage des Augustus einen Moment. Ja, er wollte das Tribunat vor dem Vigintivirat absolvieren und er wusste auch warum. Aber wie erklärte er dieses "warum" nun am besten? Es würde sicherlich nicht reichen dem Kaiser einfach zu erklären dass er keine Lust auf ein Jahr Staatsdienst hatte, ehe er militärisches Wissen erlangen konnte. Er war schon fast kein junger Mann mehr und es wurde Zeit, dass er etwas bedeutsames in seinem Leben tat. Irgendwelche Verwaltungsaufgaben zu verrichten war nichts besonderes.


    "Imperator, es stimmt dass ich mich zum Militärdienst hingezogen fühle." antwortete er zunächst, nachdem der Kaiser sich aufgrund seines Zögerns an seinen Großvater gerichtet hatte.


    "Ich möchte mich beweisen, will Rom dienen und in der Tradition meiner Ahnen leben. Ich habe von meinem Großvater gelernt, habe studiert und ich weiß dass es nun für mich an der Zeit ist den Gladius zu nehmen." sagte er ziemlich andächtig und ernsthaft. Es war Marcellus ernst damit und um das zu unterstreichen, setzte er noch einmal an.


    "Lass mich zu den Legionen gehen, Pater, ich werde Rom und dir Ehre machen." versprach er noch einmal, noch mehr Ernsthaftigkeit und Inbrunst in die Stimme legend. Doch hatte seine Stimme auch etwas bittendes, was dem Claudier wohl niemand anderem als dem Augustus gegenüber passiert wäre. Vorerst war er mit seiner Erklärung nun fertig und er schwieg, abwartend wie der Kaiser reagieren würde.

    Marcellus beobachtete noch ein wenig, wie ein Teil seiner Familie mit der Kaiserin in den Garten verschwand. Er bekam mit, wie Silana ein recht unangebrachtes Verhalten an den Tag legte, scherte sich aber nicht darum. Er war nicht der Herr dieser Familie. Wäre er es, würde er dafür sorgen dass seine Verwandten nicht derartig aus der Reihe tanzten. Die Gens Claudia war eine alte, eine uralte, würdevolle Familie, voller Traditionen... Aber es war unnütz sich darüber zu ärgern. Er würde demnächst, sofern die Götter ihm gewogen waren, in einer entfernten Provinz militärische Erfahrungen sammeln. Wenn er zurück kam, konnte er sich darum kümmern den Ruf der Familie zu verbessern.


    "Bei einem militärisch sehr erfahrenen Mann, Augustus." antwortete Marcellus auf die Frage des Imperators.


    "Bei meinem Großvater. Nicht während seiner Zeit in Germanen, sondern danach. Dennoch habe ich in dieser Zeit vieles gelernt." ergänzte er. Er hatte seinen Großvater in der Tat oft nach Einzelheiten gefragt. Trotzdem waren es nur Erzählungen und Marcellus brannte darauf sich selbst zu beweisen. Nicht anderer Männer Geschichten zu hören, sondern selbst das Blut der Feinde Roms zu vergießen.


    "Aber ich war noch nie an der Grenze und habe noch nie einen ernsthaften Kampf erlebt. Ich bin kein echter Römer und mache meinen Ahnen Schande, wenn gute Römer unser Land gegen die Wilden verteidigen, während ich hier in Rom sitze und Texte über die Poesie lese. Daher will ich mein Tribunat ableisten. Ich habe damit schon fast zu lange gewartet." immerhin war er nun schon 21 Jahre alt. Seit fünt Jahren war er ein erwachsener Mann...

    Marcellus bemerkte nicht, dass die Frau des Augustus ihm grollte, er hatte von ihr zunächst nur wenig Notiz genommen, da sie bei seinem Eintreten vor der kleinen Sisenna hockte und nicht wirklich einen herrschaftlichen Eindruck gemacht hatte. Die Kaiserin war noch ziemlich jung, bestimmt 20 Jahre jünger als ihr Gemahl und sie war sichtbar schwanger. Marcellus bemerkte sie auf den zweiten Blick, fand aber nichts dabei zunächst einmal den Imperator begrüßt zu haben, schließlich war er der Herr über Rom und Marcellus hatte bei seinem Eintreten nicht direkt alle Anwesenden grüßen wollen, sondern zunächst seinem Großvater Gelegenheit gegeben ihn vorzustellen.

    "Salve Augusta."
    fügte Marcellus nun, da er vorgestellt worden war, hintenan. Noch immer ohne sich einer Schuld bewusst zu sein. Sein Blick ruhte auf dem Imperator, welcher schon in reifem Alter, allerdings auch noch nicht alt war. Ein Mann, der noch immer in seinen besten Jahren war, zweifellos. Marcellus wusste, dass Severus ebenfalls ein Soldat gewesen war. Ein Politiker und Soldat, so wie ein anständiger Römer es sein sollte. Er hatte die sechzehnte Legion befehligt und er hatte die Provinz Dalmatien verwaltet. Er hatte in Dakien gekämpft... Ein Mann zu dem Marcellus durchaus aufblicken konnte, ebenso wie zu seinem Großvater.


    Wieder musste er an Flavius Scato denken, den Politiker, mit welchen er neulich gesprochen hatte. Wer hatte es in Rom jemals zu etwas gebracht ohne militärische Erfahrung?


    Die Kaiserin äußerte den Wunsch mit Sisenna und Silana das Anwesen zu besichtigen, was Marcellus etwas merkwürdig fand, was er aber selbstredend nicht kommentierte. Sie war immerhin die Frau des Imperators und bei diesem Besuch verabschiedete sie sich direkt nach der Ankunft von ihrem Gastgeber und trollte mit einem kleinen Kind und einer, nun... schwierigen jungen Frau durch das Haus. Aber es war nicht an Marcellus dies zu beurteilen, er hätte sich lediglich etwas mehr dignitas von diesem Besuch erwartet.

    "Ja, Augustus. Ich strebe danach Rom zu dienen. So wie es meine Ahnen schon immer getan haben."
    eine Anspielung auf die wirklich weit zurück reichende Vergangenheit der Claudier, auf welche Marcellus stolz war. Fast vom Anbeginn der Republik an, lebten sie in Rom. Es hatte Höhen und Tiefen gegeben, aber in jüngerer Zeit hatten sie sich von der Schande erholt, welche die letzten claudischen Kaiser über sie gebracht hatten. Nicht wenig hatte sein Großvater Menecrates dazu beigetragen. Marcellus selbst würde seinen Teil noch leisten müssen.