Kaum hatte er die Bühne betreten, hörte er die Stimme Sisennas, die lautstark verkündete, wer er war. Sofian schwenkte seinen Kopf flüchtig herum, bemerkte aber dann, dass es besser wäre sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen, so brüchig es auch immer sein mochte. Auch Marco wirkte nun ein wenig unsicher in seinem Text, während Maximus ein Lebenszeichen von sich gab und Wein für sich und seinen Gast forderte. Sofian tastete sich noch immer an der Liege entlang und fand im Anschluss auch den kleinen Tisch, über den er nun testweise streichelte, um dann das Tablett darauf abzustellen. Dann griff er nach den Bechern und Tellern und platzierte sie irgendwo. Hauptsache eben auf dem Tisch. Das Einschenken des Weines jedoch sollte sich schwieriger gestalten. Mit einer Hand ergriff er einen Becher, mit der anderen den Krug und schüttete den Wein im Anschluss zielsicher daneben. Das kostbare Nass ergoss sich über den Tisch und bildete dann ein Rinnsal, welches seinen Weg auf den Boden fand. Immerhin konnte er ja im Dunkeln nichts sehen. Das Gleiche wiederholte er mit dem anderen Becher. “Dein Wein, Dominus!“, erklärte er nun feierlich. “Für dich und deinen Gast!“
Beiträge von Sofian
-
-
Maximus verlangte es also nach Essen und Wein. Sofian schnaubte aus und kam nicht umhin festzustellen, dass er nervös war. Eigentlich mochte er das Theater, doch er hätte sich niemals träumen lassen, einmal selbst mitzuspielen. Zum Glück spielte nur einen Sklaven, was das einzige war, zu dem er bereit gewesen war. Mit einem Tablett in der Hand, auf dem sich ein Krug Wein, ein Becher und zwei Teller mit einigem Obst befanden, machte er sich auf den Weg in den ‚stockfinsteren‘ Raum hinein. Dabei eilte er sich aber nicht, sondern bewegte sich mit einem Fuß nach vorne tastend. “Keine Lampen? Herr, wo bist du? Ich kann nicht sehen!“, sprach er laut und deutlich, während er recht langsam weiter schlich und dann so heftig gegen die Kline stieß, sodass Krug und Becher gehörig ins Wanken gerieten und das Geschirr klapperte. “Oh Bona Dea! Wo ist nur das Licht?“, stieß er dann aus, ganz so als würde er einen Fluch aussprechen. “Dominus? So sag doch etwas!“ Das Tablett nunmehr auf einer Hand jonglierend bückte er sich ein wenig, um sich an der Kline entlang zu tasten.
-
Wie immer war ich meiner kleinen Domina gefolgt. In den letzten Tagen hatte ich mir viele Gedanken gemacht, die allesamt um meine Familie gekreist waren, doch wie sollte ich diese Gedanken mitteilen? Der Aufstand um die Sklavin Varia hatte mich beschäftigt und irgendwie war ich betrübt darüber, dass er nieder geschlagen worden war. Wer konnte schon wissen, ob ich mich ihm angeschlossen hätte? Doch das war unfair von mir. Eigentlich hatte ich nichts auszustehen und ich mochte die kleine Sisenna. Aber auf der anderen Seite hielten mich die Umstände davon ab, meiner Berufung nachzugehen. Ich wollte auf meinem Gebiet arbeiten und glücklich werden, ohne den Launen eines Kindes folgen zu müssen. Dennoch stapfte ich neben der Sänfte her, bis diese abgesetzt wurde. Offenbar ging es um ein neues Grundstück. Natürlich für die Bienen. Welches Haus hätte man hier errichten können? Für eine arbeitende Familie. Ein Heim für Träume, dass nun würde für Bienen herhalten müssen. Ja, ich war verbittert, doch konnte man es mir verdenken?
Sisenna wollte darüber laufen und ich folgte ihr wie immer. Die Schritte zählte ich nicht, sondern ich setzte nur einen Schritt von den anderen. Bei fünfundzwanzig blieb ich stehen. Genau hier sollte also ein Baum gepflanzt werden. Ich seufzte. Den Blick meiner Herrin begegnete ich mit einem gezwungenen Lächeln, bis ich angewiesen wurde, diese Stelle zu markieren. Nur womit? Meine Blicke grasten über das Gelände, doch außer einige Büschen war nichts zu sehen. “Ja, Domina,“ sagte ich nur knapp und hielt dann auf die Büsche zu. Es würde wohl reichen, eine Ranke abzureißen und sie in die Erde zu rammen, damit ein verdammter Baum dort Platz finden konnte. An den Büschen angekommen machte ich mich daran ein ganzes Büschel abzureißen, was ohne Messer nicht ganz einfach war. Die Säfte unter der Rinde waren frisch und das Gehölz erwies sich als überaus biegsam. Dann aber schaffte ich es. Ich drehte mich herum und bemerkte einen Fremden, der sich der Domina genähert hatte. Einen Moment lang war ich alarmiert, doch dieses Gefühl ließ bald nach. Bestimmt war es einer dieser Speichellecker, die sich über die junge Domina einen Zugang zu ihrem Vormund erhoffte. Langsam ging ich wieder auf die beiden zu, mit Stück Busch in der Hand. Bei ihnen angekommen machte ich mich daran, den abgebrochenen Ast in den Boden zu befördern.
-
Einen Moment lang hing ich noch meinen eigenen Worten nach, die bei dem Urbaner wohl auf taube Ohren treffen würden. Das machte mich betroffen und mehr: Es machte mich wütend. Ich war immer ein guter Mensch gewesen. Ein Mensch, der sich morgens im Spiegel betrachten konnte. Ein Mensch, der sich auf den nächsten Tag freute, um auch dann wieder der eigenen Arbeit nachgehen zu können. Und nun? Nun war ich ein Sklave und wusste nicht, wo meine Familie war. Derartiges war also von den Römern gebilligt, nur damit sie weniger Arbeit hatten oder sich in einem unglaublichen Anflug von Hochmut nicht um diese Dinge kümmerten? Konnte dann ein jeder überfallen und versklavt werden und das auf dem eigenen Herrschaftsgebiet? Wie widerwärtig das alles war. Hass wallte in mir empor. Hier hatte ich mir Hilfe erhofft und nun? Nun war ich nichts mehr wert, weil man meine Schwester geschändet und mich verschachert hatte wie ein Stück Vieh? Meine Arbeitskraft hatte ich Rom angedeihen lassen wollen. Und nun? Ich schnaubt Luft durch die Nase und wendete mich ab.
Sisenna hatte Recht. Wir sollten und an jemand anderen wenden und wenn es der Kaiser höchst selbst war. Mir war es egal. Mir das schlimmste Unrecht angetan worden und ich forderte Genugtuung und Rehabilitation. Doch wie sollte ich oder gar die Götter meine Schritte lenken? Ich war in Versuchung nicht mehr an die Macht der Götter zu glauben. Es war nur die niederträchtige Macht der Menschen, welche einen auf die schlimmsten Pfade führte. “Gehen wir also!“, presste ich wütend und deprimiert heraus und wandte mich tatsächlich zur Tür. Aber was dann? Sollte ich dem Kaiser schreiben? Ich würde es tun! Ich würde es definitiv tun. “Wenn es sein muss, schreibe ich an den Kaiser!“, sprach ich meinen Gedanken aus. Meine Familie war alles für mich gewesen. Was mit mir geschehen würde, wäre mir beinahe egal. Ich hielt also die Tür auf und hoffte, dass Sisenna mir folgen würde. “Lass uns gehen, kleine Domina,“ sagte ich. Dann warf ich dem Urbaner noch einen festen Blick entgegen, in welchem geschrieben stand, dass ich ihn für immer hassen würde.
-
Mit langen Schritten folgte den Bienen, doch achtete ich darauf, die kleine Domina nicht zu überholen, die ebenfalls rannte und in Sorge um ihre Insekten war. “Die Vigiles werden sicherlich gleich da sein!“, rief ich ihr zu und bemerkte dann das Portal, an welchem sich der Schwarm sammelte. Auch hier waren die Menschen in Panik geraten und ich konnte es ihnen nicht einmal verdenken. “Vielleicht sollten wir einen Boten zu den Vigiles schicken,“ schlug ich vor, denn irgendwie traute ich es Sisenna Bienenkundigen nicht zu, den flüchtigen Bienenstaat wieder einzufangen. Für mich war der Fall klar, dass die Bienen mehr oder weniger verloren hatten. Oder?
-
Irgendwie fühlte sich mein Mund trocken an und konnte es noch nicht ganz fassen, in welche Gefahr wir uns begeben hatten. Allein schon der Anblick des nieder gebrannten Hauses, die vielen Toten und dann, zu allem Überfluss, hatte ich auch noch ein Kaufangebot auf die Mauer geschrieben. Insgeheim rechnete ich schon damit, dass der Hausherr nun aus alles Wolken fallen würde, was er sicherlich auch tat, denn immerhin erhob er sich nun unwillkürlich von seinem Sitz und ich trat einen Schritt zurück. Doch das Donnerwetter, welches ich erwartet hatte blieb aus, was ich wohl dem schlechten Zustand der jungen Domina verdankte. So übel es auch klingen mochte. Blieb nur zu hoffen, dass ich auch im Nachhinein nicht in größere Schwierigkeiten geraten würde. Doch auch ich war in Sorge um Sisenna, selbst wir mir auch noch der Schock über das Gesehene in den Gliedern steckte.
Schließlich hob ich aber wieder meinen Blick und lauschte der Verkündigung des Hausherren, selbst wenn das hieß, dass ich noch einmal zur ehemaligen Villa der Tiberia zurück musste, um die Schrift zu tilgen, die ich dort angebracht hatte. Es widerstrebte mir, denn es blieb gefährlich und hatte nicht vor, noch ein weiteres Mal zu einem Opfer von irgendwelchen Übeltätern zu werden. Dabei verstand ich die Wut der Sklaven, welche sich erhoben hatten, denn diese war auch die meine. Ich war durch widrige Umstände in meinem Schicksal gestrandet und nach wie vor hätte ich gerne etwas getan, um dieses rückgängig zu machen. Darüber allerdings würde ich wohl in einer ruhigen Minute nachdenken müssen. Im Moment war ich befangen und mein Herz klopfte aufgeregt in meiner Brust. Immer wieder schaute ich zu Sisenna hinüber, die nach ihrer Mutter verlangte. Ein nachvollziehbarer Wunsch, den ich nur allzu gut aus meiner eigenen Kindheit kannte. Cara würde sich nun um sie kümmern und ich sollte mich bereit halten. Wieder nickte ich und schritt auf Sisenna zu, bereit, sie gemeinsam mit Cara durch das Haus zu geleiten. Ich hätte sie von ihrem Plan abbringen müssen, aber nun war es viel zu spät. “Es tut mir leid, kleine Domina!“, flüsterte ich ihr zu. -
Ich konnte nichts anderes tun, als mich schweigsam zu halten und abzuwarten, was die kleine Claudierin aus der ganzen Sache machte. Dabei musste ich zugeben, dass ich eingeschüchterter war als sie, auch wenn ich immer noch hoffte und diese Hoffnungen durch die Worte des Urbaners mehr und mehr zerstört wurden. Wollte er mich zunächst noch auspeitschen lassen, so machte es schon bald den Anschein, als wäre er froh wenn wir endlich gehen würden. Meine Familie würde ich wohl niemals wieder finden und es machte mich überaus betroffen nun noch einmal zu erfahren, welche Rechte ein Sklave hier genoss: Gar keine. Noch immer hatte ich mich damit abgefunden und ich würde es wohl auch niemals. Etwas unruhig trat ich während des Gesprächs von einem Bein auf das andere und neben meiner Verzweiflung bemerkte ich eine stille Wut, welche mehr und mehr in mir aufkeimen wollte. Doch was sollte ich tun? Los schreien und meinem Temperament freien Lauf lassen, ohne auf die Konsequenzen zu achten oder sollte ich still bleiben und in meiner Furcht verharren? Ich wusste es nicht. Immer mehr kristallisierte es sich heraus, dass dieses Gespräch ins Nichts führen würde, doch ich bewunderte meine kleine Herrin für ihre Standhaftigkeit. Sie wirkte wirklich eher wie eine Erwachsene und nicht unbedingt wie ein Kind von sieben Jahren. Dafür war ich ihr dankbar, zeigte es doch, dass sie nahezu vorbehaltlos auf meiner Seite stand. Das würde ich ihr niemals vergessen, auch wenn es nicht zu einem Erfolg geführt hatte. Als der Urbaner ging, schaute ich ihm hinterher und seufzte stumm. “Ich weiß es nicht,“ entgegnete ich auf die Frage. “Ich habe so gehofft, hier Hilfe zu finden...“ Ich merkte, dass mein Hals trocken war und mir die Tränen empor steigen wollten, doch diese Blöße wollte ich mir nicht geben. Stattdessen straffte ich mich ein wenig und schaute Sisenna fest entgegen. “Vielleicht könnte man sich noch an eine andere Stelle wenden, um Gerechtigkeit zu erfahren… Wir wurden überfallen und allem beraubt was wir hatten. Hat denn hier niemand Interesse diese Banden zu finden, da sie unbescholtene Reisende plündern und sie mit Leib und Leben verkaufen? Das muss doch im Interesse der Urbaner sein!?“
-
... und führe uns nicht Versuchung.... *zum Hausherrn linst*
-
Es kam, wie es kommen musste. Besorgt eilte auch schon der Hausherr herbei und wünschte unmissverständlich zu wissen, was geschehen war. Beschämt schaute ich ihm entgegen, während er noch mit den Anwesenden sprach. Dann holte ich tief Luft und setzte zu einer Antwort an. “Die Domina hat sich in den Kopf gesetzt zum Anwesen der Tiberier hinüber zu gehen, als sie Rauchschwaden bemerkte. Wir haben uns daraufhin aus dem Haus geschlichen. Vor dem Anwesen angekommen sollte ich an die Mauer schreiben, dass sie das Grundstück oder besser den Garten zu kaufen wünscht...“ Der Bericht über diese Aktion hörte sich jetzt im Nachhinein betrachtet genauso dämlich an, wie sie gewesen war. “Dann ist sie in die Ruinen hinein und sah die Toten. Ich bin gleich zu ihr gelaufen, doch es war zu spät. Ihr wurde… ihr wurde schlecht… und dann kamen die Prätorianer.“ Am Ende meines Berichts schaute ich genau zu dem Boden, in welchem ich nun gerne versunken wäre. Unterdessen kam die kleine Domina wieder zu sich und stellte sich die Frage, ob die Toten ihre Schuld gewesen waren. Ich antwortete jedoch nicht, sondern blieb einfach nur ruhig und in mich gekehrt stehen.
-
Im Atrium angekommen ging ich direkt auf den Korbsessel zu, in welchen Marco die kleine Sisenna nun setzte. Am liebsten hätte ich ihre Hand gegriffen, denn sie hatte wirklich blass und fürchterlich mitgenommen ausgesehen. Irgendwie war es meine Schuld. Ich hätte ihr ihren Plan ausreden müssen. Es war verrückt gewesen zu dem fremden Anwesen zu gehen und besimmt würde das der Hausherr ebenso empfinden.
-
Ich beeilte mich nun, um zu der kleinen Domina zu gelangen, doch Marco war natürlich der bessere Mann, um diese ins Haus zu bringen. Also hielt ich mich zurück und hoffte auf den Medicus. Mir war gleich klar gewesen, dass die Idee, zum Nachbargrundstück hinüber zu gehen eine überaus dumme gewesen war. Doch was hätte ich tun sollen? Hätte ich mich verweigert, wäre Sisenna sicherlich allein gegangen. Sie hätte sich bestimmt davon gestohlen, um ihre Botschaft an der Mauer anzubringen. Nun blieb nur auf den medizinkundigen Griechen zu hoffen und auch, dass diese die Albträume vertreiben würde, die sich mit Sicherheit einstellen würden, nach diesem üblen Anblick. Ich folgte also Marco und der kleinen Domina ins Atrium hinein.
-
Irgendwie war ich froh, dass die kleine Domina sich nun herumdrehte und vor allem aufhörte, die Kekse zu essen. Am Ende hätte sich vielleicht doch eine Biene darauf verirrt und nicht auszudenken, wenn sie gerade in so eine empfindliche Region stach, wie eine Lippe. Ich konnte ihr wirklich nicht helfen. Nicht in dieser Situation, mit der ich wahrscheinlich nicht alleine überfordert war. Eigentlich hatte ich gar nicht vorgehabt, Sisenna im Stich zu lassen, doch ich würde eben nicht alles blind tun und letztendlich wohl gar mein Denken ausschalten, nur um gehorsam zu sein. Dafür war ich wohl nicht Sklave genug und ich hoffte inständig, dass ich das auch niemals werden würde. In diesem Moment allerdings blieb nur noch zu hoffen, dass Valentinus wirklich schnell hier erscheinen würde, um dem ganzen Spuk ein Ende zu machen. Sofern es denn ohne Komplikationen möglich war. Die folgenden Worte der Claudia allerdings machten deutlich, wie jung sie wirklich war. Wie sollte ich denn die Vigiles daran hindern zu tun, was immer sie meinten tun zu müssen? Doch Sisenna sorgte sich eben um ihre Bienen und deshalb nickte ich. “Ich werde alles tun was in meiner Macht steht,“ erklärte ich ruhig und diplomatisch. “Das verspreche ich.“ Es würde sich ja zeigen, wie weit meine Macht reichen würde, aber viel Hoffnung hatte ich nicht, außer, dass die Vigiles nicht zur Brandlöschung hier waren, sondern um den Markt zu räumen. Ich blickte zur Tür. Hoffentlich war Valentinus bald da!
-
Offenbar wollte die kleine Domina nicht mit hinaus gehen und meine Blicke schweiften wieder hinauf zu dem Schwarm, der sich wie ein einziger Organismus, an einem Balken hängend um seine Königin scharte. Ich hatte keinerlei Erfahrungen mit Bienen und wenn ich mir nun die Sache genauer betrachtete, so wollte ich sie auch gar nicht haben. Aber war es nicht so, dass Bienen nur einmal stechen konnten und danach verstarben? Schnell eilte ich hinaus und rief Valentinus entgegen, dass er schnell erscheinen sollte. Er war doch mitgekommen oder etwa nicht? Wie dem auch war, ich kannte wirklich noch nicht jeden aus dem Haus der Claudier, doch sollte der Besagte nicht anwesend sein, so konnte sich ein anderer Sklave aufmachen, um ihn zu holen. Dann ging ich zügig zurück. Ich blickte wieder zu Sisenna, die sich nun ungehalten über mein Verhalten war und sich dank der durch iason gereichten Münze nun eine Portion Kekse gönnte und diese im Angesicht ihrer Bienen aß, was ich für keine gute Idee hielt. “Domina…!“, setzte ich an, doch schwieg sogleich wieder, als der Aedil nun ankündigte, dass er die Vigiles holen lassen wollte, um den Markt zu räumen. Das würde mit Sicherheit Ärger für die Claudierin geben. Immerhin schien Flavius Scato schon ein wenig gallig zu sein. Ich näherte mit Sisenna und blieb hinter ihr stehen, wobei ich aufpasste, dass ich nicht von zu vielen Bienen umflogen wurde. “Domina, schau,“ sagte ich dann nach einem kurzen Nachdenken. “Ich kenne mich doch gar nicht mit Bienen aus und wenn ich nun versuchen würde sie einzusammeln, dann würden sie mich stechen. Bestimmt würden mich ganz viele stechen, das sie versuchen würden, ihre Königin zu verteidigen.“ Ich machte eine Pause, um zu sehen, wie meine Worte auf die kleine Domina wirkten. “Und du weißt doch, dass die Bienen sterben würden, wenn sie das tun. Sie verlieren ihren Stachel und die Verletzung, die sie dabei erleiden ist so groß, dass sie das nicht überleben können….“ Ich seufzte leise und sagte versöhnlich: “Du willst doch nicht, dass sie sterben, also brauchen wir jemanden, der sich damit auskennt und Valentinus ist dafür einfach der bessere Mann.“
-
Es war kein sonderlich langer Ritt und schnell waren wir wieder vor den Toren der Villa Claudia angelangt. Etwas schwerfällig rutschte ich vom Pferd und bemerkte dabei meine inzwischen weichen Knie. Der Anblick der abgebrannten Villa Tiberia war kein sonderlich schöner gewesen, doch noch schlimmer war es für die kleine Domina gewesen. Sorgenvoll glitt mein Blick hinüber zu ihr, doch dann kam auch schon der Befehl, dass ich anklopfen sollte. Ich ging also zu der großen Porta hinauf und klopfte wie befohlen.
-
Ich betrachtete, wie die ersten Reihen der Zuschauer besprengt wurden und die Aufforderung erfolgte, dass nun jeder sein Gebet an Hercules richten konnte. Doch was sollte ich ihm schon sagen? Dass ich gerne meine Familie wiederbekommen hätte? Dass ich verzweifelt gerne wüsste, wie es meiner Schwester ging? Das alles wussten die Götter schon, denn sie hatten es mehr als nur einmal von meinen Lippen gehört und auch des nachts, wenn sich der Schlaf nur schwerlich einstellen wollte, schien mir von ihnen niemand zu zu hören. Vielleicht konnte ja auch dieses große Opfer mir selbst helfen, doch ich glaubte nicht daran. In meinem Leben hatte ich schon zu viele Götter kennen gelernt, denn jeder Landstrich schien seine eigenen zu haben und mein Vertrauen zu ihnen allen hatte begonnen zu bröckeln. Ich schaute in die Menge und wartete nun mit den anderen, bis der Dominus wieder aus dem Tempel trat.
-
Es war wirklich ein groteskes Bild, das sich hier bot und selbst ich wagte es kaum, mich genauer umzuschauen. Es war ein Bild, welches sich in nächtliche Träumen brennen konnte. Wie auf einem Schlachtfels sah es aus und die verkohlten Ruinen waren sicherlich kein Ort für ein junges Mädchen. Gerade hatte ich noch vor, sie hochzuheben und davon zu tragen, als sie sich auch schon übergab und hinter uns eine Stimme ertönte. Prätorianer! Ich trat einen Schritt zurück und ließ mich anherrschen, dass ich die kleine Domina wegbringen sollte. Das hatte ich verdammt noch mal vorgehabt, doch wahrscheinlich würde es mit den Prätorianern einfach auch schneller gehen. Bei den Pferden angekommen schaute ich noch einmal zu der kleinen Domina, welche wirklich sehr mitgenommen aussah. Sie zitterte am ganzen Leib und wahrscheinlich würde es eine geraume Zeit brauchen, bis sie den Anblick des Trümmerfeldes verkraftet hatte. Ich schaute noch einmal zurück auf die Toten der Tiberier. Die überwiegende Anzahl waren wohl deren Sklaven gewesen und mir schnürte es den Hals zu, als mir das bewusst wurde. Gar nicht weit weg vom claudischen Anwesen und vielleicht wäre es mir etwas mehr Pech ich selbst gewesen, der dort auf dem Boden lag. Gemeuchelt und verbrannt. Ein unangenehmer Schauer perlte mir über meinen Rücken, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Die Männer achteten eh nicht sonderlich auf mich und einer der Prätorianer hielt mir nun seine Hand hin, sodass ich hinter ihm auf das Pferd steigen konnte, währen sich sein Anführer um Sisenna kümmerte. Mit etwas Schwung und einem Ruck saß ich oben und das Pferd begann unter dem zusätzlichen Gewicht zu tänzeln, doch ich bemerkte es kaum. Nur weg von hier!
-
Aufregung pulste durch meinen Körper, während ich noch immer – beinahe mit offenem Mund - die Bienen betrachtete, welcher ich habhaft werden sollte. Ausgerechnet ich! In meinem Kopf stellte sich bereits die Frage, wie viele Stiche ein Mann verkraften konnte und auch wenn die kleine Domina nun versuchte mir zu erklären, dass es vollkommen ungefährlich war, so würde ich ihr auf gar keinen Fall glauben. Wieviel Ahnung von Bienen konnte sie in ihren jungen Jahren schon haben? Sie war ein Kind! Nur mit einem hatte sie recht: Natürlich würde ich hektisch werden, denn ich hatte vor dieser Aufgabe mehr als nur Respekt und darüber hinaus kannte ich mich mit Insekten überhaupt nicht aus. Allein die Vorstellung irgendein Gefäß über diese aufgeregte Traube an Bienen zu stülpen und Gefahr zu laufen, dass diese wie wildgeworden über mich hinein brach, trieb mir eine Gäsehaut über den Leib. Ich war kein Imker und ich war auch nicht lebensmüde. Überhaupt wäre dies betimmt eine neue, interessante Todesart für die Arena. Wäre es nach mir gegangen, so wäre ich geflohen, wie alle anderen in dieser Markthalle auch, denn ich war schließlich kein verdammter Honigbär. Wieder schüttelte ich den Kopf und war mir vollkommen gewiss, dass ich diesen Befehl niemals ausführen würde. Das konnte ruhig ein anderer machen, der verrückt genug war. Vielleicht war es ja dieser Valentinus.
Mir war es egal, ob die Markthalle geräumt werden musste. Mir war es auch egal, ob die Leute weiterhin einkaufen konnten. Ich würde hier keinen inger krumm machen. Meine Arme blieben vor der Brust verschränkt, während ich trotzig sagte: “Dann werde ich jemandem sagen, dass er Valentinus holen soll!“ Dann blickte ich auf die junge Domina. “Und du solltest auch nicht hier sein, junge Domina! Das ist nämlich gefährlich!“ Am liebsten hätte sie nun am Arm gefasst und hinaus geschleift. “Am besten du folgst mir mit hinaus!“
-
Mit Entsetzen schaute ich zu der Traube empor, die aus nichts weiter bestand als aus Bienen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich stand einfach nur da und beinahe wären mir die Anweisungen der jungen Domina entgangen. Doch was sie letztendlich sagte machte mich noch fassungsloser als ich es eh schon war. Ich sollte die Bienen wieder einfangen? Mit nichts weiter als weitem Stoff über Haupt und Körper? Ich schüttelte automatisch den Kopf, blickte noch einmal zu den Bienen empor, von denen bereits einige um mich herum schwebten und verschränkte die Arme vor der Brust. “Das mache ich nicht!“, stellte ich deutlich als Aussage in den Raum. Ich war doch nicht verrückt. Am Ende würde ich aussehen wie ein Nadelkissen, wenn nicht gar noch schlimmeres passierte. Bisher hatte ich mich noch nie gegen eine eindeutige Auffrderung gestellt, doch dieses Mal ging es eindeutig zu weit. “Wir müssen jemanden rufen, der sich mit Bienen auskennt,“ sagte ich dann noch.
-
Ich folgte ihr nicht gerne. Nicht zu diesem abgebrannten und noch immer schwelenden Anwesen. Außerdem konnte niemand wissen, welches Gesindel sich in den Straßen herum trieb. Ich war mir sicher, dass es etwas mit den Schmierereien und den Gerüchten in der Stadt die von einem Aufstand kündeten zu tun hatte. Waren das das „Heer der Sklaven“ gewesen? Noch vor einer halben Stunde hatte ich gedacht, dass ich mich ihnen gerne anschließen würde, doch nun sah die Lage ganz anders aus. Ich war weder ein Schlächter noch ein Mörder und ich zog auch nicht marodierend mit Fackeln durch die Straßen, um Häuser nieder zu brennen. Hier stank es nun und die Rauchwolken hingen dick in der Luft. “Ich weiß wirklich nicht, ob das toll ist,“ sagte ich, während mir das marode und übriggebliebene Gemäuer der Villa Tiberia anschaute. Dennoch folgte ich der kleinen Domina, einzig aus dem Grund, dass ich sie nicht aus den Augen lassen wollte. Wenn hier noch irgendwer herumgeisterte…
Wahrscheinlich sah Sisenna dies wieder als ein Spiel an und ich stutzte, als sie nun forderte, ich sollte ihr Kaufgesuch an die Mauer schreiben. Beinahe hätte ich den Kopf geschüttelt, doch dann hätte es sicherlich Gezeter gegeben und Lautstärke wäre wohl am besten zu vermeiden. Nicht dass derjenige, der das hier angerichtet hatte noch zurück kehrte. Also trat ich auf die Mauer zu, suchte nach einem hellen, porösen Stein, der gute Spuren hinterlassen würde und schrieb mit großen Lettern das Gewünschte an die Wand. Beim letzten Buchstaben angekommen, eilte ich mich noch mehr, warf den Stein achtlos an die Seite, denn immerhin war die kleine Domina schon in der verkohlten Ruine verschwunden. Ich ging ihr hinterher und mir stockte der Atem. Überall lagen Tote herum. Schnell war ich bei Sisenna und fasste sie am Arm. Sie würgte bereits und es stand definitiv fest, dass dieser Anblick sie überfordete. “Komm, kleine Domina, wir müssen hier weg!“, sagte ich so bestimmt wie es ging und wollte sie fort ziehen.
Sim-Off: Tante Edit sagt nachträglich noch mal Danke für das Powerplay an Herrn Rufinus. Wenn ich nun nichts hätte schreiben wollen?
-
Ich war ein wenig überrascht, dass die kleine Domina nun sehr schnell darum bemüht war, die Tür hinter mir zu schließen und ich überlegte schnell, was das denn für ein Plan sein konnte, den sie hatte. Dann folgte ich ihrem Deut zum Fenster hinaus und nickte. “Das Nachbarhaus,“ murmelte ich, rechnete aber keine Sekunde damit, dass sie vorhatte, dort hin zu gehen. Das hatte sie doch vor oder nicht? Etwas erschrocken schaute ich ihr entgegen, denn ich konnte mir schon denken, welche Intention hinter ihren Worten steckte. Sie wollte sich davon überzeugen, ob das Grundstück für ihre Bienen taugte. Zwar hatte sie den Satz nicht vollendet, aber doch stand es für mich greifbar in der Luft. Bei ihrem Komm verharrte ich allerdings reglos. Sie wollte doch wohl nicht wirklich in die Nähe eines brennenden Hauses? Wer konnte schon wissen, was dort geschehen war und bestimmt war dies kein guter Ort, an dem ein Kind sich aufhalten sollte. “Domina,“ sagte ich dann ebenso leise wie Sisenna, “Ich halte das für keine gute Idee.“ Dennoch folgte ich ihr. Ich war mir sicher, dass egal was ich sagte, es ihr nicht würde ausreden können. Am Ende würde sie noch alleine hinaus schleichen.